Klaus Hart Brasilientexte

Aktuelle Berichte aus Brasilien – Politik, Kultur und Naturschutz

Libyenkrieg und Medienzirkus: Reiche Auswahl unter Versionen zum Geschehen. CNN bestätigt NATO-Truppen in Tripolis. “The troops are from Britain, France, Jordan and Qatar.” Einsatz von NATO-Bodentruppen war immer offiziell abgestritten worden.

Mittwoch, 24. August 2011 von Klaus Hart

Im fortdauernden Libyen-Medienzirkus haben unerfahrene Medienkonsumenten eine immer reichere Auswahl an Versionen zum Geschehen. So können sie sich der Version anschließen, daß Tripolis gefallen ist, die Hauptstadt von den Regierungsgegnern beherrscht wird, alles entschieden ist. So heißt es in einer Version definitiv, daß die Straßen von Tripolis von den Regierungsgegnern kontrolliert werden – die Gegen-Version beschreibt das Gegenteil, weist u.a. auf die Lage um das Korrespondentenhotel, auf schwere heftige Kämpfe sogar im Zentrum von Tripolis.“So much gunfire in Tripolis“(CNN).

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/08/24/cnn-bestatigt-erstmals-nato-truppen-in-tripolis-und-anderen-stadten-libyens/

Bei Bedarf steht zudem auch die Version bereit, daß nicht nur in Tripolis, sondern anderen Landesteilen noch heftige Kämpfe toben, die Lage unübersichtlich ist. Beim Zurückblättern in führenden Zeitungen Europas stößt man auf die als Fakt dargestellte Version, daß u.a. Gaddafi-Sohn Saif al-Islam von den Regierungsgegnern gefangen genommen wurde, was auch der internationale Gerichtshof in Den Haag offiziell bestätigte. Man kann aber auch jene Medien-Version auswählen, nach der Saif al-Islam garnicht gefangen genommen wurde. Ähnlich steht es um die Frage, wer die Kämpfe in Libyen entscheidet. Eine Version stellt die Regierungsgegner als jubelnde Sieger heraus, während eine weitere Version die NATO und deren offenes sowie geheimes Eingreifen als entscheidend betont. Gerade über Letzteres hätte mancher gerne nähere Details erfahren,  aber irgendwie stockt da der Medien-Nachschub – oder werden Korrespondentenberichte über NATO-Bodentruppen möglicherweise wegen der Vorschriften bisher noch nicht veröffentlicht.

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/08/26/der-irakkrieg-und-die-position-der-brasilianischen-bischofskonferenz-cnbb-kriegsmotiv-sind-olreserven-o-real-motivo-para-a-guerra-sao-as-reservas-de-petroleo-do-segundo-maior-produtor-mundial/

Nicht wenige Medienversionen stehen bereit, die die Regierungsgegner als wahre Freiheitshelden, tief erfüllt von hehren humanen Motiven, schildern. Indessen existieren seit Kriegsbeginn auch weniger herausgestellte Versionen, wonach es unter den Regierungsgegnern viele islamische Terroristen mit ihren recht gut dokumentierten Kampfmethoden und Vorgehensweisen gibt. Wer sich der Freiheitshelden-Version nicht anschließen mag, hätte zur Auswahl auch Versionen, wonach die Regierungsgegner willkürlich Nicht-Regierungsgegner foltern und erschießen, diese vorm Durchsieben sogar fesseln, ihnen einen Plastiksack über den Kopf stülpen. Zitiert wird ein bewaffneter Regierungsgegner  zum Schicksal der Frauen und Männer:”Sie werden verhört, abgeurteilt und gegebenenfalls erschossen.”

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/04/15/vorgeschobene-kriegsgrunde-us-sympathisanten-der-union-in-der-klemme-der-spiegel-zum-irak-krieg-die-bedrohung-durch-saddam-hussein-und-seine-massenvernichtungswaffen-ist-real/

Ähnlich steht es um die Bewaffnung der Regierungsgegner. Auf Mainstream-Fotos sind fast ausschließlich Männer mit Handfeuerwaffen zu sehen, während in anderen Versionen, darunter aus Die Zeit, von gelieferten deutsch-französischen Milan-Raketen berichtet wird – von denen aber derzeit Fotos fehlen. Ähnlich steht es um die Versionen über Luftangriffe durch die NATO – entweder dementiert oder als Fakt gemeldet.

Am 24. 8. stand in den Medien zudem zur Auswahl, ob es sich um Luftangriffe auf Gaddafi, Gaddafis Militär und Festungen – oder aber um „Angriffe auf Libyen“ handelt.

gaddafiobama.JPG

Ausriß.

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/08/23/libyenkrieg-gaddafi-sohn-saif-al-islam-in-sao-paulo-maler-und-architekt-video-anklicken/

Die Süddeutsche Zeitung weist auf NATO-Spezialtruppen in Libyen – doch merkwürdigerweise fehlen sogar Fotos, nähere Berichte anderer Medien darüber.

Wer sich  Informationen aus  Nicht-NATO-Ländern zuwendet, beispielsweise aus Brasilien, liest zudem, daß die NATO auf dem Luftweg massiv Waffen und Munition nach Tripolis transportiert, NATO-Maschinen seit Wochen auf Behelfspisten vor Tripolis landen und starten.

Eine reiche Auswahl von Versionen existiert zudem über den Entwicklungsstand Libyens. So kann man sich der Version anschließen, daß die politisch-soziale Rückständigkeit des Landes unter der libyschen Regierung geradezu grauenhaft sei. Zur Auswahl stehen indessen auch internationale Statistiken, die Libyen als das hochentwickeltste Land Afrikas benennen. Vor den Bombenangriffen lag Libyen auf dem neuesten UNO-Index für menschliche Entwicklung auf dem 53. Platz, Lateinamerikas größte Demokratie Brasilien, aus Europa mit viel Lob bedacht,  dagegen nur auf dem 73. Platz. Wer sich nicht für die Rückständigkeits-Version entscheiden mag, kann sich mit dem UNO-Bildungsindex bedienen. Dort liegt Libyen auf dem 66. Platz, Brasilien weit abgeschlagen auf dem 93. 

Libyen wird in der UNO-Kategorie „High Human Development“ geführt, liegt in der Statistik nur einen Platz hinter Uruguay. 

Nicht wenige Versionen widmen sich der Frage, wie es eigentlich der libyschen Zivilbevölkerung unter dem Bombenteppich der letzten Monate ergangen ist, besonders in der zuvor recht modernen Hauptstadt Tripolis. Man hätte Versionen der katholischen Kirche zur Auswahl, wonach es sehr viele zivile Opfer der Luftangriffe gegeben hat, viele Wohnhäuser und sogar Lebensmittelvorräte durch Bomben und Raketen zerstört wurden, selbst Kleinkinder umkamen. Derzeit sind viele Journalisten nach Tripolis eingeströmt, die, wie es sich gehört, ganz sicher über fundierte arabische Sprachkenntnisse verfügen, um ordentliche journalistische Arbeit zu leisten, die mit Übersetzern völlig unmöglich wäre. Also wäre jetzt gute Gelegenheit zu Recherchen über die Folgen der Bombardements auf die Zivilbevölkerung. Indessen fehlen merkwürdigerweise derartige Berichte, stehen daher die Versionen der katholischen Kirche, darunter von Tripolis-Bischof Martinelli noch alleine in der Medienlandschaft. 

Während es Versionen gibt, die vom begeisterten Empfang der Bewohner von Tripolis für die Regierungsgegner sprechen, wird das Fehlen von Medien-Videos mit begeisterten Volksmassen, den Regierungsgegnern auf den Straßen zujubelnd, offenbar von vielen bemerkt. 

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/08/24/nato-waffentransporter-landeten-von-tripolis-auf-behelfspistein-geheimoperation-berichten-brasiliens-medien-fuhrer-der-regierungsgegner-bestatigte-geheime-transportfluge-hies-es/

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Rio de Janeiro: Auch 2006, 2007 und 2008 besetzte die Polizei vorübergehend die Slumregion „Complexo do Alemao“ – ähnliche Bilder wie heute, regelmäßig Polizeieinsätze – Lula mehrmals vor Ort. Üblicher Militär-und Medien-Zirkus. Kaum Infos über Erschießung von Armee-Major durch Banditen. Häufig „erstürmte“ Rocinha mit Drogen-und Banditenpräsenz wie üblich.

Dienstag, 30. November 2010 von Klaus Hart

Wie bei den vorangegangenen Polizei-und Militäraktionen, wurde den Banditenkommandos genügend Zeit gelassen, um sich in Guerrilhamanier von Complexo do Alemao und Vila Cruzeiro in andere der über 1000 Rio-Slums zurückzuziehen, von dort auf den verschiedensten Geschäftsfeldern weiter zu agieren. Die Autoritäten lassen über Medien die üblichen Sieges-und Erfolgsmeldungen verbreiten, deren Wahrheitsgehalt von nicht wenigen brasilianischen Insidern angezweifelt bzw. bestritten wird. Kurios war auch diesmal das heftige Feuern von  Polizei und Militär auf nicht vorhandene Gegner, von zahlreichen TV-Teams direkt an der Seite der Einheiten begeistert abgefilmt und teuer weltweit verbreitet. Entsprechend fielen dann „Erstürmung“ und „Eroberung“ der Slumregion aus. Auf eine Einkesselung, Umzingelung der Banditenkommandos war verzichtet worden – vor allem in den vorangegangenen Nächten blieben den Kommandos die üblichen zahlreichen Rückzugswege. Den für derartige Slum-Operationen zuständigen Polizisten Rios ist Complexo do Alemao von regelmäßigen Einsätzen her gut vertraut. Auch während Slum-Besetzungen geht, wie selbst Landesmedien zeigten, u.a. der Drogenhandel unvermindert weiter – zu den Gründen zählt die hohe Korruption im Polizeiapparat.

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/11/29/rechtsexperte-jose-de-souza-martins-uber-den-militar-zirkus-von-rio-de-janeiro-droge-de-combate-die-niederlage-der-slumbevolkerung-ist-offensichtlich/

Im Juni 2007 hatten Spezialeinheiten bei einer Großoperation im „Complexo do Alemao“ laut Landesmedien 19 Menschen erschossen, teils durch Schüsse in den Rücken – bei einem Teil der Männer fehlten Indizien der Verbindung zum organisierten Verbrechen. Rios Sicherheitschef Beltrame, auch derzeit wieder Medienstar, bekam wegen der Großoperation riesigen Beifall als Ehrengast bei einem Marisa-Monte-Konzert , das ein französisches Autowerk in Rio veranstaltet hatte.

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/12/01/rio-de-janeiro-schweine-fressen-getotete-auf-banditen-verliesen-slums-in-panzerwagen-bestochener-polizisten-massiver-raub-durch-beamte-und-soldaten-laut-berichten-der-folha-de-sao-paulo/

„Wo sind die Waffen und die Banditen?“: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/11/30/rio-de-janeiro-wo-sind-die-waffen-und-die-banditen-fragt-qualitatszeitung-o-globo-ruckzug-mit-guerrilhataktik-offenbar-wie-immer-gelungen-gute-geschaftsbedingungen-derzeit-im-mega-slum-ro/

Schweres Wehrmachts-MG bei Banditen, laut Polizei: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/12/01/rio-de-janeiro-schweres-mg-der-hitler-wehrmacht-bei-banditenkommandos-beschlagnahmt-laut-zivilpolizei-benutzt-im-zweiten-weltkrieg-durch-die-nazi-armee/

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Stromausfall mit gigantischer internationaler Medienbegleitung vorbei – jetzt wieder der normale Stromausfall-Alltag, ohne Medienzirkus: „Falta de luz volta a atingir bairros do Rio.“ Regierung läßt Ursache des Blackouts im Dunkeln, erklärt den Fall für beendet.

Freitag, 13. November 2009 von Klaus Hart

    NEU: Fotoserie Gesichter Brasiliens

    Fotostrecken Wasserfälle Iguacu und Karneval 2008

    23' K23

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