Ohne Medienenthüllungen wären laut Politikexperten alle schwer belasteten Regierungsmitglieder noch im Amt – die Presse fordert daher jetzt bereits eine umfassende Reform der Regierungsadministration. Die Administration habe eine Methode der Korruption geschaffen – nur bestimmte Figuren zu entfernen, reiche daher nicht aus. Rousseff war zum Regierungsstart aus Europa eine gute Auswahl der Regierungsmitglieder bescheinigt worden. Brasiliens Medien erinnern jetzt daran, daß u.a. die Probleme mit dem Transportministerium bereits zur Amtszeit von Lula und dessen Vize, Milliardär José Alencar, bestanden. Korruption und Straflosigkeit verursachten eine immense Verschwendung von Mitteln, die dann für soziale Zwecke, darunter die Bekämpfung des Elends im Lande fehlten. Elitemitglied Lula selbst zählt laut Medien unterdessen zu den Millionären.
Ausriß – Angeli, Folha de Sao Paulo.
“Die Korruption ist strukturell im brasilianischen Staat.” José Eduardo Cardozo, neuer Justizminister unter Dilma Rousseff, in Interview vor Amtsantritt, Dezember 2010
Zeitschrift Matices, Köln:
Die Qualitätszeitung weist in einer Analyse auf „häufige Angaben über die durch NATO-Attacken getroffene Zivilbevölkerung“ in Libyen. In Afghanistan seien die nordamerikanischen und europäischen Streitkräfte unter NATO-Fahne bewiesenermaßen verantwortlich für häufige Bombardements der Zivilbevölkerung. Im neuesten Falle, so die „Folha de Sao Paulo“, habe man zwei Frauen und 12 Kinder getötet. Vor diesem Hintergrund fragte die Zeitung:“Wie die Zivilbevölkerungen vor der NATO schützen?“
Angela Merkel und die im Irakkrieg ermordeten Zivilisten:http://www.hart-brasilientexte.de/2014/04/16/ukraine-2014-und-nato-mobilmachung-an-ruslands-grenze-zeitdokument-merkel-verteidigt-irak-kriegfaz-rd15-millionen-kriegstote/
Deutsche Soldaten vor Abflug nach Afghanistan – Kosten für den Steuerzahler wurden nicht genannt.
2012 bittet Obama laut Medienberichten um Entschuldigung wegen des Verbrennens von Korankopien in Afghanistan. An eine Entschuldigung wegen der zivilen Opfer der Libyen-Intervention ist offensichtlich bisher nicht gedacht…
Brasiliens Medien erinnern daran, daß das heute von einer Figur wie Berlusconi geführte Italien einst Kolonialmacht in Libyen war, sich das libysche Volk durch brutalen Kolonialkrieg unterworfen hatte. Laut Wikipedia trat Italien erst im Frieden von 1947 Libyen auch formal ab, „die UNO übergab es Frankreich und Großbritannien als UNO-Mandat (bis 1951).“ In historisch kurzer Frist ist Italien nunmehr erneut an einem Krieg gegen Libyen beteiligt, der nach Auffassung der brasilianische Kirche vorrangig zwecks Aneignung des libyschen Öls geführt wird.
Friedensnobelpreisträger Barack Obama koordiniert den Start der Libyen-Intervention im Marriott-Hotel an der Copacabana.Zeitungsausriß.
“Shortnews: Libyen: 100 tote Zivilisten durch Alliierte Luftschläge” (Nachrichtenschlagzeile)
Der Skandal um die von investigativen Journalisten der „Folha de Sao Paulo“ enthüllte außergewöhnliche Vermögenszunahme des Chefministers Antonio Palocci zieht immer weitere Kreise, sodaß Ex-Staatschef Lula gemäß politischen Analysten wieder das Kommando der Regierungspolitik übernommen hat. Seine Nachfolgerin Dilma Rousseff habe lediglich desaströs gewirkt, keine Schadensbegrenzung erreicht, ebensowenig deren Minister und Repräsentanten im Nationalkongreß. Der Skandal habe Präsidentin Rousseff deutlich geschwächt und zu außergewöhnlichen Zugeständnissen an die unzufriedenen Regierungsbasis im Kongreß sowie an die Opposition gezwungen. Bei der unverhüllten Rückkehr in die aktive Regierungspolitik habe Lula wieder einmal die Medien beschuldigt, als Opposition zu wirken. Den Überbringer kritischer, schlechter Nachrichten zu attackieren, löse indessen ebensowenig wie in Lulas acht Regierungsjahren das essentielle Problem – daß nämlich ein weiteres Mal ein illustrer Politiker der Arbeiterpartei im Zwielicht stehe – und entsprechende Verdächtigungen entkräftet werden müßten.
Zeitungsausriß.
Brasiliens größte Qualitätszeitung „Folha de Sao Paulo“ nannte kurios, daß sich Lula jetzt für einen Minister ins Zeug lege, den er nach gut fundierten Medien- Anschuldigungen schon einmal hatte entlassen müssen. Die von der Zeitung präsentierten Fakten gegen Palocci seien nicht dementiert worden – Lula agiere daher verleumderisch gegenüber Medienprofis, die sich um einen ehrlichenJournalismus bemühten.
Lula traf sich u.a. mit dem Ex-Diktaturaktivisten José Sarney: http://www.hart-brasilientexte.de/2011/03/21/das-historische-foto-barack-obama-und-diktaturaktivist-jose-sarney-damaliger-chef-der-folterdiktatorenpartei-arena-des-militarregimes1964-1985-prosten-sich-in-brasilia-2011-zu/
Matices – Zeitschrift zu Lateinamerika, Spanien und Portugal: http://www.matices.de/66/index/
http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/fazit/573062/
http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/fazit/668242/
http://www.nzz.ch/nachrichten/politik/schweiz/der_untergang_der_alten_medien-schweiz_1.2055912.html
Wallraff – kritische Journalisten, eine aussterbende Gattung: http://www.hart-brasilientexte.de/2008/08/18/wo-sind-die-kritischen-journalisten-es-ist-eine-aussterbende-gattung-aber-es-gibt-sie-noch-gunter-wallraff-in-der-zeitschrift-berliner-journalisten/
Brasiliens beneidenswerte (relative) Pressefreiheit- Text nachträglich Daniel Piza(1970-2011) gewidmet.
Die Presselandschaft des Tropenlandes bietet ein eher erfreuliches Bild. Investigativer Journalismus ist auffällig stark in Qualitäts-und Alternativmedien – unabhängig agierende Reporter und Redakteure widersetzen sich den weltweit üblichen Medien-Eingriffen durch Parteien oder Regierungsfunktionäre und enthüllen kontinuierlich gravierende Skandale um Machtmißbrauch und Korruption an der Staatsspitze. Auch der Libyenkrieg zeigt es plastisch – es gibt viel weniger Mainstream als in Deutschland.
http://www.dailytalk.ch/wenn-aus-lebensfreude-mordlust-wird/
Schlingensief: >http://www.hart-brasilientexte.de/2010/09/23/den-leuten-zu-sagen-in-was-fur-einer-verlogenen-scheise-wir-alle-leben-schlingensief-in-sao-paulo/
(Schlingensief brachte es auf den Punkt – das Welt-Mediensystem ist auch in Europa heute vielerorts von Zensur und Mediensteuerung, Manipulation geprägt – der Medienkonsument durchschaut nur selten, wie man ihn zum Deppen macht, ihm wichtige orientierende Informationen und Einschätzungen systematisch vorenthält. Von einer demokratischen Kontrolle der Medien kann keine Rede sein – investigativer Journalismus wurde längst größtenteils durch Propagandajournalismus abgelöst – im Interesse der jedermann bekannten Interessengruppen. Auf perfide Weise wird die sogenannte politische Korrektheit als wirksames Zensurinstrument eingesetzt.)
Ausriß, Rio-Lokalzeitung, Scheiterhaufen-Opfer, 7.11.2012. http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/fazit/668242/
Manche großen kommerzielle Privatblätter im deutschsprachigen Raum verwenden immer häufiger ungeprüft Zweit-und Drittquellen, drucken daher immer häufiger Falschmeldungen. In Redaktionen bestimmen immer mehr Medienfunktionäre.
http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/interview/879147/
Dann ist die Meinungsvielfalt vielleicht doch schon in Gefahr oder?
Röper: Sie ist längst in Gefahr, denn Meinungsvielfalt heißt ja gerade, dass wir über unterschiedliche journalistische Quellen verfügen. Wenn der WAZ-Konzern nun behauptet, es sei doch wirtschaftlich unsinnig, dass beispielsweise zu einem Fußballspiel vier Sportredakteure von seinen einzelnen Titeln führen, dann reiche doch auch einer, weil deren Berichte doch ohnehin gleich seien. Da muss man sich natürlich fragen, warum hat man sich das denn über Jahrzehnte erlaubt. Diese Berichterstattung ist natürlich nicht einheitlich, und es kommt gerade auf diese unterschiedlichen Blickwinkel von Journalisten an. Das macht Vielfalt aus. Wenn da künftig eben nur noch ein Journalist von solchen Ereignissen für mehrere Zeitungen berichtet, dann haben wir einen Einheitsbrei, einen journalistischen Einheitsbrei. Von Vielfalt kann nicht mehr die Rede sein.
Lohnt sich vor diesem Hintergrund noch, Journalist zu werden?
Röper: Jungen Journalisten oder jungen Aspiranten kann man das derzeitig sicherlich nicht empfehlen. Das Berufsbild, das Berufsfeld ist ausgedünnt. Wir haben ohnehin schon eine sehr große Arbeitslosigkeit unter Journalisten und wenn die Stellenstreichungen so weitergehen wie bislang, wie in den letzten Wochen, dann grassiert Arbeitslosigkeit.http://www.hart-brasilientexte.de/2011/05/18/matices-medien-staat-und-gesellschaft-in-lateinamerika-anklicken/
Politiker und Mythenbildung – Scheel, Genscher, Westerwelle, Schmidt, Brandt:http://www.hart-brasilientexte.de/2016/04/01/genscher-und-brasilien/
Durch Morde an Journalisten sowie Morddrohungen wird gemäß einer neuen Studie die Pressefreiheit in Brasilien deutlich eingeschränkt. Wie die in Sao Paulo erscheinende Medienzeitschrift „Imprensa“ in ihrer neuesten Ausgabe weiter meldet, seien nach dem Ende der Militärdiktatur in den achtziger Jahren bis heute mindestens 42 Journalisten bei Anschlägen ums Leben gekommen. 2007 habe man zwei Reporter erschossen.
Die Mehrheit der investigativen Journalisten Brasiliens sei dadurch mundtot gemacht worden.