Vor dem Hintergrund des großen Lobes aus Europa für die Politik von Lula-Rousseff wird die UNO am 25. Mai in Genf die gravierende Menschenrechtslage im Tropenland darstellen – Brasilia schickt laut Landesmedien zwecks Verteidigung eine große Delegation. Wie es hieß, werde fern des Images von Wachstum und der Organisation von Sportgroßereignissen die brasilianische Diplomatie mit einer wenig komfortablen Realität konfrontiert. Die entsprechenden UNO-Dokumente zur Lage seien bereits veröffentlicht worden und zeigten ein Land sehr unterschiedlich vom Image der sechstgrößten Wirtschaftsnation. In Brasilien bestünden bei den Menschenrechten noch enorme Herausforderungen. Die Lage der brasilianischen Frau sei besorgniserregend – Opfer von Gewalt, zudem hohe Müttersterblichkeit. Schwarze Frauen seien am meisten betroffen. Kinderarbeit sei nach wie vor überall anzutreffen. In überfüllten Gefängnissen sei die Mordrate hoch, Folter in Haftanstalten und Polizeiwachen allgemein, was nicht zu akzeptieren sei. Laut Amnesty International hat Brasilien frühere Empfehlungen der UNO zu den Menschenrechten nicht umgesetzt. Straflosigkeit sei Teil der brasilianischen Realität. Die meisten der von Polizisten verübten Morde würden nie untersucht. Die UNO widmet sich auch den sozialen Menschenrechten, darunter der gravierenden Ungleichheit. Hilfsprogramme wie Bolsa Familia seien begrenzt, Hilfen müßten auch die am meisten Bedürftigen erreichen.
Amnesty International hat nach zehnjähriger Abwesenheit 2011 wieder ein Büro in Brasilien eröffnet – dessen Leiter Atila Roque begründete dies gegenüber den Landesmedien u.a. mit dem “gigantischen Defizit bei den Menschenrechten”. Es genüge, auf die öffentliche Sicherheit zu schauen und die extrem hohe Zahl an Morden zur Kenntnis zu nehmen. Mord sei heute praktisch straflos in Brasilien.Als größte Bedrohung für die öffentliche Sicherheit bezeichnete Roque das zügige Fortschreiten der organisierten Kriminalität – aus dem Apparat der öffentlichen Sicherheit heraus. Er nannte als Beispiel die Ermordung der gegen Todesschwadronen engagierten Richterin Patricia Acioli in Rio de Janeiro 2011.
http://www.hart-brasilientexte.de/2011/11/07/eu-lateinamerika-karibik-stiftung-startet-in-hamburg/
In “Caros Amigos” publizieren Brasiliens wichtigster Befreiungstheologe Frei Betto sowie Landlosenführer Joao Pedro Stedile.
Die bemerkenswerte UNO-Kritik steht den außerordentlich positiven Einschätzungen der Situation Brasiliens durch Politiker, Institutionen, Parteien und Alibi-NGO sowie der sehr erfolgreichen brasilianischen Auslandspropaganda gegenüber. Das Interesse an brasilianischen Bürgerrechtlern und Systemkritikern, die verfolgt und sogar häufig ermordet werden, tendiert in Ländern wie Deutschland aus den bekannten Gründen gegen Null – anders als beispielsweise im Falle des Chinesen Chen Guangcheng.
„Folter ohne Ende“: http://www.hart-brasilientexte.de/2009/12/12/folter-ohne-ende-tortura-sem-fim-brasiliens-soziologiezeitschrift-sociologia-uber-folter-unter-der-lula-regierung/
In der deutschen Parteipropaganda wird die brasilianische Regierung als progressiv eingestuft.
Brasiliens Militärdiktatur, der deutsch-brasilianische Atomvertrag: http://www.hart-brasilientexte.de/2012/04/15/brasiliens-militardiktatur-uberlebende-von-verfolgung-und-folter-clarice-herzog-witwe-des-ermordeten-judischen-journalisten-vladimir-herzog-und-regimegegner-waldemar-rossi-heute-fuhrer-der-bisch/
Bereits 2010 hatte der brasilianische Menschenrechtsanwalt und Systemkritiker Bruno Alves de Souza Toledo in Genf vor der UNO die gravierende Menschenrechtslage seines Landes analysiert – Toledo war natürlich chancenlos im europäischen Mainstream.
Hintergrund:
Tags: , , Bruno Alves de Souza, Comboni-Orden, CONECTAS, Franzisikaner Jose Francisco, Günter Nooke, Günther Zgubic, Genf, Hunger in Brasilien, Iriny Lopes, Julia Neiva, Konzentrationslager, Mediensteuerung, Neonazismus, Padre Xavier Paolillo, Rechtsextremismus, UNO-Menschenrechtskommission, Weltwirtschaftsforum Davos, Zensur