Ausriß. “Glaubt nur uns! Wir wissen alles besser!“
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Ausriß Süddeutsche Zeitung – Hintergrund:
Schon um kurz nach 18 Uhr, Wahlsonntag in NRW, strahlte Marco Schmitz über das ganze Gesicht. Er hatte sich im Wahlkreis 41 (Düsseldorf II) für ein Direktmandat beworben und die ersten Prognosen verhießen Gutes: einen Sieg von CDU-Spitzenkandidat Armin Laschet, was allen Christdemokraten nutzt. Doch Schmitz, Jahrgang 1979, war noch aus einem anderen Grund optimistisch: Er hat mit seinem Team an mehr als 5000 Haustüren geklopft, sich den potenziellen Wählern vorgestellt und sie gebeten, für ihn und die CDU zu stimmen.
„Das kam sehr gut an, denn die Bürger haben nicht oft Kontakt mit Politikern“, berichtet Schmitz. Den Weg gewiesen hat ihm die App Connect17, die die Bundes-CDU mit der Jungen Union entwickelt hat. Sie erstellt eine Potenzialanalyse und schickt Bewerber wie Schmitz in Straßenzüge, in denen mögliche Sympathisanten leben: „Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand CDU wählt, muss über 60 Prozent liegen.“
Die Strategie ist die gleiche wie in den swing states der USA: Man tut alles, um die eigenen Anhänger zu mobilisieren, lässt sich aber nicht in lange Diskussionen verwickeln und versucht nicht, Andersdenkende zu überzeugen. „Get Out the Vote“ heißt der Ansatz und Politologen wie Donald Green fanden schon 2004 in Tests heraus, dass E-Mails oder Anrufe wenig Wirkung zeigen. „Es gibt tatsächlich kaum etwas Effektiveres, als wenn Nachbarn oder Bekannte vor deiner Tür stehen und für ihren Kandidaten werben“, sagte Green 2013 in einem Interview.
Connect17 übernimmt nun die Innovationen des US-Präsidentschaftswahlkampfs 2016: Das Smartphone ist das wichtigste Instrument der Aktivisten und kann die Daten schnell an die Zentrale schicken. Seit Dezember 2016 gibt es die App, auch Annegret Kramp-Karrenbauer im Saarland und Daniel Günther in Schleswig-Holstein setzten bei ihren Kampagnen auf Haustür-Wahlkampf und waren damit bekanntermaßen erfolgreich.
An 75 000 Türen wurde im Saarland geklopft – das entspricht fast jedem fünften CDU-Wähler. Wahlsieger Günther sei vergangene Woche aus dem Norden nach NRW gereist und habe die Helfer mit den Worten „Macht weiter, es wirkt“ angefeuert, erzählt CDU-Kandidat Schmitz. Für ihn hat es sich gelohnt: Mit knapp 2000 Stimmen Vorsprung lag er am Ende vor dem SPD-Bewerber und sitzt künftig im Düsseldorfer Landtag.
Aus den USA hat die CDU auch den Aspekt der Gamification übernommen: Wer sich als Unterstützer angemeldet hat, bekommt für diverse Aktivitäten Punkte gutgeschrieben. Der Wettbewerbsgedanke sporne an, sagt Schmitz: „Jeder kann sehen, wo er in der Rangliste steht.“ Drei Optionen sind auf dem Smartphone-Bildschirm zu sehen: Bei „Tür zu Tür“ wird belohnt, wer mit möglichst vielen Bürgern an der Haustür spricht, unter „Social Media“ gibt es Punkte für entsprechende Facebook-Posts oder verschickte SMS an Bekannte und bei „Unterstützer“ kann man neue Wahlhelfer registrieren.
Etwa 4000 Mal wurde die App heruntergeladen, berichtet JU-Bundesgeschäftsführer Conrad Clemens, der das Projekt im Konrad-Adenauer-Haus betreut. Eine Daten-Auswertung zeige, dass das Ergebnis der CDU in jenen Wahlkreisen um zwei bis zweieinhalb Prozentpunkte höher liege, in denen die App eingesetzt wird. Sehr vorangetrieben wurde das Projekt von Generalsekretär Peter Tauber, der selbst gern an Haustüren klopft und bei Twitter und Instagram verkündet: „Connect17 wirkt.“ Zitat SZ