Laut Landesmedien hörten Ermittler entsprechende Telefongespräche der PCC-Führung ab. Sollten einsitzende Chefs der hochgerüsteten Banditenkommandos stärker isoliert werden, würden Vergeltungsaktionen gestartet. 2012 waren bei solchen Attacken laut amtlichen Angaben allein im Teilstaat Sao Paulo 106 Polizeibeamte ermordet worden. In Sao Paulo wirkt das organisierte Verbrechen sehr effizient als Instrument sozialer Kontrolle, schüchtert die Bevölkerung ein, paralysiert in Brasilien laut Sozialwissenschaftlern und katholischer Kirche sehr effizient Protestpotential. Ein solches Gesellschaftsmodell findet offenbar inzwischen auch in Mitteleuropa bei interessierter Seite Anklang.
Kioskaushang in Sao Paulo – gängige Überfall-Situation 2013, die Brasilianern und im Lande lebenden Ausländern gewöhnlich sehr geläufig ist.
Wem nützt die Banditendiktatur der Slums? http://www.hart-brasilientexte.de/2008/02/15/wem-nutzen-banditendiktatur-und-immer-mehr-no-go-areas/
„Die Tyrannei des organisierten Verbrechens verhindert jegliche demokratische Partizipation der Slumbewohner, das Protestpotential der Armenviertel wird von den lokalen Despoten völlig erstickt”, analysiert Luiz Eduardo Soares, einer der renommiertesten brasilianischen Sozialwissenschaftler, der das Bestseller-Buch zum sozialkritischen Berlinale-Film „Tropa de Elite” mitverfaßt hatte, im Website-Exklusivinterview.
Nicht zufällig wird in derzeitigen kuriosen mitteleuropäischen Analysen zur brasilianischen Protestwelle der Aspekt der Slum-Diktatur, der Paralysierung von Protestpotential aus verständlichen Gründen völlig ausgeklammert.
José Murilo de Carvalho, Mitglied der brasilianischen Dichterakademie und Lehrstuhlinhaber für Geschichte an der Bundesuniversität von Rio de Janeiro, schlußfolgert im Website-Interview, daß diese bedrückende Lage indessen systemstabilisierend wirkt. ”Die Existenz des organisierten Verbrechens in den Slums blockiert die Politisierung der Bewohner, hält sie ruhig, verhindert eine Rebellion, Protestaktionen jeder Art. Die Gangsterkommandos dienen damit der Aufrechterhaltung von politischer Stabilität im Lande – und das ist den Autoritäten sehr recht, ist gut für sie. Natürlich würden sie das nie eingestehen. Ohne Zweifel gehört zum strategischen Kalkül auch der jetzigen Regierung, daß es wegen der so hilfreichen Gangsterkommandos keine soziale Explosion geben wird – und das ist natürlich reiner Zynismus. Wir haben soviele Gewalttote wie in Bürgerkriegen.” Falls die Lage in den Slums doch einmal außer Kontrolle gerät, setzt der Staat die Armee oder Sondereinheiten der Polizei in Marsch. Nicht zufällig ist der Spielfilm „Tropa de Elite” der erfolgreichste und meistdiskutierte Streifen der letzten Jahre.
José Murio de Carvalho gehörte zur offiziellen Delegation Brasiliens auf der Frankfurter Buchmesse 2013 – per Internetsuche läßt sich leicht feststellen, ob und wie Carvalho auf der Messe auch zu diesen komplexen Aspekten der brasilianischen Innenpolitik befragt worden ist.
In einem sehr interessanten Menschenrechtssamba hat der Musiker und Komponist Jorge Aragao aus Rio de Janeiro diese Fragen verarbeitet:
http://www.youtube.com/watch?v=XkvjkxERac4
Gewaltförderung:
Frankfurter Buchmesse 2013 und Brasiliens Realitäten:
Ökumenische Gedenkveranstaltung für bei Attentaten getötete Polizeibeamte Sao Paulos 2012:http://www.hart-brasilientexte.de/2012/11/15/brasilien-eine-schwache-regierung-in-geheimem-einverstandnis-mit-dem-organisierten-verbrechen-okumenische-protestveranstaltung-zum-gedenken-an-die-rund-100-bisher-in-sao-paulo-bei-attentaten-d/
“Während die Regierenden untätig bleiben, mordet PCC weiter Polizeibeamte” – Spruchband. (PCC – Brasiliens führende, mächtigste Verbrecherorganisation)
“PCC tötet Polizeibeamte rasch – die Regierung nach und nach.”
“Terror-Rap statt Samba” http://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/terror-rap-statt-samba/763272.html