Klaus Hart Brasilientexte

Aktuelle Berichte aus Brasilien – Politik, Kultur und Naturschutz

„Die letzte Kolonie. Die Westmächte wollen nicht begreifen, dass die Ereignisse von Hongkong einen Akt der Befreiung Ostasiens von seinen kolonialen Fesseln darstellen.“ Ulrich van der Heyden, August 2020 auf Rubikon-Website.

Freitag, 28. August 2020 von Klaus Hart

https://www.rubikon.news/artikel/die-letzte-kolonie

...Einmischung in die territoriale Integrität asiatischer Länder ist den USA und den Europäern so in Fleisch und Blut übergegangen, dass sie nicht einmal auf den Gedanken kommen, dass dies als anmaßend empfunden werden könnte. Wenn man sich umgekehrt vorstellt, China würde in dieser Weise in einer Region Europas vorgehen, wird klar, wie übergriffig solches Verhalten ist. Hongkong ist als eine der letzten britischen Kolonien seinen früheren Besatzern aus den Händen geglitten. Wenn China auf seinem Recht besteht, dort „das Sagen“ zu haben und gegen Krawalle — wie es jede westliche Regierung auch täte — vorgeht, ist das Geschrei groß. Der Vorwurf tyrannischen Verhaltens ist jedoch wenig glaubwürdig, wenn er ausgerechnet von den Erfindern des ausbeuterischen Kolonialsystems erhoben wird. Offensichtlich handelt es sich um publizistische Abwehrgefechte ehemaliger Machthaber, die nicht einsehen wollen, dass ihre Zeit vorbei ist…In jeder ehemaligen europäischen Kolonie, die die nationale Unabhängigkeit errang, trauerten manche Bewohner aus den verschiedensten Gründen den abziehenden Kolonialherren nach. Denn es gab einheimische Profiteure, vornehmlich aus den Eliten, die ihre Herrschaft durch die koloniale Macht absichern ließen und so manche andere, die sich — aus welchen Gründen auch immer — den europäischen Kolonialherren angedient hatten.

So ist es auch in Hongkong. Diejenigen, die von der ehemaligen Kolonialmacht Großbritannien begünstigt waren oder durch deren Unterstützung zum Bestandteil der internationalen Hochfinanz wurden, mit all ihren Helfern, Profiteuren, Claqueuren, Teilhabern an den gewaltigen Finanzgeschäften, haben natürlich Angst vor der ablaufenden Zeit des Übergangsstatus als sogenannte Sonderverwaltungszone. Selbstverständlich geht kaum jemand von den „gesitteten“ älteren Hongkonger Bürgern auf die Straße, um zu demonstrieren.

Der Krawall bis hin zu Angriffen auf Polizisten, Plünderungen, Straßenblockaden, unangemeldeten Demonstrationen, die in wohl fast allen Ländern verboten sind, bis hin zu offener Gewalt geht von jungen Leuten aus, die vermutlich mithilfe der Finanzkraft ihrer Eltern bisher in der Stadt mit den weltweit höchsten Lebenshaltungskosten nicht schlecht lebten. Durch die neue Gesetzgebung der Pekinger Zentralregierung sehen sie ihre Privilegien gegenüber der Mehrheit der chinesischen Bevölkerung in Gefahr, denn im Jahre 2047 laufen die Übergangsregelungen aus, die unter anderem eine unabhängige Justiz und ein relativ autonomes Handeln nach innen ermöglichten. Die bisher Privilegierten bekommen, ob berechtigt oder nicht, soziale Ängste…Wie die europäischen Politiker sowie die deutsche Presse China behandeln und die Praktiken der ureigensten Interessen der Chinesen kommentieren, ruft hierzulande unterschiedliche Reaktionen hervor. Die Meinungen der Ost- und Westdeutschen scheinen auseinander zu liegen. Wieder einmal!

Auf einen Grund hierfür machte in einer Diskussionsrunde kürzlich eine ehemalige DDR-Diplomatin aufmerksam. Sie verwies darauf, dass der ostdeutsche Staat in der Regel ausgebildete Regionalwissenschaftler in den Außendienst sandte, seien es Diplomaten, Korrespondenten oder Experten. Diese hatten eine langjährige regionalwissenschaftliche Ausbildung erhalten — im Gegensatz zu den westdeutschen Diplomaten, die nicht umsonst als Karrierediplomaten bezeichnet werden und oftmals wohl nur wenig Empathie, Kenntnisse über den kulturellen Hintergrund und die in ihren Gastländern gesprochene Sprache besaßen. Wohl nicht zu Unrecht charakterisierte schon 1970 ein Insider das westdeutsche diplomatische Corps als „allverwendungsfähige Dilettanten“. Heute soll sich das dem Vernehmen nach geändert haben.

In alter kolonialer Manier kritisieren gegenwärtige EU-Politiker die Pläne Pekings, wie der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im EU-Parlament David McAllister (CDU) oder der Grüne Reinhard Bütikofer. Auch die alte Kolonialmacht Frankreich sieht in dem neuen Gesetz eine „Bedrohung der internationalen Ordnung“. Man stellt die Begründung der chinesischen Regierung zur Verschärfung der Gesetzgebung fast flächendeckend infrage. Denn Peking sieht die Sicherheit Chinas in Gefahr, was man in Washington und in den europäischen Hauptstädten nicht gelten lässt.

Wie wäre es, wenn die westeuropäischen Regierungen in alter kolonial-paternalistischer Weise darüber entscheiden, was gewählte Vertreter eines Staates zu fühlen, zu beschließen haben?

Wenn die USA sich weiterhin in Asien einmischen und China mit gleichen Methoden zurückschlägt, werden beide Mächte bald einsehen, „was bei einer weiteren ideologischen Konfrontation auf dem Spiel steht“. Davor warnte kürzlich sogar die Londoner Financial Times. Wenn beide Mächte davon ausgehen, dass das jeweilige andere System „als von Natur aus falsch anzusehen ist“, dann wäre „es unklar, worüber man noch diskutieren sollte“. Noch haben die Chinesen in diesem Zusammenhang nicht auf die diskriminierende Situation der Native Americans in der US-Gesellschaft aufmerksam gemacht.

Was würden diese Politiker wohl sagen, wenn sich chinesische Parlamentarier darüber echauffierten, was in Europa, in Deutschland passiert — etwa die Ungleichbehandlung der Ostdeutschen gegenüber der Bevölkerungsmajorität, den Westdeutschen. Und die Chinesen schleppen nicht einmal die Last einer kolonialen Vergangenheit mit sich herum.

Wo bleibt der Aufschrei der Postkolonialisten? Zitat Rubikon

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