Klaus Hart Brasilientexte

Aktuelle Berichte aus Brasilien – Politik, Kultur und Naturschutz

Brasilien: Sambastar Paulinho da Viola kritisiert fehlkonstruiertes Karnevals-Sambodromo von Oscar Niemeyer in Rio de Janeiro. Architekturkritiker analysieren Brasilia und Memorial für Lateinamerika.

Dienstag, 23. Februar 2010 von Klaus Hart

„Desculpe, Niemeyer

De Paulinho da Viola para a revista ”FS, do jornal ”Brasil Economico:
” Uma coisa que teria de ser discutida é o proprio Sambodromo carioca. Ele foi feito (em 1984) meio as pressas. Náo deveria ter sido assim.“ (O Globo)

Rio de Janeiros Stadion für die weltberühmte Karnevalsparade, das Sambodrome, halten just die Hauptnutzer, nämlich die Sambaschulen, für völlig fehlkonstruiert, kontraproduktiv, für nackten, häßlichen Beton. „Niemeyer hatte sich zuvor nie eine Parade angesehen, konsultierte wie üblich niemanden vom Fach, machte wie bei den CIEPS und Brasilia wieder die typischen Fehler”, urteilte Architekturprofessor William Bittar von der Bundesuniversität der Zuckerhutstadt im Interview. „Niemeyers Sambodrome nahm dem Karneval viel von seiner Spontaneität.”

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/02/07/oscar-niemeyer-memorial-da-america-latina-in-sao-paulo-architekturkritik-von-joaquim-guedes-fotoserie/

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Niemeyer-Bau in Sao Paulo.

„Stalin war phantastisch“. http://www.hart-brasilientexte.de/2010/01/14/stalin-und-oscar-niemeyer-die-erfindung-niemeyers-brasiliens-nachrichtenmagazin-veja-uber-den-umgang-des-in-europa-bejubelten-stararchitekten-mit-historischen-fakten/

Chico Buarque über Rio de Janeiro und den Karneval: Angesichts lodernder Scheiterhaufen in den wuchernden Slums bekennt er erstmals:“Carioca zu sein, war früher Motiv des Stolzes. Das ist vorbei. Diese Stadt ist geliefert, verkommen. Rios Politiker sind die schlechtesten des Landes, die Mittelschicht lebt hier in Angst und Schrecken, wegen der ständigen Schießereien. Die Slumbewohner behandelt man wie Untermenschen. Der Drogenhandel führte zu einer Tragödie. Jungen schnupfen und verkaufen Kokain schon mit sieben Jahren!Das gibt es weder in Europa noch in den USA. Immer dieser Lärm von Schüssen in Rio – das sorgt für Panik, ständige Spannung, man ist nirgendwo mehr sicher.  In den Karnevalssambaschulen wird schon lange kein Samba mehr gelehrt, tanzt doch keiner mehr echten Samba no Pé. Was man dort komponiert, interessiert mich längst nicht mehr. hat mit Sambakultur nichts zu tun. Das sind Märsche, man merkt es an Struktur und Melodie.“

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Ausriß, Oscar Niemeyer neben José Sarney, Chef der Diktaturpartei ARENA während des Militärregimes, danach Staatschef Brasiliens – bei der Besichtigung des Memorials für Lateinamerika, 1988.

Während des Militärregimes projektierte er das Hauptquartier der Streitkräfte in Brasilia: “…  o comunista desenhou o projeto do Quartel-General do Exército, no Setor Militar Urbano. A construção monumental saiu do papel nos anos mais difíceis da ditadura. Ainda nessa época, ele projetou o Palácio do Jaburu, que foi ocupado por alguns dos militares mais linha-duras do regime.”(Landesmedien)

http://www.hart-brasilientexte.de/2013/12/02/brasiliens-architekturkritiker-fernando-serapiao-uber-memorial-da-america-latina-dessen-auditorium-2013-abbrannte-memorial-projekt-von-oscar-niemeyer-ging-fehl-ist-eine-farce/

Klaus Hart: Gangster, Favelados, Bischöfe. Sozialreportagen aus Brasilien. Brasilienkunde-Verlag Mettingen, 307 Seiten.

GangsterFaveladosBischöfe

 

Brasilien, „Oscar Niemeyer – Das Leben ist ein Hauch.“ PR-Film über den Stalin-Fan nun auch in den deutschsprachigen Kinos. Was alles fehlt… Lob für Film in Europa, Verrisse in Brasilien(„Huldigungsfilm“, „Beleidigung des Kinos“). Keine Diskussion über die mehr als 500 CIEP-Schulen von Rio – Niemeyers Hauptwerk. „Meine schlimmste Zeit“ – Paulo Lins(City of God) als CIEP-Lehrer. Peter Scholl-Latour. „Stalin war phantastisch.“ Wie Niemeyer mit der Militärdiktatur zusammenarbeitete…Wahlhilfe für Diktaturaktivist.

Donnerstag, 14. Januar 2010 von Klaus Hart

http://www.cinema.de/kino/filmarchiv/film/oscar-niemeyer-das-leben-ist-ein-hauch,3980216,ApplicationMovie.html

http://www.updatefilm.de/trailer/oscar-niemeyer-%E2%80%93-das-leben-ist-ein-hauch

Entstanden 2007 zu seinem 100. Geburtstag, lässt der Film den Stararchitekten selbst die Geschichte seiner großen Bauprojekte erzählen.“

Brasilianische Filmkritik: http://74.125.47.132/search?q=cache:Tq_Jnm-qHx8J:www.revistacinetica.com.br/niemeyersopro.htm+A+vida+e+um+sopro+Niemeyer+critica&cd=23&hl=pt-BR&ct=clnk&gl=de

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Ausriß, Oscar Niemeyer neben José Sarney, Chef der Diktaturpartei ARENA während des Militärregimes, danach Staatschef Brasiliens – bei der Besichtigung des Memorials für Lateinamerika, 1988.

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/01/14/art-das-kunstmagazin-uber-oscar-niemeyer-das-leben-ist-ein-hauch/

„Brasilia – ein teurer Fehler“: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/04/21/brasilia-50-eine-postkartenansicht-umzingelt-von-misere-brasiliens-qualitatszeitung-o-estado-de-sao-paulo/

Wer manche hochgelobte deutsche Kritiken des Niemeyer-Streifens mit brasilianischen Einschätzungen vergleicht, kommt aus dem Staunen nicht heraus. Stilmätzchen, leeres Geschwätz, Boulevard-Plauderton statt orientierender Information, sogar der mehrfache Versuch, deutsche Leser, Hörer solcher Kritiken ziemlich brutal für dumm zu verkaufen. Motto: Das macht doch nichts, das merkt doch keiner, Brasilien ist weit weg. So vermißt Luiz Zanin Oricchio, einer der wichtigsten brasilianischen Filmkritiker, der gewöhnlich für die Qualitätszeitung „O Estado de Sao Paulo“ schreibt, daß auf Widersprüchlichkeiten Niemeyers in dem Film verzichtet wurde – dessen Werk und Vorgehensweisen seien keineswegs vor Polemik geschützt. Manche deutsche Ober-Kritiker schreiben, merken von solchen Widersprüchlichkeiten nichts, verlegen sich, mangels Sachkompetenz(?)  auf Lobhudelei, die die brasilianische Seite just als Schwäche des Niemeyer-Films hervorhebt. Oricchio beispielsweise nennt den Streifen einen „Huldigungsfilm“ und zitiert ausdrücklich den auch auf großen Auslands-Filmfestivals vorgestellten, mehrfach preisgekrönten Dokumentarfilm des brasilianischen Regisseurs Vladimir Carvalho über das Massaker an Bauarbeitern Brasilias. Da werde ein wütender Niemeyer gezeigt, als er gebeten worden sei, einige obskure Fakten der Errichtung Brasilias, wie den Tod von Arbeitern, zu erklären. Niemeyer hatte den Bau von Brasilia mitbeaufsichtigt – und somit ganz direkt mit allen derartigen Vorfällen zu tun. Das Massaker wird in Brasilien nicht nur wegen des mehrfach preisgekrönten Carvalho-Dokumentarfilms nach wie vor erörtert, zudem in ausländischen Fachpublikationen beschrieben. Wenn selbst Oricchio in seiner Filmkritik die Leser ausdrücklich an das Massaker erinnert und damit bestimmte Werte, eine  bestimmte Berufsethik manifestiert – warum unterschlagen dann manche deutschen Kritiker, die natürlich von den grauenhaften Vorgängen, den entsetzlichen Arbeitsbedingungen beim Bau Brasilias ebenso wissen, ganz gezielt und systematisch diesen Sachverhalt, und nicht erst seit heute? Man wüßte gerne die Hintergründe, die Interessenlagen, die versteckten Absichten.

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/04/13/wie-oscar-niemeyer-mit-der-brasilianischen-militardiktatur-zusammenarbeitete-die-liste-aller-projekte-in-den-jahren-des-folterregimes-von-1964-bis-1985/

Warum dieses Weiterstricken des Brasilia-Mythos – statt sachlich, objektiv die wenig erbaulichen Fakten zu nennen? Oricchio steht mit seinen Bewertungen keineswegs allein da, andere seriöse brasilianische Kritikerkollegen analysieren noch weit schärfer, zeigen didaktisch die vielen Schwächen des „Huldigungsfilms“und seiner Hauptperson auf. „Uma historia superficial“, eine oberflächliche Geschichte, gar eine Beleidigung des Kinos, lautet ein gut begründetes Kritikerurteil, während man in deutschen Texten nicht selten infantilen Personenkult zu ertragen hat. Und ausgerechnet Niemeyers sehr bezeichnenden Stalin-Kult in den Kritiken permanent zu verheimlichen, wirkt ebenfalls kindisch. Oder gibts da Auflagen? „Stalin war phantastisch“, sagt Niemeyer.

„Stalin war phantastisch“: http://diariodonordeste.globo.com/materia.asp?codigo=494208

Laut deutschen Filmkritiken ist Niemeyer gegen Bauen in Serie, gegen immergleich Eckiges . Ein schlechter Witz, grundfalsch – es reicht, sich Niemeyers eigentliches Hauptwerk, die über 500 öffentlichen CIEP-Schulen von Rio de Janeiro anzusehen. Massenproduktion aus vorfabrizierten Betonteilen, alles seriell, und vor allem abstoßend eckig und grau, von individuellen Formen keine Spur, alles ziemlich entsetzlich für Schüler und Lehrer. Keineswegs ein einmaliger Ausrutscher Niemeyers, Eckig-Serielles von ihm steht vielerorts herum. Deutsche Kritiker-Sachkenntnis also Null. http://www.ila-web.de/brasilientexte/niemeyer.htm

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Niemeyer-Bauten in Sao Paulo: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/01/31/oscar-niemeyer-gebaude-in-sao-paulo-california-eiffel-montreal-copan/

Ganz verrückt, und zudem politisch interessant wirds, wenn deutsche Kritiker ihre Lobhudelei auch noch ausgerechnet auf die 30er und 40er Jahre Brasiliens ausdehnen. In dieser Zeit kam ein Hitlerfan und Judenhasser in Brasilien hoch, schließlich sogar durch einen Militärputsch an die Macht – Getulio Vargas. Gemäß den brasilianischen Historikerquellen wurde just unter Vargas die Repression institutionalisiert, wurde gefoltert, gemordet, ließ man politische Gegner verschwinden. Großartige Zeiten? Vielleicht aus der Sicht Niemeyers, seiner heutigen Bejubler – große brasilianische Schriftsteller wie Graciliano Ramos, den man wie Ungezählte einkerkerte, haben über diese Phase natürlich andere Positionen. Die Jüdin Olga Benario wurde von Vargas gar an Hitlerdeutschland ausgeliefert, in Bernburg vergast. Die Vargas-Epoche war gemäß den brasilianischen Historikern „Tirania“, Tyrannei – doch siehe da, just Oscar Niemeyer und sein Kumpel Lucio Costa arbeiteten für die Vargas-Diktatur. Solchen Aha-Effekt, der der Wirkung des „Huldigungsfilms“ womöglich abträglich wäre,  gönnen manche deutschen Filmkritiker ihren Lesern, Hörern offenbar nicht, setzen weiter aufs infantile Verschweigen. Diktator Vargas war intelligent, zynisch und gerissen – man erinnert sich, wie er sogar den Juden Stefan Zweig einkaufte, im Gegenzug gegen ein Dauervisum jenes entsetzliche „Brasilien, ein Land der Zukunft“ hinzuschludern. Leute wie Niemeyer, sogar Komponisten wie Heitor Villa-Lobos ins Boot zu holen, zählte zu den vielen geschickten Schachzügen von Vargas – ein großer deutscher Diktator betrieb damals eine gleiche Politik, man erinnert sich. Und bildete für Vargas gar die Geheimpolizei aus, brachte ihm und seinen Leuten bei, wie man ordentliche PR betreibt. Die „Abteilung für Presse und Propaganda“, geleitet von Lourival Fontes, einem „brillanten rechtsgerichteten Intellektuellen“, wie die brasilianischen Historiker analysieren, kontrollierte sämtliche journalistischen und kulturellen Aktivitäten, förderte den Personenkult um den Diktator Vargas. Noch so ein Aha-Erlebnis, das mit der Thematik intensiv befaßte Filmkritiker den Leuten offenbar nicht gönnen. Sogar der damalige Vargas-Minister Gustavo Capanema kommt in deutschen Filmkritiken gut und kritiklos weg. Capanema war immerhin Mitgründer einer paramilitärischen Legion, die Prinzipien faschistischen Charakters pflegte und den Uniformschnitt von den deutschen Nazis übernahm, wie in Brasilien konstatiert wird. Und auf welcher Seite stand Capanema wohl, als 1964 die Militärs erneut putschten, erneut ein Schreckensregime in den Tropenland installierten, mit Folter und Terror? Claro, auf der Seite der Militärs. Irgendwas darüber in deutschen Filmkritiken? Einfach mal nachschauen.

(Mehr über Getulio Vargas: http://www.hart-brasilientexte.de/2008/05/28/o-antisemitismo-nas-americas-der-antisemitismus-in-amerika-738-seiten-98-real-das-neue-werk-von-brasiliens-fuhrender-antisemitismus-expertin-maria-luiza-tucci-carneiro-diesmal-herausgeberin/)

Kolumnist Diego Mainardo über Vargas und Niemeyer:

„Jenes Klischeebild Brasiliens als Land von Samba, Karneval, Fußball, unbändiger Lebensfreude und Rassendemokratie wurde kurioserweise von Diktator Getulio Vargas, einem Hitlerverehrer und Judenhasser, in den dreißiger und vierziger Jahren produziert, wurde Teil der Auslandspropaganda. Diogo Mainardi, provokanter Kolumnist des führenden Nachrichtenmagazins „Veja”, formuliert es so:” D e r Brasilianer existiert gar nicht, ist eine Täuschung, eine Lüge. Wer den Typus des Brasilianers erfunden hat, war die Getulio-Diktatur. Die erfand eine Rasse, glorifizierte die Mischung zwischen Weißen, Schwarzen und Indianern “ Frucht einer kollektiven Vergewaltigung. Erfunden wurden Mythen, der Fußball, der Karneval, die Populärmusik. Die Getulio-Diktatur erfand d e n Brasilianer, um ihn besser beherrschen zu können.” Mussolinis Italien, aber auch Hitlers Deutschland seien hier vorbeigekommen, es habe ein „ambiente goebbeliano” gegeben. „Der Unterschied ist, daß sich Italien und Deutschland von jenem sechzig Jahre zurückliegenden totalitären Diskurs befreit haben. In Brasilien wird er gleich fortgesetzt, werden Ideen von 1930 wiedergekäut. Die großen Namen unserer Intelligentsia und unserer Kultur sind jene alten Kollaborateure der Getulio-Diktatur, die mitgeholfen haben, jenes Image vom Brasilianer zu schmieden.” Diogo Mainardi nennt Namen wie Architekt Oscar Niemeyer, Lucio Costa, Gilberto Freyre und Vinicius de Morais. „Getulio Vargas wußte, daß man am besten mit Künstlern und Intellektuellen fertig wurde, wenn man ihnen einen Job verschaffte.”

Chris Dercon, Direktor des Hauses der Kunst in München:“Aber immerhin erreicht er mit seiner Ideologie unglaublich sinnliche Architektur.“

Larry Rohter von der New York Times, der die weiter unten zitierte Bewertung schrieb, lebte und arbeitete jahrelang in Brasilien, war nahe dran an den Dingen, Ereignissen. Vermutlich schlußfolgert er deshalb über Niemeyer sehr anders als manche Trivialisten ganz weit weg vom Schuß, in der deutschen Provinz. 

„Pode-se estranhar a ausencia do contraditorio nesse filme-homenagem. Afinal, Niemeyer náo é homem de temer a controvérsia. E, como se sabe, pode ser um figuráo nacional e internacional, mas sua obra e sua atuaçáo náo estáo ao abrigo da polemica. Pelo contrario. Só para ficar num exemplo notavel, o documentario Conterraneos Velhos de Guerra, de Vladimir Carvalho, mostra um Niemeyer furioso quando convidado a explicar alguns fatos obscuros da construçáo de Brasi­lia, como a morte de trabalhadores.“(O Estado de Sao Paulo)

New York Times über Niemeyer: „Outro exemplo de um aspecto da cultura brasileira elogiado muito mais do que ele provavelmente merece é a obra do arquiteto Oscar Niemeyer. Sei que isso pode soar chocante, porque há um consenso quase universal aqui no Brasil de que Niemeyer é um genio. (…) Deixando de lado a politica stalinista de Niemeyer, que é execravel, há uma contradiçáo fundamental e irreconciliavel entre o que ele professa e a obra que ele produziu. Ele afirma querer uma sociedade baseada em princi­pios igualitarios, mas sua arquitetura, para usar a linguagem do mundo da computaçáo, náo é user-friendly. Ao contrario: ela é profundamente elitista e mesmo egoi­sta, concentrada principalmente em fazer declaraçoes grandiosas e eloqüentes por si mesmas, para satisfaçáo de Niemeyer e seus admiradores, mesmo que cause desconforto ou inconveniencia ao usuario“.

Architekt Joaquim Guedes, bestinformierter Niemeyer-Kritiker(und deshalb in Kommerzkritiken nie zitiert):”In der Menscheitsgeschichte gab es keinen anderen Architekten, für den der Staat soviel nationale und internationale Reklame organisierte wie für Niemeyer –  denn Niemeyer machte ja auch kräftig Reklame für den Staat. Über Niemeyer wurde nur verbreitet, was dieser selber hören wollte. Er arbeitete für das Militärregime, obwohl er es gleichzeitig kritisierte. Gerade während der Militärdiktatur von 1964 bis 1985 realisierte Niemeyer viele Projekte. Ich bin traurig “ mit dieser formalistischen Prestigearchitektur, die nichts taugt, aber furchtbar teuer ist, hat Niemeyer meiner Architektengeneration objektiv sehr geschadet. Doch leider leben wir heute in einer Zeit, in der die Erscheinung, die Fassade, das Spektakel, die Propaganda so ungemein wichtig genommen werden. ”

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/02/04/oscar-niemeyer-das-lateinamerika-memorial-in-sao-paulo-kritisiert-von-architekt-joaquim-guedes-der-text-ein-klassiker-der-architekturkritik-1989-oscar-niemeyer-na-barra-funda-em-sao-paulo/

(more…)

Brasilia wird 50 – und das Massaker an Bauarbeitern? Stalin-Fan Oscar Niemeyer. „Stalin war phantastisch.“ Niemeyer-Bauten in Sao Paulo – Fotos. Chris Dercon. Wie Niemeyer mit der Folter-Diktatur zusammenarbeitete…“Während der Militärdiktatur (1964-1985) wurde Niemeyer verfolgt und mit einem Arbeitsverbot belegt.“(deutscher Medientext) Wahlhilfe für Diktaturaktivist. Helmut Schmidt und Oscar Niemeyer…

Mittwoch, 11. November 2009 von Klaus Hart

http://veja.abril.com.br/especiais/brasilia/index.html

Das Massaker, in Mitteleuropa gewöhnlich verschwiegen – ebenso wie die grauenhaften, inhumanen Arbeitsbedingungen bei der Hauptstadt-Errichtung.

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/01/14/art-das-kunstmagazin-uber-oscar-niemeyer-das-leben-ist-ein-hauch/

Hintergrund: http://www.hart-brasilientexte.de/2008/02/11/67/

“Schönheit und Fäulnis”. Neue Zürcher Zeitung/NZZ – Klaus Hart:https://www.nzz.ch/schoenheit_und_faeulnis-1.700750

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Das Buch und der Film – nur zu oft in Europa beim Thema „Brasilia“ verschwiegen. Deutsche Filmkritiker kehren das Massaker, die grauenhaften Arbeitsbedingungen beim Bau Brasilias gewöhnlich unter den Tisch – brasilianische Kritiker dagegen erinnern ihr Publikum ausdrücklich daran. Unterschiedliche Ethik, Interessenlagen?

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/04/21/brasilia-50-eine-postkartenansicht-umzingelt-von-misere-brasiliens-qualitatszeitung-o-estado-de-sao-paulo/

Niemeyer und das Blutbad von Brasilia

In bestimmten europäischen Medien, in Feuilletonredaktionen, Verlagen und PR-Agenturen herrscht seit Jahrzehnten panische Angst vor diesem Thema, jeder kleinste Hinweis wird unterdrückt. Indessen existieren die Fakten: Der vielfach preisgekrönte brasilianische Dokumentarfilmer Vladimir Carvalho hörte von einem Blutbad, gar einem Massaker an protestierenden Bauarbeitern Brasilias im Jahre 1959, und holte zahlreiche Zeitzeugen vor die Kamera. Für den – das erste Mal auf dem Brasilia-Filmfestival von 1990 gezeigten – Streifen erhielt er zahlreiche Auszeichnungen, sogar von der brasilianischen Bischofskonferenz CNBB und von der Kritikerassoziation São Paulos. In einem langen Exklusivinterview äußerte sich Carvalho zu den Vorgängen und Hintergründen bei der Errichtung Brasilias. Einer, der die Bauarbeiten beaufsichtigte, war Oscar Niemeyer. Es wird gern und häufig jene Heldensage, jener regelrechte Mythos um die Errichtung der brasilianischen Hauptstadt verbreitet, nach dem der große Architekt Niemeyer immer nahe bei seinen geliebten Arbeitern gewesen sei, im Staub der Savanne. Alle hätten an einem Strang gezogen und gemeinsam das gigantische Werk vollbracht, das schon bald darauf zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt wurde. Aber es existieren auch dem widersprechende Darstellungen, darunter Carvalhos Dokumentarfilm “Conterraneos Velhos de Guerra” und ein Exklusivinterview mit einem der Bauarbeiter. »Der Bauplatz von Brasilia war damals ein Wilder Westen«, sagt Carvalho, »alles mußte schnell gehen, die Fristen waren kurz. Entsprechend wurden die Arbeiter behandelt. Wie berichtet wird, gab es sogar verdorbenes Essen. Und während eines Karnevals verstieg sich die Bauleitung dazu, das Wasser im Bauarbeiterlager abzustellen, um zu verhindern, daß sich die Arbeiter waschen konnten, um danach in Nachbarstädten des Teilstaates Goias Karneval zu feiern. Eines Tages war das Essen wieder verdorben – das brachte das Faß zum Überlaufen. Die Arbeiter verloren die Geduld, warfen die Teller mit dem Essen aus dem Fenster, aus Protest. Da rief man die Bauplatzpolizei, die Guarda Especial de Brasilia, die sollte eingreifen. Die Arbeiter wehrten sich nach Kräften, schafften es sogar, die Bauplatzpolizei zurückzutreiben. Der Tag verging – doch nachts, als alle im Bauarbeitercamp schliefen, kam die Polizei erneut und feuerte mit Maschinenpistolen in das Lager. In Brasilien sagt man, das Volk übertreibe, aber erfinde nichts – O povo aumenta, mas nao inventa. Das Volk könnte also die Vorfälle übertrieben geschildert haben – es hat aber nichts erfunden, sondern ging von einem konkreten Fall aus. So könnte man die Zahl der Ermordeten zu hoch angegeben haben. Im Film sagt einer dreißig Tote, ein anderer sechzig, wieder ein anderer 120, einer sogar etwa fünfhundert. Ich habe im Dokumentarfilm Positionen von Personen aneinandergereiht, die damals dabei waren, oder die Vorfälle mitbekommen hatten. Ich kann nichts beweisen. Der Film ist lediglich ein Wort gegen alle, die heute behaupten, es habe kein Blutbad gegeben – und die in der Regel mit der damaligen Administration liiert waren und den damaligen Staatspräsidenten Juscelino Kubitschek loben. Es handelte sich damals um eine Repressalie gegen revoltierende Arbeiter. In Brasilia kann man noch heute Ältere, darunter Taxifahrer von damals, treffen, die davon berichten und deutlich sagen: Ja, es gab diese Toten! Nur eine einzige Zeitung, O Binomio aus Belo Horizonte, die in Opposition zur Kubitschek-Regierung stand, wagte über eine Revolte von Bauarbeitern zu berichten, die gewaltsam unterdrückt worden sei und daß es offenbar Tote gegeben habe. Wegen dieser Toten, wegen des ganzen Falles wurde übrigens Brasiliens erste Bauarbeitergewerkschaft gegründet. Es gab damals viele Unfälle. Viele Bauarbeiter fielen von den Gerüsten, Tote wurden rasch beseitigt, damit die Lebenden nicht die Lust verloren, und der Bau in hohem Tempo fortgesetzt werden konnte. Zeugen sagten: Die Bauarbeiter konnten nur wenige Stunden schlafen, sich nur wenig ausruhen, sie sollten den Bau ja beenden. Die Arbeiter waren schlichtweg fix und fertig, deshalb kam es zu diesen Unfällen. Weil man eben die Sicherheitsbestimmungen stark gelockerte hatte.« Vladimir Carvalho befragte für den Dokumentarfilm auch Oscar Niemeyer: »Ich ging zu ihm, weil ich dachte, er kenne die ganze Geschichte, könne alles bezeugen, könne bestätigen, was die anderen mir sagten. So wie eine einfache Wäscherin: Am Tage des Massakers wollte sie den Arbeitern die gewaschenen Sachen ins Lager bringen, doch man ließ sie nicht hinein. Sie hob die Sachen ein ganzes Jahr lang auf – und als sie erfuhr, was da im Lager passiert war, verschenkte sie die Sachen der Bauarbeiter an andere Leute. Doch Oscar Niemeyer verneinte, daß das Blutbad geschehen sei, er sagte: Davon weiß ich nichts, davon habe ich noch nie etwas gehört. Er war ein großer Freund von Juscelino Kubitschek. Auch über die Arbeitsunfälle wollte Niemeyer nicht reden. Und heute will gleich gar keiner von den Leuten oben über die Vorfälle sprechen. Niemeyer wird jetzt hundert Jahre alt, niemand will ihn verärgern. Für dessen Biographie ist der Fall nicht gut.« Carvalho befragte für den Film auch den Architekten Lucio Costa, der mit Niemeyer in Brasilia zusammenarbeitete. »Als ich Costa auf den Fall ansprach, sagte er mir: Was willst du denn, das war der Bau einer Stadt, kein Duett tanzender Kavaliere.« Laut Carvalho wurde zwar eine Untersuchung zu den Vorgängen gestartet, doch seien, wie es heiße, die Unterlagen verbrannt. Laut der Aussagen eines Zeitzeugens im Film wurden die ermordeten Bauarbeiter dort verscharrt, wo heute in Brasilia der Fernsehturm steht. Einige hätten noch gelebt, als die Planierraupe die Erde über sie schob. 1997 wurde in Brasilien das Buch “Conterraneos Velhos de Guerra” herausgegeben, das das gesamte Drehbuch sowie die Kritike rstimmen über den Dokumentarfilm enthält. Es steht allen zur Verfügung, die über Niemeyer und Brasilia schreiben sowie Ausstellungen und PR organisieren.

Brasilia-Bauarbeiter Wagner M. , 2007 bei Sao Paulo  auf das Blutbad angesprochen, erinnert sich im Website-Exklusivinterview sofort: „Ja, das ist damals tatsächlich passiert.”

Es heißt, bei Protesten, etwa gegen verdorbenes Essen, seien Hunderte von der Bauplatzpolizei erschossen worden? „Das gab es immer wieder, ich habe das gesehen, ich war Zeuge. Es war diese Bauplatzpolizei, die gemordet hat. Doch man konnte sie nicht anzeigen, alle hatten Angst vor ihr. Es gab Repression. Und wer gar etwas gesehen hatte und darüber offen redete –  solche Zeugen wurden liquidiert. So war das damals in Brasilia.”

http://das-blaettchen.de/projektierte-apartheid/

Die Gysi-LINKE und Oscar Niemeyer:https://www.die-linke.de/disput/disput-archiv/detail/news/der-poet-des-beton/

Gregor Gysi 70:http://www.hart-brasilientexte.de/2018/01/14/gregor-gysi-70/

Brasiliens heutiger Staatspräsident Luis Inacio Lula da Silva hatte bereits als Gewerkschaftsführer im Jahre 1979 klargestellt, wie er zu Hitler steht. In einem Interview sagte Lula damals: “Hitler irrte zwar, hatte aber etwas, das ich an einem Manne bewundere – dieses Feuer, sich einzubringen, um etwas zu erreichen. Was ich bewundere, ist die Bereitschaft, die Kraft, die Hingabe.”

-LulaLINKE17

Ausriß. “Wir sind alle Lula”.

14. JULI 2017

„Lula Resiste! – Lula, halte durch!“: Solidarität mit Lula!/LINKE-Presseerklärung 2017

Vor wenigen Tagen wurde der in Brasilien noch immer sehr populäre Ex-Präsident Luiz Inácio „Lula“ da Silca wegen vermeintlicher passiver Korruption zu neuneinhalb Jahren Haft verurteilt – von einem dem großbürgerlichen Block willfährigen Richter

Katja Kipping, Bernd Riexinger (Parteivorsitzende der LINKEN) und Heinz Bierbaum (Vorsitzender der Internationalen Kommission der Partei DIE LINKE) erklären dazu:

„Wir sind bestürzt über die Verurteilung des brasilianischen Ex-Präsidenten Lula wegen angeblicher Korruption. Die Anklage wirkt konstruiert und politisch motiviert, die mehr als dürftige Beweislage stützt sich auf Kronzeugenaussagen. Erneut scheint die Justiz für politische Zwecke instrumentalisiert zu werden. Lulas Partei, die Partei der Arbeiter (Partido dos Trabalhadores – PT), sieht darin einen Anschlag auf die Demokratie und die Verfassung. Bereits im letzten Jahr wurde Dilma Rousseff durch einen parlamentarischen Putsch ihres Amtes enthoben. Nun entsteht der Eindruck, dass Lula, der die Umfragen zu den nächsten Präsidentschaftswahlen im Jahr 2018 anführt, mit einem fadenscheinigen Urteil aus dem Verkehr gezogen werden soll. Mit der PT hoffen wir darauf, dass in den nächsten Instanzen die Gerechtigkeit zum Zuge kommt. Unsere Solidarität gehört der PT und Luiz Inácio Lula da Silva.“

Chris Dercon wird Intendant der Berliner Volksbühne?

http://www.hart-brasilientexte.de/2015/04/23/berliner-volksbuehne-chris-dercon-wird-intendant-illustrierte-der-spiegel-chris-dercon-ueber-oscar-niemeyer-eine-unglaublich-sinnliche-architektur/#more-33926

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Ausriß. Lula bei Schmidt in Hamburg.

“Ich glaube, ihr seid auf einem fabelhaft gutem Wege.” Schmidt zu Lula 2009…

Schmidt:”Ich kenne Oscar Niemeyer – und ich habe einen großen Respekt vor ihm…Ich war einer, der dafür gesorgt hat, daß er den japanischen kaiserlichen Kunstpreis für Architektur bekommen hat. So habe ich Oscar Niemeyer in Tokio kennengelernt.”(Extrem stark beschnittenes Gespräch Schmidt-Lula auf youtube)

„Ist Brasilia unmenschlich?“ DIE ZEIT 1967, Helmut Schmidt/SPD ist noch nicht Mitherausgeber, steuert noch nicht die Inhalte:http://www.zeit.de/1967/50/ist-brasilia-unmenschlich/komplettansicht?print=true

Henry Kissinger spricht auf Trauerfeier für Helmut Schmidt in Hamburg:http://www.hart-brasilientexte.de/2015/11/17/henry-kissinger-haelt-rede-auf-staatsakt-fuer-helmut-schmidtspd-am-23-11-2015-in-hamburg-kissinger-und-schmidt-viele-gemeinsame-wertvorstellungen/

DIE ZEIT und der Tod des Mitherausgebers Helmut Schmidt/SPD 2015 – was alles in den Nachrufen fehlt:http://www.hart-brasilientexte.de/2015/11/12/die-zeit-und-der-tod-des-mitherausgebers-helmut-schmidtspd-2015-was-alles-in-den-zeit-nachrufen-fehlt/

Kuriose Mythenbildung um Schmidt und Lula:

http://www.hart-brasilientexte.de/2015/11/11/helmut-schmidt-2015-gestorben-mainstream-verbreitet-falschmeldungen-kuriose-mythen-schmidt-hatte-angeblich-den-damaligen-gewerkschaftsfuehrer-lula-begehrt-bei-unternehmern-als-verhandlungs-und-g/

Kreuz und Gedenkstein am Ort des Massakers: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/04/16/kreuz-und-gedenkstein-am-ort-des-massakers-an-bauarbeitern-brasilias-oscar-niemeyer-der-die-errichtung-brasilias-leitete-sagt-im-dokumentarfilm-von-dem-blutbad-nie-etwas-gehort-zu-haben/

Stalin und Niemeyer: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/01/14/stalin-und-oscar-niemeyer-die-erfindung-niemeyers-brasiliens-nachrichtenmagazin-veja-uber-den-umgang-des-in-europa-bejubelten-stararchitekten-mit-historischen-fakten/

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Niemeyer-Szene im Dokfilm von Carvalho: „Niemeyer – der Bau von Brasilia und die Revolte der Arbeiter“.

„Stalin war phantastisch“: http://diariodonordeste.globo.com/materia.asp?codigo=494208

Wahlhilfe für Diktaturaktivist: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/09/10/kommunist-oscar-niemeyer-macht-wahlwerbung-fur-den-oligarchie-rechten-marco-macieldem-maciel-ist-intelligent-und-uberaus-ehrlich-wie-brasiliens-politik-funktioniert-stalin-war-phantasti/

Chris Dercon, Direktor des Hauses der Kunst in München:“Aber immerhin erreicht er mit seiner Ideologie unglaublich sinnliche Architektur.“

Die soziokulturelle Dekadenz der deutschen Hauptstadt Berlin – Belgier Chris Dercon, komplett ungeeignet, wird zum Volksbühnen-Intendanten gemacht – und kapituliert vorhersehbar bereits im April 2018.

Niemeyers Bauten für die Militärdiktatur: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/04/13/wie-oscar-niemeyer-mit-der-brasilianischen-militardiktatur-zusammenarbeitete-die-liste-aller-projekte-in-den-jahren-des-folterregimes-von-1964-bis-1985/

Willy Brandt und sein Diktatur-Amtskollege José Magalhaes Pinto:  http://www.hart-brasilientexte.de/2013/11/19/brasiliens-folter-diktatur1964-1985-mit-wem-bundesausenminister-willy-brandt-damals-bilaterale-vertrage-unterzeichnet-das-massaker-an-stahlarbeitern-unter-gouverneur-jose-magalhaes-pinto/

http://www.hart-brasilientexte.de/2008/02/11/staatsarchitekt-oscar-niemeyer-und-sein-kritiker-joaquim-guedes/#more-52

Brasilia 50 – TV-Bericht: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/03/26/brasilia-monument-der-moderne-wird-50-tv-bericht-auf-youtube/

Film „Oscar Niemeyer – Das Leben ist ein Hauch“: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/01/14/oscar-niemeyer-das-leben-ist-ein-hauch-pr-film-nun-auch-in-den-deutschsprachigen-kinos-was-alles-fehlt/

Brasilia wird 50: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/04/13/brasilia-wird-am-21-april-50-aufwendige-reparatur-und-restauration-von-pfuschbauten-prasidentenpalast-und-kathedrale-werden-nicht-bis-zum-jubilaum-fertig-lula-amtiert-weiter-in-bank-kulturzentru/

Niemeyer-Bauten in Sao Paulo: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/01/31/oscar-niemeyer-gebaude-in-sao-paulo-california-eiffel-montreal-copan/

Deutschlandfunk: „Der Betonmythos bröckelt – Oscar Niemeyer“ - http://www.podcast.de/episode/1467036/Der_Betonmythos_br%C3%B6ckelt_-_Oscar_Niemeyer

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/01/18/the-massacre-of-pacheco-fernandes-us-anthropologe-james-holston-uber-das-massaker-an-bauarbeitern-von-brasilia-in-the-modernist-city-1989-369-seiten-the-worst-food-riot/

http://www.hart-brasilientexte.de/2008/07/29/groser-brasilianischer-architekt-joaquim-guedes-wichtigster-kritiker-von-oscar-niemeyer-tot-in-sao-paulo-von-stadtjeeplenker-uberrollt-der-fahrerflucht-beging/

Stalin und Oscar Niemeyer: http://www.hart-brasilientexte.de/2009/01/20/brasiliens-stararchitekt-oscar-niemeyer-liebt-weiter-stalin-buch-von-simon-sebag-montefiore-rehabilitiert-stalin-viele-brasilianer-greifen-sich-an-den-kopf/#more-1671

New York Times über Oscar Niemeyer: „Outro exemplo de um aspecto da cultura brasileira elogiado muito mais do que ele provavelmente merece é a obra do arquiteto Oscar Niemeyer. Sei que isso pode soar chocante, porque há um consenso quase universal aqui no Brasil de que Niemeyer é um génio. (…) Deixando de lado a poli­tica stalinista de Niemeyer, que é execravel, há uma contradiçáo fundamental e irreconciliavel entre o que ele professa e a obra que ele produziu. Ele afirma querer uma sociedade baseada em principios igualitarios, mas sua arquitetura, para usar a linguagem do mundo da computaçáo, náo é user-friendly. Ao contrario: ela é profundamente elitista e mesmo egoista, concentrada principalmente em fazer declaraçoees grandiosas e eloqüentes por si mesmas, para satisfaçáo de Niemeyer e seus admiradores, mesmo que cause desconforto ou inconveniencia ao usuario“.

Architekt Joaquim Guedes, bestinformierter Niemeyer-Kritiker:”In der Menscheitsgeschichte gab es keinen anderen Architekten, für den der Staat soviel nationale und internationale Reklame organisierte wie für Niemeyer –  denn Niemeyer machte ja auch kräftig Reklame für den Staat. Über Niemeyer wurde nur verbreitet, was dieser selber hören wollte. Er arbeitete für das Militärregime, obwohl er es gleichzeitig kritisierte. Gerade während der Militärdiktatur von 1964 bis 1985 realisierte Niemeyer viele Projekte. Ich bin traurig –  mit dieser formalistischen Prestigearchitektur, die nichts taugt, aber furchtbar teuer ist, hat Niemeyer meiner Architektengeneration objektiv sehr geschadet. Doch leider leben wir heute in einer Zeit, in der die Erscheinung, die Fassade, das Spektakel, die Propaganda so ungemein wichtig genommen werden. ”

Brasiliens Staatsarchitekt Oscar Niemeyer:

Die Kurven-Idee hat er vom Barock, nicht von den Frauen (2007)

Selbst zum hundertsten Geburtstag wiederholt Niemeyer die seit Jahrzehnten immergleichen Klischee-Phrasen, amüsieren sich in diesen Tagen brasilianische Kulturkritiker. Niemeyer weiß, daß der Spruch, wonach seine Inspiration die Formen, die sinnlichen Kurven schöner Frauen seien, gerade im Ausland, selbst bei weiblichen Autoren, am meisten ankommt. Daniel Piza, wichtigster Feuilleton-Kritiker der Qualitätszeitung „O Estado de Sao Paulo“, erinnert ein weiteres Mal daran, daß Niemeyers PR-Idee mit den Frauen-Kurven natürlich Unsinn ist. „Niemeyer inspirierte sich ausschließlich am Barock und dessen geschwungenen Linien, an den kurvigen Barockbauten des Teilstaates Minas Gerais und an Brasiliens berühmtestem Barock-Architekten Aleijadinho.“ Doch in einer Zeit, in der man zu banalen Vereinfachungen neigt, werde es nur zu oft so hingestellt, als seien die Rundungen, Wölbungen, geschwungenen Linien in der Architektur geradezu Niemeyers Erfindung, dessen Markenzeichen. „Ich gebe hier einen Hinweis. Niemeyer mag es, sich als den Pionier des Gebrauchs von Kurven, Bögen hinzustellen und erklärt, er sei es gewesen, der Le Corbusier angeregt habe, diese zu verwenden – was der Schweizer Architekt dann so brillant an der Kapelle von Ronchamps umgesetzt habe. Doch die Kurven waren keine Neuheit in der Architektur – beginnend mit Aleijadinho und seiner Kirche des Heiligen Franziskus in Ouro Preto…“

Daniel Piza vom „O Estado de Sao Paulo“ ist natürlich aufgefallen, daß im In-und Ausland die jetzigen Würdigungen zum hundertsten Geburtstag Niemeyers in Bezug auf Lob und Hudel oft nahezu deckungsgleich sind. „Niemeyer e a unanimidade“ (Niemeyer und die Einstimmigkeit) überschreibt Piza deshalb seine vielgelesene Kolumne – und erinnert damit hintergründig gleichzeitig an einen populären Ausspruch des großen brasilianischen Theatermachers Nelson Rodrigues: Toda unanimidade è burra – Alle Einstimmigkeit ist blödsinnig, dumm. Von solcher, so Piza, könne indessen, was Oscar Niemeyer betrifft, keine Rede sein, selbst wenn manche es so interpretierten. Der „Stararchitekt“ ernte reichlich ätzende Kritik. In Brasilien sei ein gängiger Vorwurf, daß Niemeyer-Bauten nicht funktionierten. Häufig beeindruckten diese am meisten, wenn man sie aus der Ferne, in günstigem Panorama betrachte. Daß Niemeyer große, öde, leblose Plätze aus Beton schaffe, werde von ausländischen Essayisten wie Kenneth Frampton und Marshall Berman auf seine stalinistische Ideologie zurückgeführt. Fehlende Belüftung und Beleuchtung, schlechte Raumverteilung zählt Piza ebenfalls zu den großen Mankos der Niemeyer-Architektur, welche zwischen genialen Momenten und beklagenswerten Fehlleistungen oszilliere.

Der Kulturkritiker analysiert ähnlich wie der Architekt und Uni-Professor Joaquim Guedes, der angesichts des überbordenden Personenkults zum hundertsten Geburtstag Niemeyers einige Dinge klarstellt. Guedes zählt ebenso wie Niemeyer zu den Größen der brasilianischen Architektur, bekam viele Preise, realisierte hunderte Projekte. Andreas Hempel, Präsident des Internationalen Architekturkongresses von 2002 in Berlin, holt Guedes nicht zufällig ins wissenschaftliche Komitee des Expertentreffens. „Niemeyers Diskurs paßt weder zu seinen professionellen Kontrakten aus einer inakzeptablen offiziellen Marktreserve – seit Juscelino Kubitschek, von 1960 – noch zu seiner Architektur, der eine echte soziale Funktion fehlt“, betont Guedes. Der Hundertjährige habe in den letzten Monaten mehrere Staatsaufträge erhalten, darunter die Restaurierung des Präsidentenpalasts von Brasilia – was ihm, seinen Angehörigen, seinem Team Millionenhonorare einbringen werde. „Alles ohne Ausschreibung“, betont Guedes, „Niemeyer hat seine garantierte Marktreserve, braucht sich um Ausschreibungen, gar Mitbewerber nicht zu scheren.“ Derartige Staatsprojekte dienten Politikern und deren Anhang dazu, sich schamlos zu bereichern, stets sei viel Betrug im Spiel. „Ich habe keinerlei Möglichkeiten, all dies öffentlich zu machen – viele Intellektuelle Brasiliens schweigen über Niemeyer.“

Während der Militärdiktatur war Guedes im französischen Exil, lehrte als Professor an der Universität von Strasbourg Architektur. „Brasilianische Intellektuelle gaben in Frankreich die Parole aus, wer hierzulande Niemeyer kritisiere, sei für das Militärregime. Man wollte auch von mir, daß ich den Mund halte und in meinen Uni-Vorlesungen nicht sage, was ich über Niemeyer denke. Ich antwortete diesen Figuren, ich werde mir meine intellektuelle Freiheit von euch nicht rauben lassen, werde mich diesem Druck, all diesen Pressionen nicht beugen.“ Guedes erinnert heute an Kurioses: „Oscar Niemeyer erhielt die höchsten, jemals an einen Architekten gezahlten Honorare just während der Militärdiktatur, weil ja vieles in der Hauptstadt Brasilia erst nach dem Putsch von 1964 fertiggestellt wurde. Für mich ist Niemeyer kein echter Architekt, weil er keine Ahnung vom Menschen, von der menschlichen Persönlichkeit hat.“

Unterdessen wird vereinzelt an Niemeyersche Fehlleistungen erinnert, darunter an die Probleme mit den halbhohen, nicht bis zur Decke hochgezogenen Wänden in über 500 öffentlichen Schulen Rio de Janeiros. Oder an fehlende Funktionalität in Regierungsgebäuden Brasilias, wo weder ein günstiger Lichteinfall noch eine ordentliche Belüftung bedacht wurden: „Wenn die Air Condition ausfällt, müssen die Staatsangestellten wegen der extremen Hitze und des Fehlens von Fenstern, die für Ventilation sorgen, nach Hause geschickt werden.“ Die Kulturkritikerin Lisandra Paraguassu hat sich in diesen Tagen solche Bauten Brasilias angesehen: „In Brasilia, das für seine besondere Helligkeit und ein mildes Klima bekannt ist, sind die Nutzer eines Großteils der Niemeyer-Gebäude dazu gezwungen, den ganzen Tag mit Klimaanlage und künstlicher Beleuchtung zu verbringen.“ Das betreffe immerhin den Nationalkongreß, die Bundesanwaltschaft, das neue Museum der Republik sowie einen Teil des Außenministeriums.

Sylvia Ficher, Professorin für Architektur und Urbanismus an der Bundesuniversität von Brasilia: „Ich halte das für tragisch, gegen die Umwelt und eine sinnvolle Energienutzung gerichtet.“ Die Expertin erinnert daran, daß Brasilia-Architekt Lucio Costa ursprünglich vorhatte, kulturelle Gebäude Brasilias mit einem Wäldchen zu umgeben, damit die Leute dort Schatten suchen könnten, um nicht auf nacktem Beton heißer Tropensonne ausgesetzt zu sein. „Niemeyer hat das gar nicht gefallen. Er dachte, das Wäldchen würde seine Gebäude verdecken.“ All diese Fehlkonstruktionen seien sehr triste. Der bekannte brasilianische Umweltexperte Fabio Feldmann aus Sao Paulo erklärte während seiner Zeit als Kongreßabgeordneter über Brasilias Niemeyer-Bauten: „Hier sieht man überall, daß die Architektur von Oscar Niemeyer nicht funktional ist, schlecht in Bezug auf Komfort und inadequat in Bezug auf Belüftung und Beleuchtung. Seine Gebäude sind wunderbar für jenen, der sie von außen betrachtet, doch unbewohnbar, unangenehm, wenn man darin arbeiten, leben soll.“

Schlecht nur für Menschen? Ein Blick in etwas Fachliteratur, beispielsweise aus Europa, hätte Niemeyer davor warnen müssen, ein Gebäude wie Brasiliens Bundesanwaltschaft in der jetzigen Form zu entwerfen. Jeder einigermaßen ökologisch gebildete Schüler Mitteleuropas hätte Niemeyer gesagt, daß sein Entwurf die reinste Vogelfalle ist. Kurz nach der Einweihung im August 2002 fand man täglich getötete, stark verletzte Vögel direkt unter der kurvigen, wie ein Spiegel funktionierenden Total-Glasfassade, andere verendeten weiter entfernt. Unter den Opfern viele streng geschützte Arten, wie seltene Kolibris. Niemeyers naturfeindliches Werk sorgte für soviel Unruhe und Diskussion, daß schließlich eine Expertengruppe der Universität Brasilias gerufen wurde. In Europa, so hiesige Qualitätsmedien, pflanze man vor derartige Fassaden im Interesse des Naturschutzes hohe Bäume oder realisiere andere Lösungen gegen Vogelschlag. Miguel Marini, Leiter der Expertenstudie: „Die Leute von Architektur und Bau pflegen sich um mögliche Umweltschäden nicht zu kümmern. Die schauen nur auf die Ästhetik. Es fehlt einfach Verantwortungsbewußtsein bei der Planung.“

Ist die offizielle Liste der Werke Niemeyers komplett – oder fehlt da gewöhnlich einiges? Die über 500 Betonmonster-Schulen Rio de Janeiros werden häufig unterschlagen. Und wie die brasilianische Kunsthistorikerin Daniela Viana Leal herausfand, fehlen auch zahlreiche Kommerzbauten in und um Sao Paulo, weil diese im Widerspruch zu Niemeyers Diskurs über dessen eigene Architektur stünden. Laut Diana Viana Leal unterhielt Niemeyer in Sao Paulo ein Architekturbüro, dessen Existenz er heute abstreite. Die Kunsthistorikerin mußte daher nach dem Dementi Niemeyers mühselig und aufwendig alte Zeitungs-und Anzeigenarchive durchsuchen, um mehr über die sogenannte „fase renegada“ des Architekten zu erfahren.

Architekturprofessor Paulo Bruna von der Bundesuniversität Sao Paulo charakterisiert mehrere lokale Bauten Niemeyers schlichtweg als „Fiasko, schlechte Projekte.“

Niemeyers Memorial da Amerika Latina, Fotoserie: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/02/07/oscar-niemeyer-memorial-da-america-latina-in-sao-paulo-architekturkritik-von-joaquim-guedes-fotoserie/

http://www.hart-brasilientexte.de/2009/10/17/krieg-auf-dem-morro-dos-macacos-von-rio

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