Die Landesmedien berichten, Lula lehnte die Einladung zum Mittagessen mit Obama ab, während andere brasilianische Ex-Präsidenten zusagten. Die Abstimmung der Sicherheitsvorkehrungen in Rio de Janeiro habe sich sehr schwierig und konfliktreich gestaltet, da die brasilianische Seite, die brasilianischen Autoritäten viele Forderungen der nordamerikanischen nicht akzeptiert habe, darunter die Leibesvisitation hoher Politiker. „…os americanos tentaram impor regras que os brasileiros nao aceitaram…Autoridades militares brasileiras nao concordaram…Imagine delegar o policiamento de parte do territorio brasileiro aos americanos.“ Die Absage der Rede Obamas auf Rios Protest-Platz in Cinelandia sei wegen der befürchteten Protestler-Störungen erfolgt. Angesichts möglicher, von den USA geführter Militäraktionen gegen Libyen, sei noch mehr alle Art von Protesten gegen Obama denkbar, hieß es. Der Besuch in einem Slum Rio de Janeiros, Cidade de Deus, sei ebenfalls stark zusammengestrichen worden – Obama gehe nicht mehr durch die Favela, sondern fahre in der gepanzerten Limousine nur zu einem Sozialprojekt. Der Weg dorthin wurde in den letzten Tagen mit hohem Aufwand entsprechend aufgepeppt. Rios Favela-Organisation CUFA und Künstler wie der Politrapper MV Bill hatten unter Protest ihre zuvor vereinbarte Teilnahme an dem Favela-Zirkus abgesagt.
Der renommierte US-Historiker Frank McCann sagte Brasiliens Medien, daß eine Annäherung beider Länder dank des Obama-Besuchs zu bezweifeln sei. „Die riesige Mehrheit der Amerikaner weiß sehr wenig, vielleicht nichts, über Brasilien.“ Besuche dieser Art hätten wenig mit realer Diplomatie zu tun, viel dagegen mit der Image-Produktion. Lula habe einen etwas feindseligen Ton gegenüber den USA angeschlagen, brasilianische Regierungssprecher erschienen arrogant. Auch in Bezug auf die Beziehungen zum Iran habe Brasilien sich im Ton vergriffen. Beide Seiten scheiterten, Worte und Taten des anderen zu verstehen. In der brasilianischen Regierung gebe es Leute, die ungeduldig wollten, daß Brasilien als Weltmacht akzeptiert werde. Doch die Mehrheit der Nordamerikaner sehe Brasilien nun einmal nicht als eine Weltmacht. „Ich bezweifele, daß Obama ernsthaft über Brasilien oder dessen Rolle in der Welt nachgedacht hat.“ Andernfalls hätte er nur Brasilien besucht, keine Lateinamerika-Tour veranstaltet.
Auf dem UNO-Index für menschliche Entwicklung von 2010 liegen die USA unter Barack Obama auf dem 4. Platz, Brasilien unter Lula weit abgeschlagen nur auf dem 73. Platz. Andere lateinamerikanische Staaten, wie Argentinien oder Kuba, hatten ebenfalls stets weit bessere Positionen auf dem UNO-Index.
Die Reise Obamas erfahre aus der Öffentlichkeit der USA, darunter den US-Medien viel Kritik – Hillary Clinton habe indessen „auf die phänomenalen Möglichkeiten Lateinamerikas“ verwiesen:“Brasilien wird ein großer Öllieferant.“
Einziges Ziel Obamas, so Qualitätsmedien, sei die Erhöhung der Exporte nach Brasilien, während Rousseff mehr an die USA verkaufen wolle, um das Megadefizit im bilateralen Handel zu reduzieren. Brasilien exportiert weltweit weniger als Baden-Württemberg, erlebt derzeit Deindustrialisierung, ist in vielen Branchen von US-Hightech-Importen abhängig. In den USA wird daher die tatsächliche Stärke Brasiliens offenbar realistischer eingeschätzt als in Mitteleuropa, wird von US-Experten vor allem auf die Unfähigkeit der brasilianischen Regierenden zu längst überfälligen strukturellen Reformen verwiesen, auf „gravierende interne Probleme“ . Als „Dilemmas“ werden u.a. die (grauenhaft zurückgebliebene)Infrastruktur sowie die öffentliche Sicherheit genannt. Die gravierende Menschenrechtslage Brasiliens ist allgemein bekannt – siehe die Analysen von Amnesty International in London.
In Rio de Janeiro ziele Obama auf „Marketing-Gewinn“. Obama hatte Rousseff bereits 2009 in den USA getroffen, als sie noch Lulas Chefministerin war.