Klaus Hart Brasilientexte

Aktuelle Berichte aus Brasilien – Politik, Kultur und Naturschutz

Brasiliens stark geförderte Wachstumsbranche Crack, Uralt-Fakten, Uralt-Tatbestände:“Die Kehrseite des Wohlstands“. Der Spiegel. „Es sind Szenen, die in vielen brasilianischen Städten neu sind.“ Die Arbeiterrevolten in Amazonien.

http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/0,1518,825688,00.html

Der Freitag –  Weißer Schnee am Zuckerhut: http://www.freitag.de/2000/48/00481001.htm

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/05/19/martin-sorell-prasident-der-weltgrosten-werbe-holding-fur-mich-ist-brasilien-bereits-ein-entwickeltes-land-ich-kenne-das-land-gut-nie-war-es-so-leicht-die-marke-brasilien-zu-verkaufen/

Die Szenen sind in vielen brasilianischen Städten nicht neu, sondern besonders seit dem Start der Lula-Regierung 2003 so gut wie jedermann bekannt. Massenhafter Drogenkonsum hat in Brasilien seit langem Tradition, Fotos langer Schlangen von Drogenkonsumenten an den Verkaufspunkten der Slums von Rio de Janeiro sind seit den 80er Jahren bekannt – lediglich die Crack-Wachstumsbranche ist neu hinzugekommen, richtet sich mit Billigstpreisen vor allem an die Verelendeten, Verarmten, an denen Konjunkturauf-und -abschwünge vorübergehen.  Brasiliens Eliten, Autoritäten werden von den Entwicklungen keineswegs unvorbereitet getroffen – wie brasilianische Experten seit sehr langer Zeit betonen, seien Politik und organisiertes Verbrechen liiert. Eliten, Autoritäen praktizieren längst ihre „Antworten“ – Spielfilme wie „Tropa de Elite „(1 + 2) haben sehr didaktisch auch dem deutschen Publikum vorgeführt, wie die Dinge in Brasilien politisch, sozial, wirtschaftlich strukturiert sind. Von einem ernstzunehmenden Kampf gegen die Drogenmafia kann, wie auch diese Filme zeigen (Tropa de Elite 1 war 2008 Berlinale-Sieger), gar keine Rede sein. Infantil politisch korrekt wird natürlich auch stets die Rolle Boliviens unter Evo Morales ausgeblendet. 

Brasiliens Crack-Epidemie zählt zu den folgenreichsten Resultaten der Lula-Rousseff-Regierungszeit. Auffällig ist, daß besonders die einfachen Menschen des Landes, ob in Dörfern des Hinterlands oder in großen Städten, bei Gesprächen fast sofort auf die gewachsene Sozialstrukturen zerstörende Wirkung der Crack-Epidemie hinweisen.

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/10/15/tropa-de-elite-2-neuer-film-uber-menschenrechtspolitik-in-brasilien-unter-lula-steuert-zuschauerrekord-an/

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/10/19/erfolgsfilm-tropa-de-elite-2-und-ubersturzte-reaktionen-3-monate-vor-lulas-abtreten-besetzt-spezialeinheit-scheiterhaufen-hinrichtungsstatte-in-rio-slum/

Politisch korrekt wird auch systematisch die tatsächliche Lage in den brasilianischen Slums unterschlagen: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/09/05/brasiliens-zeitungen-eine-fundgrube-fur-medieninteressierte-kommunikations-und-kulturenforscher/

BRASILIEN

Gauck: Von Brasilien lernen

Brasilien bewegt den Bundespräsidenten: Während seines Besuchs zeigte sich Joachim Gauck beeindruckt von der Aufbruchstimmung im Land. Deutschland könne von dem Mut zu Veränderungen lernen. Regierungssender Deutsche Welle 2013

Gauck sieht Kolumbien und Brasilien “auf gutem Wege”/Deutschlandradio Kultur

“Moderne Scheiterhaufen aus Autoreifen”:

-http://www.deutschlandradiokultur.de/moderne-scheiterhaufen-aus-autoreifen.1013.de.html?dram:article_id=167263

Brasilien und Manipulationsmethoden:http://www.hart-brasilientexte.de/2015/08/24/brasilien-und-aktuelle-manipulationsmethoden-wie-medienkonsumenten-teils-ueber-jahrzehnte-fuer-dumm-verkauft-werden-mottowas-kuemmert-mich-mein-geschwaetz-von-gestern-prof-robert-kappel-darf-na/

http://www.hart-brasilientexte.de/2009/09/20/crack-jugendpolitik-unter-lula-und-jose-serra-dunkelhautige-kinder-und-jugendliche-sind-crack-hauptkonsumenten/

Crack ist keine typische Droge der brasilianischen Mittelschicht, sondern wird hauptsächlich von den am meisten Verelendeten konsumiert.  Interessant ist, daß stets verschwiegen wird, wievielen Menschen die geförderte Wachstumsbranche Crack bereits das Leben gekostet hat, wieviele Crack-Konsumenten bereits als „Nichtindentifizierbare“ in den allseits bekannten Massengräbern endeten.

Systematische Morde an Crack-Süchtigen: http://www.hart-brasilientexte.de/2012/01/18/brasiliens-umgang-mit-dem-drogenproblem-ermordung-von-suchtigen-landesweit-gangige-praxis-laut-slum-geistlichen/

http://www.hart-brasilientexte.de/2012/01/14/brasiliens-umstrittener-umgang-mit-crack-suchtigenderzeit-werden-sie-serienweise-ermordet-geschaftsinhaber-bezahlen-dafur-killer-die-justiceiros-laut-augenzeugen/

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Ausriß.

Immer mehr Crack-süchtige Schwangere in der offenen Crackszene Brasiliens. Nicht wenige Crack-Babies sind Resultat von gängiger Kinderprostitution in der Crackszene – auffällig, wieviele Minderjährige sich feilbieten, um Crack kaufen zu können. Crack-Mädchen bieten sich lautstark an: “A minha bucetinha nao é caro nao!”

http://www.hart-brasilientexte.de/2012/01/11/brasiliens-umgang-mit-crack-suchtigen-deutschstammiger-kardinal-odilo-scherer-verurteilt-vertreibung-mittels-gewalt-in-sao-paulo/

Laut der größten brasilianischen Qualitätszeitung “Folha de Sao Paulo” “ertrinkt Lateinamerika in einem Blutbad. Es ist die gewalttätigste Region der Welt, viel mehr als Afrika.” Zu Brasilien heißt es im April 2012:”Wir sind das Land, wo man am meisten in der Welt mordet.” Die Rate sei höher als etwa in Afghanistan. 

http://www.dradio.de/dlf/sendungen/tagfuertag/1698492/

http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/religionen/1624771/

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“Cracolandia” – Wandbild in Sao Paulo.

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/02/01/brasiliens-erfolgreiche-auslandspropaganda-2009-uber-40-millionen-euro-investiert-laut-brasil-economico-enge-zusammenarbeit-mit-medien-europas/

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/11/13/brasiliens-wachstumsbranchenbrasilien-konsumiert-bis-zu-einer-tonne-crack-pro-tag-laut-landesmedien/

http://www.kleinezeitung.at/magazin/reise/2986281/brasilien.story

Hintergrund:

Brasiliens Massengräber

„Wenn die Toten da reingeschmissen werden, sind das Szenen wie in diesen
Holocaustfilmen“, beklagen sich Anwohner von Massengräber-Friedhöfen der größten lateinamerikanischen Demokratie. In der Tat wird seit der Diktaturzeit vom Staat die Praxis beibehalten, nicht identifizierte, zu „Unbekannten“ erklärte Tote in Massengräbern zu verscharren.

Die Kirche protestiert seit Jahrzehnten dagegen und sieht darin ein gravierendes ethisch-moralisches Problem, weil es in einem Land der Todesschwadronen damit auch sehr leicht sei, unerwünschte Personen verschwinden zu lassen. In der Megacity Sao Paulo mit ihren mehr als 23 Millionen Einwohnern empört sich der weltweit angesehene Menschenrechtspriester Julio Lancelotti: „In Brasilien wird monatlich eine erschreckend hohe Zahl von Toten anonym in Massengräbern verscharrt, verschwinden damit Menschen auf offiziellem Wege, werden als Existenz für immer ausgelöscht. Wir von der Kirche nehmen das nicht hin, versuchen möglichst viele Tote zu identifizieren, um sie  dann auf würdige Weise christlich zu bestatten. Wir brauchten einen großen Apparat, ein großes Büro, um alle Fälle aufklären zu können – dabei ist dies eigentlich Aufgabe des Staates!“

Padre Lancelotti erinnert daran, daß während der 21-jährigen Diktaturzeit in
Sao Paulo von den Machthabern 1971 eigens der Friedhof Dom Bosco geschaffen wurde, um dort zahlreiche ermordete Regimegegner heimlich gemeinsam mit jenen unbekannten Toten, den sogenannten Indigentes, in Massengräber zu werfen. Wie die Menschenrechtskommission des Stadtparlaments jetzt erfuhr, wurden seit damals allen Ernstes 231.000 Tote als Namenlose verscharrt – allein auf diesem Friedhof. Heute kommen Monat für Monat dort zwischen 130 und 140 weitere Indigentes hinzu.

Nach einem Massaker an Obdachlosen Sao Paulos kann Priester Lancelotti zufällig auf dem  Friedhof Dom Bosco beobachten, wie sich der Staat der Namenlosen entledigt: “Als der Lastwagen kommt und geöffnet wird, sehe ich mit Erschrecken, daß er bis obenhin voller Leichen ist. Alle sind nackt und werden direkt ins Massengrab geworfen. Das wird zugeschüttet – und fertig. Sollten wir später noch Angehörige ermitteln, wäre es unmöglich, die Verstorbenen in der Masse der Leichen wiederzufinden. Was sage ich als Geistlicher dann einer Mutter?“ Lancelotti hält einen Moment inne, reflektiert: „Heute hat das Konzentrationslager keinen Zaun mehr, das KZ ist sozusagen weit verteilt – die Menschen sind nach wie vor klar markiert, allerdings nicht auf der Kleidung, sondern auf dem Gesicht, dem Körper. Und sie werden verbrannt, verscharrt, wie die Gefangenen damals, und es gibt weiter Massengräber.“

Was in Sao Paulo geschieht, ist keineswegs ein Einzelfall. In der nordostbrasilianischen Millionenstadt Fortaleza leiden die Anwohner des Friedhofs „Bom Jardim“ seit Jahren bei den hohen Tropentemperaturen unter grauenhaftem Leichengeruch. „Die Toten werden oft schon verwest hergebracht, wie Tiere verscharrt, wir müssen zwangsläufig zusehen, es ist grauenhaft“, klagt eine Frau. „Fast jeden Tag kommt der Leichen-LKW – doch bei den heftigen Gewitterregen wird die dünne Erdschicht über den Toten weggeschwemmt, sehen wir die Massengräber offen, wird der Geruch im Stadtviertel so unerträglich, daß viele Kopfschmerzen kriegen, niemand hier eine Mahlzeit zu sich nimmt.“ Der Nachbar schildert, wie das vergiftete Regenwasser vom Friedhof durch die Straßen und Gassen des Viertels läuft: „Das Wasser ist grünlich und stinkt, manchmal werden sogar Leichenteile mitgeschwemmt – und weggeworfene Schutzhandschuhe der Leichenverscharrer. Die Kinder spielen damit – haben sich an die schrecklichen Vorgänge des Friedhofs gewöhnt. Wir alle haben Angst, daß hier Krankheiten, Seuchen ausbrechen.“

Selbst in Rio de Janeiro sind die Zustände ähnlich, werden zahllose Menschen von Banditenkommandos der über 1.000 Slums liquidiert und gewöhnlich bei Hitze um die 35 bis 40 Grad erst nach Tagen in fortgeschrittenem Verwesungszustand zum gerichtsmedizinischen Institut abtransportiert. Wie aus den Statistiken hervorgeht, werden in den Großstädten monatlich stets ähnlich viele Tote als „Namenlose“ in Massengräber geworfen wie in Sao Paulo, der reichsten Stadt ganz Lateinamerikas.

Priester Julio Lancelotti und seine Mitarbeiter stellen immer wieder Merkwürdigkeiten und verdächtige Tatbestände fest. „Werden Obdachlose krank und gehen in bestimmte öffentliche Hospitäler, bringt man an ihrem Körper eine Markierung an, die bedeutet, daß der Person nach dem Tode zu Studienzwecken Organe entnommen werden. Die Männer registriert man durchweg auf den Namen Joao, alle Frauen als Maria. Wir streiten heftig mit diesen Hospitälern und wollen, daß die Obdachlosen auch nach dem Tode mit den echten Namen geführt werden. Schließlich kennen wir diese Menschen, haben über sie Dokumente. Man meint eben, solche Leute sind von der Straße, besitzen also weder eine Würde noch Bürgerrechte. Wir haben in der Kirche eine Gruppe, die den illegalen, kriminellen Organhandel aufklären will, aber rundum nur auf Hindernisse stößt. Denn wir fragen uns natürlich auch, ob jenen namenlos Verscharrten vorher illegal Organe entnommen werden.“

Fast in ganz Brasilien  und auch in Sao Paulo sind Todesschwadronen aktiv, zu denen Polizeibeamte gehören, wie sogar das Menschenrechtsministerium in Brasilia einräumt. Tagtäglich würden mißliebige Personen außergerichtlich exekutiert, heißt es. Darunter sind auch Obdachlose, von denen allein in Sao Paulos Zentrum weit über zehntausend auf der Straße hausen. Wie Priester Julio Lancelotti betont, ist zudem die Zahl der Verschwundenen auffällig hoch. „Auf den Straßen Sao Paulos werden viele Leichen gefunden. Denn es ist sehr einfach, so einen Namenlosen zu fabrizieren. Man nimmt ihm die Personaldokumente weg, tötet ihn und wirft ihn irgendwo hin. Wir gehen deshalb jeden Monat ins gerichtsmedizinische Institut, um möglichst viele Opfer zu identifizieren. Die Polizei ist immer überrascht und fragt, warum uns das interessiert. Das Identifizieren ist für uns eine furchtbare, psychisch sehr belastende Sache, denn wir müssen monatlich stets Hunderte von Getöteten anschauen, die in großen Leichenkühlschränken liegen – alle schon obduziert und wieder zugenäht. Und man weiß eben nicht, ob da Organe
entnommen wurden.“

Solchen Verdacht hegen nicht wenige Angehörige von Toten, die seltsamerweise als „Namenlose“ im Massengrab endeten. In der nordostbrasilianischen Küstenstadt Maceio ging letztes Jahr der 69-jährige Sebastiao Pereira sogar mit einem Protestplakat voller Fotos seines ermordeten Sohnes auf die Straße. Dem Vater hatte man im gerichtsmedizinischen Institut die Identifizierung der Leiche verweigert – diese dann mysteriöserweise auf einen Indigentes-Friedhof gebracht. Kaum zu fassen – ein Friedhofsverwalter bringt es fertig, Sebastiao Ferreira später  mehrere Leichenteile zu zeigen, darunter einen Kopf. „Mein Sohn wurde allein am Kopf von vier MG-Schüssen getroffen – und dieser Kopf war doch intakt! Ich setzte eine DNA-Analyse durch – der Kopf war von einem Mann, das Bein von einem anderen, der Arm wiederum von einem anderen – doch nichts stammte von meinem Sohn“, sagt er der Presse.

In Sao Paulo hat Priester Lancelotti durchgesetzt, daß ein Mahnmal auf dem Friedhof Dom Bosco an die ermordeten Regimegegner, aber auch an die mehr als 200.000 „Namenlosen“ erinnern wird.

Neuerdings macht der Friedhof in Brasilien immer wieder Schlagzeilen, allerdings nicht wegen der Massengräber von heute. Progressive Staatsanwälte versuchen das Oberste Gericht in Brasilia zu überzeugen, den zur Diktaturzeit für den Friedhof verantwortlichen Bürgermeister Paulo Maluf und den damaligen Chef der Politischen Polizei, Romeu Tuma, wegen des Verschwindenlassens von Oppositionellen vor Gericht zu stellen. Erschwert wird dies jedoch durch den Politikerstatus der Beschuldigten: Paulo Maluf ist Kongreßabgeordneter und Romeu Tuma sogar Kongreßsenator – beide gehören zum Regierungsbündnis von Staatspräsident Lula.

http://www.hart-brasilientexte.de/2012/04/02/brasilien-leben-im-slum-sao-paulo/

Deutschlands Armutsgrenze 940 Euro Monatseinkommen – in Brasilien umgerechnet etwa 65 Euro…Mit rund 500 Euro Familien-Haushaltseinkommen(!) in Brasilien schon Mittelschicht. Brasiliens “Boom” und die Slumhütten. “Nine most horrible places in the world – Favela” **

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http://www.hart-brasilientexte.de/2010/06/25/nine-most-horrible-places-in-the-world-favela-slums-von-rio-de-janeiro-aus-sicht-des-bric-staats-china-subkultur-von-umweltzerstorung-armut-und-gangstern-cubatao-bei-sao-paulo-an-sieb/

Wie analysiert Pritzker-Preisträger Paulo Mendes da Rocha in Sao Paulo die Stimmungslage im heutigen Brasilien? „Wir verwandeln uns in eine Gesellschaft, die monstruös zynisch sowie niedrig, gemein ist, die konformistisch das Desaster der Obdachlosen akzeptiert. Wir haben eine Gesellschaft, die so kolonialistisch wird, wie der originale Kolonialist. Sie ist ausbeuterisch, ohne jegliches Gefühl des Mitleids und der Solidarität mit dem anderen.”

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/02/01/brasiliens-erfolgreiche-auslandspropaganda-2009-uber-40-millionen-euro-investiert-laut-brasil-economico-enge-zusammenarbeit-mit-medien-europas/

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/11/27/zdf-adveniat-gottesdienst-in-favela-cachoeirinha-von-sao-paulo-2011-brasiliens-kontraste-fotoserie/

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“Die Wirtschaftskrise hat Brasilien kaum gespürt”(WAZ)

http://www.hart-brasilientexte.de/2012/03/23/die-wirtschafts-und-finanzkrise-20082009-brasilien-und-die-unterschiedlichen-einschatzungen-im-tropenland-und-in-mitteleuropa/

Brasiliens kuriose “Armutsgrenze” unter Lula – wer umgerechnet etwa 65 Euro monatlich verdient, gilt nicht mehr als arm…”Lulas Delirien in der Financial Times”. Adveniat in Sao Paulo 2011. **

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/12/07/brasiliens-boom-und-die-slumhutten/

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/05/04/lula-bekommt-500000-dollar-von-lg-fur-vortrag-in-sudkorea-laut-brasilianischen-landesmedien-uber-eine-million-dollar-damit-vier-monate-nach-ende-der-amtszeit-kassiert-laut-kalkulation-von-parte/

Angesichts des aktuellen Preisniveaus, der allgemeinen Kosten für Mieten, Gesundheit, öffentlichen Transport wird diese “Armutsgrenze” von vielen Brasilianern mit Spott und Galgenhumor kommentiert. Laut offiziellen Angaben gelten noch 29,9 Millionen Brasilianer als arm, da ihr Pro-Kopf-Einkommen unter 137 Real monatlich liege. Im Nordosten Brasiliens werden gemäß neuen soziologischen Studien an einen Teil der bedürftigen Familien monatlich im Durchschnitt 70 Real an Anti-Hunger-Hilfe(Bolsa-Familia) gezahlt. Laut Einschätzung kirchlicher Menschenrechtsaktivisten wie Präsidentschaftskandidat Plinio Sampaio, sei zentrales Problem Brasiliens die “Misere des Volkes”, nicht nur wirtschaftlich, sondern auch “physisch, intellektuell und kulturell”.

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/06/27/lula-erhalt-fur-31-diktatur-hafttage-4200-real-entschadigung-betont-brasilianische-landespresse/

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http://www.hart-brasilientexte.de/2011/11/16/brasiliens-einkommen-laut-offiziellen-angaben-durchschnittseinkommen-von-1018-millionen-brasilianern-ab-10-jahren-liegt-bei-umgerechnet-rund-500-euro-heist-es/

Hintergrund von 2011 – das Elendsviertel neben dem Gottesdienst-Platz:

Weihnachten im Slum – Christus in Brasilien

 

Kobras, Ratten, Gewalt und viel Überlebensmut

 

 

„Bei diesem Leben hier brauchen wir Hoffnung auf Gottes Beistand“, sagt die tiefreligiöse Cleide de Souza Nascimento in ihrer Elendskate – und wünscht sich nur eins:“Weihnachten darf es nicht schütten – sonst sind wir geliefert.“ Direkt vor der Bretterhütte schwillt bei starken Tropengewittern der barbarisch stinkende Kloakebach an – ebenso übelriechendes Abwasser dringt dann von hinten in die Kate herein und fließt wasserfallartig von der Eingangsluke, da, wo die Dreißigjährige steht, den Grabenhang hinunter, trifft sich mit der Kloake. „Abwasser läuft sogar aufs Bett – mein kleinster Sohn hat chronische Asthma, für den ist das hier besonders schlecht.“

Modrig-feucht ist es auch bei Sonne in der fensterlosen Kate –  vier alte, zerschlissene Matratzen für die sechs Bewohner, ein Herd mit blauem Kochgasbehälter, das bißchen Kleidung baumelt an Wandhaken. „Weihnachten gibts keine Geschenke, nichts, dafür reicht das Geld nicht, ein bißchen Weihnachtsschmuck ist auch nicht drin. Heiligabend wärs für uns alle zu eng in der Kate – wir machens wie die Nachbarn, treffen uns oben auf der Gasse, da ist mehr Platz.“

 

Als noch unter Staatschef Lula die Regierung 2003 das Anti-Hunger-Programm startet, kämpft und streitet Cleide solange mit der Staatsbürokratie, bis sie die sogenannte „Bolsa Familia“ endlich für ihre vier Kinder kriegt – 198 Real monatlich, macht umgerechnet rund 21 Euro pro Kind. Der Liter pasteurisierte Frischmilch kostet in Sao Paulo umgerechnet einen Euro dreißig, auch andere Grundnahrungsmittel sind in Brasilien, dem Niedrigstlohnland, auffällig teurer als im Hochlohnland Deutschland.

 

Was geben Sie so vor Weihnachten aus?

 

Brasilien zählt längst nicht mehr zu den Billigpreisländern, merken selbst deutsche Touristen verärgert an der Copacabana.

 

Cleide macht Gelegenheitsarbeit, Tagelöhnerei, wäscht bei Mittelschichtsfamilien, putzt denen die Wohnung:“Mein Mann ist behindert, taub – der macht manchmal den Einweiser auf Parkplätzen.“ So werden es dann wenigstens 31 Euro pro Kopf, für  jeden der sechs monatlich – der Fahrschein für den Bus raus aus der Favela kostet über einen Euro.  42 Prozent aller Empfänger von Bolsa Familia seien nach wie vor verelendet, melden die Landesmedien. Der Slum von Cleide zeigt es anschaulich.

 

Wird es in der Weihnachtszeit ein bißchen besser, gibts da spendenfreudige Leute? „Gottseidank kriegen wir von der  Kirche stets Pakete mit Grundnahrungsmitteln – da sind Reis, Bohnen, Zucker, Speiseöl dabei – Kleidung wird auch verteilt!“

 

Brasilien ist die siebtgrößte Wirtschaftsnation, Sao Paulo die reichste Stadt ganz Lateinamerikas – läßt sich wenigstens mal ein Sozialarbeiter in dieser Favela Cachoeirinha blicken, aus der am ersten Advent vom ZDF der Adveniat-Gottesdienst übertragen wurde? Cleide verneint:“Hier kommt nie mal einer von der Präfektur, vom Staat vorbei – man muß unheimlich bei den Behörden hinterher sein, um Bolsa Familia zu kriegen. Wer von den vielen Halb-und Voll-Analphabeten hier das nicht weiß, geht leer aus. Sechs Monate haben sie mir die Bolsa Familia unter einem Vorwand gesperrt – das war für uns grauenhaft. So viele haben eigentlich ein Anrecht, kriegen aber keinen Centavo.“ Übertreibt sie da nicht ein bißchen?    

 

 Zahlreiche Katen kleben wie die von Cleide in dem Kloakegraben, die Eingänge wirken wie dunkle Löcher – auch wegen der Sicherheit, um nicht beklaut zu werden, gibts keine anderen Öffnungen, in die Tageslicht fallen könnte. Starken Hautausschlag, viel Grind und Bläschen am Mund bemerkt man bei vielen Slumbewohnern – Tuberkulose und sogar Lepra finden beste Ausbreitungsbedingungen. Hier holt man sich rasch Elendskrankheiten, sagen Slumpriester, weil das Immunsystem der Bewohner  stark geschwächt ist.

 

Cleide haust seit 14 Jahren in dieser Hütte – nur einen Steinwurf entfernt hat Cleyton dos Santos, 22,  für seine Frau Erica und die zwei kleinen Kinder eine Holzkate direkt an einen breiten Abwasserbach gebaut. „Die Kinder bitten uns, Lichter, ein bißchen Weihnachtsschmuck an die Wand zu hängen – aber das ist unmöglich, wir haben tagtäglich so viel Dringenderes im Kopf! Jetzt, im Hochsommer, regnets alle paar Tage heftig, tritt der Bach über die Ufer, trägt stinkenden Schlamm in die Gasse, waten wir notgedrungen drin herum. Hier gibt es massenweise Ratten, die Krankheiten übertragen, müssen wir besonders wegen der Kinder aufpassen.“ Cleyton, entsetzlich mager, ist arbeitslos – Erica kriegt als Reinemachfrau  maximal 550 Real im Monat – das macht für alle vier umgerechnet höchstens 57 Euro pro Kopf – Weihnachtsgeschenke, Weihnachtsschmaus am Heiligabend? Fehlanzeige. „Wir setzen uns zu den Hüttennachbarn auf die Gasse – jeder gibt was für einen Teller mit Essen. Ich habe gehört, die Regierung erzählt draußen in der Welt, daß es den Brasilianern jetzt viel besser geht und allen geholfen wird. Das ist gelogen – man läßt uns hier im Slum total im Stich!“

 

Rosilene, 33, Cleytons Nachbarin, wird just um Weihnachten herum niederkommen – es ist das siebte Kind. „Weihnachten“, lacht sie bitter-ironisch, „Gott im Himmel, was soll ich da schon machen? Ich hocke in der Kate wie immer, hoffe auf die Hilfe der Nachbarn. Ich kriege ja vom Staat garnichts, nur ein bißchen Geld von den Vätern meiner Kinder. Wenns mal 200 Real im Monat werden, bin ich direkt zufrieden…“

 

200 Real – umgerechnet  rund 12 Euro monatlich für jedes der sechs Kinder, für Rosilene – wie soll das gehen, bei den Preisen? „Mein ältester Sohn kann schon ein bißchen arbeiten, der organisiert uns immer mal was zu essen, sorgt für ein bißchen Reis und Milch, das Kochgas – meine Nachbarn sind zwar wunderbar, aber die haben ja selber nichts. Ich schlage mich irgendwie durch – ja – ich lebe noch!“

 

Pedro, der Gelegenheitsarbeiter, kam mit seiner Frau, den fünf Kindern zu spät – weil nirgendwo noch eine Hütte hingepaßt hätte, baut er sie mitten in den Abwässerbach – ausgerechnet am Eingang mündet ein Kloakegraben hinein, vergrößert den Gestank noch mehr. „Letzte Weihnachten haben wir die Kate eingeweiht – feiern jetzt einjähriges Überleben. Das Abwasser steigt bei Gewitterregen nicht zu uns hoch – aber Ratten, sogar weiße, und Kobras klettern nachts hinein – wir müssen unheimlich auf der Hut sein. Denn das Dumme ist – Hauskatzen helfen nicht, die hauen vor den Rattenhorden ab. Egal, wir haben uns dran gewöhnt. Ich beklage mich nicht – grade vor Weihnachten gibts für mich mehr Jobs, schaufle ich mal Erde weg, repariere, streiche, schleppe was. Aber Heiligabend sind wir alle in der Kate, feiern Christi Geburt. Die Leute im Slum beten sehr viel – bitten Gott um spirituelle Kraft, um Hilfe in dieser Misere. Der Mann da neben Dir – den kenne ich – das ist doch der Padre, der jetzt vor Weihnachten die Lebensmittelpakete und das Spielzeug verteilt!“

 

Pedro meint Slumpfarrer Bernardo Daly, einen Iren, der mit seiner Schar hochengagierter kirchlicher Menschenrechtsaktivisten trotz bescheidenster Mittel weit schlimmeres Elend und krassesten Hunger verhindert – und die Räumung des Slums, die Vertreibung der Favelados durch die Polizei. Todesschwadronen, Drogenbanditen-und Polizeigewalt, dazu immer wieder Hüttenbrände, bei denen Kleinkinder verkohlen  – Daly muß als Seelsorger tagtäglich mit Situationen fertigwerden, Dinge verkraften, die das Vorstellungsvermögen der meisten Deutschen übersteigt.

 

Der Padre wirkt erstaunlich ruhig und besonnen – doch manchmal macht er seiner Empörung Luft. Wie an der Kate von Elise, die direkt am Kloakegraben haust. „Ich kriege 134 Real Bolsa Familia, weil die ältere meiner beiden Töchter geistig behindert ist, ständig meine Betreuung braucht – mehr Geld haben wir nicht im Monat.“ 134 Real – also umgerechnet rund 18 Euro für jede der drei. Padre Daly ist geschockt:“Das ist doch unmöglich. Wer so lebt, muß manchmal das eigentlich Unmögliche tun, weil es keinen anderen Ausweg gibt…“ Der Geistliche läßt offen, was er konkret meint – nicht nötig.

 

„Jetzt, vor Weihnachten, kämpfe ich dafür, daß mehr Nahrungsmittelspenden in den Slum gelangen – auch zu denen, die garnicht wissen können, wo es Ausgabestellen gibt, also Alte, Behinderte, Kranke“, sagt  Eliane Takeko, 46, engste Mitstreiterin von Padre Doty, zudem Präsidentin der Bewohnerassoziation. “Ein bißchen  mehr Spielzeug für die Kinder – das müßte doch drin sein, auch dafür streite ich mich mit der Präfektur herum. Die Lage im Slum macht mich traurig und wütend  – Brasilien ist doch soooo reich – die Mittel sind da! Wir von der katholischen Kirche akzeptieren nicht diese grauenhafte Logik, daß es Arme, Verelendete nun mal gibt und immer geben wird. In den über 2600 Slums von São Paulo gibts viele sogenannte Kirchen, die nichts fürs Soziale tun. Wir legen uns mit denen `oben` an.“

 

Dieses Jahr ist der Slum noch voller, noch dichter bewohnt als letzte Weihnachten, meint Eliane Takeko. „Manche Slums werden  von der Polizei geräumt und zerstört, vor der Fußball-WM werden Obdachlose aus der City vertrieben – die kommen notgedrungen zu uns an die Peripherie. Deswegen wird es immer enger in den Hütten.“ Aber warum gibt es dann keine Massenproteste der Slumbewohner? „Die Menschen haben Angst“, sagt Padre Doty. „Nicht wenige hatten sich engagiert, haben resigniert aufgegeben. Zudem ist das Bildungsniveau in Brasilien entsetzlich niedrig – Leute ohne Bildung, Analphabeten wissen garnicht, wie man das macht – sich organisieren, auf die Straße gehen, Bürgerrechte durchsetzen. Die kennen ihre Rechte já garnicht.“

 

Eliane Takeko stimmt zu: „Es liegt auch am Hunger – wer sich nur schlecht ernährt, in solchen Katen haust, kann nicht richtig denken, ist schnell kaputt, noch dazu bei Tropenhitze. Und wer zu oft den Mund aufmacht, fliegt raus, kriegt nicht mal eine Tagelöhnerarbeit.  Auch ich muß aufpassen.“

 

Selbst in ihrer engen Kate gibts keinen Weihnachtsschmuck – denn auch sie schlägt sich mit Gelegenheitsarbeit durch, wie die Tochter. „Wir beide kommen auf höchstens 500 Real im Monat – das muß für alle sechs in der Kate reichen. Mein Mann ist behindert, hatte einen Unfall. Da heißt es, irrsinnig sparen.“  Maximal umgerechnet 200 Euro monatlich, für sechs Leute – wie macht sie das?

 

Körperlich und geistig Behinderte – auffällig, wie viele in den Slums hausen. Laut Studien sind es 23, 91 Prozent der brasilianischen Bevölkerung, gegenüber rund einem Prozent in hochentwickelten Staaten wie Deutschland. Immer wieder geschieht, daß geistig behinderte Mädchen und Frauen der Favelas vergewaltigt werden.

 

Über 30 Millionen Brasilianer leben laut Kirchenangaben noch in extremer Armut. Nimmt man jedoch die offizielle Regierungseinstufung, zählen Eliane Takeko und ihre Familie nicht mehr dazu, liegen oberhalb der amtlich allen Ernstes auf umgerechnet etwa 29 Euro angesetzten Pro-Kopf-Grenze, sind nur noch „arm“ –  Rosilene mit den sechs Kindern und Elise aber liegen darunter…

 

Haben alle in gewisser Weise sogar „Glück“, Weihnachten im Slum einer reichen Wirtschaftsmetropole wie Sao Paulo zu feiern? Denn Brasiliens grauenhafteste Elendsviertel liegen nicht hier, sondern in den kraß unterentwickelten Regionen des Nordens und Nordostens.

Adveniat in Sao Paulo:

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/11/26/zdf-und-adveniat-in-favela-cachoeirinha-von-sao-paulo-verschiedene-sichtweisen-der-gravierenden-menschenrechtslage-brasiliens-je-nach-wertvorstellungen-und-vorschriftenkatalog/

Lula in der Financial Times: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/06/30/das-tropische-norwegen-von-lula-brasiliens-landesmedien-machen-sich-uber-lulas-groteske-einschatzungen-in-financial-times-lustig-lula-spricht-uber-brasilien-75-platz-auf-dem-uno-index-f/

Ab wieviel Familieneinkommen ist man in Brasilien schon Mittelschicht? http://www.hart-brasilientexte.de/2010/09/17/mit-rund-500-euro-familieneinkommen-in-brasilien-schon-mittelschicht-was-in-europa-gut-ankommt/

http://www.hart-brasilientexte.de/2008/11/11/leben-wie-ein-brasilianer-der-bolsa-familiakriegt-die-ganze-familie-mit-27-euro-monatlich-uber-wasser-halten/

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/06/28/rio-beinahe-so-teuer-wie-berlin-laut-businessweek-ranking-und-die-einkommen-in-beiden-stadten/

Menschenrechtsbewegung zu Einkommen: http://www.hart-brasilientexte.de/2009/05/21/soziale-ungleichheit-gravierende-einkommensunterschiede-verhindern-verwirklichung-der-menschenrechte-in-brasilien-laut-nationaler-menschenrechtsbewegung-mndh-vor-uno-in-genf-lulas-basis-hungerhilfe/

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/06/11/plinio-sampaio-wie-tickt-der-einzige-kirchliche-menschenrechtsaktivist-unter-den-prasidentschaftskandidaten-fur-die-pflichtwahl-brasiliens-im-oktober/

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/06/25/nine-most-horrible-places-in-the-world-favela-slums-von-rio-de-janeiro-aus-sicht-des-bric-staats-china-subkultur-von-umweltzerstorung-armut-und-gangstern-cubatao-bei-sao-paulo-an-sieb/

http://www.hart-brasilientexte.de/2009/10/05/brasilien-auf-uno-index-fur-menschliche-entwicklung-jetzt-platz-75-hinter-argentinien-chile-und-kuba/

http://www.hart-brasilientexte.de/2009/11/20/pfahlbauslum-bei-niedrigwasser-am-zentrum-von-manaus-amazonien/

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Obdachloser alter Mann, mit Papperesten bekleidet, in der City von Sao Paulo.

Obdachlose und WM: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/04/24/sebastiano-nicomedes-tiao-ex-obdachloser-stuckeschreiber-buchautor-einer-der-fuhrer-der-nationalen-obdachlosenbewegung-gesichter-brasiliens-obdachlosenvertreibung-und-fusball-wm-2014-olympisc/

http://www.hart-brasilientexte.de/2009/05/15/dr-claudio-guimaraes-dos-santos-mediziner-therapeut-schriftsteller-sprachwissenschaftler-publizist-unter-den-wichtigsten-denkern-brasilien/

Wie Brasilianer “konsumieren” – die “Kaufkraft” im Tropenland unter Lula-Rousseff. Hälfte der Einkommensbezieher hat pro Tag nur zwischen 2,6 und 5 Euro umgerechnet zur Verfügung, Fixkosten inclusive, laut Landesmedien. Über 30 Millionen Brasilianer in extremer Armut – und die Milliardäre. **

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 http://www.hart-brasilientexte.de/2010/06/25/nine-most-horrible-places-in-the-world-favela-slums-von-rio-de-janeiro-aus-sicht-des-bric-staats-china-subkultur-von-umweltzerstorung-armut-und-gangstern-cubatao-bei-sao-paulo-an-sieb/

Wer die Bevölkerungsmehrheit Brasiliens beim “Konsumieren” beobachtet, beispielsweise im Supermarkt in deren Einkaufskörbe schaut, sieht die neuesten statistischen Angaben über Realeinkommen bestätigt. Denn mit diesen lassen sich angesichts des keineswegs niedrigen Preisniveaus schwerlich größere Sprünge machen. Mit einem Haushaltseinkommen von umgerechnet 500 Euro zählt man gemäß den allseits belachten Statistiktricks bereits zur Mittelschicht. Einfach mal im Selbstversuch testen, ob das geht…

Die Einkommenslage in Brasilien: http://www.hart-brasilientexte.de/2012/01/04/leben-wie-die-halfte-der-einkommensbezieher-brasiliensamtliche-angaben-fur-samtliche-ausgaben-pro-tag-umgerechnet-zwischen-26-und-5-euro-zur-verfugung/

http://www.hart-brasilientexte.de/2012/01/02/boomland-brasilien-was-verdient-man-in-industrie-dienstleistungssektor-handel/

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/12/11/brasiliens-armutsgrenze-staatliche-hilfen-aktuelle-zahlen-2011/

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Wo bitte gehts hier zum Konsum, in die “Ära der Prosperität”?

Ab 65 Euro Monatsverdienst offiziell nicht mehr arm in Brasilien – testen Sies mal im Selbstversuch! http://www.hart-brasilientexte.de/2010/06/28/brasiliens-kuriose-armutsgrenze-wer-umgerechnet-etwa-65-euro-verdient-gilt-nicht-mehr-als-arm/

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Aktivisten der katholischen Basisgemeinde von Cachoeirinha. “Das ist gegen die Menschenwürde, so viele Leute in diesem Schlamm, diesem Moder hausen zu lassen. So viele Familien, mit vielen Kindern, leben hier nur in einem einzigen Hüttenraum, vor der Türöffnung hängt ein Lappen – so ist das. Die Mafia der Drogengangster ist hier sehr stark, die beobachten alles und jeden hier, das ist furchtbar. Wer jemanden aus dem Drogenmilieu, aus der Sucht rausholen will – also jemanden, der für deren Profit sorgt, da werden die böse, da wird man gnadenlos verfolgt. Die Polizei kommt und geht wieder – aber die Banditenkommandos bleiben, terrorisieren, zwingen den Bewohnern das Gesetz des Schweigens auf. Wer sich nicht unterwirft, weiß, was ihn erwartet. 2014 ist die Fußball-WM, da will man Brasilien als Land der Ersten Welt erscheinen lassen – aber hier an der Peripherie ist es nach wie vor triste. Die meist kinderreichen Familien haben monatlich nur so um die 200, 220 Real maximal(200 Real – umgerechnet etwa 83 Euro). Doch im Ausland wird verbreitet, alles toll, alles gut in Brasilien.

http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/religionen/1624771/

Wir merken, es ist schwierig, Menschen von außerhalb für diese Situation zu sensibilisieren, die das hier nicht kennen, es sich nicht vorstellen können. Wir haben unsere christlichen Kriterien, und wir haben Ausdauer – das macht den Unterschied. Denn entweder ist man Christ – oder ist mans nicht, halbe-halbe geht nicht.”

http://www.hart-brasilientexte.de/2012/01/06/wirtschaftliche-falschprognosen-fur-2011-alles-lacht-uber-die-analytiker-und-ihre-hochbezahlten-verstarker-in-den-wirtschaftsmedien/

Sklavenarbeit und Teilnahme am “Konsum”: http://www.hart-brasilientexte.de/2012/01/03/sklavenarbeit-in-brasilien-neuer-rekord-bei-zahl-moderner-sklavenhalter-laut-landesmedien/

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Slums und Massenkonsum: “Die Wirtschaftskrise hat Brasilien kaum gespürt”(WAZ) Kloakegraben – nur einige Schritte vom Platz des Adveniat-Gottesdienstes entfernt.

http://www.hart-brasilientexte.de/2008/10/26/die-fakten-widerlegen-das-wir-eine-reprasentative-demokratie-sind-streng-genommen-sind-wir-nicht-einmal-eine-demokratie-joao-ubaldo-ribeiro-bestsellerautor-in-einer-politischen-analyse-am-ta/

Lateinamerikas teure Lebensmittel – Preissteigerungen um 40 Prozent in den letzten vier Jahren – Gefahr für Hungerbekämpfung: http://exame.abril.com.br/economia/mundo/noticias/precos-dos-alimentos-na-america-latina-sobem-40-em-4-anos–2

“Konsum” und Massenelend: Laut Befreiungstheologe Frei Betto, unter Lula ein Jahr lang Präsidentenberater für das des fragwürdige Anti-Hunger-Programm, leben immer noch über 30 Millionen Brasilianer in extremer Armut, betroffen von Hunger und Elend, obwohl es sich bei Brasilien um die siebtgrößte Wirtschaftsnation handelt.  In deutschsprachigen Ländern wird indessen der Lula-Rousseff-Regierung häufig bescheinigt, Hunger und Elend sehr erfolgreich bekämpft zu haben.
http://www.hart-brasilientexte.de/2011/04/12/elendsbeseitigung-in-brasilien-karikatur-von-angeli-in-der-grosten-qualitatszeitung-des-landes-folha-de-sao-paulo-von-2011/

 

http://www.hart-brasilientexte.de/2012/01/04/brasiliens-kauf-wohnraum-in-grosstadten-wurde-2011-um-durchschnittlich-26-prozent-teurer-eine-schlechte-nachricht-fur-armere-wenigverdienende/

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/11/26/zdf-und-adveniat-in-favela-cachoeirinha-von-sao-paulo-verschiedene-sichtweisen-der-gravierenden-menschenrechtslage-brasiliens-je-nach-wertvorstellungen-und-vorschriftenkatalog/

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/03/11/18-brasilianische-milliardare-auf-neuer-forbes-liste-schuler-in-buchkirchenosterreich-spenden-fur-verelendete-kinder-in-der-achtgrosten-wirtschaftsnation-brasilianer-eike-batista-ist-mit-27-milliar/

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/12/06/der-alltag-brasilianischer-jugendlicher-unterscheidet-sich-gar-nicht-so-stark-von-dem-der-deutschen-schwabische-post-entspannt-und-fleisig-in-brasilien/

Rio de Janeiro beinahe so teuer wie Berlin, laut Businessweek-Ranking. “The worlds most expensive cities.”Und die Einkommen in beiden Städten? Lebenshaltungskosten unter Lula. “Futebol: Pao e Circo moderno?” **

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http://g1.globo.com/economia-e-negocios/noticia/2010/06/toquio-e-cidade-mais-cara-do-mundo-rio-aparece-em-28-lugar.html

Businessweek: http://images.businessweek.com/ss/10/06/0622_most_expensive_cities/1.htm

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/06/28/brasiliens-kuriose-armutsgrenze-wer-umgerechnet-etwa-65-euro-verdient-gilt-nicht-mehr-als-arm/

“Nine most horrible places in the world”: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/06/25/nine-most-horrible-places-in-the-world-favela-slums-von-rio-de-janeiro-aus-sicht-des-bric-staats-china-subkultur-von-umweltzerstorung-armut-und-gangstern-cubatao-bei-sao-paulo-an-sieb/

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Brot und Spiele – Fußball: http://br.answers.yahoo.com/question/index?qid=20071204162836AA9wWw9

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/06/27/lula-erhalt-fur-31-diktatur-hafttage-4200-real-entschadigung-betont-brasilianische-landespresse/

Rap – “Volk aus der Scheiße holen”: http://www.hart-brasilientexte.de/2009/12/13/merda-merda-merda-merda-lulas-jungste-scheise-auserung-zum-funk-verarbeitet-anklicken/
http://www.hart-brasilientexte.de/2009/12/25/franziskaner-sao-paulos-verteilen-weihnachten-nahrungsmittel-an-tausende-von-armen-und-verelendeten/

http://www.hart-brasilientexte.de/2009/11/06/thyssenkrupp-neues-stahlwerk-erhoht-den-co2-ausstos-von-rio-de-janeiro-um-763-prozent-melden-landesmedien-der-preis-des-fortschritts-o-precocruel-do-progressonoblat/

“Geschähe derartiges in Berlin…”: http://www.hart-brasilientexte.de/2009/08/24/paulo-sergio-pinheiro-uno-berater-mitglied-der-interamerikanischen-menschenrechtskommission-expertenseminar-des-goethe-instituts-sao-paulo-uber-vergangenheitsbewaltigung-geschahe-derartiges-in-b/

Obdachlose und WM: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/04/24/sebastiano-nicomedes-tiao-ex-obdachloser-stuckeschreiber-buchautor-einer-der-fuhrer-der-nationalen-obdachlosenbewegung-gesichter-brasiliens-obdachlosenvertreibung-und-fusball-wm-2014-olympisc/

“Lulas Delirien in der Financial Times”: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/06/30/das-tropische-norwegen-von-lula-brasiliens-landesmedien-machen-sich-uber-lulas-groteske-einschatzungen-in-financial-times-lustig-lula-spricht-uber-brasilien-75-platz-auf-dem-uno-index-f/

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/09/05/brasiliens-zeitungen-eine-fundgrube-fur-medieninteressierte-kommunikations-und-kulturenforscher/

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/02/01/brasiliens-erfolgreiche-auslandspropaganda-2009-uber-40-millionen-euro-investiert-laut-brasil-economico-enge-zusammenarbeit-mit-medien-europas/

Rio+20. Sebastiano Nicomedes, Tiao – Ex-Obdachloser, Stückeschreiber, Buchautor, einer der Führer der nationalen Obdachlosenbewegung. Gesichter Brasiliens. Obdachlosenvertreibung und Fußball-WM 2014, olympische Spiele 2016. “Lulas Delirien in der Financial Times”. Nina Laurindo, Soziologin im Franziskanerkloster Sao Paulos. **

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”Für mein neuestes Stück bin ich durch ganz Brasilien gereist, habe in Millionenstädten wie Rio de Janeiro, Belo Horizonte, Curitiba und Porto Alegre beobachtet, wie man die Obdachlosen wegen der herannahenden Fußball-WM vertreibt. Denn jetzt werden ja ständig FIFA-Delegationen empfangen, will man denen die Austragungsorte so attraktiv wie möglich präsentieren. Bei diesen Säuberungen geht es um das Landesimage und um die Werbung für Investitionen. Unser Staatspräsident müßte den Austragungsorten die Bedingung stellen, mit den Geldern nicht nur teure Fußballstadien zu bauen, sondern auch die Obdachlosen zu integrieren, sie als Arbeitskräfte für die WM einzusetzen. Nach dem unaufgeklärten Massaker von 2004 wurden auch die Zeugen liquidiert –  und wir stellen immer häufiger fest, daß Polizisten als Obdachlose verkleidet sich unter die Straßenbewohner mischen.”

http://www.hart-brasilientexte.de/2009/09/21/soziale-ungleichheit-in-brasilien-gesunken-laut-offiziellen-zahlen-chefkolumnist-clovis-rossi-erklart-zum-x-ten-male-die-statistiktricks-da-ungleichheit-unter-lula-wuchs/

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Nina Laurindo, Soziologin im Franziskanerkloster von Sao Paulo, im Website-Interview:  „Die Obdachlosen und wir von der Kirche durchleben derzeit einen sehr schwierigen Moment. Weil Fußball-WM und olympischen Spiele vorbereitet werden, ist eine wahre soziale Säuberung im Gange, werden die städtischen Obdachlosenasyle in Sao Paulos Zentrum geschlossen, sollen die Straßenbewohner an die Slumperipherie. Direkt vor dem Franziskanerkloster werden jetzt die Obdachlosen mit städtischen Wasser-LKW naß gespritzt und verscheucht, nimmt man diesen Menschen die Habseligkeiten weg, sogar Decken und die Ausweise. Alle Schlafplätze für die Nacht werden jetzt in Wasserlachen verwandelt.”In der Tat ist das Kloster erstmals nicht von Obdachlosen umlagert, werden sie in der City von der Polizei sogar per Schlagstock verjagt. Die großen Tageszeitungen Sao Paulos sprechen von einer „empörenden Form des Sadismus” durch die Präfektur. Bürgermeister Gilberto Kassab gehört zu einer Rechtspartei, in der es von früheren Diktaturaktivisten  wimmelt. Soziologin Nina Laurindo steht im großen Klostersaal immer nachmittags zwischen mehreren Hundert Obdachlosen, verteilt belegte Brötchen und Tee –  und führt politische Diskussionen: „Etwa 15000 Menschen hausen alleine in Sao Paulos City auf der Straße, 70 Prozent davon könnte man reintegrieren. Denn wer länger obdachlos war, ist meist gesundheitlich angeschlagen, psychisch gestört. Hier im Klostersaal debattieren wir, was da jetzt im Gange ist. Und wir organisieren Proteste gegen eine Politik, die Misere und Armut aufrechterhält, die Probleme dieser Menschen nicht löst. Gelegenheitsarbeiten, Betteln, Tagelöhnerei sind für Obdachlose nur in der belebten Innenstadt möglich “ fernab in den Elendsvierteln der Peripherie funktioniert das natürlich nicht.”http://www.hart-brasilientexte.de/2010/04/23/uno-kritisiert-vertreibung-von-obdachlosen-aus-stadtzentrum-sao-paulos-fusball-wm-2014-und-olympische-sommerspiele-2016-sind-grunde-fur-brutale-aktionen-gegen-obdachlose-in-austragungsstadten-prange/

http://diariotiao.zip.net/

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Obdachloser alter Mann in der City von Sao Paulo, mit Papperesten bekleidet.

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Obdachlose, psychisch gestörte Frau an der Avenida Paulista.

Mehrheit der Obdachlosen Sao Paulos arbeitet, laut Studie von 2010.

Massengräber: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/07/20/brasiliens-massengraber-erschreckend-hohe-zahl-von-toten-monatlich-in-massengrabern-verscharrt-laut-menschenrechtspriester-julio-lancelotti-in-sao-paulo/

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/02/01/brasiliens-erfolgreiche-auslandspropaganda-2009-uber-40-millionen-euro-investiert-laut-brasil-economico-enge-zusammenarbeit-mit-medien-europas/

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Sebastiano Nicomedes steht im Eingang der Kathedrale von Sao Paulo – exakt dort, wo sich immer wieder völlig Entkräftete, Abgehungerte, darunter viele Obdachlose, ausruhen.

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Obdachloser, schwerbehindert, City Sao Paulos.

http://www.lateinamerikanachrichten.de/index.php?/artikel/3815.html

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Straßenkinder in Sao Paulo.

“Probleme beim Stadionbau”: http://www.handelsblatt.com/magazin/fussball/fussball-wm-brasilien-probleme-beim-stadienbau-fuer-2014;2567763

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Obdachloser in Sao Paulo.

http://www.bpb.de/publikationen/JU16H0,0,Vom_Umgang_mit_der_Diktaturvergangenheit.html

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/04/22/tribunal-da-terra-sao-paulo-gesichter-brasiliens/

Lula in der Financial Times: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/06/30/das-tropische-norwegen-von-lula-brasiliens-landesmedien-machen-sich-uber-lulas-groteske-einschatzungen-in-financial-times-lustig-lula-spricht-uber-brasilien-75-platz-auf-dem-uno-index-f/

“Lula Superstar“: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-70569506.html

ACAT – Christen gegen die Folter in Brasilien: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/06/25/brasiliens-christen-fur-die-abschaffung-der-folter-im-land-acat-protesttagung-in-sao-paulos-rechtsfakultat/

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http://www.hart-brasilientexte.de/2010/03/26/joel-porto-de-lima-ko-leiter-der-nationalen-obdachlosen-bewegung-gesichter-brasiliens/

http://www.hart-brasilientexte.de/2009/12/25/franziskaner-sao-paulos-verteilen-weihnachten-nahrungsmittel-an-tausende-von-armen-und-verelendeten/
Brasiliens Massengräber

 „Wenn die Toten da reingeschmissen werden, sind das Szenen wie in diesen Holocaustfilmen“, beklagen sich Anwohner von Massengräber-Friedhöfen der größten lateinamerikanischen Demokratie. In der Tat wird seit der Diktaturzeit vom Staat die Praxis beibehalten, nicht identifizierte, zu „Unbekannten“ erklärte Tote in Massengräbern zu verscharren.  Die Kirche protestiert seit Jahrzehnten dagegen und sieht darin ein gravierendes ethisch-moralisches Problem, weil es in einem Land der Todesschwadronen damit auch sehr leicht sei, unerwünschte Personen verschwinden zu lassen. In der Megacity Sao Paulo mit ihren mehr als 23 Millionen Einwohnern empört sich der weltweit angesehene Menschenrechtspriester Julio Lancelotti: „In Brasilien wird monatlich eine erschreckend hohe Zahl von Toten anonym in Massengräbern verscharrt, verschwinden damit Menschen auf offiziellem Wege, werden als Existenz für immer ausgelöscht. Wir von der Kirche nehmen das nicht hin, versuchen möglichst viele Tote zu identifizieren, um sie  dann auf würdige Weise christlich zu bestatten. Wir brauchten einen großen Apparat, ein großes Büro, um alle Fälle aufklären zu können – dabei ist dies eigentlich Aufgabe des Staates!“Padre Lancelotti erinnert daran, daß während der 21-jährigen Diktaturzeit in Sao Paulo von den Machthabern 1971 eigens der Friedhof Dom Bosco geschaffen wurde, um dort zahlreiche ermordete Regimegegner heimlich gemeinsam mit jenen unbekannten Toten, den sogenannten „Indigentes“, in Massengräber zu werfen. Wie die Menschenrechtskommission des Stadtparlaments jetzt erfuhr, wurden seit damals allen Ernstes 231000 Tote als Namenlose verscharrt – allein auf d i e s e m Friedhof. Heute  kommen Monat für Monat dort zwischen 130 und 140 weitere Indigentes hinzu. Nach einem Massaker an Obdachlosen Sao Paulos kann Priester Lancelotti zufällig auf dem  Friedhof Dom Bosco beobachten, wie sich der Staat der Namenlosen entledigt: “Als der Lastwagen kommt und geöffnet wird, sehe ich mit Erschrecken, daß er bis obenhin voller Leichen ist. Alle sind nackt und werden direkt ins Massengrab geworfen. Das wird zugeschüttet – und fertig. Sollten wir später noch Angehörige ermitteln, wäre es unmöglich, die Verstorbenen in der Masse der Leichen wiederzufinden. Was sage ich als Geistlicher dann einer Mutter?“ Lancelotti hält einen Moment inne, reflektiert: „Heute hat das Konzentrationslager keinen Zaun mehr, das KZ ist sozusagen weit verteilt – die Menschen sind nach wie vor klar markiert, allerdings nicht auf der Kleidung, sondern auf dem Gesicht, dem Körper. Und sie werden verbrannt, verscharrt, wie die Gefangenen damals, und es gibt weiter Massengräber.“ Was in Sao Paulo geschieht, ist keineswegs ein Einzelfall. In der nordostbrasilianischen Millionenstadt Fortaleza leiden die Anwohner des Friedhofs „Bom Jardim“ seit Jahren bei den hohen Tropentemperaturen unter grauenhaftem Leichengeruch. „Die Toten werden oft schon verwest hergebracht, wie Tiere verscharrt, wir müssen zwangsläufig zusehen, es ist grauenhaft“, klagt eine Frau. „Fast jeden Tag kommt der Leichen-LKW – doch bei den heftigen Gewitterregen wird die dünne Erdschicht über den Toten weggeschwemmt, sehen wir die Massengräber offen, wird der Geruch im Stadtviertel so unerträglich, daß viele Kopfschmerzen kriegen, niemand hier eine Mahlzeit zu sich nimmt.“ Der Nachbar schildert, wie das vergiftete Regenwasser vom Friedhof durch die Straßen und Gassen des Viertels läuft: „Das Wasser ist grünlich und stinkt, manchmal werden sogar Leichenteile mitgeschwemmt – und weggeworfene Schutzhandschuhe der Leichenverscharrer. Die Kinder spielen damit – haben sich an die schrecklichen Vorgänge des Friedhofs gewöhnt.  Wir alle haben Angst, daß hier Krankheiten, Seuchen ausbrechen.“Selbst in Rio de Janeiro sind die Zustände ähnlich, werden zahllose Menschen von Banditenkommandos der über 1000 Slums liquidiert und gewöhnlich bei Hitze um die 35 bis 40 Grad erst nach Tagen in fortgeschrittenem Verwesungszustand zum gerichtsmedizinischen Institut abtransportiert. Wie aus den Statistiken hervorgeht, werden in den Großstädten monatlich stets ähnlich viele Tote als „Namenlose“ in Massengräber geworfen wie in Sao Paulo, der reichsten Stadt ganz Lateinamerikas. Priester Julio Lancelotti und seine Mitarbeiter stellen immer wieder Merkwürdigkeiten und verdächtige Tatbestände fest. „Werden Obdachlose krank und gehen in bestimmte öffentliche Hospitäler, bringt man an ihrem Körper eine Markierung an, die bedeutet, daß der Person nach dem Tode zu Studienzwecken Organe entnommen werden. Die Männer registriert man durchweg auf den Namen Joao, alle Frauen als Maria. Wir streiten heftig mit diesen Hospitälern und wollen, daß die Obdachlosen auch nach dem Tode mit den echten Namen geführt werden. Schließlich kennen wir diese Menschen, haben über sie Dokumente. Man meint eben, solche Leute sind von der Straße, besitzen also weder eine Würde noch Bürgerrechte. Wir haben in der Kirche eine Gruppe, die den illegalen, kriminellen Organhandel aufklären will, aber rundum nur auf Hindernisse stößt. Denn wir fragen uns natürlich auch, ob jenen namenlos Verscharrten vorher illegal Organe entnommen werden.“Fast in ganz Brasilien  und auch in Sao Paulo sind Todesschwadronen aktiv, zu denen Polizeibeamte gehören, wie sogar das Menschenrechtsministerium in Brasilia einräumt. Tagtäglich würden mißliebige Personen außergerichtlich exekutiert, heißt es. Darunter sind auch Obdachlose, von denen allein in Sao Paulos Zentrum weit über zehntausend auf der Straße hausen. Wie Priester Julio Lancelotti betont, ist zudem die Zahl der Verschwundenen auffällig hoch. „Auf den Straßen Sao Paulos werden viele Leichen gefunden. Denn es ist sehr einfach, so einen Namenlosen zu fabrizieren. Man nimmt ihm die Personaldokumente weg, tötet ihn und wirft ihn irgendwo hin. Wir gehen deshalb jeden Monat ins gerichtsmedizinische Institut, um möglichst viele Opfer zu identifizieren. Die Polizei ist immer überrascht und fragt, warum uns das interessiert. Das Identifizieren ist für uns eine furchtbare, psychisch sehr belastende Sache, denn wir müssen monatlich stets Hunderte von Getöteten anschauen, die in großen Leichenkühlschränken liegen – alle schon obduziert und wieder zugenäht. Und man weiß eben nicht, ob da Organe entnommen wurden.“Solchen Verdacht hegen nicht wenige Angehörige von Toten, die seltsamerweise als „Namenlose“ im Massengrab endeten. In der nordostbrasilianischen Küstenstadt Maceio geht letztes Jahr der 69-jährige Sebastiao Pereira sogar mit einem Protestplakat voller Fotos seines ermordeten Sohnes auf die Straße. Dem Vater hatte man im gerichtsmedizinischen Institut die Identifizierung der Leiche verweigert – diese dann mysteriöserweise auf einen Indigentes-Friedhof gebracht. Kaum zu fassen – ein Friedhofsverwalter bringt es fertig, Sebastiao Ferreira später  mehrere Leichenteile, darunter einen Kopf zu zeigen. „Mein Sohn wurde allein am Kopf von vier MG-Schüssen getroffen – und dieser Kopf war doch intakt! Ich setzte eine DNA-Analyse durch – der Kopf war von einem Mann, das Bein von einem anderen, der Arm wiederum von einem anderen – doch nichts stammte von meinem Sohn“, sagt er der Presse. In Sao Paulo hat Priester Lancelotti durchgesetzt, daß ein Mahnmal auf dem Friedhof Dom Bosco an die ermordeten Regimegegner, aber auch an die mehr als 200000 „Namenlosen“ erinnern wird. Neuerdings macht der Friedhof in Brasilien immer wieder Schlagzeilen, allerdings nicht wegen der Massengräber von heute. Progressive Staatsanwälte versuchen das Oberste Gericht in Brasilia zu überzeugen, den zur Diktaturzeit für den Friedhof verantwortlichen Bürgermeister Paulo Maluf und den damaligen Chef der Politischen Polizei, Romeu Tuma, wegen des Verschwindenlassens von Oppositionellen vor Gericht zu stellen. Erschwert wird dies jedoch durch den Politikerstatus der Beschuldigten: Paulo Maluf ist Kongreßabgeordneter und Romeu Tuma sogar Kongreßsenator – beide gehören zum Regierungsbündnis von Staatspräsident Lula

http://www.hart-brasilientexte.de/2009/11/26/was-gut-ist-stellen-wir-gros-heraus-was-schlecht-ist-verstecken-wir-rubens-ricupero-brasilianischer-politiker-ex-finanzminister-karrierediplomat-vertreter-brasiliens-in-uno-organisationen/

Wie laut UNO das Anti-Hunger-Programm finanziert wird:

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/02/28/lulas-anti-hunger-programm-wird-just-zielgruppe-der-armen-und-verelendeten-finanziert-uber-absurd-hohe-indirekte-steuern-kritisiert-uno-programas-sao-financiados-pelas-mesmas-pessoas-que-pedem

http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/religionen/1624771/

http://www.hart-brasilientexte.de/2012/01/03/bundesprasident-christian-wulff-dilma-rousseff-und-der-zugige-bau-des-neuen-atomkraftwerks-angra-3-bei-rio-de-janeiro-mit-deutscher-bundesburgschaft/

“Stolz, ein Brasilianer zu sein”:  http://www.hart-brasilientexte.de/2012/01/25/stolz-ein-brasilianer-zu-sein-aufschrift-auf-der-arbeitskleidung-der-strasenkehrer-in-der-megacity-sao-paulo-anregung-fur-deutsche-stadtreinigungen/

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Ausriß.

Brasiliens Heranwachsende in extremer Armut – Zahl zunehmend, laut neuer Unicef-Studie. Gewalt als großes Problem. Acht Jahre Lula-Rousseff-Regierung und Resultate. “3,7 milhões de adolescentes na mesma faixa de idade, o correspondente a 17,6% da população adolescente, vivem na extrema pobreza, em famílias com até 1/4 do salário mínimo per capita por mês (R$ 136,25).” – umgerechnet bis zu rund 56 Euro pro Kopf monatlich. **

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http://g1.globo.com/brasil/noticia/2011/11/cresce-o-numero-de-adolescentes-na-extrema-pobreza-aponta-unicef.html

http://www.dradio.de/dlf/sendungen/tagfuertag/1698492/

Wie es hieß, nutzte Unicef offizielle Regierungszahlen, nicht Daten regierungsunabhängiger Institutionen.

Gemäß November-Recherchen in Slums der reichsten lateinamerikanischen Stadt Sao Paulo müssen kinderreiche Familien, die in Hütten aus Pappe und Holzabfällen hausen, indessen häufig mit deutlich weniger auskommen als den angegebenen  rund 56 Euro, haben Eltern und Kinder im Monat pro Kopf nur um die 20 Euro umgerechnet zur Verfügung.

“…das Land die globale Wirtschafts- und Finanzkrise 2008/2009 vergleichsweise unbeschadet überstanden hat.”  BDI 2011

http://www.adveniat.de/blog/?p=960

Lateinamerikas teure Lebensmittel – Preissteigerungen um 40 Prozent in den letzten vier Jahren – Gefahr für Hungerbekämpfung: http://exame.abril.com.br/economia/mundo/noticias/precos-dos-alimentos-na-america-latina-sobem-40-em-4-anos–2

Die Regierung der siebtgrößten Wirtschaftsnation erhält daher aus neoliberalen  Ländern Mitteleuropas sehr viel Lob wegen der unter Lula-Rousseff verfolgten Sozialpolitik.

“O adolescente brasileiro está mais pobre e permanece exposto a casos de violência em nível preocupante, diz o relatório da Situação da Adolescência Brasileira do Fundo das Nações Unidas para a Infância, o Unicef, divulgado nesta quarta-feira (30).

Dos 21 milhões de adolescentes brasileiros de 12 a 17 anos, 38% – cerca de 7,9 milhões – vivem em situação de pobreza, em  famílias com renda inferior a meio salário mínimo per capita (R$ 272,5 considerando o salário mínimo atual). 3,7 milhões de adolescentes na mesma faixa de idade, o correspondente a 17,6% da população adolescente, vivem na extrema pobreza, em famílias com até 1/4 do salário mínimo per capita por mês (R$ 136,25).

Os dados do Unicef mostram que a participação de adolescentes na faixa mais pobre da população aumentou. De 2004 a 2009, o número de adolescentes na extrema pobreza passou de 16,3% para 17,6%, em descompasso com a crescente redução da pobreza no país.”(O Globo)

“Die Jugend befeuert die Wirtschaft mit unbändigem Tatendrang und einer riesigen Kaufkraft.”(Bildzeitung über “Wirtschafts-Wunderland Brasilien”.

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/11/17/adveniat-in-brasilien-wie-lebt-es-sich-in-der-reichsten-stadt-lateinamerikas-der-siebtgrosten-wirtschaftsnation-nach-acht-jahren-lula-regierung-adveniat-gottesdienst-in-der-favela-cachoeirinha-von/

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“Die Wirtschaftskrise hat Brasilien kaum gespürt”(WAZ)

http://www.hart-brasilientexte.de/2009/08/23/unesco-zeichnet-lula-in-paris-wegen-forderung-des-friedens-und-der-rechtsgleichheit-aus-preis-mit-150000-dollar-dotiert-jury-von-henry-kissinger-gefuhrt/

“Wenn es ein Land gibt, in dem das Volk die Krise nicht erlebte, dann war es dieses hier!”(Lula)

Leonardo Boff 2010 :“Lula machte die größte Revolution der sozialen Ökologie des Planeten, eine Revolution für die Bildung, ethische Politik.“  

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/11/30/brasiliens-anti-hunger-programm-bolsa-familia-an-schulbesuch-der-begunstigten-kinder-gekoppelt-propaganda-und-realitat/

 http://www.hart-brasilientexte.de/2011/11/27/zdf-adveniat-gottesdienst-in-favela-cachoeirinha-von-sao-paulo-2011-brasiliens-kontraste-fotoserie/

http://www.hart-brasilientexte.de/2009/12/14/nach-wie-vor-hemmungslose-aktionen-der-todesschwadronen-institutionalisierte-barbarei-lulas-menschenrechtsminister-paulo-vannuchi-raumt-gegen-ende-der-zweiten-amtszeit-erneut-fortbestehen-der-b/

Arbeiterrevolten in Amazonien: http://www.hart-brasilientexte.de/2012/04/03/brasiliens-arbeiter-revolte-auf-amazonas-grosbaustelle-fur-umstrittenes-wasserkraftwerk-jirau-arbeiter-brennen-einrichtungen-und-unterkunfte-nieder-grosfeuer/

Brasiliens Milliardäre: “Die X-Formel für Reichtum.” Der Spiegel. Hunger, Misere, die Sicht der Kirche. Weil Brasiliens Superreiche so geizig und unsozial sind, müssen engagierte Spender aus Mitteleuropa brasilianische Sozialprojekte finanzieren, beklagen Menschenrechtsaktivisten. **

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http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,756330,00.html

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/03/10/brasiliens-boom-produziert-viele-neue-milliardare-der-spiegel-der-boom-der-hunger-die-slums-warum-lula-und-rousseff-bei-den-geldeliten-und-spekulanten-so-beliebt-sind/

„Die Milliardärsstatistik zeigt, daß sich unter der Regierung von Präsident Lula an der grauenhaft ungerechten Einkommensverteilung, dem Begünstigen der ohnehin Privilegierten nichts geändert hat“, sagt Frei José Francisco, Leiter des Franziskaner-Sozialwerks von Sao Paulo im Website-Interview. „Die neue Präsidentin Dilma Rousseff fährt diesen Kurs weiter, tut nichts gegen Einkommenskonzentration in den Händen weniger – trotz soviel Hunger und Massenelend. Nur bei sozialer Ungleichheit ist Brasilien Weltspitze.“ 

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/03/23/1400-euro-im-spendenkorberl-der-brasilienhilfe-kampf-des-vereins-das-elend-in-brasilien-zu-linderntraunsteiner-tagblatt-immer-mehr-milliardare-in-brasilien/

http://www.hart-brasilientexte.de/2008/02/21/elitenkandidat-lula-erfullt-erwartungenjeden-tag-164-neue-millionare-der-zuwachs-an-superreichen-ist-atemberaubend-handelsblatt/

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Reiche und Nicht-Reiche – Angeli-Karikatur von 2011 in Brasiliens größter Qualitätszeitung “Folha de Sao Paulo”. 

http://www.hart-brasilientexte.de/2009/09/26/wohlhabende-verbrauchen-in-drei-tagen-wozu-arme-ein-ganzes-jahr-brauchen-brasiliens-soziale-kontraste-ipea-studie/

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/03/24/kolpingfamilie-friedewald-hilft-brasilien-hersfelder-zeitung-kleiderspenden-fur-boomland-global-player-achtgroste-wirtschaftsnation/

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/03/24/sos-kinderdorfer-in-brasilien-unter-rousseff-lula-zahlreiche-hilfsprojekte-deutschlands-der-schweiz-und-osterreichs-in-boomland-global-player-rassismus-in-brasilien-mauricio-pestana-analysier/

“Brasilien wenig generös”:  http://www.hart-brasilientexte.de/2011/01/23/brasilien-wenig-generos-kritik-an-geringem-spendenaufkommen-in-der-achtgrosten-wirtschaftsnation/

“Elendsbeseitigung in Brasilien”:  http://www.hart-brasilientexte.de/2011/04/12/elendsbeseitigung-in-brasilien-karikatur-von-angeli-in-der-grosten-qualitatszeitung-des-landes-folha-de-sao-paulo-von-2011/

Deutscher Franziskaner Johannes Gierse:  http://www.hart-brasilientexte.de/2010/01/28/deutscher-franziskaner-johannes-gierse-uber-die-rolle-der-regierungen-deutschlands-frankreichs-und-brasiliens-oded-grajew-weltsozialforum-2010/

Franziskaner und Libyenkrieg:  http://www.hart-brasilientexte.de/2011/04/12/brasiliens-franziskaner-frei-jose-francisco-zu-libyenkrieg-und-kriegswaffenmesse-in-rio-de-janeiro-weltsozialforum-aktivist-oded-grajew-analysiert-vollig-korrekt/

Brasiliens Menschenrechtslage unter Rousseff: Bischöfliche Jugendlichen-Seelsorge prangert Gefängnis-Horror an – 84 in Haftzelle für 30. Teilstaat Espirito Santo aus Lula-Regierungszeit berüchtigt. “Da sein, wo gelitten wird.” Deutscher Gefangenenpastor Wolfgang Lauer. **

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http://g1.globo.com/espirito-santo/noticia/2012/04/84-jovens-estao-detidos-em-cela-para-30-pessoas-no-es-diz-pastoral.html

Pastor Lauer: http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/religionen/1624771/

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/03/18/haftlinge-wurden-in-stucke-gehackt-anderen-wurde-das-herz-herausgerissen-zerstuckelte-gefangene-wurden-in-abfallkubeln-gefunden-padre-xavier-paolillo-leiter-der-gefangenenseelsorge-im-brasilia/

Brasiliens erfolgreiche Auslandspropaganda: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/02/01/brasiliens-erfolgreiche-auslandspropaganda-2009-uber-40-millionen-euro-investiert-laut-brasil-economico-enge-zusammenarbeit-mit-medien-europas/

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Gefangenenpriester Xavier Paolillo in Vitoria/Espirito Santo.

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/02/08/erste-gefangenenrebellion-unter-dilma-rousseff-mindestens-funf-tote-aufstand-wieder-in-maranhao-herrschaftsgebiet-des-politischen-bundnispartners-jose-sarney-schweizer-jean-ziegler-in-maranhao/

Brasilien: “In den brasilianischen Gefängnissen sind die Opfer des politisch-wirtschaftlichen Systems eingekerkert, in dem wir leben.” Anwalt Bruno Alves de Souza Toledo, 29, Präsident des Menschenrechtsrates im Teilstaat Espirito Santo, vor dem UNO-Menschenrechtsrat in Genf. Systemkritiker weisen auf Bruch internationaler Abkommen durch Brasilia, hoffen auf Ende der Informations-und Zensurbarrieren in den Medien. Carandiru-Massaker ungesühnt. Gefangenenpriester Xavier Paolillo vom Comboni-Orden. **

http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/religionen/1624771/

Nach seiner Rückkehr von Genf sagte Souza im Website-Exklusivinterview, er habe vor den UNO-Experten erläutert, daß in Brasilien jene Menschen grauenhaft eingekerkert würden, denen man in der Gesellschaft die Bürgerrechte nicht gewähre.  Es handele sich um Verelendete, Arme, Schwarze. Deshalb würden die Gefängnisse in diesem entsetzlichen Zustand belassen. “Die UNO-Experten in Genf hörten unsere Fakten-Darstellung, die ja seit vielen Jahren bekannt ist, mit enormer Überraschung und Empörung, sogar mit ungläubigem Staunen. Wir wurden von diesen gefragt, aber Brasilien habe doch seit der Lula-Regierung einen ganz anderen Platz in der Weltgemeinschaft erobert, sei unter den Führern der Dritten Welt, wie sei derartiges dann möglich? Für die internationale Gemeinschaft scheint es so, daß Brasilien mit Lula als Führer an der Macht doch in Demokratie lebe, es gebe doch große Fortschritte bei der Hungerbekämpfung. Für die Fragesteller schienen alle Probleme Brasiliens gelöst zu sein. Ein UNO-Experte sagte gar, wie will denn Brasilien eine Führungsrolle unter den Ländern des Südens einnehmen, wenn es Menschenrechtsverletzungen dieser Schwere zuläßt – ich kann das alles garnicht glauben!”

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/03/30/brasilianischer-minister-nennt-gefangnishorror-ein-verbrechen-des-staates-gegen-die-haftlinge-monstruos-ein-fall-grauenhaften-prestigeverlustes-fur-das-land/

Leonardo Boff :“Lula machte die größte Revolution der sozialen Ökologie des Planeten, eine Revolution für die Bildung, ethische Politik.“

In der deutschen Parteipropaganda wird die brasilianische Regierung als progressiv eingestuft.

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/09/05/brasiliens-zeitungen-eine-fundgrube-fur-medieninteressierte-kommunikations-und-kulturenforscher/

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“Jeden Tag wird in Brasilien gefoltert.” Ausriß 2011

In meinungsbildenden deutschen Analysen wird die brasilianische Regierung ausdrücklich als “progressiv” eingestuft.

“Brasilien ist eine Industriemacht, die achtgrößte Wirtschaftsnation der Welt, modern und fortschrittlich.”

“Progressive Regierung”.

Anhörung vor Interamerikanischer Menschenrechtskommission in Washington: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/03/27/gefangnishorror-in-brasilien-anhorung-der-interamerikanischen-menschenrechtskommission-der-organisation-amerikanischer-staaten-in-washington/

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Gefangenenpriester Xavier Paolillo in Vitoria/Espirito Santo.

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/03/18/brasilianische-systemkritiker-protestieren-in-vitoriaes-gegen-gefangnishorror-unter-lula-politisch-verantwortlicher-gouverneur-angeklagt-paulo-hartung-morder/

“In der Tat, Überraschung, Ungläubigkeit im UNO-Menschenrechtsrat über diese seit vielen Jahren bekannten Tatbestände. Die denken offenbar, Brasilien sei jetzt auf höherem Niveau, seien also weder das Zerstückeln von Häftlingen, das Einsperren von Gefangenen in Metallcontainern noch eine inhumane Zellen-Temperatur von 50 Grad möglich, gebe es soetwas garnicht. Allein im Gefängnis Casa de Custodio de Viana wurden mindestens zehn Häftlinge zerstückelt.” Während der UNO-Anhörung in Genf seien den brasilianischen Menschenrechtsaktivisten angesichts der Faktenlage soviele Fragen gestellt worden, daß dafür die anberaumte Zeit bei weitem nicht ausgereicht habe.

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/03/18/haftlinge-wurden-in-stucke-gehackt-anderen-wurde-das-herz-herausgerissen-zerstuckelte-gefangene-wurden-in-abfallkubeln-gefunden-padre-xavier-paolillo-leiter-der-gefangenenseelsorge-im-brasilia/

Anwalt Souza verwies ebenso wie die anderen brasilianischen Menschenrechtsaktivisten auf den klaren Bruch internationaler Abkommen durch die Lula-Regierung in Brasilia. “Jetzt weiß die UNO die Fakten, kennt auch die gravierende Lage der Menschenrechtsverteidiger. Bis heute gibt es wegen der Morddrohungen keinen Schutz für mich, wird nicht einmal ermittelt. Ebenso mit Mord bedroht wird Padre Xavier Paolillo, Leiter der Gefangenenseelsorge in Espirito Santo.”

CONECTAS-Dokument für Generalstaatsanwalt Brasiliens, anklicken: http://www.estadao.com.br/especiais/2009/11/crimesnobrasil_if_es.pdf

http://www.conectas.org/

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Anwalt Bruno Alves de Souza Toledo vor UNO-Menschenrechtsrat in Genf im März 2010.

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/03/19/in-brasilien-rund-eine-halbe-million-gefangene-land-mit-der-viertgrosten-haftlingszahl-weltweit-fast-die-halfte-garnicht-abgeurteilt-gefangenenseesorger-xavier-paolillo-und-tamara-melo-anwalt/

Häftlingsaufstand in Sao Luis: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/11/09/18-ermordete-bei-gefangenenaufstand-in-sao-luisbrasilien-laut-polizei-proteste-gegen-haftbedingungen/

Frauen in Männerzellen gesperrt – Vergewaltigungen: http://www.hart-brasilientexte.de/2008/02/11/menschenrechtssituation-unter-lula1/

Hunger-Opfer und Milliardäre in Brasilien: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/03/19/soziale-ungleichheit-unter-lula-laut-uno-sind-brasilia-fortaleza-belo-horizonte-und-goiania-unter-den-schluslichtern-der-neuen-welt-statistik/

“Lula Superstar”: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-70569506.html

Gravierende Sozialkontraste laut UNO: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/03/22/brazilian-cities-today-have-the-greatest-disparities-in-income-distribution-in-the-world-warum-die-lula-regierung-alles-richtig-macht/

http://gazetaonline.globo.com/_conteudo/2010/03/614242-presidente+do+conselho+de+direitos+humanos+chega+ao+estado.html

“Lula steht rechts”: http://www.hart-brasilientexte.de/2009/01/07/lula-steht-rechts-ich-habe-ihn-immer-fur-einen-rechten-gehalten-ele-e-da-direitafrancisco-de-oliveira-renommierter-brasilianischer-soziologe-in-caros-amigos/

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/03/08/berlin-wirbt-um-brasilien-financial-times-deutschland-besuch-von-ausenminister-guido-westerwelle-gunter-nooke-unsagliche-folterpraxis-in-brasilien/

http://www.hart-brasilientexte.de/2009/10/05/brasilien-auf-uno-index-fur-menschliche-entwicklung-jetzt-platz-75-hinter-argentinien-chile-und-kuba/

Anwalt Souza – Interview mit brasilianischem Inforadio CBN: http://www.irinylopes.com.br/noticias.asp?cod=653

 

Was der mit Mord bedrohte Menschenrechtsanwalt über Genfer Reaktionen berichtet, spricht für beinahe unvorstellbare Inkompetenz, Desinformation, aber auch Scheinheiligkeit und Zynismus. Schließlich sind die barbarischen Zustände in den Haftanstalten der größten lateinamerikanischen Demokratie in der Tat seit Jahrzehnten bekannt, existiert nicht der geringste Grund für Überraschung, noch dazu in einem Spezialgremium.

Julia Neiva von der brasilianischen Menschenrechtsorganisation CONECTAS, die auch im Genfer UNO-Menschenrechtsrat präsent war, verwies im Website-Interview ebenfalls auf die erschreckte Reaktion der UNO-Experten angesichts der längst bekannten Fakten über Folter und sogar das Zerhacken vieler Häftlinge. Souza und Neiva äußerten die Hoffnung, daß nach der Genfer Anhörung die bisher für diese Problematik geltenden Informations-und Zensurbarrieren in den meisten Medien fallen könnten. Schließlich sei es nach langem Kampf der Menschenrechtsaktivisten, darunter der bischöflichen Gefangenenpastoral, das erste Mal gewesen, daß sich die UNO mit dem brasilianischen Gefängnis-Horror befaßte.

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/03/17/gefangenen-proteste-und-kritik-der-burgerrechtler-brasiliens-von-medien-und-politikern-weitgehend-ignoriert-in-vitoria-protestierten-menschenrechtsaktivisten-vor-gouverneurssitz-zeitgleich-zu-verfa/

Lula-Rede in Vitoria, Stadt der grausamsten Gefängnisse Brasiliens, Begrüßung des für die gravierenden Menschenrechtsverletzungen politisch verantwortlichen Gouverneurs Hartung: http://www.hart-brasilientexte.de/2009/09/18/lulas-rede-auf-deutsch-brasilianischen-wirtschaftstagen-2009-in-vitoria-zeitdokument-die-rolle-einer-regierung-ist-die-einer-mutter/

http://www.hart-brasilientexte.de/2008/02/29/osterreichischer-pfarrer-und-gefangenenseelsorger-gunther-zgubic-in-brasilien-weiter-folter-in-allen-varianten-eine-deutsche-frau-wurde-unglaublich-mit-elektroschocks-kaputtgemacht-psychisch-ner/

http://www.hart-brasilientexte.de/2009/08/23/unesco-zeichnet-lula-in-paris-wegen-forderung-des-friedens-und-der-rechtsgleichheit-aus-preis-mit-150000-dollar-dotiert-jury-von-henry-kissinger-gefuhrt/

“Konzentrationslager” – Zgubic über Gefängnisse in Espirito Santo: http://www.adital.com.br/site/noticia.asp?lang=PT&cod=46149

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/03/17/die-kriminalisierung-der-armut-in-brasilien-menschenrechtsorganisationen-der-achtgrosten-wirtschaftsnation-informieren/

http://rabi-rabix.blogspot.com/2010/03/ai-que-vergonha.html

Carandiru-Massaker: http://www.hart-brasilientexte.de/2009/10/02/carandiru-brasilien-erinnert-sich-an-grostes-massaker-der-weltgeschichte-an-haftlingen-ich-sah-den-holocaust-30-laut-umfragen-fur-polizeieinsatz-von-sao-paulo-80-der-getoteten-waren-nicht-v/

Günter Nooke: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/01/05/leider-sind-es-nicht-mehr-so-viele-die-die-ganze-wahrheit-wissen-wollen-man-biegt-sehr-schnell-ab-um-bei-seiner-meinung-bleiben-zu-konnen-und-bei-den-als-angenehm-empfundenen-losungen-ich-hab/

Weltwirtschaftsforum in Davos/Schweiz: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/01/29/lula-macht-laut-wertekriterien-des-weltwirtschaftsforums-in-davos-alles-richtig-hohe-ehrung-mit-preis-global-statesmanship-wirtschaftsethik-und-menschenrechtslage-weltsozialforum-2010/

Iriny Lopes, PT-Kongreßabgeordnete: http://www.irinylopes.com.br/noticias.asp?cod=919

http://www.hart-brasilientexte.de/2009/08/31/renommierte-brasilianische-menschenrechtsaktivisten-fotoserie/

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/03/08/berlin-wirbt-um-brasilien-financial-times-deutschland-besuch-von-ausenminister-guido-westerwelle-gunter-nooke-unsagliche-folterpraxis-in-brasilien/

Systemkritischer Samba: http://www.youtube.com/watch?v=XkvjkxERac4

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/02/11/impeachment-gegen-lula-wegen-des-parteien-und-stimmenkauf-skandals-ware-gerechtfertig-gewesen-lula-war-kommandant-der-mensalao-bande-betont-helio-bicudo-prasident-der-interamerikanischen-mensc/

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/02/01/brasiliens-erfolgreiche-auslandspropaganda-2009-uber-40-millionen-euro-investiert-laut-brasil-economico-enge-zusammenarbeit-mit-medien-europas/

Brasiliens Verfassung von 1988 definiert soziale Rechte: “Sáo direitos sociais a educaçáo, a saúde, o trabalho, a moradia, o lazer, a segurança, a previdência social, a proteçáo à maternidade e à infância, a assistência aos desamparados, na forma desta Constituiçáo.”

Hunger in Brasilien: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/03/24/in-brasilien-existiert-weiter-hunger-das-problem-wurde-langst-nicht-beseitigt-jose-francisco-leiter-der-franziskaner-sozialprojekte-in-sao-paulo/

http://www.bpb.de/publikationen/JU16H0,0,Vom_Umgang_mit_der_Diktaturvergangenheit.html

Deutscher Gefangenenpastor Wolfgang Lauer:

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/10/10/evangelischer-pastor-wolfgang-lauer-gefangenenseelsorger-in-brasilien-ob-die-haftlinge-lutheraner-sind-christen-oder-nicht-ist-fur-mich-total-unwichtig/

Amnesty Journal 2009:

“KOPF UNTER WASSER

Gravierende Menschenrechtsverletzungen offiziell abzustreiten oder zu vertuschen, kommt heutzutage bei der internationalen Gemeinschaft schlecht an. Das weiß auch die brasilianische Regierung und geht deshalb seit langem einen anderen Weg: Mit erstaunlicher, entwaffnender Offenheit wird in- wie ausländischen Kritikern bestätigt, dass sie völlig im Recht seien. Man sehe die Dinge ganz genau so und habe bereits wirksame Schritte, etwa zur Abschaffung der Folter, eingeleitet. Doch auf die Worte folgen meist keine Taten.

Menschenrechtsaktivisten wie der österreichische Pfarrer Günther Zgubic, der die bischöfliche Gefangenenseelsorge in Brasilien leitet, vermissen seit Jahren deutliche Worte von deutscher Seite. Schließlich ist Lateinamerikas größte Demokratie ein wichtiger strategischer Partner von Deutschland, und die Regierung in Berlin spricht gerne von den “gemeinsamen Werten”, die beide Staaten verbinden würden. Mit dem Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung, Günter Nooke, hat jetzt zum ersten Mal endlich ein hochrangiger deutscher Politiker in der Hauptstadt Brasilia die Probleme offen angesprochen.

Zgubic erinnert immer wieder an die wohlklingenden Versprechungen, die Präsident Luiz Inácio Lula da Silva bei seinem Amtsantritt 2003 verkündet hat: “Er hat öffentlich erklärt, dass er Folter und andere grausame, unmenschliche Praktiken nicht mehr duldet.” Leere Worte aus Brasilia, denn nach Informationen von Zgubic existiert die Folter in allen Varianten, um Geständnisse zu erzwingen: “Es werden Elektroschocks eingesetzt, man presst den Kopf unter Wasser. Auf allen Polizeiwachen Brasiliens werden Häftlinge gefoltert”, meint Zgubic.

Nun sieht er sich überraschend durch Nooke bestätigt. “Stehen Menschenrechtsprobleme wie die unsägliche Folterpraxis beim Staatspräsidenten ganz oben auf der Prioritätenliste? Wieso wird nicht stärker kritisiert, dass die Regierung alle internationalen Verpflichtungen eingeht, ohne sie dann auch konsequent umzusetzen? Wir merken, dass sich Brasilien beim Thema Menschenrechte von Europa entfernt”, erklärte Nooke kürzlich. Brasilien dürfe im Menschenrechtsbereich nicht abdriften.

Doch vielleicht ist dies längst passiert. Paulo Vannuchi, Leiter des Staatssekretariats für Menschenrechte in Brasilia, hatte in der Zeitung “Folha de São Paulo” betont, dass das brasilianische Strafgesetz die ­Todesstrafe zwar nicht vorsehe, dennoch aber täglich außergerichtliche Exekutionen stattfinden würden. Gemeinsame Werte? Pedro Ferreira, Anwalt bei der bischöflichen Gefangenenseelsorge, findet es bedrohlich, dass selbst nach offiziellen Angaben derzeit über 126.000 Häftlinge trotz verbüßter Strafe illegal weiter festgehalten werden.

Ehemalige Gegner der Diktatur (1964 bis 1985) weisen zudem auf die fatalen Folgen der nicht bewältigten Gewaltherrschaft hin. Nicht einmal die Öffnung der Geheimarchive aus der Zeit der Diktatur sei unter Lula veranlasst worden, kritisiert Bundesstaatsanwalt Marlon Weichert aus São Paulo. Die Straflosigkeit inspiriert seiner Meinung nach jene Staatsfunktionäre, die heute im Polizeiapparat und im Gefängnissystem “Folter und Ausrottung” betrieben. Mit leeren Worte kann man an diesen ­Zuständen wohl kaum etwas ändern.

Von Klaus Hart.
Der Autor ist Journalist und lebt in São Paulo.

ai-Journal Dezember 1996

Die “Hölle auf Erden”

BRASILIEN

Die “Hölle auf Erden”

Revolten, Hungerstreiks und Aids bestimmen den Alltag in den völlig überfüllten brasilianischen Gefängnissen. Brasilien gilt zwar als die zehntgrößte Wirtschaftsnation, leistet sich aber Haftanstalten, die man eher in Ruanda oder Burundi vermuten würde. Eine im April verkündete Amnestie entspannte die Situation nicht.

Eine mittelalterlich anmutende Gefangenenzelle in Rios Stadtteil Realengo: Jeder der mehreren Dutzend Insassen hat laut Gesetz Anspruch auf mindestens acht Quadratmeter – hier ist es nicht mal ein einziger. Geschlafen wird deshalb in Schichten. Während ein Teil der Gefangenen auf feuchtem Boden liegt, schlafen die anderen in Hängematten, die an den Gitterstäben befestigt sind. In einer Zelle im Stadtteil Bangu ein ähnliches Bild: 35 fast nackte, schwitzende Männer auf nur sechzehn Quadratmetern bei beißendem Fäkaliengeruch und nächtlichem Besuch von Ratten. Die psychische Spannung ist fast mit Händen greifbar. Neun von zehn Gefangenen haben Furunkel, in der heißesten Jahreszeit herrschen bis zu 60 Grad. Dann fallen täglich etwa 20 Insassen ohnmächtig um, werden von den Wärtern herausgezerrt und durch andere ersetzt.

Um aus dieser Hölle herauszukommen und in eine weniger überfüllte Zelle verlegt zu werden, bestechen Häftlinge ihre Aufseher mit bis zu umgerechnet 5.000 Mark. Es gibt brasilianische Gefängnisse, in denen die Insassen das nötige Geld sammeln, um dann die Begünstigten auszulosen. In Bangu kommen die notwendigen “Real” von der Familie oder Verbrechersyndikaten – je unerträglicher die Hitze, desto höher die Preise auf diesem Schwarzmarkt. Einmal am Tag gibt es schlechtes Essen; die Lebensmittelpakete der Angehörigen werden gewöhnlich nicht ausgehändigt.

Folter ist üblich. Ein Anwalt beschreibt einen Fall von 1996: “Polizisten mit Kapuzen mißhandelten 116 Gefangene, unter anderem mit Elektroschocks. Alle wiesen Blutergüsse auf, wurden zudem zu sexuellen Handlungen gezwungen.” Fast täglich werden Fälle zu Tode gefolterter, erschlagener Häftlinge bekannt – die politisch Verantwortlichen bleiben meist passiv. Nur wenige Intellektuelle protestieren, die Gesellschaft scheint sich an die grauenvollen Zustände gewöhnt zu haben.

Pervertieren statt resozialisieren

Menschenrechtsorganisationen wie amnesty international oder “Human Rights Watch” prangern die Zustände in den brasilianischen Haftanstalten an – und auch die Gefangenenseelsorge der Katholischen Kirche läßt nicht locker. Padre Geraldo Mauzeroll von der “Pastoral Carceraria” im Teilstaat Sao Paulo gegenüber dem ai-Journal: “Wer ins Gefängnis kommt, wird pervertiert, wird angesehen und behandelt wie ein Tier – niemand ist an einer Besserung oder Resozialisierung interessiert. Die Gesellschaft rächt sich an ihnen, läßt sie intellektuell, spirituell, moralisch und kulturell und nicht selten sogar physisch sterben.” Mauzeroll hört in Polizeiwachen und Gefängnissen sehr häufig den Ausspruch: “Nur ein toter Häftling ist ein guter Häftling!” Der Padre geht seit 1973 in die “Presidios” – was er täglich sieht, sind Bilder wie aus Horrorfilmen: Tuberkulose grassiert, über die Gesichter Todkranker laufen Ameisen. Häftlinge verfaulen buchstäblich in Zellen. Die Gefängnisärzte sind selbst kriminell, weil sie Kranke bewußt

nicht behandeln, sondern sterben lassen. Sie werden aber nie zur Rechenschaft gezogen. Kriminell handeln auch Richter und Staatsanwälte, die über Folter und alle anderen Menschenrechtsverletzungen detailliert informiert sind, jedoch nicht eingreifen.

Das Gefängnispersonal verkauft Lebensmittel, die für Häftlinge bestimmt sind und ermöglicht Rauschgifthandel und -konsum hinter Gitterstäben. Ein Gefängnisdirektor: “Drogen müssen dort drin sein, damit die Gefangenen ruhig bleiben.”

Erzwungenes Schweigen, Morddrohungen

Ein dunkles Kapitel ist auch die sexuelle Gewalt, von Aufsehern sogar gefördert. Mauzeroll zum ai-Journal: “Wird ein wegen Vergewaltigung Verurteilter eingeliefert, stecken die Wärter ihn in bestimmte Massenzellen, damit er dort von 15 oder 20 Häftlingen vergewaltigt wird. Dies ist Gesetz in den Kerkern, und so verbreitet sich Aids sehr schnell.” Nach amtlichen Angaben infizierten sich bereits mehr als 20 Prozent aller Inhaftierten mit dem HIV-Virus – ein Großteil der rund 150.000 brasilianischen Gefangenen hat homosexuellen Verkehr, gewöhnlich ungeschützt.

Vitor Carreiro teilte in Rio de Janeiro jahrelang eine Zelle mit 47 Gefangenen. Er ist von Aids gezeichnet und sagt: “Alle Welt weiß, daß die Frau des Gefangenen der andere Gefangene ist.” Promiskuität ist der Alltag: José Ferreira da Silva, HIV-positiv, berichtet von vier festen und acht gelegentlichen Partnern – keiner benutzt Präservative.

Padre Mauzeroll drückt sich im Gegensatz zu vielen “politisch korrekten” Landsleuten nicht um unbequeme und unangenehme Wahrheiten. Er hat keine Probleme, die von den Autoritäten gerne versteckten und verdrängten Probleme offen anzusprechen. “Wer über die Zustände redet und informiert, stirbt”, lautet eine andere Regel. Berufskiller erledigen das – Mauzeroll weiß, daß auch sein Leben in Gefahr ist. Dennoch klagt er offen die soziale Ordnung Brasiliens an: “Diese ist schuld an der Situation.”

Gemäß einer neuen Studie der Vereinten Nationen lebt heute fast die Hälfte der 150 Millionen Brasilianer in verhältnismäßig entwickelten Gebieten. “Wenn in Sao Paulo und Rio de Janeiro die Lage in den Gefängnissen bereits so schlimm ist”, gibt Padre Mauzeroll zu bedenken, “wie muß sie dann erst in den stark unterentwickelten Regionen des Nordens und Nordostens sein?”

Amnestie nur Kosmetik

Die Rechtsanwältin Zoraide Fernandez weist darauf hin, daß Häftlinge nach verbüßter Strafe oft noch jahrelang gefangengehalten werden. 1995 waren es allein in Rio mindestens 560.

Brasiliens Staatschef Fernando Henrique Cardoso verkündete im April die, wie es offiziell hieß, größte Amnestie in der Geschichte des Landes: Etwa zehn Prozent der Gefangenen sollten freikommen. Wie die Gefängnisbehörden inzwischen einräumten, werden beispielsweise im Teilstaat Rio de Janeiro nur wenig mehr als ein Prozent amnestiert. Die 511 Gefängnisse bieten Platz für höchstens 60.000 Personen, sind aber nach jüngsten offiziellen Angaben mit 148.760 Häftlingen belegt – das sind 15 Prozent mehr als 1994. Notwendig, so hieß es, sei der Bau von 145 zusätzlichen Haftanstalten. Die Lage in der Metropole Sao Paulo ist den Angaben zufolge am dramatischsten. Eine Besserung ist nicht in Sicht: Per Haftbefehl suchte man allein 1996 rund 275.000 Straftäter.

Rund 95 Prozent der Häftlinge sind Arme, 96 Prozent sind männlich und etwa drei Viertel Voll- und Halbanalphabeten. Der typische Gefangene, so eine Studie, ist dunkelhäutig und jünger als 25 Jahre. Jeden Monat kommt es laut Statistik zu mindestens drei großen Häftlingsrevolten, die meisten werden allerdings der Öffentlichkeit verschwiegen. Eine Ausnahme bildet lediglich der südliche, relativ hochentwickelte Teilstaat Rio Grande do Sul – nur dort soll es auch keine irregulär festgehaltenen Häftlinge geben.

Wärter und Spezialeinheiten gehen gewöhnlich äußerst brutal gegen meuternde Häftlinge vor: 1992 wurden im berüchtigten Gefängnis “Carandiru” von Sao Paulo mindestens 111 Insassen erschossen. Die politisch Verantwortlichen und die direkt Beteiligten blieben bisher straffrei. In “Carandiru” ereignete sich auch Ende Oktober wieder eine Revolte: 670 Gefangene nahmen 27 Wärter als Geiseln und forderten die Verlegung in eine andere Haftanstalt. Fünf Häftlinge versuchten währenddessen in einem Müllwagen zu fliehen, vier von ihnen wurden von Militärpolizisten erschossen.
Klaus Hart
Der Autor ist freier Korrespondent in Rio de Janeiro

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„Die Lula-Regierung war bei den Menschenrechten eine Enttäuschung“(2009)

 

Tim Cahill, Brasilienexperte von Amnesty International, über fortdauernde Folter, Todesschwadronen, paramilitärische Milizen und Sklavenarbeit in Lateinamerikas größter Demokratie.

 

Paraisopolis heißt Paradies-Stadt – doch paradiesisch ist hier garnichts. Der Slum zählt zu den über 2000 in der reichsten südamerikanischen Megacity und grenzt an ein Viertel der Wohlhabenden – nicht wenige davon blicken von ihren luxuriösen Penthouse-Appartements direkt auf das unüberschaubare Gassenlabyrinth, wo auf engstem Raum in Holz-und Backsteinkaten rund 100000 Menschen in Moder, Abwässer-und Müllgestank hausen. Dabei gibt es an der fernen Peripherie weit grauenhaftere Slums. Auch für die Kirche ist an Scheinheiligkeit nicht zu überbieten, daß der von bewaffneten Gangstern gemanagte Drogenhandel in Paraisopolis nur dank der reichen Großkunden von nebenan so lukrativ funktioniert. Der junge schwarze Slumpriester Luciano Borges Basilio nimmt kein Blatt vor den Mund:“Das organisierte Verbrechen ist besser organisiert als die Polizei – oft sogar viel besser, während die Polizei desorganisiert ist.“ In Brasilien werden täglich mehrere Beamte ermordet. „Ein Polizeioffizier erhielt 2009 hier in Paraisopolis einen Bauchschuß – die Beamten haben ja auch Familie und sind unter Streß und Hochspannung, wenn sie in einen Slum hineinmüssen. Aber Willkür rechtfertigt das nicht.“  Anstatt jener kleinen Minderheit von Kriminellen das Handwerk zu legen, verletzt die Polizei bei Razzien permanent Grundrechte der völlig unschuldigen Bewohnermehrheit, was weder die Kirche noch Amnesty International hinnimmt. Tim Cahill ist wiederholt vor Ort, spricht mit Zeugen. Sie berichten von Folterungen, ungerechtfertigtem Schußwaffengebrauch: Bei der Verfolgung von Gangstern, die in das Gassengewirr und Menschengewimmel des Slums flüchten, wird ein neunmonatiges Baby in den Arm geschossen, eine Sechzehnjährige an den Brüsten verwundet.

 

Journal: Bewohner berichten, daß Elektroschocks zu den gängigsten polizeilichen Foltermethoden in Paraisopolis gehören. Die Beamten behandeln uns wie Tiere, lautet ein Vorwurf.

 

 Cahill: Die brasilianische Regierung hat zwar die Anti-Folter-Konvention unterzeichnet, doch wie wir hier vor Ort sehen, fehlt jeglicher politischer Wille, Folterer zu bestrafen. Bei Folter-Anzeigen wird gewöhnlich garnicht ermittelt. Die Polizei ist landesweit zunehmend in kriminelle Aktivitäten verwickelt, bildet Todesschwadronen und paramilitärische Milizen. Und ein beträchtlicher Teil der Brasilianer, vor allem jene in den Slums, wird wie Wegwerf-Bevölkerung behandelt. Paraisopolis ist dafür ein Beispiel. Es fehlt die Verantwortung des Staates für diese Menschen. Öffentliche Sicherheit muß für alle Brasilianer garantiert werden – die armen Schichten darf man nicht einfach davon ausschließen.“

 

Journal: „Öffentliche Sicherheit“ ist in Brasilien vor allem Aufgabe der Militärpolizei – Relikt der Militärdiktatur. Weil Diktaturverbrecher, Folterer von einst nicht bestraft werden, fördert dies heutige Polizeigewalt und ermuntert die Folterer zum Weitermachen, argumentieren selbst frühere politische Gefangene.

 

Cahill: Das ist in der Tat ein zentraler Punkt – Straffreiheit in Bezug auf Vergangenes stärkt die heutige Politik der Straflosigkeit. Das wird weithin akzeptiert. Ich war in vielen Polizeiwachen und Gefängnissen Brasiliens, habe hohe Amtsträger des Sicherheitsapparats getroffen. Da fand ich immer Leute mit ganz direkter Beziehung zu den Diktaturverbrechen. Das Ausmaß der Gewalt, die alltäglichen Menschenrechtsverletzungen im heutigen Brasilien sind Erbe der Diktaturvergangenheit. Amnesty macht Druck auf Brasilia, auf Staatschef Lula, die Diktaturverbrechen zu bestrafen und die Geheimarchive des Militärregimes endlich zu öffnen. Brasilien ist bei der Vergangenheitsbewältigung deutlich hinter den anderen lateinamerikanischen Staaten zurück. Das ist gravierend.

 

Journal: Die Lula-Regierung hatte der UNO, den Menschenrechtsorganisationen 2003, zu Beginn der ersten Amtszeit versprochen, die eigenen Gesetze und internationalen Abkommen einzuhalten. Doch nach wie vor werden in Brasilien sogar Menschen auf Scheiterhaufen lebendig verbrannt.  Hielt Brasilia denn Wort?

 

Cahill: Die Lula-Regierung war eine Enttäuschung. Es gab große Versprechen, Pläne und Projekte, sogar einen konstruktiven Diskurs – doch die Probleme sind tief verwurzelt geblieben. Es wird weiter gefoltert und exekutiert, die Lage in den Gefängnissen ist nach wie vor grauenhaft, und es gibt sogar weiterhin Todesschwadronen und Sklavenarbeit. Es fehlt der Regierung ganz klar politischer Wille. Echte Reformen werden durch wirtschaftliche und politische Interessen verhindert. Die paramilitärischen Milizen haben Macht, üben wirtschaftliche Kontrolle aus – daraus wird politische Macht, eine reale Bedrohung im heutigen Brasilien.“

 

Journal: In der Olympia-Stadt Rio de Janeiro hat der Staat mehrere Hangslums besetzt, gemäß überschwenglichen europäischen Presseberichten die Verbrecherkommandos vertrieben und die Lage der Bewohner deutlich verbessert. Sind das nicht gute Beispiele, die auf positive Änderungen hindeuten?

 

Cahill: Es handelt sich bei diesen Slums lediglich um Inseln, während im großen Rest der Stadt sich an der staatlichen Politik, an Diskriminierung und Polizeigewalt kein Deut ändert.  Für uns heißt dies, vor Ort noch intensiver zu recherchieren und Menschenrechtsverletzungen permanent anzuprangern. Die Situation Brasiliens ist sehr komplex.

 

Journal: Hochrangige Staatsvertreter geißeln die Lage gelegentlich drastisch, was auf manchen entwaffnend wirkt.  Laut Gilmar Mendes, Präsident des Obersten Gerichts, ähnelt Brasiliens Gefängnissystem nazistischen Konzentrationslagern. Und Paulo Vannuchi, Brasiliens Menschenrechtsminister, räumt ein, daß tagtäglich außergerichtliche Exekutionen  und Blutbäder von Polizisten sowie Todesschwadronen verübt würden. Gravierende Menschenrechtsverletzungen seien Routine, alltäglich und allgemein verbreitet.

 

Tim Cahill: Dies zählt zu den unglaublichen Dingen in Brasilien – Teile der Autoritäten erkennen diese Tatsachen offen und klar an – aber tun so, als seien sie dafür nicht verantwortlich. Denn das Gefängnissystem wird eben einfach nicht reformiert, trotz der häufigen Versprechen. Das große Problem Brasiliens ist heute, daß der offizielle Diskurs nichts mit der politischen Praxis zu tun hat. Wenn die Regierung in Brasilia weltweit mehr Anerkennung und Respekt will,  muß sie sich für die Menschenrechte der eigenen Bevölkerung einsetzen, besonders der Unterprivilegierten. Was falsch läuft, haben wir bei unseren Recherchen in der Sao-Paulo-Favela Paraisopolis, bei den Gesprächen mit Tatzeugen deutlich ermittelt: Der Staat marginalisiert diese Menschen – und das seit Jahrzehnten. Innerhalb des Staatsapparats herrscht Einverständnis, die Polizeistrukturen nicht zu kontrollieren. Angesichts extremer Kriminalität läßt man den Sicherheitskräften die Freiheit, Menschenrechte einfach zu verletzen. Wichtig ist, beide Seiten zu sehen.

Hintergrund von 1997 – veröffentlichte Texte in Lateinamerika-Nachrichten – hat sich seitdem an der Lage viel verändert?

Im Dienst des organisierten Verbrechens

Rios Straßenkinder – neue Dimension eines alten Problems

Immer mehr Straßenkinder Brasiliens werden von der organisierten Kriminalität rekrutiert und landen damit in den Kreisläufen der täglichen Barbarei und Gewalt. Das „Missionsobjekt“ Straßenkind hat hierdurch neue Dimensionen erfahren, die bislang allerdings von den Straßenkinderprojekten im Ausland kaum zur Kenntnis genommen wurden. Unser Autor Klaus Hart aus Rio de Janeiro schildert die wenig erfreuliche Entwicklug des Problems.

Bis zum entsetzlichen Candelaria-Massaker von 1993 (vgl. LN Nr. 231/232) gehörten die Meninos de Rua zum normalen Erscheinungsbild der Sieben-Millionen-Stadt Rio de Janeiro. Ob in Copacabana, Ipanema oder in der City – immer zogen sie in Gruppen herum, bettelten, stahlen. Und schlimmer noch: Eine sichtbare Minderheit unter den Straßenkindern überfiel, terrorisierte regelrecht bevorzugt schwangere Frauen und alte Leute.
Im Stadtzentrum bin auch ich mehrfach von Straßenkindern verfolgt worden, flüchtete mich in Restaurants oder in von bewaffneten Pförtnern bewachte Hauseingänge. Wenn die Gruppen mich dennoch erwischten, waren eben Geld und teures Arbeitsgerät wie Sony-Recorder oder Kamera weg. Eine Bande ritzte mir vorm Wegrennen in Richtung Polizeikabine einmal Arm und Hand blutig. Aber das ist alles harmlos im Vergleich zu den Erlebnissen vieler Einheimischer. Eine brasilianische Bekannte fuhr mit dem Wagen die famose Avenida Atlantica entlang, ihr Kleinkind auf dem Rücksitz. An der Ampel wird das Auto von Straßenkindern umringt, eines schneidet ihrer Tochter die Kehle durch, sie verblutet. Einem Nordamerikaner, zum Arbeiten in Rio, schlägt eine Gruppe eine abgeschlagene Flasche ins Gesicht, einfach so, ohne Raubabsicht.
Derzeit muß man in Rios Kernbereichen Meninos de Rua allerdings fast mit der Lupe suchen. Statt der Tausenden von Anfang der 90er Jahre verlieren sich im Straßengewühl bestenfalls einige hundert. Will ich zur nächsten Metrostation, kommen mir gelegentlich ausgeraubte traumatisierte Frauen entgegen: „Gehen Sie nicht weiter, an der Ecke lauern drei Meninos mit Messern!“ Also laufe ich zurück, nehme am Stand ein Taxi, fahre an den Kids vorbei, höre vom Motorista: „Die da werden nicht alt, hinter denen sind schon die Kollegen her.“ Diskutieren sinnlos. Grundtenor an den Stehbars: Sofort umlegen, bevor die Blödsinn machen.
Straßenkinder-Experten wie Roberto Santos, Leiter der angesehenen Stiftung Sâo Martinho, bestätigen, daß die Gesellschaft, besonders die Mittel- und Oberschicht, auf Repression setzt und Gewalt gegen die Minderjährigen wie nie zuvor befürwortet. Gemäß einer neuen seriösen Umfrage sind rund 52 Prozent der BewohnerInnen von Rio generell für Lynchjustiz. Den Intellektuellen, ebenso wie den in-und ausländischen NGOs, gelang es nicht, einen Meinungsumschwung herbeizuführen – die brasilianische Gesellschaft ist neoliberaler, individualistischer und deutlich egoistischer geworden. Das früher bestehende Mitgefühl etwa der Mittelschicht mit den Armen hat spürbar abgenommem. Weiter gilt, was der inzwischen verstorbene Betinho konstatierte: Das Beseitigen von als störend empfundenen Minderjährigen wird von einem Großteil der BrasilianerInnen hingenommen, toleriert, und im Sinne einer geistigen Komplizenschaft mit den Mördern sogar befürwortet.

Anti-NGO-Kampagne

Inzwischen hat sich das Problemfeld verändert. Heute über gute oder schlechte Straßenkinderprojekte, über die Unterschlagung von Spendengeldern und über Kinderelend als Bereicherungsquelle für unehrliche NGOs zu debattieren, wäre müßig. Regierungsunabhängige Organisationen, die sich direkt den Straßenkindern widmen, gibt es kaum noch. Die meisten sind schlichtweg eingegangen, seit das Ausland weit weniger Spenden überweist und die Regierung nach einer geschickt betriebenen Anti-NGO-Kampagne Gelder stoppte. Cristina Leonardo, die couragierte Leiterin des Centro Brasileiro de Defesa dos Direitos da Crianca e do Adolescente (Brasilianisches Zentrum für die Verteidigung der Rechte von Kindern und Jugendlichen) und Verteidigerin von Opfern und Überlebenden des Candelaria-Massakers, wie auch Roberto Santos bestreiten vehement, daß die Regierung etwa durch gute Präventivprojekte die Zahl der Straßenkinder gesenkt habe. Unter Präsident Fernando Henrique Cardoso sei die Situation gerade im Sozialbereich, ob Bildung oder Gesundheit, so schlecht wie noch nie. Ausländische Unterstützergruppen, so ist immer wieder zu hören, hätten eine völlig falsche, oft sozialromantische Sicht der Dinge. Größtenteils werde übersehen, was sich bereits vor dem Candelaria-Massaker 1993 deutlich abzeichnete: Das organisierte Verbrechen offeriert den Kindern und Jugendlichen vergleichsweise gutbezahlte Jobs, bei keineswegs geringerem, sondern weit höherem Lebensrisiko, doch für umgerechnet bis zu tausend Mark die Woche. In sämtlichen Slums von Rio de Janeiro, auch dies ist inzwischen ein Gemeinplatz, funktionieren selbst die vom Ausland finanzierten Hilfsprojekte nur, wenn das organisierte Verbrechen seine Zustimmung gibt. In Europa denken immer noch viele, Kinder und Jugendliche der Unterschicht würden mehrheitlich von der Militärpolizei erschossen. Seriöse Untersuchungen stellten jedoch bereits 1993 richtig, daß der große „Exterminador“ eben das organisierte Verbrechen ist. Keiner weiß das besser als die mit Cristina Leonardo kooperierende Künstlerin Yvonne Bezerra de Mello. Kinder, die nicht richtig mitziehen, etwa drogensüchtig werden und statt Profiten Verluste bringen, werden kurzerhand eliminiert. Die Leichen, so Yvonne Bezerra de Mello, verschwinden meistens. Die großen Bosse, sagt sie, wohnen natürlich nicht im Slum, sondern in den Nobelvierteln Rios. In diesen Vierteln der Geld- und Politikerelite werden derzeit Drogen verbraucht wie nie zuvor – daher die enorme Nachfrage, die den Straßenkindern Jobs verschafft.
Das beste Beispiel für die jüngeren Entwicklungen sind die Candelaria-Überlebenden: Der Trafico, wie die auf Drogen-und Waffenhandel, Entführungen und Rauberüberfälle spezialisierten Gangsterkommandos genannt werden, hat sie adoptiert. Die Leute vom organisierten Verbrechen, so Roberto Santos, zeigten sich in der Tat weitaus besser organisiert und professioneller als der Staat und die NGOs. Kinder und Jugendliche brauchen die rund 800 Slums von Rio nicht mehr zu verlassen. Die Kleinsten verdienen als Fogueteiro (Leuchtrakete) über fünfzig Mark pro Tag. Sie warnen die schwerbewaffneten Gangster mittels Feuerwerksraketen vor herannahenden gegnerischen Verbrechermilizen oder der Polizei. Fünfjährige transportieren als sogenannte Aviôes, Flugzeuge, Drogen in der Stadt, und bringen sie auch zu den privaten Bestellern der Mittel-und Oberschicht. Sieben- oder Achtjährige haben für gewöhnlich schon Pistole oder Revolver im Hosenbund. Als Soldados schließlich gehören sie zum martialischsten Teil der nach militärischem Vorbild streng hierarchisch gegliederten wichtigsten Syndikate Comando Vermelho (Rotes Kommando) und Terceiro Comando (Drittes Komando). Soldados kontrollieren die Ein- und Ausgänge der Steilhangslums. Sie schießen auf Verdächtige, nehmen an Gefechten und Massakern teil, führen Mordbefehle aus und sind bei Entführungen und Banküberfällen dabei.

Kultur feudalistisch-machistischer Werte

Mit Reinaldo Guarany, militanter Diktaturgegner und einer der Entführer des deutschen Botschafters Ehrenfried von Holleben im Jahre 1970, fahre ich eine enge steile Straße des malerisch wirkenden Bergstadtteils Santa Teresa hinunter. An der ersten Biegung richtet am Favela-Eingang ein nur mit Shorts und Sandalen bekleideter Zwölfjähriger seine verchromte MP auf uns. Er bräuchte nur einmal durchzuziehen, und alle im Wagen wären tot. Das passiert auch gelegentlich – im Drogenrausch sehen die Soldados in jedem einen Gegner, erschießen sogar die eigene Freundin oder Frau. Guaranys Kommentar: „Noch vor zwei Jahren habe ich hier viele von den Jungs, die mir heute mit MPs begegnen, Murmeln spielen sehen – sie wurden zu Soldaten des organisierten Verbrechens, prahlen damit herum und rühmen die Banditen als ihre Helden.“
Guarany sieht es nicht anders als Anwältin Cristina Leonardo: „Daß heute die große Mehrheit der Meninos de Rua beim Trafico ist, bedeutet, daß Staat und Regierung sie im Stich ließen und die Sozialprogramme einschränkten. Wenn ein Junge mit acht Jahren schon mit einer nordamerikanischen Heeres-MP umzugehen weiß, wird es kompliziert. Darüber spricht niemand, aber genau das müßte das Hauptthema sein!“ Die Drogenprobleme und das Ausmaß des organisierten Verbrechens herunterzuspielen, ist für sie „scheinheilig“.
Alba Zaluar, Brasiliens führende Gewaltexpertin, sieht inzwischen in den Slums eine neue tyrannische Kultur feudalistisch-machistischer Werte fest installiert – hingenommen von den Autoritäten des Staates. Denn die Herrschaft des organisierten Verbrechens über Rios Slums verhindert auf perfide Weise, daß deren BewohnerInnen politisch für ihre Rechte kämpfen. Immer wieder werden engagierte BürgerrechtlerInnen, die Selbsthilfegruppen in den Slums leiten und sich dem Normendiktat der Gangster nicht beugen wollen, zur Einschüchterung aller ermordet. Auch von ehemaligen, vom Trafico rekrutierten Straßenkinder.
So wollte im September eine 83-jährige Frau nicht mehr akzeptieren, daß Gangsterkommandos bei Gefahr stets ihr winziges Slum-Grundstück passierten. Sie diskutierte mit den Banditen. Eines Nachts wurde sie deshalb von einer Gruppe grausam ermordet. Ein brasilianischer Bekannter wohnt unglücklicherweise nur wenige Schritte von einem Kommando-Treffpunkt entfernt. Er muß mitansehen, wie dort Kinder, Jugendliche und Erwachsene gefoltert, gekreuzigt, mit Schüssen durchsiebt werden. Mehrfach feuerten Jugendliche unter Drogeneinfluß in seine Haustür, und hätten die zwei kleinen Söhne treffen können. Die Kids tragen übrigens bevorzugt deutsche G-3 – und schweizerische Sig-Sauer-Sturmgewehre. Weil diese eine besonders große Reichweite haben, werden immer mehr Stadtbewohner durch verirrte Kugeln getötet oder verwundet.
In Rio ist die Gewöhnung an diese tägliche Barbarei die Regel – in Deutschland dagegen, so scheint es, haben nur wenige die Entwicklungen der letzten Jahre und deren politische Dimension zur Kenntnis genommen. Andere wollen sie nicht wahrnehmen. Sie müßten sich sonst von ihren liebgewordenen Brasilien-Klischees trennen.

Vier zu drei gegen José Rainha

26 Jahre wegen “Beihilfe zum Doppelmord” – Brasiliens Justiz in Hochform

In einem 17stündigen Prozeß wurde der Führer der brasilianischen Landlosenbewe­gung MST José Rainha zu 26 Jahren und sechs Mona­ten Haft wegen angeblicher Beteiligung an einem Doppelmord ver­urteilt. Mit vier zu drei Stimmen befand die Jury den 36jährigen für schuldig, obwohl der zur Tatzeit 1000 Kilometer vom Tatort entfernt war.

Lange vor dem Prozeß gegen den populärsten, cha­ris­­ma­tischsten Land­lo­senführer kün­digte amnesty inter­national an, daß es im Ver­fahren nicht mit rechten Dingen zuge­hen wird. Aber die bösen Erwartun­gen wurden noch übertroffen. Der 36jährige José Rainha er­hielt im Juni 26 Jahre und sechs Mo­nate Haft wegen angeblicher Be­tei­li­gung an einem Doppel­mord, der 1989 im Bundesstaat Es­pírito Santo began­gen wurde. Amnesty in­ternational prote­stierte um­ge­hend und erklärte Rainha für un­schul­dig: Das Ur­teil erinnere an Dik­taturzeiten. Bleibe es auch beim zweiten Verfahren im Sep­tem­ber bei die­sem Strafmaß, wer­de er zum po­litischen Ge­fan­ge­nen erklärt und ai rund um den Erd­ball für seine Freilassung mo­bilisie­ren. Nicht einmal die juristi­schen Mindest­regeln seien im Prozeß einge­halten worden, kri­tisierte ai: Weder durch Be­wei­se noch durch Zeu­gen­aus­sa­gen konnte bestätigt werden, daß Rainha am Tat­ort war. Im Ge­gen­teil gibt es Nach­weise, daß er sich tausend Kilometer entfernt auf­gehalten hat. Mit dem Ge­richts­verfahren sollte viel mehr die Land­lo­senbewe­gung MST ein­ge­schüchtert werden, die zur zweit­wichtigsten Stimme der Op­posi­tion geworden ist.
Auch die katholi­sche Kirche Bra­sili­ens, in der Rainha seine po­litische Laufbahn begann, steht weiterhin zu ihm und unter­strich, daß den 922 Morden an Bau­erngewerkschaftlerInnen, kirch­li­chen Mit­arbeiterInnen, Landlo­sen, Kleinbau­ern und Klein­bäue­rinnen von 1990 bis 1995 nur 47 Ge­richtsverfahren und nur fünf verurteilte Täter ge­gen­über­stehen, von denen zwei aus dem Ge­fängnis flohen.

Im Visier: Das MST

Daß Rainha noch lebt, grenzt fast an ein Wunder: Seit 1987 verfolgt ihn die berüchtigte To­des­schwadron Escuderie Le Cocq seines Heimatstaa­tes Espí­rito Santo, in dem er als Land­arbei­tersohn aufwuchs. Rainha ent­ging Hinterhal­ten, überlebte Mord­anschläge und konnte nur ein­mal durch Schüsse verwun­det wer­den. Zwei seiner engen Freun­de, Pfarrer Gabriel Maire und Gewerk­schaftsführer Edson Ra­mos, dage­gen star­ben 1988 im Ku­gelha­gel der Pistole­ros.
Ein Jahr später kam es zu ei­nem Schußwechsel zwi­schen ei­nem Groß­grundbesitzer, sei­nem ihn begleitenden Militärpolizi­sten und einer Gruppe von Land­lo­sen. “In Wahrheit vertei­digten sich die Sem Terra, die Landlo­sen, gegen jenen Fa­zendero, der ein Blutbad anrich­ten wollte.” meint Anwalt Os­mar Barcellos. Zeu­gen wollen Rainha bei der Schießerei gese­hen ha­ben, be­schreiben ihn als ziemlich dick, mit rundem Ge­sicht und ka­sta­ni­en­farbigen Haa­ren. Rainha ist je­doch geradezu dürre, hat ein längli­ches Gesicht und schwarze Haare. Und vor allem wurde er zur Tatzeit nicht nur von zwei Lo­kalparlamentariern, sondern auch einem Obersten der Mi­li­tär­po­li­zei des nordöstlichen Bun­des­staates Ceará gesehen. Beim Prozeß wurden aber weder Zeu­gen der Anklage noch der Ver­tei­digung angehört. Die laut Nach­rich­tenmagazin Veja gra­vierendste Verur­teilung einer brasi­lianischen Führungspersön­lich­keit seit der Rückkehr zur Demo­kratie wird deshalb von zahl­reichen Ju­risten und Krimi­nalisten des Landes als schlech­ter Witz bezeichnet, die Strafe als “absurd”. Auch das Pastoral­büro für Landange­legenheiten der Bi­schofskonferenz kritisierte, daß mit dem Schauprozeß nicht Rainha, son­dern die ge­samte Landlosenbewegung ge­troffen wer­den sollte. In vielen Medien da­gegen wurde das Urteil einsei­tig darge­stellt und sogar begrüßt: das MST also doch die Bande von Mör­dern, ge­walttätigen Ge­sellen und Gesetzesbre­chern, wie die mäch­ti­gen Großgrundbe­sitzer im­mer be­haupten?
Kä­me Rainha tatsächlich hin­ter Gitter, wäre das für das MST ein herber Verlust. Niemand sonst hat in Brasi­lien so viele Be­setzungen brachliegender La­ti­fundien mit durchgeführt, hat so große Erfahrungen und kennt Bra­silien und die Landlosen­basis so gut. An die zwanzig Prozesse wurden gegen Rainha geführt, etwa 50 Untersuchungsverfahren ge­gen ihn ein­geleitet – ohne Er­folg. Hinter Gittern saß er bereits mehrfach, interna­tionale Proteste führ­ten jedoch stets zu seiner Frei­lassung.
Ist Rainha nur eine Art MST-Pro­fi-Funktionär? Er be­sitzt vier Hektar im Hinterland des Bun­des­staates Sâo Paulo, pflanzt Pap­rika, Mais, Tomaten und Me­lo­nen, und gehört zu einer Asso­cia­çao comuni­taria mit 16 Fa­mi­li­en. Von der bra­silianischen Zeit­schrift Imprensa nach seiner Schul­bildung gefragt, antwortete er: “Ich war nie in der Schule. Le­sen und Schreiben habe ich mir mit fünfzehn zuhause beige­bracht. Wir waren eben ver­dammt arm, meine Brü­der ar­bei­te­ten auf dem Feld, um zu Über­le­ben. … Ich lese gerne. Von Frei Betto kenne ich fast alle Bücher – der ist mein Freund.”

PC Farias: Tangotänzer und Mafioso

Brasiliens Justiz muß Mord an “Grauer Eminenz” wieder aufrollen

Unter dem Druck von Gerichtsmedizinern, Kriminalisten und der Öffentlichkeit sieht sich Brasiliens Justiz gezwungen, den Mord an Paulo Cesar Farias, Symbolfigur für Korruption in Politik und Wirtschaft, erneut zu untersuchen. Die bislang verbreitete offi­zielle Tatversion ist nicht mehr haltbar.

Mit der finanziel­len Unter­stützung des Multimillionärs Paulo Cesar Farias­, im Volks­mund PC, gewann Collor de Mello 1989 die Präsident­schaftswahlen. Aber auch nach der Wahl ver­sorgte PC seinen Präsidenten, der 1992 wegen Korrup­tion und Machtmiß­brauch seines Am­tes enthoben wurde, mit reich­lich Geld (siehe LN 222). “Wegen Mangels an Be­weisen” 1994 in ei­nem offen­sicht­lich politisch motivier­ten Kor­ruptionspro­zeß frei­ge­spro­chen, lebt Collor heute in Miami. PC be­kam sieben Jah­re, die er größtenteils höchst kom­fortabel im of­fe­nen Straf­vollzug von Ma­ceio / Alagoas absaß. Damit könnte die Geschichte ein Ende haben.

PCs Comeback

Als ihn 1996 in seiner Wo­chenendvilla im Nord­oststaat Ala­goas der tödli­che Schuß traf, hatte PC Farias gerade sein poli­tisches Co­meback, die Gründung einer Tageszeitung angekündigt. Der zu­ständige Po­lizeichef gab noch am selben Tag bekannt, der fünfzigjährige kahl­köpfig-char­man­te Tangotän­zer sei wegen Be­ziehungspro­ble­men von seiner Freundin Suzana Mar­colino er­schossen wor­den, die anschlie­ßend an seiner Seite Selbst­mord be­gangen habe. – Spott und Iro­nie war der Tenor von Brasiliens Leitar­tikeln. Als Tat­motiv wurde allgemein Quei­ma de Archivo, die Vernichtung von Archiven angenom­men, da PC exzellenter Kenner der brasi­lianischen Kor­ruptionsme­chanismen war und streng­gehütete Geheim­nisse der jünge­ren Politik mit ins Grab nahm. Zur allgemei­nen Ver­blüf­fung be­stätigte zwei Mo­nate später der bis dahin landes­weit hoch­ange­sehene Gerichts­me­di­zi­ner Badan Palhares nach vor Ort an­gestell­ten Untersu­chungen die Ver­sion des Polizei­chefs. Für die Re­gie­rung schien der Fall damit er­le­digt.
Von Anfang an hatte der ala­goanische Gerichtsmedi­ziner und Militärpolizei­oberst George San­guinette mit einem hohen Maß an Zivil­courage öffentlich auf Un­gereimtheiten bei dem Mord hin­ge­wiesen. Seine ermit­telnden Kol­legen würden von “oben” ge­wal­tig unter Druck ge­setzt, bei dem Verbrechen han­dele es sich um einen Doppel­mord. Sangui­nette erhielt da­raufhin Mord­droh­ungen und wurde we­gen seiner Aufmüpfig­eit zeit­weise unter Haus­arrest gestellt. Der Oberst ließ sich nicht ein­schüch­tern, wies über­zeugend grobe Er­mitt­lungs­fehler nach, und ver­öf­fent­lichte darüber sogar ein Buch. Die Untersu­chungen wur­den schließlich wiederaufge­nom­men. Die jüng­ste defini­tive Ex­per­tise vom Mai macht die bis­he­rige offizielle Version zu Ma­ku­la­tur. Suzana Marco­lino konn­te nicht auf PC geschossen und sich danach in der beschrie­be­nen Weise umge­bracht haben — ge­mäß der zu­ständigen Staats­an­wäl­tin weisen die Indi­zien nun­mehr auf Dop­pelmord hin. Als PC und dessen Freundin be­reits tot waren, wur­den nach­weis­lich Te­lefongesprä­che mit der Wo­chen­endvilla ge­führt. Die Lei­chen “entdeckte” man aber erst rund vier Stunden später.

Zivilcourage eines Gerichtsmediziners

Laut Sanguinetti steht die Ma­fia von Alagoas hinter der Tat. Mitt­lerweile wurden auch Ver­bin­dungen PCs zur italienischen Mafia nachgewiesen. Ein Partner soll in Geldwäsche, Drogen und Waf­fenhandel verwickelt sein. Zwei Kinder von PC stu­dierten auf einem Privatgymnasium der Schweiz, wo die ita­lienische Po­li­zei vier Konten des Er­mordeten aus­machen konnte. Auf diesen und sechs weiteren Konten in den USA, den Niederlanden und Uruguay hatte PC über sechs Millionen Dollar de­poniert: Ein Bruch­teil seines Vermögens.
PC Farias eigener Einschät­zung nach säßen bei strenge­ren Ge­setzen gegen Korruption im Wahl­prozeß – wie zum Beispiel in Italien – die Politiker, die Bau­un­ternehmer und Bankiers des Landes allesamt hinter Git­tern. Und er muß es wohl am be­sten wis­sen.

KASTEN

Würden Sie Ihr Kind “Hitler” nennen?

Antonio Callade, der auch in Deutschland und Österreich viel­verlegte brasi­lianische Roman­cier, stau­nte nicht schlecht, als er bei der Pre­miere eines seiner Stücke im Teatro Ziembinski von Rio de Janeiro auf den Mosaik­fußboden schaute: auf über zehn Metern Länge ein Ha­kenkreuz nach dem an­deren kunstvoll aufge­reiht, saubere Handwerksarbeit aus den 30er und 40er Jahren. Seit das alte Haus 1985 von ei­nem Schauspieler er­worben und in ein Theater umgewan­delt worden war, hatte nie­mand An­stoß an der auch vom angrenzenden öffentli­chen Platz deutlich erkennba­ren Haken­kreuz­or­na­men­tik genommen.
Obwohl in den brasiliani­schen Zeitungen häufig über Hakenkreuz­schmierereien in Deutschland und anderen eu­ropäischen Län­dern sowie über die entsprechen­den Proteste jü­discher Organisa­tionen be­richtet wird, verkau­fen Straßenhändler in Rio oder Sâo Paulo sogar nach­produzierte Me­tall-Erinne­rungsplaketten an den “Gautag der Bayrischen Ost­mark, Pfingsten 1933 in Regens­burg”, darauf das Ha­kenkreuz unter’m Reichsad­ler. Bis heute tragen nicht wenige Brasilianer den Vor­namen Hitler – die Eltern wa­ren eben Bewunderer des Naziführers. Richter Hitler Canta­lice läßt einen Parlaments­abgeordneten we­gen Autoraubs verhaften – und als die Insassen einer total überfüllten Haftanstalt re­voltieren, behält Polizei­chef Hitler Mussolini Pacheco kühlen Kopf, führt persönlich die Verhand­lungen über Geiselfreilassun­gen. Weiße Hitler sitzen in Universitätshörsälen, schwarze Hitler hausen in Slums der Sklavennachfah­ren. “Hitler” steht auch auf Straßenschildern: In der Stadt Barra do Bugres befindet sich das Hospital in der “Avenida Hitler Sansâo”. Auch der Vor­nahme “Rommel” ist sehr häufig.
Viele Juden flüchteten vor der drohenden Verfolgung und Ermordung auch nach Brasilien – die den Deutschen aus der Nazizeit bekannte üble Verunglimpfung der jü­dischen Minderheit ist jedoch bis heute selbst in Wörterbü­chern und Lexika beibehalten worden – trotz entsprechen­der Proteste. Ver­gangenes Jahr hat erstmals auch die jü­dische Weltorganisation B’NAT B’RITH scharf ver­urteilt, daß sogar im wichtig­sten brasilianischen Nach­schlagwerk Aureliano der Jude als “schlechter Mensch, Geizhals, Habgieriger, Wu­cherer” definiert bzw. charakteri­siert wird.

Megaescândalo

Gesprächsmitschnitte weisen auf massiven Stimmenkauf im Kongreß hin, Nutznießer: Staatschef Cardoso

Der Präsident will wiedergewählt werden. Die entsprechende Verfassungsänderung kam Ende Januar nur mittels Stimmenkauf und andere Machenschaften durchs Par­lament – sagten damals Kirche, Opposition und Medien. Doch niemand konnte es be­weisen. Jetzt liegen Gesprächsmitschnitte vor, denen zufolge Cardosos rechte Hand, Kommuni­kationsminister Sergio Motta, den Stimmenkauf veranlaßte. Eine un­bekannte Zahl von Abgeordneten erhielt demnach jeweils umgerechnet an die 300.000 DM in bar. Cardoso war noch nie so in der Bredouille.

Was Brasiliens größte Quali­tätszeitung, die Folha de Sâo Paulo, Mitte Mai abdruckte, schlug ein wie eine Bombe: Zwei zur Rechtspartei PFL der Re­gierungsallianz zählende Kon­greß­abgeordnete er­läutern klar und unzwei­deutig eine groß­an­ge­leg­te Stimmenkaufopera­tion. Car­dosos In­tim­freund Sergio Motta von der So­zi­aldemokrati­schen Partei (PSDB) habe veranlaßt, daß über die PFL-Gou­ver­neu­re der Teil­staaten Acre und Ama­zonas um­gerechnet rund 300.000 DM in bar – oder sogar noch viel mehr – an Parlamentarier aus­gezahlt wurde, damit sie Ende Januar für die Wie­derwahl-Novelle vo­tie­rten. Der Abstimmung war von der Mitte-Rechts-Regierung al­ler­größte Be­deutung bei­ge­mes­sen wor­den.
Überraschend hatte eine große Zahl von Abgeord­neten, die die Ver­fas­sungsänderung stets öf­fent­lich ablehnten, dann doch der No­velle zuge­stimmt. In den ab­ge­druckten Gesprächsmitschnit­ten wer­den fünf bestochene De­pu­tados aus Acre nament­lich genannt, doch weit mehr sollen Sum­men zwischen 200.000 und 300.000 Reais er­hal­ten haben. Diese bezeichen die Darstel­lungen als falsch und absurd. Die PFL, stärkster Partner Cardosos, schloß indessen sofort jene zwei Acre-Abgeordneten aus der Par­tei aus, die den Stimmenkauf erläuterten und selber Geld er­hielten. Mit anderen Worten: Beide werden als geständig ange­sehen, die Mitschnitte somit als authentisch be­trachtet. Wa­rum nur diese beiden und nicht die an­deren Deputados – die zwei Gouverneure und der Mi­nis­ter?, fragt sich alle Welt. Die in Folha-Kommentaren gege­be­ne Antwort: Entläßt Cardoso Mi­ni­ster Motta, wie sogar die PFL-Spit­ze empfiehlt, gesteht er auch seine eigene Schuld ein – und dann ist alles möglich. Erinnert sei hier an das Col­lor-Im­peach­ment von 1992.

Kurse der Stimmenbörse

Motta, der mit Cardoso eine Großfarm betreibt, ist in einer heiklen Situation. Vorwürfe, daß er als Hauptorganisator des Stimmenkaufs fungiert, er­hob sogar Paulo Maluf, Führer der nicht zur Re­gierung gehörenden Rechtspartei PPD. Deren Kon­greßabgeordneter Jair Bolsonari beschrieb, wie es am Tage der Abstimmung im Januar in den Kon­greßkorridoren zuging: Wie bei Geschäftsverhandlungen auf ei­ner Stimmenbörse. Am Mor­gen wurde ein Votum noch für 200.000 Reais ge­handelt, weil die Regierung nicht sicher war, ob die Verfassungsänderung pas­sieren würde. Einige Parla­men­ta­rier verlangten sogar 300.000 Re­ais. Kurz vor der Ab­stimmung glaub­te die Regierung an ihren Sieg und ging deshalb mit dem Kurs herunter, zahlte nur noch 50.000 Reais. “Ich weiß nicht, wer Stimmen an- bezie­hungs­wei­se ver­kaufte, doch den Kauf und Verkauf gab es tatsächlich.”
Die Cardoso-Regierung hat seit dem Amtsantritt eine Reihe von parlamenta­rischen Untersu­chungs­ausschüssen verhin­dert, die ihr hätten gefährlich wer­den kön­nen. Zwar bekam die Oppo­si­tion die nötigen Unter­schriften der Abgeordneten zusammen, oh­ne die ein Ausschuß nicht ge­bil­det werden kann. PFL und PSDB entsandten je­doch nicht die vor­geschriebenen Repräsen­tanten – und damit war die Untersuchung ganz “demokra­tisch” blockiert.
Nach dem Abdruck der Ge­sprächs­mitschnitte hatte die Op­po­si­tion die Unterschrif­tenliste rasch komplett – auf Anwei­sung Cardosos mußten indessen PFL- und PSDB-Abgeordnete ihre Unterschriften zurückziehen. Es wurde öffentlich spekuliert, wieviel Reais sich die Regierung die Rückzieher wohl habe kosten las­sen – wieder 200.000 pro Kopf?
Brasiliens Bischofskon­ferenz CNBB hat den Me­ga­es­cândalo nicht kommentiert, sie verwies nur auf ein jüngst veröffent­lich­tes CNBB-Dokument, in dem die Re­gie­rung der ak­tiven Kor­rup­tion beschul­digt wird. Im Bezug auf die Wiederwahlno­velle heißt es, die Regierung be­sorge sich bei für sie interessan­ten Vor­lagen die nötigen Stim­men ohne Skrupel. Cardosos Allianzpartner PFL, der den Vizepräsidenten stellt, ist gemäß Un­ter­suchungen und Zeugenaus­sa­gen bereits seit langem in Wahlstimmenkauf ver­wickelt. Im archai­schen Nord­osten, so Anwälte ge­gen­über den La­tein­a­me­rika Nach­richten, sei all­ge­mein be­kannt, daß der deutsch­stäm­mige PFL-Chef Jor­ge Born­hau­sen mit prall­ge­füll­tem Geld­koffer he­rum­rei­se, Politiker besteche und den Stim­menkauf organi­sie­re. Born­hau­sen ist Mitgründer der einstigen Militärdiktatur-Par­tei Arena. Cardosos Vize Marco Ma­ciel gehörte ebenfalls zur Are­na und zählte zu den ak­tiv­sten Unter­stüt­zern der Folter­ge­ne­räle.

Alte Kameraden

Die PFL stand an der Seite Präsident Fernando Collor de Mellos, der 1992 wegen Korrup­tion und Machtmißbrauch abge­setzt wurde.
Jener Senhor X, von dem die Fol­ha de Sâo Paulo die Mit­schnitte erhielt, hat in­zwischen be­tont, weitere Tonbänder zu be­sitzen, auf denen noch mehr Per­so­nen belastet werden.
Zwei Mitglieder der PSDB-Spitze erklärten interessanter­weise vor der Veröf­fentlichung der Mitschnitte gegen­über dem Nachrich­tenmagazin Veja, sie sei­en überzeugt davon, daß der PFL-Gou­verneur von Amazo­nas mit der Ab­sicht des Stimmen­kaufs nach Brasi­lia gekommen sei. Mit Kof­fern voll Geld sei der Gou­ver­neur in den Wiederwahl-Pro­zeß hi­neingegangen. Warum stell­te die Cardoso-Regierung ihn nicht zur Rede, fragt die Veja.
Gemäß einer neuen Mei­nungs­umfrage führt die Popula­ri­täts­kurve des Staatschefs nach lan­ger Stabilität erstmals deut­lich nach unten. Brasiliens Bör­sen reagierten auf die Ver­öff­ent­li­chung der ersten, brisanten Mit­schnit­te in der Folha am 13. Mai so­fort mit Kursabfall. Die Echt­heit der Mitschnitte wurde am 20. Mai bestätigt. Je­ne zwei Ab­ge­ordnete, die den Wortlaut des Ab­drucks bestritten, ste­hen bös’ da. Ganz zu schwei­gen von den an­deren Ver­wickelten.

Lebendige Fackeln

Immer häufiger werden Wohnungslose im Schlaf angezündet

Sie hatten angenommen es sei nur ein Bettler, verteidigten sich die fünf jungen Tä­ter, die in Brasilia das schlafende Oberhaupt der Pataxó-Indianer Galdino Jesus dos Santos an­zün­deten. Der Fall erregte gerade deshalb Aufmerksamkeit, weil es sich um einen In­digena handelte, reiht sich jedoch ein in die zunehmende Gewalt gegen Woh­nungs­lo­se. Die Täter kommen meist aus der Mittel- und Oberschicht.

Die Avenida Rio Branco, ein­stige Prachtstraße Rio de Janei­ros, bietet nachts ein deprimie­rendes Bild. Weil seit 1995 in­folge von neoliberalen Regie­rungsprogrammen die Arbeitslo­sigkeit steil an­stieg und Sozialein­richtungen schlossen, lie­gen so viele Obdachlose, Bettler, psy­chisch Kranke und Stra­ßenkinder wie selten zuvor aufgereiht ne­beneinander auf dem Bürger­steig; nicht wenige nutzen als Unterlage oder zum Zudecken ledig­lich Zeitungs­pa­pier oder Pappe. Neuerdings hat ein Großteil von ihnen Angst, Op­fer jener Brandattacken zu werden, die sich auch in Sâo Pau­lo und selbst in der Haupt­stadt Brasilia häu­fen: Nur Schrit­te von der Ave­nida Rio Branco ent­fernt, über­goß vormittags eine gut­geklei­dete Frau einen sit­zen­den Bettler mit reich­lich Al­ko­hol, warf zy­nisch lachend ein bren­nendes Streichholz auf ihn. Und ver­schwand im Men­schen­ge­wühl, während der Mann die Flammen zu er­sticken suchte. Dreißig Pro­zent der Haut ver­brann­ten, derzeit liegt er in ei­nem öffentlichen Hospital der Sie­ben-Millionen-Stadt, das pro Mo­nat mindestens zwei woh­nungs­lose Brandopfer behandelt. Oft kommt in­dessen jede Hilfe zu spät, wie die fast täglich veröf­fentlichten Fotos von ver­kohlten Leichen bewei­sen.
Ivan Bertanha, Leiter einer Hospi­talabteilung für Verbren­nungen in Sâo Paulo, betont, daß die Eingelieferten fast nie ge­richtsverwertbare Angaben lie­fern können: “Sie sagen, daß sie in Flammen stehend aufge­wacht sind und keine Verdächtigen ge­sehen haben.” Pataxó-Häupt­ling Jesus dos Santos verbrannte in Brasilia lebendig, nachdem nicht weniger als zwei Liter Alkohol über ihn ausge­gossen worden waren. Die in­zwischen gefaßten fünf Täter aus Elitefamilien ver­teidigten mit dem Argu­ment, sie hätten ihn “nur” für einen Bettler gehalten. Für regierungskriti­sche Men­schenrechtler und So­ziolo­gen spricht dieser Satz Bände. Her­bert de Souza Betinho, Füh­rer der natio­nalen Kampagne ge­gen Hunger und für Bürger­rechte, nennt das Handeln der jungen Männer einen Hinweis “auf den Grad der Degenerierung in be­stimmten höheren Schich­ten der brasilianischen Gesellschaft.” Helio Bi­cudo, enger Mitarbeiter des Kardinals von Sâo Paulo und Kongreßabgeordneter der Ar­bei­ter­partei PT, konstatiert, die bra­si­lianische Gesellschaft ent­wür­dige die Armen und bana­li­sie­re das Leben. Der angesehene So­zi­al­wissenschaft­ler und The­ra­peut Ju­randir Freire Costa bringt so­gar die Globali­sierung mit ins Spiel: Junge Männer, wie jene fünf von Bra­silia, kennen die rei­che “Erste Welt” sehr gut und glau­ben, eher per Zufall in Bra­si­li­en zu le­ben. Widerwillig sind sie dort mit einer Mehrheit von “Häß­lichen, Armen, Zahn­losen und Nicht-Weißen” konfrontiert, ana­ly­siert Co­sta weiter. Eine Art von Umgang mit dieser Realität sei, sie nicht wahrzuneh­men, eine andere, diese so­gar physisch zu eliminieren. “Wir reden viel über die Modernisierung Brasili­ens, doch wenig über die Befrie­dung der Gesell­schaft”, sagt Os­car Vieira, Generalsekretär des UN-Lateinamerika-Instituts und weist auf die Straffreiheit hin, von der besonders die High So­ciety profitiert. Gemäß neuesten UNO-An­gaben werden in Brasi­lien mehr Menschen durch Feu­er­waffen getötet als in jedem an­deren nicht durch Krieg gezeich­neten Land. In Sâo Paulo kann die Po­lizei bestenfalls in zwan­zig Prozent der Fälle die Täter iden­tifizieren, was nicht bedeu­tet, daß diese auch verhaftet werden.

Der neue Sport der Besserbetuchten

Inzwischen wurden sehr un­vollständige Angaben über die Anzahl wohnungsloser Brand­op­fer veröffentlicht. Allein in der Haupt­stadt Brasilia sind seit 1988 minde­stens 29 Bettler an­ge­zün­det wor­den. In Sâo Paulo und Rio sind mehrere Woh­nungs­lose pro Mo­nat betroffen. Brand­attacken sind jedoch nicht alles: So gehört es in den ge­nannten drei Städten zum ma­ka­bren Sport Besserbe­tuchter, etwa nach der Disco vom Wagen aus auf schlafende Woh­nungslose zu schießen. Auch ein Polizeiof­fi­zier Rios pflegte, gerichtlichen Zeu­gen­aus­sagen von 1994 zu­fol­ge, seine Waffen nachts an Bett­lern zu te­sten.
Schließlich wurden 1990 in der Stadt Matupá drei arbeitslose Landarbeiter, die ver­sucht hat­ten, eine Fazenda zu über­fallen, in Anwesenheit von Po­li­zisten und einem Politiker auf offener Straße lebendig ver­brannt: das von einem Amateur gedrehte Vi­deo der Untat über­gab die katho­lische Kirche inter­nationalen Men­schen­rechtsorga­ni­sa­tionen. 22 Personen wurden zwar ange­klagt – zu einer Bestra­fung ist es aber bis heute nicht gekommen.
Wegen des spektakulären Brand­an­schlags auf Galdino Je­sus dos Santos interessiert sich die brasilianische Öf­fentlichkeit auf einmal für das Leben der Pa­ta­xó. Nach Angaben der Kir­che wur­den in den letzten Jah­ren in Südbahia 24 Pataxó-Indios von Pis­toleros der Großgrundbe­sit­zer oder diesen selbst erschos­sen, 47 über­lebten Mordver­su­che, 48 In­dios starben wegen un­ter­lassener Hil­feleistung.
Ein Großteil Südbahias war ursprünglich Pataxó-Land. Doch vor und wäh­rend der Militärdik­tatur legten Latifundistas im Stam­mesgebiet Ka­kao­farmen an, von denen auch große interna­ti­o­na­le Schokola­denmarken ihren Roh­stoff bezie­hen. Vor Gericht streiten die Pa­taxó seit 15 Jahren um die Rück­gabe von etwa 36.000 Hektar – 788 Hektar waren ihnen zwar von der Justiz zugespro­chen, de facto aber nie übergeben worden. Der Stamm nutzt jetzt die Gunst der Stunde: Zur Beerdi­gung von Häuptling Je­sus dos Santos kamen TV-Teams, Presse und so­gar der Chef der staatli­chen Indianer­schutz­behörde FUNAI, Julio Gei­ger. Nach der Beisetzung durf­ten weder er noch die Jour­na­listen das Reservat verlassen, viel­mehr wurden sie gezwun­gen, die Pataxó beim Be­setzen von vier benach­bar­ten Kakaofarmen zu be­glei­ten. Umringt von Indios mit Fe­der-Kokarden, Wurfspies­sen, Pfeil und Bogen, mußte Gei­ger grimmigen Blickes als erster das aufge­brochene Farm­tor jenes Groß­grundbesitzers durch­schrei­ten, der die Pataxó am meisten ter­ro­risiert – während diese auf­paß­ten, daß die Szene für die TV-Abendnachrichten auch or­dent­lich gefilmt wurde. Erst nach­dem das Gebiet ohne Ge­walt und Zwi­schen­fälle be­setzt wor­den war, ließen sie den FU­NAI-Chef und den Me­dien­troß von dannen zie­hen.

Terror, Lügen und Videoaufnahmen

Kontroverse um Polizeiübergriffe in Sâo Paulo

Die Aufnahmen gehen um die Welt: Polizisten errichten eine Straßensperre und ter­rorisieren vorbeikommende PassantInnen. Niemand wehrt sich: aus Angst, er­schossen zu werden. Der Präsident ist international entrüstet und die heimischen Intellektuellen schweigen.

Zehn Militärpolizisten Sâo Paulos machen sich einen sadi­stischen Spaß daraus, in einem Slum alle paar Tage eine Stras­sensperre zu errichten und zu­fällig vorbeikommende Bewoh­nerInnen auf brutalste Art zu foltern, mit Hartholzstücken blu­tig zu schlagen und auszurauben. Ein völlig unschuldiger Mann wird vor aller Augen erschossen, ein anderer schwer verwundet.
Wer in brasilianischen Elendsvierteln lebt oder dort So­zial- und Menschen­rechts­arbeit betreibt, weiß, daß Derartiges seit Diktaturzeiten ab­solut nor­mal und alltäglich ist. Der jüng­ste Fall von Polizeiter­ror erregt indessen enormes Auf­sehen, weil jemand gut versteckt tagelang al­les filmt, das Video schließlich nicht nur im brasilia­nischen, son­dern auch im nord­ame­ri­ka­ni­schen, europäischen und asiati­schen Fernsehen ge­zeigt wird.
Sâo Paulos Kardinal Evaristo Arns und seine Bischöfe und Pa­dres protestieren vehement, stel­len nicht an­ders als amnesty in­ternational (ai) und Human Rights Watch klar, daß die Greu­eltaten nicht überra­schen. In ganz Brasilien würden die Men­schenrechte von der Mi­litär­po­li­zei gravierend verletzt, Opfer seien stets Angehörige der unter­privilegierten Schichten, An­zeigen fruchteten gewöhnlich nichts.
Der neue Fall zeigt dies ex­emplarisch. Zwei der zehn Militärpolizisten gelten als Mit­glieder einer Todesschwa­dron, die in jüngster Zeit minde­stens dreizehn Menschen ermor­det hat. Fünf Beamte standen be­reits we­gen acht Morden sowie Mord­ver­suchen und schwerer Körper­verletzung unter Anklage, die Verfahren wurden, wie fast durchweg üblich, eingestellt. Ganz offenkundig unter dem Druck der Medien und der Ent­rüstung im Ausland wurden in­zwischen alle zehn Tatbeteiligten verhaftet – die Mitte-Rechts-Re­gierung instruierte in Windeseile auch die Botschaften in Bonn, Bern und Wien, wie zu reagieren ist.

Scheinheiligkeit und fragwürdige Aufregung

Ricardo Ballestreri, Präsident der brasilianischen ai-Sektion, mag ebensowenig wie die Kirche in den jetzt von den Medien ge­schürten Chor der Entrüstung einstimmen, wirft der Gesell­schaft Scheinheiligkeit vor. Bei jenen, die sich über Polizeibru­talität aufregen, handelt es sich ihm zufolge um dieselben, die mehr Gewalt bei der Verbre­chensbekämpfung und auch die Todesstrafe verlangen. ai hatte wie die Erzdiözese Sâo Paulos bereits vielfach angeprangert, daß die “High Society” und auch die Mittelschicht in Lateinameri­kas erstem Wirtschaftsstandort Greueltaten gegen Slumbewoh­nerInnen schlichtweg ignorier­ten. In Brasilien, so ai auf An­frage, gebe es ein Kontingent von Personen, deren Folterung absurderweise als sozial gerecht­fertigt angesehen werde. Unter der Folter hatten erst kürzlich neun Männer der Unterschicht gestanden, ein Nobellokal über­fallen und dabei zwei Gäste er­schossen zu haben. Glücklicher­weise fand man eher durch Zu­fall die wahren Täter mit der Beute, die Neun bleiben dennoch für ihr Leben gezeichnet.

“Beifall” für Todesschwadrone

Cecilia Coimbra, couragierte Präsidentin der brasilianischen Menschenrechtsorganisation “Nie mehr Folter”, erinnert jetzt daran, daß die sich in Sâo Paulo häufenden chacinas, Blut­bäder, sowie andere Aktionen der To­desschwadronen von sehr vie­len BrasilianerInnen mit “Beifall” aufgenommen werden. Nach der Ausstrahlung des Amateurvideos sei zu hoffen, daß es nie mehr zu derartigem Applaus komme. Ju­randir Freire Cos­ta, Therapeut und Direktor des Instituts für So­zialmedizin an der Universität von Rio, teilt diesen Optimismus nicht. Die Mittel- und Ober­schicht, so Costa, spreche Slum­bewohne­rInnen den Gleich­heits­grundsatz ab, definiere sie quasi als “Nicht-Menschen” und rea­giere daher mit extremer Indiffe­renz und Akzeptanz auf jede Art von Ge­walt gegen diesen Teil der Bevölkerung.
Befreiungstheologe Frei Bet­to, enger Mitarbeiter von Kardi­nal Arns, teilt den Stand­punkt von Costa, zählt den Sozi­alwissenschaftler außerdem zu den ganz wenigen Mitgliedern der geistig-künstlerischen Elite Brasiliens, die auf Massaker an Landlosen, Polizeiterror gegen Arme und von Todesschwadro­nen begangene Morde nicht mit Schweigen reagieren. Im Ge­spräch sagt Frei Betto, Hunderte von führenden Intellektuellen Frankreichs oder Italiens prote­stierten in Manifesten an die Mitte-Rechts-Regierung von Prä­sident Fernando Henrique Car­doso gegen all diese Greuel­taten und verlangten energische Maß­nahmen. Deren brasiliani­sche KollegInnen duldeten in­dessen, von wenigen Ausnahmen abge­sehen, die gravierende Ver­letzung der Menschenrechte in der größten Demokratie Latein­amerikas, seien daher mitschul­dig.
Das Schweigen, so Frei Betto, sei Resultat der Unterstützung jener Intellektu­ellen für die Cardoso-Regierung und deren neoliberale Politik. Viele aus der geistigen Elite, die besonders hohes Prestige in der öffent­lichen Meinung genössen, wür­den von Brasilia mit Posten, Po­sitionen und Geldern begün­stigt. Oder klarer ausgedrückt: kor­rum­piert. Der Theologe erin­nerte auch daran, daß viele In­tel­lek­tuelle, aber auch in Deutschland sehr bekannte Schrift­steller wie Jorge Amado oder Sänger wie Gil­berto Gil, Caetano Veloso, Elba Ramalho und Joâo Bosco, Filme­macher wie Héctor Ba­ben­co sich 1994 in einem Manifest für die Wahl Cardosos aus­ge­spro­chen hatten. Positive Aus­nah­me: Chico Buar­que. “Daß all diese Perso­nen sich heute passiv ver­halten”, so Frei Betto weiter, “wird von den In­tel­lektuellen Eu­ropas na­türlich be­merkt. Wa­rum prote­stieren wir, fragt man dort, doch die Kollegen in Bra­si­lien nicht – wie steht es daher um deren Se­riosität?” Sie sei nicht vorhan­den, fügt der Theologe hinzu.
Der schwarze Intellektuelle Milton Santos: “Brasiliens Gei­steswissenschaftler kapitulieren vor der Situation ihres Landes, nähern sich dem Establishment an.”
Frei Betto wurde während der Diktatur im berüchtigten Caran­diru-Gefängnis Sâo Paulos ein­gekerkert und gefoltert. 1992 wurde er vom Gouverneur des Bundesstaats vor Gericht ge­stellt, weil er Gewalttaten der Militärpolizei öffentlich ange­prangert hatte. Im selben Jahr er­schossen Spezialeinheiten jener policia militar in Carandiru min­destens 111 Häft­linge.
Zum Lärm um das Amateur­video meint Frei Betto, das bra­silianische Medienecho werde wie in vorangegangenen Fällen rasch verhallen.
Für Präsident Cardoso kommt der Vorfall dop­pelt ungelegen. Denn Sâo Paulo mit seinen weit über eintausend deutschen Fir­menfilialen wird von einem Gou­ver­neur und en­gem Vertrauten aus des Staats­chefs Sozial­demo­kra­tischer Par­tei PSDB regiert. Glei­ches trifft auf den politisch Haupt­verant­wortlichen des Land­losenmassa­kers von 1996 im Amazonas­bundesstaat Pará zu – und auch auf den Gou­ver­neur Rio de Janeiros, wo ein Blut­bad an Minderjährigen dem an­deren folgt.

KASTEN

Männer des Gesetzes

Vorsicht, Leute aus Sâo Paulo, Osasco und ABC,
Die Polizei von Sâo Paulo ist zum Beschützen da.
Ist ein Polizist ein Verbrecher?
Es gilt das Gesetz des Hundes.
Die Polizei tötet das Volk,
Aber ins Gefängnis kommt sie nicht.

Immer mehr Leute, deren Wege sich verlieren
Aber sagen können wir nichts,
Denn wir sind nicht auf der Seite des Gesetzes.
Oh mein Gott, wann werden sie bemerken,
Daß Sicherheit zu geben nicht bedeutet
Angst einzujagen?

Song von Thaíde und DJ HUM

KASTEN

Männer des Gesetzes

Vorsicht, Leute aus Sâo Paulo, Osasco und ABC,
Die Polizei von Sâo Paulo ist zum Beschützen da.
Ist ein Polizist ein Verbrecher?
Es gilt das Gesetz des Hundes.
Die Polizei tötet das Volk,
Aber ins Gefängnis kommt sie nicht.

Immer mehr Leute, deren Wege sich verlieren
Aber sagen können wir nichts,
Denn wir sind nicht auf der Seite des Gesetzes.
Oh mein Gott, wann werden sie bemerken,
Daß Sicherheit zu geben nicht bedeutet
Angst einzujagen?

Song von Thaíde und DJ HUM

Die Abwertung des Lebens

Die Regierung stoppt die Inflation – die Spirale der Gewalt dreht sich weiter

In der größten Demokratie Lateinamerikas gehören die berüchtigten “Esquadrôes da Morte” auch über zehn Jahre nach Diktaturende zum Alltag. Sie ermorden Kin­der, Jugendliche, Menschenrechtsaktivisten und politische Gegner. Unter der Mitte-Rechts-Regierung von Staatschef Fernando Henrique Cardoso hat laut ai die Ge­walt stark zugenommen.

An einem Februarnachmittag geschieht in Rio de Janeiros Slumgürtel Baixada Fluminense erneut, was viele in der Ersten Welt für unvorstellbar, unmög­lich halten: Sechs aufgeweckte Jugendliche zwischen fünfzehn und siebzehn springen auf einen Linienbus auf und machen sich zweier “Vergehen” schuldig: Um nicht bezahlen zu müssen, pas­sieren sie nicht das Drehkreuz des Buskassierers sondern blei­ben, wie es täglich unzählige Schüler und Arbeitslose tun, auf den hintersten Bänken, lärmen, trom­meln Disco-Rhythmen. Dem Kassierer wird es zu bunt. Er fordert zwei bewaffnete Si­cherheitsleute der Busgesell­schaft auf, die Jungen zum Schweigen zu bringen. Der Fah­rer hält an, die sechs werden mit vor­gehaltener Pistole zum Aus­steigen gezwungen, müssen sich in einer Reihe auf die Erde knien. Dann werden sie kaltblü­tig mit Kopfschüssen außerge­richt­lich exekutiert, wie es ai und andere Menschenrechtsor­ga­ni­sa­tio­nen stets in Untersu­chungs­be­rich­ten nennen. Die Mörder un­ter­ziehen sich, wie üblich, nicht der Mühe, die To­ten zu verstecken oder zu ver­scharren. Ein Jugendlicher über­lebte die Schüsse noch eine halbe Stunde, hätte gerettet wer­den können. Doch niemand der vielen herbeigelaufenen Neugie­rigen rührte aus Angst vor Rache eine Hand: Die Killer hatten es verboten, keiner der Gruppe sollte davonkommen.

Schlag für Rios Olympia-Bewerbung

Bereits in den 80er Jahren war die Baixeda Fluminense von den Vereinten Nationen als gefähr­lichste Stadtzone der Welt einge­stuft worden – bis heute werden hier Morde selten aufgeklärt. Gemäß einer neuen Untersu­chung sahen über dreißig Prozent der minderjährigen Slumbewoh­ner schon einen Mord.
Auch diese Bluttat wäre ge­mäß jüngster Praxis von Öf­fent­lichkeit und Medien über­gangen worden, wenn nicht das Inter­na­tionale Olympische Ko­mitee gerade über die Kandidatur der Sieben-Millionen-Metropole am Zucker­hut für die Spiele 2004 entscheiden würde. In weltweit verbreiteten Imagekampagnen hatten Brasiliens Autoritäten für Rio getrommelt und stets ar­gu­men­tiert, daß sich Gewalttaten doch schließlich heute in allen großen Städten ereigneten. Die Ner­vo­sität der Politiker war nach dem Massaker groß. Anders als bei vorangegangenen Ver­bre­chen dieser Art mußten Rios beste Kriminalisten Tag und Nacht nach den Tätern fahnden. Zeu­gen hatten sie laut Presse­angaben zweifelsfrei erkannt. Einer ge­hört zu Rios Munizipal­garde und wird gemäß der en­gagier­ten Staatsanwältin und Killer­kommando-Expertin Tania Sal­les Moreira stets dann als Mittä­ter genannt, wenn es in Bussen zu “Exekutionen” ge­kommen sei. Der andere leitet eine der zahl­reichen regionalen Todesschwa­dronen.

Morddrohungen gegen holländischen Men­schenrechtsaktivisten

Immer mehr brasilianische Pfarrer, Bischöfe, Sozialarbeiter, Künstler und Menschenrechts­aktivisten, die gegen das Wüten der Killerkommandos protestie­ren, wer­den durch Mord­drohungen unter Druck ge­setzt, müssen aus Sicherheits­gründen ihren Aktionsradius stark einschränken. Dies gilt auch für das neueste Blutbad. Zwei der Ermordeten stammten aus Slums, in denen das auch mit Geldern der deutschen Bundes­regierung arbeitende Sozialin­stitut IBISS seit Jahren Projekte realisiert. Der holländische Di­rektor Nanko van Buuren hatte als Arzt im zuständigen ge­richtsmedizinischen Institut die beiden ihm bekannten Jugendli­chen identifiziert – an der Aus­gangspforte wurde er derweil von zwei Bewaffneten erwartet. Sie zeigten sich über alle Details der IBISS-Projekte gut infor­miert und drohten, den 48-jähri­gen umzubringen, falls er sich in die Ermittlungen einmische und juristisch gegen jene Busgesell­schaft vorgehe, zu deren Sicher­heitspersonal die Todesschützen nach bisherigen Ermittlungen ge­hören. Van Buuren hatte 1996 Bundespräsident Herzog wäh­rend dessen Rio-Aufenthalts mit den IBISS-Projekten vertraut ge­macht, hält zu ihm ständig Kon­takt. “In Europa”, so der Ex­perte, “schenkt man wahrheits­gemäßen Berichten über die Re­alitäten Rios gewöhnlich keine Be­ach­tung. Das Ausmaß der Greuel­taten gegen Arme und Ver­elendete wird für unwahr­schein­lich gehalten.”

Politiker verwickelt

Duque de Caxias, Satelliten­stadt Rios in der Baixada Flumi­nense, ist seit langem wegen der Todesschwadronen berüchtigt. Gegen Bürgermeister Zito dos Santos läuft ein Prozeß, weil er den Mord an einem seiner politi­schen Gegner befohlen haben soll. Mehrere seiner Kritiker, aber auch Menschenrechtler be­schul­digen ihn, in Killerkom­mando-Aktivitäten verwickelt zu sein. Zito dos Santos gehört zur Sozial­demokratischen Partei von Staats­chef Fernando Henrique Cardoso, dem Rios Pfarrer Caio Fabio vorwirft, zwar die mone­täre Inflation, nicht aber die Ab­wertung des Lebens gestoppt zu haben. Todesschwadronen sind in ganz Amazonien und in Millio­nenstädten wie Manaus, Sâo Paulo, Salvador de Bahia, Re­cife, Fortaleza und Natal aktiv. In letzterer Pro­vinz­haupt­stadt hatte der an­ge­sehene Men­schen­recht­ler und Anwalt Fran­cis­co Negueira gegen die größ­ten­teils aus Po­li­zi­sten be­ste­hen­den Kom­mandos er­mittelt: Ver­gan­genen Ok­tober wur­de er auf of­fener Straße durch MPi-Salven er­mor­det. Da­rauf­hin forderte die Men­schen­rechts­kommission der Or­ga­ni­sa­tion Amerikanischer Staa­ten (OAS) Brasilia auf, wei­te­ren zehn von Kommandos in Na­tal Ver­folgten Personenschutz zu ge­währen.

KASTEN

Was ist das für ein Land?

In den Favelas, im Senat
Überall Dreck.
Die Verfassung achtet niemand,
Aber alle glauben an die Zukunft der Nation.
Was ist das für ein Land?

In Amazonas, in Arraguaia, in der Baixada Fluminense,
Mato Grosso, den Geraes und im Nordosten alles ruhig.
Im Tod finde ich Frieden, aber das Blut fließt weiter,
Befleckt die Papiere, die wahren Dokumente,
Auf denen der Patron sich ausruht.
Was ist das für ein Land?

Song von Renato Russo (Legiâo Urbana)

Schweine in Uniform

Die Männer des Gesetzes sind alle Verbrecher
Sie töten unschuldige Leute und machen in Ruhe weiter.
Unausgebildet, inkompetent handeln sie wider die Vernunft,
Anstatt für Sicherheit zu sorgen
Verängstigen sie die Bevölkerung.

Sie sind darauf trainiert, eine reiche Minderheit zu beschützen
Vor der armen Mehrheit, die mit ihrem Leben bezahlt.
Und wenn Du ein Arbeiter bist,
Dann hast Du die idealen Voraussetzungen,
Um in das Netz zu stürzen
Der offiziellen Todesschwadronen,
Schweine in Uniform.

Sie halten sich für Männer
Aber in Wirklichkeit ehren sie
Nicht einmal ihren Namen.
Bulle, mit Verlaub,
Ich werde die Dinge beim Namen nennen:
“Mit der Pistole in der Hand bist Du ein grimmiges Tier, ohne sie schwänzelst Du rum und Deine Stimme kiekst wie im Stimmbruch.”

Song von Marcelo D2 und Rafael (Planet Hemp)

Brasilianische Rapper- und Hip-Hop-Gruppen verarbeiten die brutale Realität in ihren Songs.
Übersetzung: Alina González / Elisabeth Schumann

Die USA und die brasilianischen Folterer

Dokumente beweisen CIA-Beteiligung an alltäglicher Repression

Von 1964 bis 1985 unterdrückte Brasiliens Militärregime Andersdenkende und mi­li­tan­te Oppositionelle auf grausamste Weise: Todesschwadronen ermordeten unzäh­lige Gegner der Diktatur, politische Gefangene wurden Haien lebendig zum Fraß vor­geworfen oder aus Helikoptern gestoßen, in Stücke gehackt, verscharrt an Strän­den Rio de Janeiros – Brutalität war alltäglich. Daß der US-Geheimdienst CIA den Re­pressionsapparat der Generäle auf vielfältige Weise unterstützte, wußten Men­schen­rechtsgruppen aus dem In- und Ausland schon damals. Jetzt sorgen Doku­men­te über die damaligen CIA-Aktivitäten in Brasilien für Schlagzeilen.

Wie die angesehene Zeitung O Estado de Sâo Paulo berichtet, kon­nte die nordamerikanische So­ziologin Martha Huggins bis­lang geheimgehaltene Kongreß­do­kumente einsehen, die die Kom­plizenschaft des CIA mit dem Unterdrückungsapparat von da­mals bestätigen. Das Fazit der 53-jährigen Wissenschaftlerin: “Die Teilnahme der CIA am All­tag der politischen Repression ist be­wiesen – die Dokumente sprech­en sogar von gemeinsa­men Operationen – die ameri­ka­ni­sche Demokratie partizi­pierte an der Schaffung eines un­ter­drüc­kerischen Staates.”
Besonders gravierend ist für Mar­tha Huggins, daß die CIA Spe­zialkommandos für die bra­silianische Polizei ausbildete. In Rio de Janeiro wurde eine “E­li­te” von vierzig Beamten zum Grund­stock der berüchtigten To­des­schwadrone: “CIA-Agenten nah­men an Operationen in den Slums teil, aber auch an der po­li­ti­schen Unterdrückung – und be­rich­teten alles, was sie sahen, nach Washington.” Bis heute sei in den USA wenig bekannt, daß die CIA bei der Ausbildung von Po­li­zisten in anderen Ländern mit­macht: “Unsere Demokratie be­nutzte die Polizeibeamten, um in anderen Ländern eine ide­ologische Kontrolle aus­zuüben.”

CIA läßt Dokumente verschwinden

Ein anderes interessantes De­tail der Recherchen von Martha Hug­gins: Die CIA half beim Auf­bau des Diktaturgeheim­dien­stes SNI mit, “lieferte sogar eine Li­ste mit den Namen ge­eigneter, ver­trauenswürdiger Mitarbeiter.” Auf einer anderen Liste waren al­le Personen ver­zeichnet, die ge­mäß CIA-Ein­schätzung nach dem Militär­putsch von 1964 ver­haftet wer­den sollten.
Ärgerlich für die Soziologin, die bereits drei Bücher über Bra­si­lien veröffentlichte, ist, daß laut Gesetz zwar jeder US-Bür­ger offizielle Dokumente über Re­gierungsaktivitäten einsehen darf, wenn diese länger als 25 Jah­re zurückliegen – jene Seiten je­doch der Kongreßpapiere mit CIA-Berichten über Folterungen der politischen Polizei Brasiliens sind unleserlich gemacht; manch­mal fehlen sogar ganze Blätter.
In mühseliger Kleinstarbeit ge­lang es der Expertin, 26 Folte­rer von politischen Gefangenen aus­findig zu machen und unter Wah­rung der Anonymität zu in­ter­viewen. Einer davon, Militär­po­lizist, mochte nicht, wie seine Kol­legen, bei einem Einsatz ge­fan­gengenommene “Subversive” mit Schlägen traktieren und die Frau­en vergewaltigen. “Ich for­derte, daß es doch besser sei, alle zu töten, anstatt sie zu foltern”, sagte der Militärpolizist zu Mar­tha Huggins und berichtete auch über den Abschluß der Ope­ration: Alle Gefangenen wurden hoch über der Wildnis lebendig aus einem Helikopter gestoßen.

Folterer heute in führenden Positionen

Helio Bicudo, während der Dik­tatur Präsident einer kirchli­chen Kommission für Gerechtig­keit und Frieden, hat die Aussa­gen der Soziologin bestätigt. Bi­cudo untersuchte damals die CIA-Aktivitäten ebenso wie das Wü­ten der Todesschwadronen. Po­lizisten und Armeeoffiziere Bra­siliens seien in den USA aus­ge­bildet worden – manche, die da­mals zum Repressionsapparat ge­hörten, machten und machen Kar­riere. Romeu Tuma, nach der Dik­tatur Chef der Bundespolizei, ist heute Kongreßsenator der star­ken Rechtspartei PPB. Regi­meaktivist Marco Maciel wurde gar Vize des jetzigen Staatsprä­si­den­ten Fernando Henrique Car­do­so – für Bicude auch Beleg da­für, daß von echter Vergan­gen­heitsbewältigung keine Rede sein kann: “Hier in Brasilien ha­ben die Leute ein kurzes Ge­dächtnis.”
Wie die Jahresberichte von am­nesty international und Hu­man Rights Watch zeigen, gehö­ren Folter und Todesschwadro­nen auch zwölf Jahre nach dem of­fiziellen Ende der Diktatur wei­terhin zum Alltag Brasiliens, es “verschwinden” sogar mehr Men­schen als damals nach der po­lizeilichen Festnahme. Die ka­tholische Kirche beklagt, daß im­mer mehr nichtidentifizierte Ge­waltopfer beerdigt werden, ein Groß­teil auf den überall im Lan­de anzutreffenden “geheimen Fried­höfen”.

Die Kirche gegen den Strich

“Helfen statt verurteilen” beim Umgang mit Kinderprostitution in Nordostbrasilien

Durch die neoliberale Wirtschaftspolitik der jetzigen Mitte-Rechts-Regierung ist in ganz Brasilien die Arbeitslosigkeit deutlich angestiegen; im Hinterland von Maranhao wurde deshalb laut Experteneinschätzung die Prostitution von Kindern und Jugendlichen erschreckenderweise zur wichtigsten und manchmal einzigen Einkommensquelle armer Familien. Nicht zuletzt die Kirche hat sich dem Problem angenommen.

Zu Dutzenden stehen zwölf- und dreizehnjährige Mädchen bereits in der Nachmittagsschwüle an der Brücke über dem von Hütten gesäumten Rio Mearim und bieten sich den Passanten für nur fünf Realen an,- das sind nicht einmal acht Mark. Andere warten in den von madames oder früheren Amazonas-Goldgräbern geführten Billigbordellen der neuen Rua do Campo auf Kunden. Doch auch dort sind sie keineswegs geschützt vor der Brutalität, die das Milieu prägt: Messerstechereien, Schußwechsel mit tödlichem Ausgang sind keine Seltenheit, wobei häufig Drogenkonsum die Hemmschwelle herabsetzt. Ausländische Sextouristen spielen hier nur eine geringe Rolle, da das im Nordosten Brasiliens gelegene Pedreiras zu weit von Touristengebieten entfernt liegt. Geradezu gierig auf möglichst junge Mädchen sind sexbesessene Machos aller sozialen Schichten aus der Stadt selbst: Nachbarn, Familienväter der Rua do Campo, Polizisten, Politiker. “Viele Mädchen prostituieren sich, weil die eigenen Eltern sie dazu anregen oder zwingen”, sagt die 52jährige Franziskanerin Maria Oliveira von der lokalen Frauenpastorale gegenüber. Sie verweist auf die Gründe der Misere: Von den rund 50 000 BewohnerInnen hat nicht einmal ein Viertel Arbeit, von denen wiederum verdienen 40 Prozent höchstens den Mindestlohn von umgerechnet 160 Mark.

Versteigerung von Jungfrauen

Pedreiras hat auch deshalb traurige Berühmtheit erlangt, weil dort in Bordellen makabere Auktionen abgehalten werden, wo Großgrundbesitzer, Politiker und Unternehmer Jungfrauen zwischen neun und vierzehn Jahren ersteigern, für eine einzige Nacht in einem besseren Stundenhotel. Anschließend werden die Mädchen gewöhnlich gezwungen, als Prostituierte zu arbeiten; manche enden in den Goldgräbercamps Amazoniens.
Die Kirchengemeinde von Pedreiras fand sich mit der Situation nie ab. Pfarrer Luiz Mario Luís gründete bereits 1963 ein Rehabilitationszentrum, in dem Prostituierte lesen und schreiben sowie einen Beruf erlernen konnten.
Da die Zahl der Lernwilligen rasch zunahm, mußte das Zentrum vergrößert werden, und die Bezirksverwaltung stieg als finanzielle Trägerin mit ein. Schulunterricht erhalten inzwischen auch die Kinder der Frauen, derzeit sind es über 160 Mädchen und Jungen. Mehrere Dutzend jugendliche oder erwachsene Prostituierte sitzen auf den Bänken des Zentrums, das eher einer einfachen Lagerhalle ähnelt, und lernen Nähen sowie andere Handarbeiten. Inzwischen haben sie zum Teil Kolleginnen als Lehrkräfte. Die Direktorin und Mitbegründerin Benedita Leite versucht, sie davon abzubringen, weiter auf den Strich zu gehen, jedoch ohne Erfolg. Denn wie in tausenden anderen Städten und Gemeinden der zehntgrößten Wirtschaftsnation der Welt erhalten LehrerInnen und andere öffentliche Bedienstete auch in Pedreiras nicht einmal den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohn von umgerechnet etwa 160 Mark. Schlimmer noch: Die Bezirksverwaltung, der wichtigste lokale Arbeitgeber, zahlt das Hungersalär um bis zu elf Monate verspätet aus. “Ich gebe gerne Unterricht”, sagt eine Prostituierte, “doch das letzte Mal habe ich im August Geld gekriegt”. Viel ist es ohnehin nicht, nur an die neunzig Mark. Und Brasilien hat derzeit ein ähnliches Preisniveau wie Europa.

Erfolge – Rückschläge

Daß krasse Armut brutalisieren, verrohen und abstumpfen kann und die Betroffenen häufig dazu bringt, sich aufzugeben, beobachten Benedite Leite und die Franziskanerin Maria Oliveira täglich. In den Bretterhütten am Rio Mearim dominiert in den vielköpfigen Familien Promiskuität; Die Mädchen lernen nur die Gesetze ihres Milieus kennen und sehen die Prostitution als einzige – und attraktive – Möglichkeit, im Leben voranzukommen. Ihnen Unterricht zu geben, ist extrem schwierig, denn die Mädchen sind nicht daran gewöhnt, sich zu konzentrieren und lange Zeit zuzuhören. “Wir dürfen sie nicht verurteilen, sie uns zu Feinden machen” betont Maria Oliveira, “sondern müssen immer wieder auf sie zugehen, ihnen helfen, den Raum der Kirche als Alternative anbieten.” Erfolge beim Schwimmen gegen den Strom gibt es. In der Straße am Fluß treffen sich Kinder und Erwachsene im neuen Gemeindesaal zu kirchlichen Aktivitäten, eine Jugendgruppe stabilisiert sich. Maria Oliveira lehrt Katechismus, feiert Weihnachten und Ostern in den Familien, bringt diesen die Brüderlichkeitskampagne der Bischofskonferenz nahe, und hält Kontakt zu denjenigen Frauen, die mit ihrer Hilfe aus dem Bordell in einen Beruf wechselten.
Doch die madames besorgen sich immer wieder Mädchennachschub. Dabei rekrutieren sie jetzt schon im Hinterland, ködern mit der Aussicht auf “ehrliche Arbeit” und locken damit Jugendliche in den Schuldenkreislauf. Versucht Maria Oliveira, solche Minderjährigen zur Rückkehr zu bewegen, hört sie immer wieder ein Argument: “Ich kann nicht weg, weil ich von der madame neue, schicke Kleider angenommen habe, die ich erst abbezahlen muß!” Die Franziskanerin stellt deshalb eine Bordellbesitzerin zur Rede und bekommt wie stets eine drastisch-grobe Antwort: “Meine Schuld ist das nicht. Diese Hündinnen kommen doch angelaufen und bitten mich um Arbeit!” Weil die madames den Neuankömmlingen weder den Besuch des Zentrums noch der Kirche gewähren, geht die Franziskanerin selbst zu ihnen an den Brückenstrich und setzt sich notfalls an die Bordelltischchen: “Einmal spreche ich mit den Mädchen über Gott, ein anderes Mal über Geschlechtskrankheiten und Aids. An der Brücke kommen viele schon auf mich zugerannt und umarmen mich!”
Kinderprostitution ist typisch für Brasiliens Norden und Nordosten. UNICEF, Kirche und NGOs haben in Maranhao bereits eine Kampagne gegen die praktisch straffreie sexuelle Ausbeutung Minderjähriger gestartet, denn laut Menschenrechtsaktivistin Sandra Torres gehört es bereits zur Gesellschaftskultur, abnorme Situationen als normal zu betrachten und hinzunehmen.
Während in Pedreiras Kinder aus Hunger und Not ihren Körper verkaufen, zeichnet der Staatspräsident Fernando Henrique Cardoso im nur 277 Kilometer entfernt Sao Luis, der Hauptstadt Maranhaos, vor Mikrophonen ein positives Bild der Lage im Lande. Der Soziologe weist auch die Kritik der Bischöfe an seiner neoliberalen Politik zurück, erwähnt weder Kindersklaverei noch Kinderprostitution oder Jungfrauenversteigerungen. Neben Cardoso steht der jetzige Kongreßpräsident und Ex-Staatschef José Sarney – seit Diktaturzeiten reichster und mächtigster Mann in Maranhao. Daß hier alles beim alten bleibt, liegt nach Aussagen von Menschenrechtlern vor allem an ihm und seinen politischen Freunden.

“Ich könnte jederzeit fliehen”

Volmer do Nacimentos Alltag zwischen Gefängniszelle und Tropenlandschaft

Der 47-jährige Schwarze Volmer do Nacimento wagte als einer der ersten Brasilia­ner, auf Straßenkinder spezialisierte Todesschwa­dronen und deren Drahtzieher öf­fentlich anzuzeigen. 1993 wurde er wegen vorgetäuschter Entführung und “Ver­leumdung von Rich­tern” zu vier Jahren und neun Monaten Haft verurteilt, die er im halboffenen Strafvollzug verbringt (siehe LN 261). Die brasilia­nische Men­schen­rechtsorganisation Projeto Legal in Rio de Janeiro kämpft für seine Freilas­sung.

Am schlimmsten sind die Sonn- und Feiertage. Dann muß Volmer den ganzen Tag in einer engen Gefängniszelle verbrin­gen, im fünf Autostunden nörd­lich von Rio gelegenen Provinz­städtchen Natividada. Seine Frau und seine Kinder sitzen der­weil traurig nur rund 300 Meter von Nacimento entfernt. Der Bürger­rechtler liest dann stapel­weise Bücher und Zeitungen, schmie­det Pläne für die Zeit nach der Haft, und erinnert sich auch an die Gespräche mit dem Präsi­denten des Europaparla­ments. Wütend macht Nacimento, daß er die nach wie vor aus Straß­burg her­einflatternden Einladun­gen nicht annehmen darf. “Ich bin ein Gefangener, weil ich es selbst will, denn mit meinem Wagen könnte ich fast jederzeit fliehen – und nie­mand würde mich finden.” Der lang­jährige Koordinator der nationalen Stra­ßenkinderbewegung tut es nicht. Schließlich trägt Nacimento die Ver­antwortung für mehrere von ihm selbst gegründete Projekte, die er selbst leitet. Zu einem der wichtig­sten, einer auch mit deut­schen Geldern finanzierten Land­wirtschaftsschule für Ju­gend­li­che, eilt er an Arbeitsta­gen je­den Morgen. Der gelernte Buch­hal­ter, dessen sozialpoliti­sches Engagement in Basisge­meinden und Pastoralen der ka­tholischen Kirche begann, emp­fängt die bislang neunzig Schü­ler­Innen, berät sich mit Agro­nom­In­nen, Zootechniker­In­nen und Lehrer­Innen, verteilt Auf­trä­ge: “Die El­tern der mei­sten Ju­gend­lichen hier sind ver­elen­dete Wanderar­beiter der Re­gion, mit ihnen zie­hen sie herum, schuften auf Plan­tagen der Groß­grund­be­sit­zer, ge­hen so gut wie nie in die Schule, flüchten aus Perspektiv­losigkkeit in die Slums von Rio. Die Schule wurde gegründet, da­mit die Kin­der hier bleiben, die Landflucht gestoppt wird.”

Die Landflucht stoppen

Jeder Schüler be­kommt mo­natlich umgerechnet rund neun­zig Mark und damit weit mehr als für Plantagenarbeit. Das Geld stammt von zwei holländischen Un­ternehmern. Der deutsche Child­ren Mission Fund in Über­lingen zahlt die Löhne der Leh­rer­Innen und beteiligte sich am Bau des Schulhauses am Rande von Nativi­dade in tropischer Idyl­le. Es ist nur halbfertig, ein Pro­viso­rium – in Deutschland würde niemand darin lernen und lehren wollen. Und auch die vom deut­schen Konsulat in Rio fi­nan­zier­ten Ausrüstungen für ein La­bo­ratorium zur einfachen Heil­mit­telherstellung können nicht in­stalliert, rund 300 Kurs­an­wär­ter nicht aufgenommen werden. Die Schuld trägt laut Volmer do Na­cimento die Mitte-Rechts-Re­gierung von Staatsprä­sident Fer­nan­do Henrique Cardoso und des­sen Freund aus der Sozialde­mo­kratischen Partei PSDP, Rio-Gou­verneur Marcello Alencar. Wäh­rend eines Belgienbesu­ches 1995 traf Cardoso überraschen­der­weise auf eine Gruppe von Men­schen­rechtlerInnen, die ein Poster von Nacimento tru­gen und dessen Freilassung forder­ten. Wie stets in solchen eigent­lich brenzligen Fällen stimmte Car­doso taktisch geschickt mit den KritikerIn­nen überein: “Ihr habt recht – wir werden damit auf­hören.” Das Ver­sprechen blieb fol­genlos und auch die zum Jah­resbeginn 1996 vertraglich zu­gesicherten rund 90.000 DM von Co­munidade Solidaria, dem von der Präsi­dentengattin gelei­teten Wohl­fahrtsprogramm, tra­fen bisher nicht ein. Ebensowe­nig, trotz mehrfacher Mahnung, die etwa 100.000 DM des Rio-Gouver­neurs. “Wir werden im­mer nur mit Ausflüchten abge­speist”, kom­mentiert Nacimento, “aber viele andere NGOs be­kom­men ver­sprochene Mittel eben­falls nicht – wofür ist die Comu­nidade Solidaria dann ei­gentlich da? Wir können nicht im­mer nur mit Geld aus dem Ausland ar­beiten – wo bleibt da die eigene Ver­antwortung Brasi­liens?” Den briti­schen Konsul in Rio, der dem Schulprojekt einen Traktor spen­dierte, verblüfft ebenfalls, daß die Regierung nichts über­weist. Dagegen wird laut Pres­seangaben ein existie­render “Sozialer Dringlichkeits­fonds” fast täglich vom Mitte-Rechts-Kabi­nett angezapft, um Diplo­matenempfänge, Bankette oder üp­pige Geschenke für aus­ländische Gäste zu finanzieren.
Die achtzehnmona­tigen Kurse der Escola Fasenda laufen den­noch wei­ter. “Fast alle, die mit amtlichem Zerti­fikat abschließen werden, haben be­reits eine Ar­beitsstelle sicher,” freut sich Naci­mento, “nach der Präfektur sind wir hier der zweitgrößte Ar­beitgeber!” Abends muß der nicht nur in Europa bekannteste Häftling Brasiliens wieder in die Zelle. Der Polizeichef von Nati­vidade bekam bereits aus aller Welt über tausend Protest- und Soli­daritätsbriefe, mindestens ebenso­viele landeten beim Gou­verneur von Rio und im Justiz­ministerium.
Nacimento leidet indessen sichtlich unter der Situation, wollte 1996 durch einen Hunger­streik die Wiederaufnahme sei­nes Verfahrens und Ermittlungen ge­gen Todesschwadronen und de­ren Hinter­männer erreichen – was nicht gelang. Eine der wich­tigsten moralischen vor al­lem aber juristi­schen Stützen ist die Men­schenrechts­organisation Projeto Lagal in Rio de Janeiro. Sie er­reichte bisher, daß Naci­mento seine Haft nicht unter ständiger Lebens­gefahr in einer völ­lig überfüllten Zelle Rios, sondern im halboffenen Vollzug in Natividade ver­bringt. Für An­walt Carlos Nicodemos, Lei­ter des ebenfalls vom deutschen Child­ren Mission Fund unter­stütz­ten Projeto Legal, ist der Pro­zeß gegen Nacimento kaf­ka­esk: “In Untersuchungsbe­richten des Bun­desparlaments und selbst der Abgeordneten­kammer des Bun­desstaates Rio über die Er­mor­dung von Kindern und Ju­gend­lichen, ebenso in der Presse, wer­den die­selben Richter we­gen ihrer Verwick­lung in Ak­tivitäten von Todesschwadro­nen auf­ge­führt, die auch Volmer do Naci­men­to nannte.”
Anwalt Nicodemos eilt min­destens ein­mal im Monat mit dem Wagen nach Na­tividade, spricht seinem Mandanten Mut zu. Dessen Geburtstag im ver­gan­genen November fiel ausge­rechnet auf einen Sonntag. Daß er ihn dank Ni­codemos nicht durch­weg in der Zelle verbringen mußte, sondern mit seiner schwangeren Frau und den Kin­der zusammensein konnte, war wie­der ein kleiner Sieg.

Letzte Meldung: Seit Anfang Ja­nuar hat Volmer rund um die Uhr Freigang, d.h. er muß sich jetzt lediglich re­gelmäßig bei der Polizei mel­den. Und die schlech­te Nach­richt: Nach heftigen Re­gen­fällen ver­sank das Gelände der Land­wirt­schaftsschule unter ei­ner vier­zig Zentimeter dicken Schlamm­schicht. Die Gebäude ste­hen zwar noch, aber die Ernte ist völlig zerstört.

Fünf-Sterne-Rassismus

Schwarze fahren keine Importautos

Der Ehemann ist weiß, die Ehefrau ist schwarz. Am Hoteleingang verwehrt ein Wächter der Ehefrau den Zutritt: Prostituierte dür­fen nicht mit aufs Zimmer. Wer glaubt, dieser Vorfall wäre die Ausnahme, irrt. Unter der Oberfläche scheinbarer In­tegration zeigt sich das Bild einer verdeckten Apartheid.

Die Schwarzen müs­sen wis­sen wo ihr Platz ist, lautet eine uralte, immer noch hochaktuelle Redewendung in Bra­silien. Ge­meint ist damit: Sklavennachfah­ren haben nichts in der Mittel- und Ober­schicht, deren Krei­sen und Ambiente zu suchen. Sie werden entsprechend stigmati­siert und behandelt. Wie dies in der Praxis funk­tioniert, bekam jetzt der Züricher Fritz Müller, Fach­direktor der Cre­dite-Suisse-Bank, in Rio de Janeiro zu spü­ren. Als er mit seiner schwarzen, aus Rio stammenden Ehefrau Adriana nach einem Restaurant­be­such ins First-Class-Hotel In­tercontinental zu­rückkehrte, wur­de Adriana von einem mus­ku­lö­sen Wachmann grob ge­stoppt: Eine Garota de Programa, so hei­ßen Prostitu­ierte im Rio-Slang, dür­fe nicht mit aufs Zim­mer. Direktor Müller ließ sich von seiner Frau über­setzen worum es ging und schlug gehö­rigen Krach, stellte den Wach­mann zur Re­de, verlangte von der Ho­tel­lei­tung eine formelle Entschul­di­gung. Denn ohne ent­sprechende Vor­schrift hätte der Wächter kaum so gehandelt.

Rassismus – Machismus

Die Zeitung O Globo be­schrieb den Fall unter der tref­fenden Überschrift “Fünf-Sterne-Ras­sismus”. Kaum ein mit einer dunkel­häutigen Brasilia­nerin be­freundeter oder verheirateter Eu­ropäer, der in Rio, Sâo Paulo, Sal­vador de Bahia oder Fortaleza nicht ähnliche Erfahrungen ge­macht hat. Wer brasilianisches Portugiesisch nicht versteht, be­kommt kaum mit, daß der Gang über die Strandpromenade für sei­ne Partnerin ge­legentlich ei­nem Spießrutenlauf gleicht. Wei­ße Mit­telschichtsmachos der übel­sten Sorte, in Brasilien alles andere als dünn ge­sät, lassen eine Bösartigkeit oder Obszöni­tät nach der anderen fallen, ge­hen davon aus, daß der tumbe Gringo sicher nichts ver­steht und wohl im­mer noch glaubt, was die mei­sten Reiseführer kolportie­ren: Brasilien, ein wun­dervoller Schmelz­tiegel der Rassen, ein Beispiel gelun­gener Integration ver­schiedener Hautfarben, von Dis­kriminierung keine Spur.
Wer aber die Oberfläche, die schil­lernde Er­scheinungsebene ver­läßt, stößt auf Brasiliens hocheffi­ziente verdeckte Apart­heid. Die ist von den schwachen, wenig respektierten Schwarzen­or­ganisationen weit schwerer zu packen und zu attackieren als die aus Süd­afrika bekannte of­fene Ras­sentren­nung. Schwarze, Mu­latt­Innen gehören in die Slums, in die Unterschicht, in die drek­kig­sten, schlechtbezahltesten Be­ru­fe. Schwarze Frauen sind ge­mäß diesem Denk- und Ver­hal­tens­muster Hausdienerinnen, Rei­ne­machefrauen, bestenfalls Su­per­marktkassiererinnen. Oder aber: Schwarze Frauen sind bis zum Beweis des Gegen­teils Pro­sti­tuierte, Touristenhuren, die man entsprechend behandeln kann.
Untersuchungen belegen, daß in­for­melle Mechanismen ge­wöhn­lich den Auf­stieg Dunkel­häutiger in gutbezahlte qualifi­zierte Mittel­schichtsberufe ver­hin­dern. Privatban­ken bilden da keine Ausnahme. Bei meh­reren spricht das gängige System der zwei Kundenschlangen Bände. Wer besser verdient und umge­rech­net mindestens einige tau­send Mark auf seinem Konto hat, steht in der kürzeren Fila, wird bevorzugt behandelt und ist ge­wöhnlich weiß. Wer zu den Schlecht­bezahlten gehört, aber glück­lich ist, dennoch ein Konto besitzen zu dürfen, muß in der längeren Schlange gelegentlich Stunden warten, schaut nei­disch, frustriert oder mit Groll auf die Be­vorzugten mit dem dickeren Geld­beutel. Welche Hautfarbe in der langen Fila domi­niert, läßt sich in Rio gut beobachten.
Wer mit dunkler Haut den­noch den sozialen Aufstieg schafft, hat im Alltag fast pau­sen­los Ärger. In Sâo Paulo wird eine er­folgreiche schwarze Schau­spielerin von weißen Ma­dames im­mer wieder auf der Straße gefragt, ob sie nicht als Haus­dienerin anfangen wolle, sie sehe so gut und gesund aus. Der schwarze Sänger und Komponist Dicró wird in Rio de Janeiro von Si­cherheitsleuten zu seiner eige­nen Show nicht auf die Bühne ge­lassen. Ironisch erklärt er: “Mehr­mals haben sie mich auch schon ge­schnappt, als ich meinen eigenen Wa­gen klauen wollte.” Wie überführte Au­todiebe wer­den ebenfalls immer wieder gut­ver­dienende schwarze Fußball­spieler traktiert, die teure Im­portwagen fahren. Oleude Ri­beiro vom Verein Portuguesa von Sâo Paulo wurde mit Blau­licht in seinem Ford-Jeep ge­stoppt und mit dem Revolver am Kopf gründlich durchsucht: “Mein tiefentsetzter kleiner Sohn woll­te danach wissen, ob diese Männer Ban­diten waren. Schwie­rig, ihm zu erklären, daß alles nur geschah, weil wir Schwarze sind.”
Der auch in Eu­ropa bekannte schwarze brasiliani­sche Musiker Djavan erläutert: “Wenn du be­rühmt wirst, ver­lierst du sozusa­gen deine Hautfarbe. Das heißt nicht, daß dich die Leute auf einmal mögen. Sie beginnen nur, dich zuzulas­sen.”

Weniger als ein Quadratmeter

Brasiliens Gefängnisse offenbaren Bilder wie aus einem Gruselfilm

Unter der Regierung von Präsident Cardoso verschlechtert sich die Lage in den total überfüllten Gefängnissen weiter. “Niemand ist an einer Resozialisierung der Häft­linge interessiert,” so Padre Mauzeroll von der Gefangenenseelsorge der katholi­schen Kirche.

Eine mittelalter­lich anmu­ten­de Ge­fängniszelle in Rios Stadt­teil Realengo. Gesetzlich hat je­der der mehreren Dut­zend In­sas­sen Anspruch auf min­de­stens acht Quadrat­meter, hier da­gegen hat er nicht einmal ei­nen ein­zi­gen. Ge­schlafen wird des­halb in Schichten. Während ein Teil auf dem feuchten Beton liegt, hängt der andere in Stoff­schlau­fen da­rü­ber, die an den Git­ter­stäben be­fe­stigt sind. In ei­ner Zelle im Stadt­teil Bangu bie­tet sich ein ähn­liches Bild: 35 fast nackte, schwit­zende Männer auf nur sech­zehn Quadratmetern, bei­ßen­der Fäkalienge­ruch, nachts Rat­ten, die psychische Span­nung fast mit Händen greif­bar. Neun von zehn haben Krätze und Fu­run­kel. In der heißesten Jahres­zeit herr­schen bis zu sech­zig Grad in den Zellen, täglich fallen dann an die zwanzig In­sas­sen ohn­mächtig um, werden von den Wärtern herausge­zerrt und durch an­dere ersetzt. Um aus die­ser Höl­le herauszukommen, in eine we­niger über­füllte Zelle verlegt zu werden, beste­chen Häftlinge ih­re Aufseher mit um­gerechnet bis zu 5.000 DM. Es gibt auch Ge­fängnisse, in denen die In­sas­sen das nötige Geld zu­sam­men­le­gen und dann den Be­günstigten wie in einer Lotterie per Los be­stimmen. In Bangu kom­men die not­wendigen Reais von der Fa­mi­lie oder von Verbre­cher­syn­di­ka­ten. Je größer, je un­er­träg­li­cher die Hitze, umso hö­her stei­gen die Preise auf die­sem Schwarz­markt. Nur einmal am Tag gibt es Essen von haar­sträu­ben­der Qualität, Lebens­mittel­pa­ke­te der Angehörigen werden ge­wöhn­lich nicht ausge­händigt. Fol­terungen sind die Regel, nicht nur in Rios Gefäng­nissen. Ein An­walt be­schreibt einen Fall aus dem Jahr 1996: “Polizisten mit Ka­puzen miß­handelten 116 Ge­fan­gene mit Elektroschocks, alle wie­sen Blutergüsse auf und wur­den dar­überhinaus zu sexu­ellen Hand­lungen gezwungen.”
Fast täglich wer­den Fälle tot­ge­folterter, er­schlagener Häft­linge bekannt. Doch die politisch Ver­ant­wortlichen rühren sich kaum, nur we­nige Intellektuelle pro­testieren und die Gesellschaft scheint sich an die grauen­vollen Zustände ge­wöhnt zu haben.
Nach dem letzten offiziellen Zen­sus bieten die 511 Gefäng­nis­se Brasili­ens Platz für höch­stens 60.000 Per­sonen. Mit über 148.000 Gefangenen sind sie da­mit mehr als doppelt be­legt. Not­wen­dig, so heißt es, seien 145 neue Gefängnisse. Rund 95 Pro­zent der Häft­linge sind Arme, 96 Pro­zent Männer, etwa drei Vier­tel Voll- und Halbanal­phabeten. Der typi­sche Gefangene, so eine Stu­die, ist dunkelhäutig und jün­ger als 25 Jahre. Jeden Monat kommt es laut Statistik zu min­de­stens drei großen Häftlingsre­vol­ten; die meisten von ihnen wer­den aller­dings der Öf­fent­lich­keit ver­heimlicht.

Pervertieren statt resozialisieren

Amnesty international und Human Rights Watch/­Ame­ri­cas prangern die Zu­stände in den bra­silianischen Haftan­stalten als “pu­ren Horror” an. Aber auch die Gefange­nenseelsorge der katho­li­schen Kirche läßt nicht locker. Padre Geraldo Mau­zeroll von der Pa­storal Carçeraria im Bundes­staat Sâo Paulo: “Wer ins Ge­fängnis kommt, wird pervertiert, wird angesehen und be­handelt wie ein Tier. Niemand ist an ei­ner Besserung oder Resozialisie­rung der Insassen interessiert. Die Gesellschaft rächt sich an ihnen. Sie läßt sie intellektu­ell, seelisch, mora­lisch, kulturell und nicht selten sogar physisch ster­ben.” Padre Mauzeroll hört auf Polizeiwachen und in Gefängnis­sen sehr häufig den Spruch: “Nur ein toter Häftling ist ein guter Häftling!” Der Padre geht seit 1973 in die Gefäng­nisse und leitete die letzten sechs Jahren die Seel­sorge. Was er täg­lich zu sehen be­kommt, scheint kom­mer­ziellen Horror­filmen ent­lehnt: Häftlinge verfaulen buch­stäb­lich in ih­ren Zellen. Die Ge­fängnisärzte sind selbst Krimi­nelle, weil sie Kranke be­wußt nicht behan­deln, sie sterben las­sen, dafür aber nie zur Rechen­schaft gezogen werden. Tuber­ku­lo­se grassiert, über die Ge­sichter Tod­kran­ker laufen Amei­sen. Kri­mi­nell handeln auch Richter und Staats­anwälte, die sehr wohl über Folter und alle an­deren Men­schenrechtsverlet­zungen de­tail­liert informiert sind und den­noch nicht ein­greifen.
Gefängnisleitungen und Wär­ter ermögli­chen den Dro­gen­han­del und -kon­sum hinter den Git­ter­stäben. Ein Direktor zu Padre Mauzeroll: “Drogen müs­sen dort drin sein, damit die Ge­fangenen ruhig bleiben.”
Ein besonders fin­steres Kapi­tel ist darüber hinaus die sexuelle Ge­walt, die von perversen Auf­se­hern sogar ge­fördert wird. Padre Mauzeroll: “Wird ein we­gen Vergewalti­gung Verurteilter ein­geliefert, stecken ihn die Wär­ter extra in be­stimmte Mas­sen­zel­len, damit er dort von fünf­zehn, zwan­zig Häftlingen ver­ge­wal­tigt wird. Das ist Gesetz in den Kerkern, und so verbreitet sich Aids sehr schnell.” Selbst nach amtlichen An­gaben haben sich bereits über zwanzig Pro­zent der Insas­sen mit dem Aids-Vi­rus infiziert. Ein Großteil der rund 150.000 brasiliani­schen Ge­fan­genen hat homosexuellen Ver­kehr, gewöhnlich unge­schützt, Pro­miskuität ist normal.
Vitor Carreiro teilte in Rio eine Zelle jahrelang mit 47 ande­ren Häftlin­gen, hat jetzt sichtbar Aids und sagt es deutlich: “Alle Welt weiß, daß die Frau des Ge­fan­genen der andere Gefangene ist.” José Ferreira da Silva, eben­falls HIV-posi­tiv, berichtet von vier festen und acht gelegentli­chen Partnern. Keiner hatte Prä­servative benutzen wollen.
“Wenn die Lage in den Ge­fängnissen in Sâo Paulo und Rio de Janeiro bereits so schlimm ist”, gibt Padre Mauzeroll zu be­denken, “wie muß sie dann erst in den stark unterent­wickelten Gebieten des Nordens und Nord­ostens sein?” Padre Mauzeroll drückt sich im Ge­gensatz zu so vie­len Landsleuten um solche un­beque­men Wahrheiten nicht. Er hat keine Probleme damit, die von den Autoritäten gerne ver­steckten und verdrängten Pro­ble­me offen an­zusprechen. “Doch wer über die Zu­stände re­det und in­formiert, stirbt”, lautet eine an­dere Regel – Pistoleiros, Be­rufs­kil­ler, erle­digen dies. Padre Mau­zeroll weiß, daß auch sein Leben in Gefahr ist. Den­noch klagt er offen die soziale Ord­nung Brasi­liens an: “Sie ist schuld an der grauenhaften Si­tu­a­tion!”
Wärter und Spe­zialeinheiten ge­hen gewöhnlich äußerst brutal gegen meu­ternde Häftlinge vor. 1992 wurden im Gefängnis Ca­ran­diru von Sâo Paulo minde­stens 111 In­sassen von Militär­polizisten massa­kriert. Politisch Ver­antwortliche und di­rekt Be­tei­ligte blieben bisher straffrei. Die letzte Revolte in Carandiru er­eignete sich Ende Oktober. 670 Ge­fangene nahmen dort 27 Wär­ter als Gei­seln und forderten die Ver­legung in eine andere Haftan­stalt. Fünf Gefan­gene versuchten mit einem Müll­fahrzeug zu flie­hen, vier von ih­nen wurden von Mi­litärpolizisten er­schossen.
Die Rechtanwältin Zoraide Fer­nandez weist noch auf eine be­sondere Absurdi­tät hin. Tau­sende von Häftlingen wer­den nach verbüßter Strafe oft noch jahrelang festge­halten, allein in Rio waren es 1995 min­destens 560. Hinzu kommen jene, die unrechtmäßig in die Zellen von Po­lizei­wachen gepfercht und dort mitunter regelrecht verges­sen werden.

Menschenrechte ja – aber nicht für Schwule

Todesschwadronen jagen Homosexuelle – 1300 Morde seit 1980

Staatspräsident Cardoso präsentierte in Brasilia mit großem Pomp einen “Nationalen Plan für Menschenrechte” – doch die Show stahl ihm Luiz Mott, intel­lektueller Führer der brasilianischen Schwulenbewegung. Weil die Homosexuellen in dem Dokument nicht einmal erwähnt werden, entrollte Mott ein Transparent “Gays querem Justiça”- (Schwule wollen Gerechtigkeit) und nannte Fakten zur sy­stematischen Verfolgung der Homosexuellen in Brasilien.

Laercio, 22, und Mariquinhos, 30, wohnten in Rios armseliger Nordzone in einem simplen Häuschen, waren beliebt und gal­ten als hilfsbereit, fröhlich. In einer Novembernacht werden sie von einem der berüchtigten “Kom­mandos zur Jagd auf Gays” überwältigt – fünf Kapuzenmän­ner stoßen die beiden bis zur na­hen Bahnlinie, dann krachen Pi­stolenschüsse. Anwohner finden Laercio und Mariquinhos in ih­rem Blut, stellen erschüttert Ker­zen auf.
Luiz Mott erläutert: “In Bra­silien sind mindestens vierzehn Todesschwadronen hinter Ho­mosexuellen her. Seit 1980 wur­den über 1300 Schwule ermor­det, 1996 waren es bisher 85, aber unsere Statistik ist sehr un­vollständig.” Das stimmt, denn von den Serienmorden der letz­ten Wochen in Rio wußte Mott zu diesem Zeitpunkt noch nichts. Hinzu kommt, daß Angehörige wegen der bestehenden Vorur­teile gegen die Schwulen oftmals die Natur des Verbrechens ver­schweigen.
Universitätsprofessor Mott, 50 Jahre alt, Präsident der Grupo Gay do Bahia (GGB) und Se­kretär für Menschenrechte der Bra­silianischen Vereinigung für Gays, Lesben und Transvestiten (ABGLT), lehrt in der nordost­brasilianischen Küstenmetropole Sal­vador da Bahia – auch dort werden Schwule diskriminiert, ver­folgt und ermordet. Mott spricht von “Opfern des Ma­chismus”, die Täter gingen ge­wöhnlich straffrei aus. So seien bei über vierzig Prozent der Schwulenmorde die Täter er­mittelt worden, nur zehn Prozent kamen jedoch letztlich vor Ge­richt und wurden dann fast im­mer freigesprochen.

Archiv über Homosexualität

Ein schönes Kolonialhaus in Salvador da Bahia beherbergt im ersten Stock den kleinen Sitz der Grupo Gay do Brasil mit dem immerhin größten lateinameri­kanischen Archiv über Homose­xualität. Die GGB ist die älteste und aktivste Homosexuellenver­einigung in Lateinamerika. Nach dem Klingeln schaut der Leiter zunächst prüfend auf den Besu­cher und wirft danach den Schlüssel hinunter. Oben kann man sich eine Ausstellung über homosexuelle Männer und Frauen ansehen, von Platon, Leonardo da Vinci, Shakespeare, Cleopatra und James Dean bis hin zu der berühmten Sängerin der Musica Popular Brasileiro, Maria Bethânia. Man wird höf­lich zu den zwei wöchentlichen Versammlungen eingeladen, an denen auch Bi- und Heterosexu­elle teilnehmen. Vor dem Ab­stieg über die steile Holztreppe teilt der GGB-Leiter Präserva­tive, “Camisinhas”, aus – schließlich ist die Gruppe beson­ders aktives Mitglied in der vom Gesundheitsministerium geführ­ten Nationalen Kommission zur AIDS-Bekämpfung.
In der Stadt selbst machen die Homosexuellen drastisch auf sich, ihre Freuden und Probleme aufmerksam. “Liebe mit Vor­sicht – suche Deine amantes bes­ser aus”, steht groß auf Schauta­feln, und “Laß Dich nicht von AIDS ins Jenseits befördern, aber laß Dich auch nicht ermor­den!” Die Warnung ist nicht un­begründet, druckte doch gar eine große lokale Zeitung regelmäßig folgende Anzeige: “Halte Salva­dor sauber – töte jeden Tag einen Homo!”

Erscheinungsebene – Wirklichkeit

Brasiliens Schwulenszene prä­sentiert sich anders als zum Beispiel jene in San Francisco oder gar in Deutschland. Gays fallen viel mehr auf, haben ihre Kneipen, Discos, Strände, Zeit­schriften. Der Terror gegen Schwule existiert indessen wei­ter, scheint sogar stark zuzuneh­men. Motts Grupo Gay do Bahia hat deshalb ein “Über­le­benshandbuch” publi­ziert, das zahl­reiche praktische Tips zur Selbstverteidigung gibt. Mott hat das Handbuch in Brasi­lia, Belo Horizonte, Curitiba und Recife vorgestellt. In jeder Stadt gab er die Namen der dort in den letzten Jahren ermordeten Schwulen be­kannt. Die meisten Verbrechen ereigneten sich aber in Rio de Janeiro, Sâo Paulo und Salvador da Bahia.

Umfragen und Machismus

Daß Schwule diskriminiert werden, zeigen neue repräsenta­tive Umfragen: So würden 36 Pro­zent der BrasilianerInnen ei­nem Homosexuellen selbst dann nicht eine Arbeit geben, wenn er der bestqualifizierte Bewerber wäre. JedeR Fünfte würde sich von einem homosexuellen Kol­legen bewußt fernhalten, 56 Pro­zent würden zumindest ihr Ver­halten ändern. 79 Prozent, im Nordosten sogar 87 Prozent, ak­zeptierten auf gar keinen Fall, daß ihr Sohn mit einem Ho­mosexuellen ausginge. Und 62 Prozent meinen, daß Eltern die Änderung der homosexuellen Orientierung ihrer Söhne er­zwingen müßten.

Politisches Asyl für Schwule

Gay-Menschenrechtsgruppen in San Francisco prangern seit Jahren die Zustände in Brasilen an. 1993 gewährten die USA erstmals einem brasilianischen Schwulen politisches Asyl. Der Begünstigte heißt Marcelo Teno­rio, Luiz Mott trat in dem Asyl­verfahren als Zeuge auf und wurde dafür zuhause in den Me­dien niedergemacht. Das Asyl, hieß es, basiere auf einer Lüge über Brasilien; Schwule würden nicht systematisch getötet. In den letzten Wochen erhielten zwei weitere Homosexuelle Asylsta­tus, wollen aber anonym blei­ben, aus Angst, daß Familienan­ge­hö­ri­ge in Brasilien Repressa­lien er­lei­den könnten. Eine un­bekannte Zahl brasilianischer Homo­sexu­el­ler lebt illegal in den USA. Mög­licherweise werden jetzt wei­tere einen Asylantrag stellen.

KASTEN

Staatstrauer für Ex-Diktator

Nach dem Tod des Ex-Generalpräsidenten Ernesto Geisel im Sep­tember 1996 ordnete Fernando Henrique Cardoso per Dekret acht Tage Staatstrauer an. Geisel war von 1974 bis 1979 der dritte Generalpräsident der brasilianischen Militärdiktatur (1964-1985). Geisel war bereits zur Amtseinführung von Cardoso gela­den worden. 1995 traf sich der Präsident mit dem EX-Diktator und wollte dies ausdrücklich als “Würdigung” verstanden wissen.
Die Homenagem weckte in der Tat Aufmerksamkeit. Denn bei Gei­sel und seinem ebenfalls im Regimeapparat dienenden Bruder Or­lando handelte es sich um Vertreter der “harten Linie”, die kei­nes­wegs nur militante Diktaturgegner rücksichtslos verfolgen, fol­tern und ermorden ließen. Dies hat gerade ein wichtiger Zeit­zeuge bestätigt: Reserveoberst Jarbas Passarinho, Mitautor der berüchtigten Ausnahmegesetze von 1968 und Minister unter drei Dik­taturgenerälen, sagte im brasilianischen Fersehen, daß ein Groß­teil der Greueltaten an Linken in Geisels Regierungszeit be­gangen worden seien. Die Medien pflegten dagegen stets dessen Amts­vorgänger Emilio Garrastazzu Medici die Verantwortung für die größten Schlechtigkeiten des Militärregimes aufzubürden.

Hintergrund von 2001:

 

„Unerklärter Bürgerkrieg“ in Brasilien
Über 40000 Morde jährlich/Zunahme von Attentaten

 

Im Kontext der jüngsten internationalen Konflikte weisen brasillianische Experten immer nachdrücklicher darauf hin, welche hohen Menschenopfer der sogenannte „unerklärte Bürgerkrieg“ in Brasilien kostet. Wie die Universitätsprofessor und Politik-Berater Gaudencio Torquato jetzt  in einer Analyse mit dem Titel „Wir und Afghanistan“ betonte, werden aus politischen und kriminellen Motiven selbst laut den geschönten offiziellen Angaben jährlich rund 40000 Menschen ermordet.

 

     Hätte  Deutschland, mit einer etwa halb so großen Bevölkerung, diese Rate, wären es pro Jahr etwa 20000 Getötete. Tatsächlich waren es im Jahr 2000 laut BKA-Angaben nur 1015.

 

Torquato zählte zu den Gründen der hohen Opferzahlen, daß die zehntgrößte Wirtschaftsnation anders als Afghanistan zwar sämtliche Hochtechnologie der letzten Generation nutze, die soziale Polarisierung zwischen den Privilegierten und den armen Schichten sich jedoch weiter verschärft habe. Die hohe Gewaltrate habe dazu geführt, daß nachbarschaftliches Zusammenleben immer weniger gepflegt werde, die brasilianische Gesellschaft sich von der menschlichen Solidarität verabschiede. Gängige Reaktion angesichts der täglichen Morde sei leider nur:“Gut, daß es mir nicht passiert ist.“

 

Derartige Verfallsprozesse resultieren laut Torquato aus einer „politisch-institutionellen Kultur“, die sich mit den alltäglichen Skandalen um hohe Volksvertreter und den Fällen von Regierungskorruption weiter degradiere. 

 

Brasilianischer Menschenrechtsaktivist
“Generation eiskalter Killer“ wächst heran

 

Brasilien züchtet nach den Worten des angesehenen Menschenrechtsaktivisten Eduardo Capobianco „eine Generation eiskalter Killer“heran.“Sie töten einen Menschen mit der selben Leichtigkeit, mit der sie eine Coca-Cola trinken“, sagte er im Dezember während der Auszeichnung mit einem Bürgerrechtler-Preis in Sao Paulo. Capobianco, Präsident von zwei regierungsunabhängigen Institutionen, die das organisierte Verbrechen sowie die tiefverwurzelte Korruption in Politik und Wirtschaft bekämpfen, hatte erst Anfang Dezember in der City der 17-Millionen-Stadt ein Attentat überlebt. „Brasilien hat gravierende soziale Ungleichheiten und eine kapitalistische Kultur, die auf dem Konsum basiert, Städte des Konsumismus wie Sao Paulo. Das stimuliert letztlich Gewalt – Armut allein ist dafür nicht verantwortlich zu machen.“ In entwickelten Ländern wie Japan entfalle statistisch pro Jahr ein Mord auf hunderttausend Einwohner – in einer Stadt wie Sao Paulo seien es dagegen gemäß offiziellen Zahlen immerhin fünfzig. Indessen gebe es bereits leichte Fortschritte bei der Verbrechensbekämpfung, die Arbeit seiner beiden Institutionen mißfalle der Gegenseite sehr und habe das Attentat bewirkt.

 

Capobianco überlebte den Anschlag nur, weil er eine Mappe mit Büchern vor die Herzgegend hielt, Kugeln darin steckenblieben bzw. nur seine Beine trafen. Weder die Polizei noch er selbst haben einen Hinweis auf die Täter und deren Hintermänner.

 

In den letzten drei Monaten kam es in Brasilien zu einer Attentatsserie, bei der mehrere Gewerkschaftsführer, ein progressiver Großstadtbürgermeister sowie Umweltaktivisten getötet wurden, Bombenanschläge forderten glücklicherweise keine Opfer. Eine bislang unbekannte rechtsextreme Organisation schickte Morddrohungen an 37 Bürgermeister der linkssozialdemokratischen Arbeiterpartei PT im Industrie- Teilstaat Sao Paulo, dessen Bruttosozialprodukt das von ganz  Argentinien übertrifft. 

 

Systematische Folterungen weiter alltäglich – trotz Anti-Folter-Gesetz
Menschenrechtler skeptisch über  offizielle PR-Kampagne

 

Der Dreißig-Sekunden-TV-Spot ist gut gemacht, drastisch-realistisch: Ein Mann, halbnackt, blutend, gefesselt, wird von einem Sadisten gequält, mit dem Kopf immer wieder in einen Wassertank getaucht, soll Informationen preisgeben, ein Geständnis ablegen. Ein Dritter sieht die Szene, rennt zum Telefon, wählt die neue Gratis-Nummer von „SOS Tortura“, erstattet anonym Anzeige. Jeder sollte ab sofort genauso handeln, lautet der Appell an die Fernsehzuschauer – „denn Folter ist ein Verbrechen!“ Daß Brasiliens Staatspräsident Fernando Henrique Cardoso, Ehrendoktor der FU Berlin, jetzt auch in Rundfunk und Presse eine solche Medienkampagne starten ließ, einmalig in der Geschichte Brasilien, könnte die Menschenrechtler des In-und Auslands optimistisch stimmen. Doch Skepsis überwiegt. Befürchtet wird, daß Brasilia damit lediglich  auf Imageverbesserung bei den Vereinten Nationen zielt. Deren Experte für Folterfälle, Nigel Rodley, hatte letztes Jahr nach einer Reise durch mehrere Teilstaaten die Zustände als erschreckend und eigentlich unbeschreiblich angeprangert. Nicht anders sieht es Amnesty International, stellte deshalb  in der 17-Millionen-Stadt São Paulo, Lateinamerikas führendem Wirtschaftszentrum, im Oktober kurz vor Kampagnebeginn der brasilianischen Öffentlichkeit den neuesten Bericht über Folter und Mißhandlungen vor. Tatverdächtige, Festgenommene, Untersuchungshäftlinge und Strafgefangene systematisch Torturen zu unterwerfen, auch von völlig Unschuldigen Geständnisse unter Folter zu erpressen, gehört danach weiterhin zur  Alltagsroutine im Apparat der Militär-und Zivilpolizei. Laut Patrick Kopischke, Brasilien-Experte von Amnesty International, hat der starke politische Druck, die überbordende Kriminalität zu bekämpfen, dazu geführt, daß Folter andere Ermittlungsmethoden ersetzt. Allein in São Paulo, wo über eintausend deutsche Unternehmen, von VW bis Daimler-Benz, ansässig sind, werden laut offiziellen Angaben monatlich über 440 Menschen ermordet. Zum üblichen Nachrichtenangebot der  Radio-und TV-Stationen gehören die unaufhörlichen Gefangenenrevolten in den mit fast 100000 Insassen völlig überfüllten Polizeiwachen, Haftanstalten und provisorischen Gefängnissen der Metropole. Pro Monat werden rund eintausend weitere mutmaßliche oder tatsächliche Straftäter in teils fensterlose Zellen gepreßt, wo bereits bis zu 168 Männer auf einem Raum zusammenhocken müssen, der eigentlich nur für höchstens dreißig gedacht war. Wegen der schlechten Luft, der unhygienischen Zustände, des ständigen Fäkaliengeruchs und des damit verbundenen psychischen Drucks sind Aufstände die logische Folge – niedergeschlagen werden sie mit äußerster Brutalität, gibt es fast immer Tote. „Man greift auf Folter und Mißhandlungen zurück, um ein katastrophales Gefängnissystem unter Kontrolle zu halten“, betont deshalb Kopischke, grundlegende Reformen seien nötig, nicht nur kosmetische Verschönerungen. Aktivisten von Amnesty und anderen Menschenrechtsgruppen Brasiliens empört zudem  besonders, daß das auf ihren Druck hin erlassene Anti-Folter-Gesetz von 1997 an den Zuständen kaum etwas änderte, Täter gewöhnlich straffrei ausgehen, selbst aus der Diktaturzeit berüchtigte Folterer weiter im Dienst sind. Gemäß neuen UNO-Angaben verzeichnet der Teilstaat Minas Gerais die meisten bekanntgewordenen Folterfälle, ist die Polizeibrutalität traditionell besonders hoch. Dies gilt als Erbe des Militärregimes(1964-1985), als Fachleute der CIA gemäß Angaben von Zeitzeugen  den Militär-und Zivilpolizisten in Kursen auch Foltertechniken beibrachten. „Heute noch sind es die gleichen“, so der renommierte Menschenrechtsanwalt Antonio Aurelio, „vor allem Elektroschocks, Aufhängen kopfunter an einer Stange, Eintauchen in Wassertanks, Schläge auf beide Ohren, Erstickungsanfälle mittels über den Kopf gestülpten Plastiksäcken“. Im Juni letzten Jahres wurden in einer Polizeiwache São Paulos etwa zweihundert Gefangene, einer nach dem anderen, völlig unbekleidet,  mit Elektroschocks gepeinigt. Bei weiteren Mißhandlungen starb ein Insasse, dreißig weitere erlitten teils schwere Verletzungen. Die beteiligten Polizeikommissare sind weiterhin im Dienst.  Beim Interview  mit dem Polizeichef einer nordostbrasilianischen Stadt fand dieser nichts dabei, den an den landesüblichen Elektroschock-Apparaturen verwendeten Regler sichtbar  auf seinem Schreibtisch liegen zu lassen.

 

Über 40000 brasilianische Kinder arbeiten auf stinkenden Müllbergen
Unicef und NGO entwickeln Alternativprojekte

 

 Im Kriechgang, fast mit Vollgas, arbeitet sich der Müll-LKW in Serpentinen fast bis zur Haldenspitze vor, kippt dort, an der Peripherie der 17-Millionen-Stadt São Paulo, bei 35, 40  Grad Tropenhitze stinkende Abfälle aller Art ab. Auf diesen Moment haben Schwärme von Schmeißfliegen, aber auch Dutzende von Kindern und Jugendlichen nur gewartet. Mit Säcken über der Schulter stürzen sie sich auf  die Ladung, sinken bis zu den Knien ein, wühlen neben schwarzen Aasgeiern nach Essensresten, Glas-und Plastikflaschen, Papier und Getränkebüchsen aus Aluminium. Alles wird getrennt, sortiert, ein Stück entfernt bei  anderen Familienmitgliedern angehäuft, Alu-Büchsen tritt man mit dem Fuß platt. Metallfirmen oder Papier-und Textilfabriken nehmen alles für lächerlich geringe Preise ab – jedes dreckverschmierte, oft von Hautkrankheiten gezeichnete Müll-Kind kommt pro Tag höchstens auf umgerechnet vier, fünf Mark – überlebenswichtig für die Familien an der Slum-Peripherie von Lateinamerikas reichster Stadt und Wirtschaftslokomotive, aber auch von Rio de Janeiro, Salvador da Bahia oder Recife. In ganz Brasilien sind es über vierzigtausend „Crianças do Lixo“, Müll-Kinder – die nie zur Schule gehen, oder es aufgaben, weil man sie lächerlich machte, diskriminierte. Vor ein, zwei Jahren waren es indessen noch über dreizehntausend mehr – bevor das UN-Kinderhilfswerk Unicef  und die regierungsunabhängige Organisation „Agua e Vida“(Wasser und Leben) Projekte starteten, Druck auf den Staat, lokale Behörden ausübten, um diese schändliche Form der Kinderarbeit zu bekämpfen.

 

Hautkrankheiten, Cholera

 

Daß Minderjährige in einem Land, das zu den zehn größten Wirtschaftsnationen gehört, den ganzen Tag im Müll waten müssen, anstatt zu spielen und zu lernen, nennt Afonso Lima, Unicef-Mitarbeiter in São Paulo, einfach entsetzlich, unmenschlich. Die Regierung hat zudem internationale Konventionen, darunter gegen Kinderarbeit unterzeichnet, die derartiges eigentlich verbieten. „Weil die meisten Kliniken  ihre sämtlichen Abfälle unsortiert und unbehandelt ebenfalls auf die Halde kippen, können sich die Kinder sogar gefährliche Krankheiten holen, finden Spritzennadeln, Chemikalien aller Art.“ Für seine Kollegin Paula Claycomb aus den USA fehlt es auch an politischem Willen. „Die brasilianische Gesellschaft muß endlich verstehen, daß stinkende Abfallhalden nicht der richtige Ort für Kinder sind.“ Dabei wurde bereits eine Menge erreicht: Unicef und die NGO „Agua e Vida“ brachten in geduldiger Überzeugungsarbeit Gouverneure und viele Gemeinden dazu, Mittel für die Gründung von Müll-Recycling-Kooperativen freizugeben, sogar Gebäude bereitzustellen. Der Vorteil: Wiederverwertbares wird bereits an Wohngebäuden, Supermärkten, Bürohäusern aussortiert – und nicht erst,  mit organischen Abfällen verschmutzt, auf der Halde. Resultat: Das Familieneinkommen steigt, die Kinder brauchen nicht mehr mitzuarbeiten, gehen stattdessen zur Schule. Eine geringe staatliche Hilfe von  monatlich umgerechnet über zehn Mark pro Kind wird auch an viele andere verelendete Familien nur gezahlt, wenn sie ihre Kinder kontinuierlich in die Schule schicken. „Und das funktioniert“, bekräftigt die NGO-Koordinatorin Teia Magalhaes in São Paulo. „Nur ist es leider oft so: Wir holen eine Familie aus dem Müll, doch andere treten sofort an deren Stelle – Folge der Misere in Brasilien.“ Da die Cholera im Lande längst nicht ausgerottet ist, man sich gerade auf den riesigen Abfallbergen leicht anstecken kann, verbreitet Teia Magalhaes auch ein entsprechendes Aufklärungs-Video, organisiert zusammen mit Präfekturen Musik-und Tanzkurse, um frühere „Crianças do Lixo“ in der Schule zu halten, an Kultur heranzuführen.

 

Banker und Müllsammler

 

Auch über  Lateinamerikas Wallstreet, die Banken-Avenida Paulista, zerren täglich ungezählte schwitzende, zerlumpte Catadores do Lixo, Müllsammler, ihre hölzernen Karren, hochbeladen mit Verpackungen und anderem Material. Eigentlich sollten  die Catadores allen Respekt verdienen: Nur ihnen ist es zu verdanken, daß immerhin achtzig Prozent der Aluminium-Getränkebüchsen, siebzig Prozent der Pappe und  dreißig Prozent der Flaschen recycelt werden. Nur hier und da trifft man bereits auf jene Hausmüll-Container wie in Deutschland – ausgerechnet in einem Drittweltland wie Brasilien ist Ressourcenverschwendung weiterhin die Regel. Was vergeudet wird, ob Nahrungsmittel, Strom oder Wasser, hat laut neuesten Studien immerhin einen Wert von jährlich umgerechnet über einhundert Milliarden Mark. Besonders provozierend in einem Land mit ernsten Hungerproblemen: Was São Paulos Supermärkte an Lebensmitteln wegwerfen, reichte wertmäßig bequem aus, um monatlich 600000 Slum-Familien mit Grundnahrungsmitteln zu versorgen.

 

Padre Julio Lancelotti kämpft gegen Folter an Kindern und Jugendlichen
Hohes Lebensrisiko, Morddrohungen, tätliche Angriffe
Auch von Unicef wegen Engagements für Kinderrechte ausgezeichnet

 

„Erstmals konnten wir jetzt achtzehn Aufseher, sogar drei Direktoren, wegen Folter vor Gericht bringen“, sagt Padre Julio Lancelotti im Büro des von ihm geleiteten „Zentrums zur Verteidigung von Kindern und Jugendlichen“ der Millionenstadt São Paulo. Aber Freude, Zufriedenheit über diesen kleinen Sieg ist ihm nicht anzumerken. Denn auf einen Schlag hat er damit noch mehr erbitterte Feinde unter den Mitarbeitern der gefängnisähnlichen Anstalten für straffällig gewordene Minderjährige(Febem). Von den letzten Attacken hat er sich noch nicht erholt: Als in einer Febem-Einheit wiederum Jugendliche gegen Mißhandlungen, Überfüllung rebellierten, fuhr er sofort hin – eine Gruppe von Febem-Angestellten schlug ihm Zähne aus, trat auf ihn ein, zerbrach die Brille. Militärpolizisten schauten bewußt eine ganze Weile zu, griffen erst spät ein. „Sogar  das Kreuz, das ich um den Hals trug, ein Geschenk aus Osnabrück, wurde mir abgerissen – hier ist die Situation eben längst außer Kontrolle.“ Lancelotti, der auch ein Heim für Aids-infizierte Kinder führt,  erhält regelmäßig Morddrohungen – andere Pfarrer São Paulos haben ihr Engagement für Menschenrechte bereits mit dem Leben bezahlt – in Brasilien kommt es täglich zu politischen Morden, Attentaten.  Theoretisch können er und seine Anwälte sich auf das Anti-Folter-Gesetz, das Statut zum Schutze der Heranwachsenden berufen. „In Brasilien dominiert aber leider Straflosigkeit, Folterer bleiben gewöhnlich ungeschoren, werden nicht einmal entlassen, sind durch die Autoritäten geschützt.“

 

„Kultur der Folter“

 

Daß die Gesetze nicht funktionieren, erklärt Lancelotti mit für manchen Europäer sicher  überraschenden Gründen:“In diesem Land existiert die Sklavenhalterkultur, auch eine Kultur der Folter weiter – ein Großteil der Brasilianer befürwortet Torturen, die Todesstrafe, die Herabsenkung des Strafmündigkeitsalters auf sechzehn, teils sogar vierzehn Jahre.“ Im Teilstaate São Paulo, dem reichsten ganz Brasiliens, mit weit über eintausend deutschen Unternehmen, sind in den Febem-Anstalten derzeit mehr als viertausend Heranwachsende konzentriert, täglich kommen etwa dreißig hinzu. Wo eigentlich gemäß den Vorschriften nur Platz für sechzig Minderjährige ist, werden in Zellen bis zu vierhundert zusammengepfercht, sind gewöhnlich völlig sich selbst überlassen. „Als letztes Jahr der UNO-Sonderberichterstatter für Folter, Nigel Rodley, hier war, erklärte man ihm allen Ernstes, Jugendliche hätten sich Verletzungen selber beigebracht, im Streit miteinander.“ Der Padre, die eng mit ihm kooperierende Anwältin Francisca de Assis Soares, wissen von solchen Fällen, auch von sexueller Gewalt unter den Jugendlichen. Doch das sind Ausnahmen. Die Struktur dieser Anstalten ziele auf  Unterdrückung, Entwürdigung, Verrohung – „über viele besonders sadistische Folterungen“, so Lancelotti“,  reden wir öffentlich gar nicht mehr, weil es uns ja doch keiner glaubt.“ In einer Febem-Anstalt hatte man allen Ernstes Skinheads angestellt,  wegen ihrer Aggressivität von den Minderjährigen  nur „Pitbulls“ genannt.

 

Sadismus der Aufseher

 

 Bekommen Lancelotti und sein Team Wind von Mißhandlungen, fahren alle sofort los, um gerichtsverwertbare Beweise zu sammeln, Torturen zu unterbrechen. „In einer Anstalt trafen wir auf über vierzig gefolterte Jugendliche – mit schweren Verletzungen, gebrochenen Armen und Beinen!“ Rebellieren Insassen einer Febem-Einheit, toben sich bei der Niederschlagung Aufseher, herbeigerufene Polizisten sadistisch aus.“Jugendliche mußten tagelang nackt hintereinander aufgereiht und aneinandergepreßt auf dem Boden hocken, das Geschlechtsteil am Gesäß des Vordermanns, durften nur in Plastikflaschen urinieren, die man dann über ihnen ausschüttete. Scharfe Hunde wurden rudelweise zwischen die Insassen gehetzt – wer deshalb aufstand, erhielt sofort Schläge. Und selbst das – Wärter zwingen Jugendliche, auf andere Insassen zu urinieren. Alles Folterpraktiken, tief entwürdigend!“

 

Aber könnte die Mitte-Rechts-Regierung unter  Staatspräsident Fernando Henrique Cardoso, Bewohner São Paulos, Ehrendoktor der Freien Universität Berlin, diese Zustände nicht ändern? „Brasilien ist nur eine formale Demokratie“, analysiert Lancelotti, „die Politiker in Brasilia leben wie auf einem anderen Planeten, fern der Realität, wollen von diesen Dingen nichts wissen – Zugang zu Präsident Cardoso haben wir nicht.“ Bestenfalls mit Galgenhumor registriert der Padre, welches Prestige Cardoso gerade in Europa, auch in  Deutschland genießt:“Der Präsident führt sich wie ein Prinz auf, erhält überall Doktortitel. Aber wenn man in europäischen Zeitungen oder in der Genfer UN-Menschenrechtskommission über diese Zustände hier spricht – das mag er, seine Regierung, garnicht.“

 

Lancelotti räumt ein, daß ihn die Menschenrechtsarbeit zugunsten der Minderjährigen Brasiliens streßt, psychisch ermüdet. „Der Haß auf uns ist groß, wir werden verfolgt, lächerlich gemacht, sind nur wenige – und die Folter nimmt zu!“ Mit seiner Wochenkolumne in einer Tageszeitung São Paulos erreicht er wenigstens einen Teil der Öffentlichkeit. Und ein bißchen Mut macht, daß ihn das UN-Kinderhilfswerk Unicef im neuesten Jahresbericht ausdrücklich als Anwalt der Heranwachsenden Brasiliens hervorhebt.

Brasiliens Gefangenenseelsorge – der deutsche Pastor Wolfgang Lauer.

Samstag, 10. Dezember 2011 von Klaus Hart   **

http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/religionen/1624771/

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http://brueckenbauer.blogspot.com/2011_05_01_archive.html

Brasiliens ungesühntes Carandirú-Massaker an Häftlingen in Sao Paulo: Ökumenischer Gedenkgottesdienst der katholischen Gefangenenseelsorge. “Die Massaker und Blutbäder gehen weiter.” Menschenrechtspriester Valdir Joao Silveira, Leiter der nationalen Gefangenenseelsorge Brasiliens, vehementer Kritiker von Folter und anderen gravierenden Menschenrechtsverletzungen unter Lula-Rousseff. Ferrez – Notizen von der Stadtkriegsfront. **

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O ATO DO DIA 02 DE OUTUBRO: “CARANDIRU 20 ANOS: NUNCA MAIS?”

http://www.hart-brasilientexte.de/2009/10/02/carandiru-brasilien-erinnert-sich-an-grostes-massaker-der-weltgeschichte-an-haftlingen-ich-sah-den-holocaust-30-laut-umfragen-fur-polizeieinsatz-von-sao-paulo-80-der-getoteten-waren-nicht-v/

Lulas Menschenrechtsbilanz zweier Amtszeiten hat die politische Glaubwürdigkeit seiner Regierung in europäischen Ländern offenbar sehr stark erhöht. 

Leonardo Boff 2010 :“Lula machte die größte Revolution der sozialen Ökologie des Planeten, eine Revolution für die Bildung, ethische Politik.“ 

http://www.bundestag.de/dasparlament/2010/12/Beilage/006.html

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Überlebender von Carandirú.

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/09/30/brasilien-katholische-gefangenenseelsorge-und-menschenrechtsorganisationen-gedenken-des-haftlingsmassakers-von-carandiru-vor-19-jahren-totung-von-mindestens-111-gefangenen-nach-wie-vor-ungesuhnt/

“Brasilien ist eine Industriemacht, die achtgrößte Wirtschaftsnation der Welt, modern und fortschrittlich.”

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Padre Valdir Joao Silveira erläutert gegenüber den nationalen TV-Sendern die weiterhin gravierende Situation in den brasilianischen Gefängnissen.

“O massacre não terminou e continua em nossas periferias com chacinas de população de rua e pessoas pobres. Com o ato de hoje, queremos dar início a uma grande discussão, durante todo o ano, até completar os 20 anos do massacre, sobre a segurança que temos e a segurança que queremos.”

“Die Anti-Folter-Konvention wird nicht eingehalten – was tut denn die UNO, damit die Konvention in der Dritten Welt respektiert wird?” Gefangenenpriester Günther Zgubic aus Österreich.

http://www.hart-brasilientexte.de/2009/12/12/folter-ohne-ende-tortura-sem-fim-brasiliens-soziologiezeitschrift-sociologia-uber-folter-unter-der-lula-regierung/

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“Movimento Maes de Maio” – Mütter von Ermordeten erinnern an die Blutbäder des Mai 2006.

http://maesdemaio.blogspot.com/2011/10/repercussoes-do-ato-carandiru-19-anos.html

http://www.hart-brasilientexte.de/2009/09/19/andrea-beltrao-neuer-film-salve-geral-fur-oscar-2010-nominiert-sorgen-um-gewaltimage-brasiliens-streifen-zeigt-gewaltausbruch-von-2006-in-sao-paulo-ferrez/

Trailer des Carandirú-Films nach dem Buch von Drauzio Varella – anklicken:

http://www.youtube.com/watch?v=ZlTPEmjyyvI

http://www.youtube.com/watch?v=ZlTPEmjyyvI

(gesamter Film bei YouTube abrufbar)

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Poet über Rassismus, die Lage in den Elendsvierteln Brasiliens.

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/10/01/parabens-dom-paulo-evaristo-arns4-engste-mitstreiter-pflanzen-fur-ihn-vor-dem-franziskanerkloster-sao-paulos-einen-baum-viva-dom-paulo/

1985 pfeifen Brasiliens rechtsgerichtete Machteliten die Militärs nach 21 Diktaturjahren zurück in die Kasernen – Carandiru wird zur Hölle erst in der „Demokratie”. Sao Paulos regimekritischer Kardinal Evaristo Arns ist Augenzeuge:”Über fünfzig Aidskranke im Endstadium liegen auf dem Boden und spucken Blut – schier unbeschreibliche Zustände!”

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Sprecher zahlreicher Menschenrechtsgruppen vergleichen Diktaturgewalt mit heutigen Menschenrechtsverletzungen, darunter Folter und Blutbädern.

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/03/18/haftlinge-wurden-in-stucke-gehackt-anderen-wurde-das-herz-herausgerissen-zerstuckelte-gefangene-wurden-in-abfallkubeln-gefunden-padre-xavier-paolillo-leiter-der-gefangenenseelsorge-im-brasilia/

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http://www.hart-brasilientexte.de/2011/10/10/evangelischer-pastor-wolfgang-lauer-gefangenenseelsorger-in-brasilien-ob-die-haftlinge-lutheraner-sind-christen-oder-nicht-ist-fur-mich-total-unwichtig/

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/10/11/offizielle-deutsch-brasilianische-beziehungen-der-mutige-evangelische-gefangnispastor-wolfgang-lauer-gravierende-menschenrechtsverletzungen-in-brasilienes-sind-einfach-die-okonomischen-die-polit/

Deutscher evangelischer Pastor Wolfgang Lauer, Gefangenenseelsorger in Sao Paulo.

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/02/08/erste-gefangenenrebellion-unter-dilma-rousseff-mindestens-funf-tote-aufstand-wieder-in-maranhao-herrschaftsgebiet-des-politischen-bundnispartners-jose-sarney-schweizer-jean-ziegler-in-maranhao/

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http://www.hart-brasilientexte.de/2010/11/11/brasiliens-gefangnisse-unter-lula-in-manaus-haftanstalt-schauplatz-des-jungsten-aufstands-achtmal-mehr-gefangene-eingepfercht-als-erlaubt-betonen-landesmedien/

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Aus gebrochenen, undichten Rohren fließen Abwässer, Scheiße und Urin über den Zellenboden, bei Sommerhitze bis über fünfzig Grad werden Gefangene von dem Gestank ohnmächtig, oder schier verrückt, rebellieren, attackieren die eigenen Zellennachbarn. „Für mich sind solche Knäste Konzentrationslager”, sagte der in Sao Paulo lebende Menschenrechtsaktivist und Gefangenenseelsorger Günther Zgubic aus Österreich – er schreibt UNO-Dossiers, kaum einer kennt Carandiru besser. (Hintergrundtext)

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/11/12/die-folter-in-polizeiwachen-hat-in-ganz-brasilien-stark-zugenommen-gefangenenpriester-valdir-joao-silveira-die-anti-folter-konvention-wird-nicht-eingehalten-was-tut-denn-die-uno-damit-die-k/

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http://www.hart-brasilientexte.de/2009/12/14/nach-wie-vor-hemmungslose-aktionen-der-todesschwadronen-institutionalisierte-barbarei-lulas-menschenrechtsminister-paulo-vannuchi-raumt-gegen-ende-der-zweiten-amtszeit-erneut-fortbestehen-der-b/

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/09/21/brasiliens-menschenrechtspriester-julio-lancelotti-prasentiert-projekt-das-mutmaslich-straffalligen-jugendlichen-der-unterschicht-die-notige-juristische-verteidigung-garantieren-soll-um-willkurfalle/

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http://www.hart-brasilientexte.de/2010/03/17/in-den-brasilianischen-gefangnissen-sind-die-opfer-des-politisch-wirtschaftlichen-systems-eingekerkert-anwalt-bruno-alves-de-souza-29-prasident-des-menschenrechtsrates-im-teilstaat-espirito-san/

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Hintergrund – Ferrez – Notizen von der Stadtkriegsfront:

2007 Gast des Berliner Literaturfestivals
Der Irak und der Libanon sind täglich wegen der vielen unschuldigen Gewaltopfer in den Schlagzeilen – Brasilien nicht. Obwohl gemäß brasilianischen Erhebungen in dem Tropenland jährlich weit mehr Menschen umkommen als im Irakkrieg und die Folter alltäglich ist.

http://www.hart-brasilientexte.de/2008/10/10/taglich-ausergerichtliche-exekutionen-in-brasilien-menschenrechts-minister-paulo-vannuchi/

Ferrez, mit bürgerlichem Namen Reginaldo Ferreira da Silva, wurde unfreiwillig zum Frontberichterstatter im brasilianischen Stadtkrieg, weil er als einziger Romanautor an der von extremer Gewalt geprägten Slumperipherie der Megacity Sao Paulo lebt. Ferrez, dessen Bücher bei einem angesehenen brasilianischen Verlag erscheinen, bereits ins Französische, Spanische und Italienische übersetzt wurden, erhält wegen seines literarischen und politischen Engagements  Morddrohungen, ist in Lebensgefahr.In den Slums ist Bücherlesen Luxus, die meisten Bewohner sind zudem funktionelle Analphabeten. Ferrèz wurde deshalb auch zum Rapper, ist in den Ghettos dadurch bekannter als durch seine Bücher.
Vom Goetheinstitut Sao Paulos bis zum Slumviertel Capao Redondo sind es mit den entsetzlich lauten, überfüllten Vorstadtbussen etwa drei Stunden. Aber wer in Brasilien nicht Bus fährt, sagt ein bekannter Schriftsteller, weiß nichts vom wirklichen Leben. In Capao Redondo hausen eine Million Menschen, darunter Ferrèz. 2006 führt das größte brasilianische Verbrechersyndikat PCC, Erstes Kommando der Hauptstadt, eine nicht endende Serie von Terroranschlägen gegen den Staat, erschießt an der Peripherie täglich Polizisten, Gefängniswärter und deren Angehörige – Ferrèz liefert als einziger fundierte Berichte von der Front: In seinen Büchern, seiner Zeitschrift, seinem Blog analysiert er Gewalt und Gegengewalt, die Rachefeldzüge der Polizei. Weit über sechshundert Tote werden gezählt, die meisten in Capao Redondo.
–”Krieg in den Slums, Panik in den Nobelvierteln”
Wir reden am Kaffeestand, im Krach einer vollen Bäckerei miteinander, hier fühlt sich Ferrèz sicher. ”Für mich ist das hier schon immer wie im Krieg. Doch die Eliten haben es erst jetzt, in diesen Tagen, wegen der Attentatswelle gespürt. Da haben sie in ihren Nobelvierteln die Panik gekriegt, sich verbarrikadiert und versteckt. Nur –  so leben wir doch schon jahrelang. Durch Morde habe ich über zwanzig meiner Freunde verloren, das ist normal hier. Man tötet wahllos, wegen Banalitäten. Als ich mal in Spanien war, redeten die Leute, die Medien drei Wochen von einer ertrunkenen Frau. Ich dachte anfangs, ertrinkt hier jeden Tag eine? Bis ich mitbekam, es ist immer die selbe. Dort schockt die Leute noch der Tod. Hier redet man nicht mal mehr von den Toten, weil es zu viele sind. Wenn ich auf der Straße gehe, den Falschen treffe, killt der mich. Und wenn ich mal mit einem Verkäufer diskutieren würde, wäre möglich, daß der den Revolver zieht und mich erschießt, obwohl du neben mir stehst. Kürzlich rede ich mit vier Bekannten auf der Straße. Als ich gerade weg bin, kommt ein Killerkommando, erschießt die vier. Wäre ich noch da gewesen, hätten sie mich mit erschossen. Dazu kann man doch nicht schweigen. Capao Redondo –  das ist wie ein Extra-Land, es ist dieses Brasilien, das in Deutschland und anderswo gewöhnlich nicht wahrgenommen wird. Dort denkt man bei Brasilien meist nur an Exotismus, Mulattinnen, Tropenwälder. Das hier ist völlig anders.” Ferrèz erwähnt in seinen Büchern die in Brasilien übliche Lynchjustiz, die nur zu oft Unschuldige trifft. Und auch die in den Favelas übliche Abtreibung mittels Medikamenten. Frauen legen die toten Föten nicht selten gleich auf der Straße, auf dem Fußweg ab.
Als Ferrèz mit seinen Blog-Frontberichten beginnt, stellen Brasiliens Medien die Sache noch so dar, als ob die Polizei lediglich auf die PCC-Attacken reagiert, die gefährlichsten Verbrecher bekämpft. Doch Ferrèz beobachtet, daß es meistens Unschuldige trifft, damit Haß und Gewalt in der Gesellschaft weiter geschürt werden. ”Ich mache den Versuch, der herrschenden Elitemeinung etwas entgegenzustellen. Denn die Eliten stimulieren ja das Morden, die Vorurteile gegen Slumbewohner. Vierzig Prozent der Getöteten hier waren junge Pizza-Austräger, die nachts mit ihren Motorrädern zu den Kunden fahren. Die Polizei feuerte einfach auf Leute, die gerade auf der Straße waren. Niemand prangerte das an, niemand sprach darüber, das hat mich beeindruckt. Und ich sagte mir, dann muß ich es eben tun. Also habe ich den Mund aufgemacht, und das hatte Wirkung. Die Polizei wurde angewiesen, vorsichtiger, weniger brutal vorzugehen. Man sagte den Beamten, Vorsicht, da gibt es jetzt welche, die darüber berichten. Doch mich bedrohen sie mit Mord.”
Ferrez, der früher Besenverkäufer und Bauhilfsarbeiter war, hat sich deshalb eine Weile versteckt, geht jetzt nachts nicht mehr aus dem Haus. Er wirkt fatalistisch, ohne Angst vor dem Tod. ”Ich lebe mit Mord und Tod seit meiner Kindheit. Als ich acht war, sagte mein Vater, vor unserm Haus liegt ein Erschossener. Da bin ich hin und habe mir den genau angesehen. Unglücklicherweise haben wir uns hier an die Gewalt gewöhnt. Klar, ich hoffe, daß mir nichts passiert, aber ich mache mir um den Tod auch keine Sorgen. Denn ehrlich gesagt, ich habe doch alles erreicht, was ich wollte. Ich habe ein Buch geschrieben, das sich verkauft, ich habe meiner Mutter, meiner Frau ein besseres Leben schaffen können. Jetzt habe ich keine Träume mehr, ich bin hoffnungslos, weil sich diese Realität hier nicht bessert, nur alles schlechter wird im Viertel. Ich sehe keine Ehrlichkeit, keinen guten Willen bei den brasilianischen Politikern, den Eliten, nicht mal in unserm Volk. Schau den Leuten ins Gesicht, da siehst du Traurigkeit. Sie engagieren sich nicht, ergeben sich dem Zuckerrohrschnaps, sind mutlos. Hier laufen nur Körper rum, haufenweise, ohne Richtung, Orientierung. Da ist es schwierig, etwas zu erreichen. Gut, andererseits kämpfe ich ja jeden Tag. Tagsüber würde mir die Polizei nichts tun, da gäbe es zu viele Zeugen. Außerdem gibt es Polizisten, die sehen die Lage wie ich. Aber nachts gehe ich nicht raus, oder übernachte dort, wo ich grade bin.”
–Lula und die Slums”
In Deutschland denken viele, Staatschef Lula macht progressive Politik, auch für einen wie dich, für die Leute im Slum. Lula spricht doch jeden Tag von Riesenerfolgen?
„Die Lula-Regierung ist weniger schlecht als die vorangegangene, ist das kleinere Übel. Aber was hat sich denn seit Lulas Amtsantritt getan? Es gibt nicht mehr Arbeit. Daß sich für die Slumperipherie was verbesserte, ist einfach nicht wahr. Für die Unternehmer sieht die Sache natürlich ganz anders aus.”
Drei Viertel der 185 Millionen Brasilianer, so sagen neue Studien, sind nicht in der Lage, einen einfachen Zeitungs-oder Buchtext zu lesen und zu verstehen. Das vereinfacht die Manipulierung der Pflichtwähler kolossal, dient Neopopulisten wie dem Staatschef ungemein. (Wer nicht wählt, kriegt auch unter Lula keine Arbeit im öffentlichen Dienst, keinen Reisepaß etc.- wie wäre das in Deutschland?)
Aber wer sind dann die Leser von Ferrèz? Sein Buch „Capao Pecado” produzierte er selber, zog fünfzig Kopien, verteilte es unter Freunden und Bekannten des Viertels. Manche von denen arbeiten für die Mittel-und Oberschicht als Hausdiener, Wächter, zeigten es den Arbeitgebern. Manche bestellten „Capao Pecado” daraufhin bei Ferrèz, der die Bücher persönlich zu deren Villen brachte, sie dort den bewaffneten Wächtern übergab, die Besteller nicht zu Gesicht bekam.
”Ja, so lief es –  die Peripherie hat das Buch den Betuchten gezeigt, jetzt ist es bei einem Verlag in der fünften Auflage. Das System hatte für mich nichts vorgesehen, also habe ich mich auf meine Weise organisiert, mache meine Literatur. Als ich in einer Bäckerei arbeitete, habe ich nebenher was auf Zettel gekritzelt, daraus dann zuhause eine Geschichte montiert. Das lesen jetzt sogar Leute aus der Upperclass. Manche von denen sagen mir, Puta, du hast Recht, die Oberschicht ist idiotisch, die will sich nicht ändern. Dreihundert Familien besitzen achtzig Prozent allen Einkommens, allen Geldes “ wir kriegen nur den allerletzten Rest. Ja, unsere Eliten handeln selbstmörderisch, suchen sich in ihren Privilegiertenghettos abzuschotten, langfristig planen die ihren eigenen Tod. Das kann hier alles mal explodieren. Den Aufstand dieses Verbrechersyndikats, das sich immer besser in den Slums organisiert, konnten sie nicht verhindern “ auf einen Schlag hundert tote Polizisten, brennende Banken und Staatsgebäude. Morgen könnten sich viele das als Beispiel nehmen, es intelligenter anstellen, eine revolutionäre Organisation schaffen. Und wenn es dann losbricht, kann es keiner aufhalten. Dann werden die Eliten wieder mit Gewalt antworten. Die jungen Menschen hier haben doch keinerlei Perspektiven. Frag hier mal ein Kind, was willst du denn werden? Da lacht es dich aus, sagt, ich will nichts werden, wie sollte ich denn? Mein Bruder ist 18, kann nicht mal richtig lesen “ die öffentlichen Schulen formen doch nur funktionelle Analphabeten.”
–Rap, Chico Cesar, Arnaldo Antunes, Paulo Lins”
Daher ist Rap an der Peripherie wichtiger als das Buch, um die Bewohner zu erreichen. In Capao Redondo kennt man Ferrèz daher mehr wegen seiner Rap-Konzerte, der Rap-CD „Determinaçao”, auf der er mit Chico Cesar und Arnaldo Antunes zu hören ist . Beide suchten Kontakt zu Ferrèz, wollten von ihm Texte, wollten mit ihm auftreten.
Ferrèz ist inzwischen mit dem Schwarzen Paulo Lins aus Rio de Janeiro befreundet. Lins schrieb den Slum-Roman „Cidade de Deus”, Gottesstadt. Der wurde verfilmt “ war auch in Deutschland als „City of God” ein Erfolg, zeigte das andere Brasilien “ und auch die Lächerlichkeit so vieler Brasilienklischees von Traumstränden, Karneval und Lebenslust. Die Produzenten von „City of God” werden jetzt das neue Buch von Ferrèz verfilmen “ „Manual pratico do Odio”, praktische Anleitung zum Haß. „Das Leben ist hart an der Peripherie. Die Leute lieben und hassen in gleichem Maß.”

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2009 wird eine abschließende Universitätsstudie  über die PCC-Rebellion vom Mai 2006 veröffentlicht: Danach wurden zwischen dem 12. und 21. Mai 2006 im Teilstaat Sao Paulo 564 Menschen erschossen – 59 waren öffentliche Bedienstete, meist Polizisten, die restlichen 505 Zivilisten. 118 davon wurden bei Zusammenstößen mit der Polizei getötet, die weiteren bei summarischen Exekutionen, teils von Kapuzen-Männern verübt.

2 de outubro de 1992: uma pequena desavença entre presidiários do pavilhão 9 da Casa de Detenção do Carandiru se transforma em uma rebelião desprovida de viés reivindicativo ou de fuga. Apesar disso, o Governo estadual da época determinou a invasão da Casa de Detenção por centenas de policiais militares que exterminaram a sangue frio 111 pessoas desarmadas e desesperadas. Foi a maior chacina da história do sistema penitenciário brasileiro.

Passadas quase duas décadas dessa “página infeliz de nossa história”, os tijolos da Casa de Detenção foram deitados ao chão e, no seu lugar, foi erigido o sugestivo Parque da Juventude. Todavia, a construção de um parque para a juventude no lugar de uma unidade de aprisionamento da juventude não significou, infelizmente, qualquer mudança na política criminal do Estado: após todos esses anos, ninguém foi responsabilizado pelos 111 assassinatos!

Pior: ainda hoje, divisamos jovens, em regra pobres e negros, sendo perseguidos pelo aparato repressor estatal.      Quando conseguem driblar a morte, caem na vala imunda e cada vez mais superlotada do sistema carcerário (de 1992 para cá, a população prisional cresceu mais de 400% contra pouco mais de 27% de crescimento da população brasileira).

Diante desse quadro desafiador, movimentos e entidades da sociedade civil organizada e alguns órgãos públicos planejam uma grande articulação em torno do vintenário do massacre do Carandiru, com a pretensão de pautar diversas ações para promover a responsabilização do Poder Público e também para trazer ao debate público o tema da segurança pública e da cidadania.

Como pontapé inicial dessa articulação, promoveremos um ato em memória aos 19 anos do massacre. Será nesse domingo, dia 02.10.2011, A PARTIR DAS 15HS, NO PARQUE DA JUVENTUDE.

Assinam:

ACAT-BRASIL, AMPARAR, ASSOCIAÇÃO JUÍZES PARA A DEMOCRACIA (AJD), ASSOCIAÇÃO NACIONAL DE DEFENSORES PÚBLICOS FEDERAIS (ANADEF), ASSOCIAÇÃO PAULISTA DE DEFENSORES PÚBLICOS (APADEP), CENTRO ACADÊMICO XI DE AGOSTO, CENTRO PELA JUSTIÇA E DIREITO INTERNACIONAL (CEJIL), CÍRCULO PALMARINO, COLETIVO 2 DE OUTUBRO, COLETIVO CINE BIJOU – CINEMA E MEMÓRIA, COLETIVO PERIATIVIDADE, COLETIVO VÍDEO POPULAR, COMISSÃO DE JUSTIÇA E PAZ, COMISSÃO TEOTÔNIO VILELA, CONSELHO ESTADUAL DE DEFESA DOS DIREITOS DA PESSOA HUMANA (CONDEPE), COOPERIFA, DEFENSORIA PÚBLICA DA UNIÃO EM SÃO PAULO, ESPÍRITO DE ZUMBI, ESTUDO, COMIDA E CIDADANIA (ECC), FÓRUM DE HIP-HOP, GELEDÉS, GEPEX – SEGURANÇA PÚBLICA, JUSTIÇA CRIMINAL E DIREITOS HUMANOS DA UNIFESP/BS, GRUPO CULTURAL MARACATU BOIGY, GRUPO TORTURA NUNCA MAIS – SP, IDENTIDADE – GRUPO DE LUTA PELA DIVERSIDADE SEXUAL, INSTITUTO PRÁXIS DE DIREITOS HUMANOS (IPDH), INSTITUTO TERRA, TRABALHO E CIDADANIA (ITTC), INSTITUTO UMOJÁ, JUSTIÇA GLOBAL, LUTA POPULAR, MÃES DE MAIO, MARGINALIARIA, MOVIMENTO NACIONAL DA POPULAÇÃO DE RUA, MOVIMENTO NACIONAL DOS DIREITOS HUMANOS, MOVIMENTO NEGRO UNIFICADO, NSN, NÚCLEO DA SITUAÇÃO CARCERÁRIA DA DEFENSORIA PÚBLICA DO ESTADO DE SÃO PAULO, NÚCLEO DE PRESERVAÇÃO DA MEMÓRIA POLÍTICA, NÚCLEO ESPECIALIZADO DE CIDADANIA E DIREITOS HUMANOS DA DEFENSORIA PÚBLICA DO ESTADO DE SÃO PAULO, OS CRESPOS, PÂNICO BRUTAL, PASTORAL CARCERÁRIA, PASTORAL DA JUVENTUDE, QI ALFORRIA, QUILOMBAQUE PERUS, REDE EXTREMO SUL, SARAU DA ADEMAR, SARAU DA BRASA, SARAU ELO DA CORRENTE, SARAU DOS MESQUITEIROS, SARAU VILA FUNDÃO, SINDICATO DOS ADVOGADOS DO ESTADO DE SÃO PAULO, TRIBUNAL POPULAR, UNEAFRO-BRASIL, VERSÃO POPULAR

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http://www.pucsp.br/fecultura/textos/pessoa_sociedade/12_dentro_terror.html

http://www.controversia.com.br/index.php?act=textos&id=10034

Viel Lob in Europa für Lulas Politik:

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/09/27/lula-erhalt-ehrendoktor-in-paris-als-erste-personlichkeit-lateinamerikas-lulas-siebter-ehrendoktorhut/

http://www.hart-brasilientexte.de/2009/08/23/unesco-zeichnet-lula-in-paris-wegen-forderung-des-friedens-und-der-rechtsgleichheit-aus-preis-mit-150000-dollar-dotiert-jury-von-henry-kissinger-gefuhrt/

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/12/01/rio-de-janeiro-richtervereinigung-fur-demokratieajd-verurteilt-militar-und-polizeieinsatz-in-slums-staat-verletzt-verfassung-summarische-exekutionen-ausrottung-unerwunschter-bevolkerung/

http://www.hart-brasilientexte.de/2009/10/07/rogerio-reis-microwaves-microondas-fotoinstallation-uber-scheiterhaufen-brasiliens-vom-maison-de-la-europeenne-de-la-photographie-in-paris-angekauft/

Rainer Stadler, NZZ:

“Die Stresssymptome sind bereits jetzt unübersehbar. Was man aus ökonomischer Sicht gelassen als Verdrängungswettbewerb bezeichnen kann, bedeutet in publizistischer Hinsicht: schmalbrüstige Redaktionen, schrumpfende Kompetenz bei der journalistischen Bewältigung der nahen und fernen Ereignisse, aggressivere Schlagzeilen als Folge wachsender Ahnungslosigkeit, Hysterien, Missachtungen der Unschuldsvermutung und mehr Übergriffe in die Privatsphäre, weil gerade dort attraktive Unterhaltungsstoffe zu holen sind.

Was sonst Wirtschaftsmanagern vorgeworfen wird – der bloss kurzfristige Blick auf die Quartalszahlen –, ist im Journalismus weiterhin das dominierende Richtmass: die Deadline, der Redaktionsschluss. Er gewährt in der Internet-Ära kaum noch Besinnungszeit. Das ist umso verheerender, wenn es an Ressourcen mangelt. Die Gefahr schrumpfender publizistischer Kompetenzen kontrastiert scharf mit den wachsenden Ansprüchen einer Gesellschaft, die auf die Vermittlung von komplexem Wissen angewiesen wäre. Sie begibt sich im «Easy-News-Jet» auf einen gefährlichen Blindflug.

Der Ausleseprozess wird schon bald den Blätterwald drastisch auslichten. Es entsteht eine andere (Medien-)Schweiz. Die Annahme, dass künftig gerade noch zwei bis drei Medienunternehmen den hiesigen Markt prägen werden, scheint nicht mehr abwegig. Die Spannung zwischen dem von Zürich aus gesteuerten Kommunikationsmarkt und der föderalistisch geprägten politischen Schweiz wird wachsen, die gesellschaftliche Verständigung wird unübersichtlicher und instabiler.”

http://www.hart-brasilientexte.de/2009/10/22/luis-antonio-pereira-silva-leiter-der-slum-pastoral-in-der-erzdiozese-rio-de-janeiro-gesichter-brasiliens/

ai-Journal Dezember 1996

Die “Hölle auf Erden”

BRASILIEN

Die “Hölle auf Erden”

Revolten, Hungerstreiks und Aids bestimmen den Alltag in den völlig überfüllten brasilianischen Gefängnissen. Brasilien gilt zwar als die zehntgrößte Wirtschaftsnation, leistet sich aber Haftanstalten, die man eher in Ruanda oder Burundi vermuten würde. Eine im April verkündete Amnestie entspannte die Situation nicht.

Eine mittelalterlich anmutende Gefangenenzelle in Rios Stadtteil Realengo: Jeder der mehreren Dutzend Insassen hat laut Gesetz Anspruch auf mindestens acht Quadratmeter – hier ist es nicht mal ein einziger. Geschlafen wird deshalb in Schichten. Während ein Teil der Gefangenen auf feuchtem Boden liegt, schlafen die anderen in Hängematten, die an den Gitterstäben befestigt sind. In einer Zelle im Stadtteil Bangu ein ähnliches Bild: 35 fast nackte, schwitzende Männer auf nur sechzehn Quadratmetern bei beißendem Fäkaliengeruch und nächtlichem Besuch von Ratten. Die psychische Spannung ist fast mit Händen greifbar. Neun von zehn Gefangenen haben Furunkel, in der heißesten Jahreszeit herrschen bis zu 60 Grad. Dann fallen täglich etwa 20 Insassen ohnmächtig um, werden von den Wärtern herausgezerrt und durch andere ersetzt.

Um aus dieser Hölle herauszukommen und in eine weniger überfüllte Zelle verlegt zu werden, bestechen Häftlinge ihre Aufseher mit bis zu umgerechnet 5.000 Mark. Es gibt brasilianische Gefängnisse, in denen die Insassen das nötige Geld sammeln, um dann die Begünstigten auszulosen. In Bangu kommen die notwendigen “Real” von der Familie oder Verbrechersyndikaten – je unerträglicher die Hitze, desto höher die Preise auf diesem Schwarzmarkt. Einmal am Tag gibt es schlechtes Essen; die Lebensmittelpakete der Angehörigen werden gewöhnlich nicht ausgehändigt.

Folter ist üblich. Ein Anwalt beschreibt einen Fall von 1996: “Polizisten mit Kapuzen mißhandelten 116 Gefangene, unter anderem mit Elektroschocks. Alle wiesen Blutergüsse auf, wurden zudem zu sexuellen Handlungen gezwungen.” Fast täglich werden Fälle zu Tode gefolterter, erschlagener Häftlinge bekannt – die politisch Verantwortlichen bleiben meist passiv. Nur wenige Intellektuelle protestieren, die Gesellschaft scheint sich an die grauenvollen Zustände gewöhnt zu haben.

Pervertieren statt resozialisieren

Menschenrechtsorganisationen wie amnesty international oder “Human Rights Watch” prangern die Zustände in den brasilianischen Haftanstalten an – und auch die Gefangenenseelsorge der Katholischen Kirche läßt nicht locker. Padre Geraldo Mauzeroll von der “Pastoral Carceraria” im Teilstaat Sao Paulo gegenüber dem ai-Journal: “Wer ins Gefängnis kommt, wird pervertiert, wird angesehen und behandelt wie ein Tier – niemand ist an einer Besserung oder Resozialisierung interessiert. Die Gesellschaft rächt sich an ihnen, läßt sie intellektuell, spirituell, moralisch und kulturell und nicht selten sogar physisch sterben.” Mauzeroll hört in Polizeiwachen und Gefängnissen sehr häufig den Ausspruch: “Nur ein toter Häftling ist ein guter Häftling!” Der Padre geht seit 1973 in die “Presidios” – was er täglich sieht, sind Bilder wie aus Horrorfilmen: Tuberkulose grassiert, über die Gesichter Todkranker laufen Ameisen. Häftlinge verfaulen buchstäblich in Zellen. Die Gefängnisärzte sind selbst kriminell, weil sie Kranke bewußt

nicht behandeln, sondern sterben lassen. Sie werden aber nie zur Rechenschaft gezogen. Kriminell handeln auch Richter und Staatsanwälte, die über Folter und alle anderen Menschenrechtsverletzungen detailliert informiert sind, jedoch nicht eingreifen.

Das Gefängnispersonal verkauft Lebensmittel, die für Häftlinge bestimmt sind und ermöglicht Rauschgifthandel und -konsum hinter Gitterstäben. Ein Gefängnisdirektor: “Drogen müssen dort drin sein, damit die Gefangenen ruhig bleiben.”

Erzwungenes Schweigen, Morddrohungen

Ein dunkles Kapitel ist auch die sexuelle Gewalt, von Aufsehern sogar gefördert. Mauzeroll zum ai-Journal: “Wird ein wegen Vergewaltigung Verurteilter eingeliefert, stecken die Wärter ihn in bestimmte Massenzellen, damit er dort von 15 oder 20 Häftlingen vergewaltigt wird. Dies ist Gesetz in den Kerkern, und so verbreitet sich Aids sehr schnell.” Nach amtlichen Angaben infizierten sich bereits mehr als 20 Prozent aller Inhaftierten mit dem HIV-Virus – ein Großteil der rund 150.000 brasilianischen Gefangenen hat homosexuellen Verkehr, gewöhnlich ungeschützt.

Vitor Carreiro teilte in Rio de Janeiro jahrelang eine Zelle mit 47 Gefangenen. Er ist von Aids gezeichnet und sagt: “Alle Welt weiß, daß die Frau des Gefangenen der andere Gefangene ist.” Promiskuität ist der Alltag: José Ferreira da Silva, HIV-positiv, berichtet von vier festen und acht gelegentlichen Partnern – keiner benutzt Präservative.

Padre Mauzeroll drückt sich im Gegensatz zu vielen “politisch korrekten” Landsleuten nicht um unbequeme und unangenehme Wahrheiten. Er hat keine Probleme, die von den Autoritäten gerne versteckten und verdrängten Probleme offen anzusprechen. “Wer über die Zustände redet und informiert, stirbt”, lautet eine andere Regel. Berufskiller erledigen das – Mauzeroll weiß, daß auch sein Leben in Gefahr ist. Dennoch klagt er offen die soziale Ordnung Brasiliens an: “Diese ist schuld an der Situation.”

Gemäß einer neuen Studie der Vereinten Nationen lebt heute fast die Hälfte der 150 Millionen Brasilianer in verhältnismäßig entwickelten Gebieten. “Wenn in Sao Paulo und Rio de Janeiro die Lage in den Gefängnissen bereits so schlimm ist”, gibt Padre Mauzeroll zu bedenken, “wie muß sie dann erst in den stark unterentwickelten Regionen des Nordens und Nordostens sein?”

Amnestie nur Kosmetik

Die Rechtsanwältin Zoraide Fernandez weist darauf hin, daß Häftlinge nach verbüßter Strafe oft noch jahrelang gefangengehalten werden. 1995 waren es allein in Rio mindestens 560.

Brasiliens Staatschef Fernando Henrique Cardoso verkündete im April die, wie es offiziell hieß, größte Amnestie in der Geschichte des Landes: Etwa zehn Prozent der Gefangenen sollten freikommen. Wie die Gefängnisbehörden inzwischen einräumten, werden beispielsweise im Teilstaat Rio de Janeiro nur wenig mehr als ein Prozent amnestiert. Die 511 Gefängnisse bieten Platz für höchstens 60.000 Personen, sind aber nach jüngsten offiziellen Angaben mit 148.760 Häftlingen belegt – das sind 15 Prozent mehr als 1994. Notwendig, so hieß es, sei der Bau von 145 zusätzlichen Haftanstalten. Die Lage in der Metropole Sao Paulo ist den Angaben zufolge am dramatischsten. Eine Besserung ist nicht in Sicht: Per Haftbefehl suchte man allein 1996 rund 275.000 Straftäter.

Rund 95 Prozent der Häftlinge sind Arme, 96 Prozent sind männlich und etwa drei Viertel Voll- und Halbanalphabeten. Der typische Gefangene, so eine Studie, ist dunkelhäutig und jünger als 25 Jahre. Jeden Monat kommt es laut Statistik zu mindestens drei großen Häftlingsrevolten, die meisten werden allerdings der Öffentlichkeit verschwiegen. Eine Ausnahme bildet lediglich der südliche, relativ hochentwickelte Teilstaat Rio Grande do Sul – nur dort soll es auch keine irregulär festgehaltenen Häftlinge geben.

Wärter und Spezialeinheiten gehen gewöhnlich äußerst brutal gegen meuternde Häftlinge vor: 1992 wurden im berüchtigten Gefängnis “Carandiru” von Sao Paulo mindestens 111 Insassen erschossen. Die politisch Verantwortlichen und die direkt Beteiligten blieben bisher straffrei. In “Carandiru” ereignete sich auch Ende Oktober wieder eine Revolte: 670 Gefangene nahmen 27 Wärter als Geiseln und forderten die Verlegung in eine andere Haftanstalt. Fünf Häftlinge versuchten währenddessen in einem Müllwagen zu fliehen, vier von ihnen wurden von Militärpolizisten erschossen.
Klaus Hart
Der Autor ist freier Korrespondent in Rio de Janeiro

Hintergrund von 2001:

 

„Unerklärter Bürgerkrieg“ in Brasilien
Über 40000 Morde jährlich/Zunahme von Attentaten

 

Im Kontext der jüngsten internationalen Konflikte weisen brasillianische Experten immer nachdrücklicher darauf hin, welche hohen Menschenopfer der sogenannte „unerklärte Bürgerkrieg“ in Brasilien kostet. Wie die Universitätsprofessor und Politik-Berater Gaudencio Torquato jetzt  in einer Analyse mit dem Titel „Wir und Afghanistan“ betonte, werden aus politischen und kriminellen Motiven selbst laut den geschönten offiziellen Angaben jährlich rund 40000 Menschen ermordet.

 

     Hätte  Deutschland, mit einer etwa halb so großen Bevölkerung, diese Rate, wären es pro Jahr etwa 20000 Getötete. Tatsächlich waren es im Jahr 2000 laut BKA-Angaben nur 1015.

 

Torquato zählte zu den Gründen der hohen Opferzahlen, daß die zehntgrößte Wirtschaftsnation anders als Afghanistan zwar sämtliche Hochtechnologie der letzten Generation nutze, die soziale Polarisierung zwischen den Privilegierten und den armen Schichten sich jedoch weiter verschärft habe. Die hohe Gewaltrate habe dazu geführt, daß nachbarschaftliches Zusammenleben immer weniger gepflegt werde, die brasilianische Gesellschaft sich von der menschlichen Solidarität verabschiede. Gängige Reaktion angesichts der täglichen Morde sei leider nur:“Gut, daß es mir nicht passiert ist.“

 

Derartige Verfallsprozesse resultieren laut Torquato aus einer „politisch-institutionellen Kultur“, die sich mit den alltäglichen Skandalen um hohe Volksvertreter und den Fällen von Regierungskorruption weiter degradiere. 

 

Brasilianischer Menschenrechtsaktivist
“Generation eiskalter Killer“ wächst heran

 

Brasilien züchtet nach den Worten des angesehenen Menschenrechtsaktivisten Eduardo Capobianco „eine Generation eiskalter Killer“heran.“Sie töten einen Menschen mit der selben Leichtigkeit, mit der sie eine Coca-Cola trinken“, sagte er im Dezember während der Auszeichnung mit einem Bürgerrechtler-Preis in Sao Paulo. Capobianco, Präsident von zwei regierungsunabhängigen Institutionen, die das organisierte Verbrechen sowie die tiefverwurzelte Korruption in Politik und Wirtschaft bekämpfen, hatte erst Anfang Dezember in der City der 17-Millionen-Stadt ein Attentat überlebt. „Brasilien hat gravierende soziale Ungleichheiten und eine kapitalistische Kultur, die auf dem Konsum basiert, Städte des Konsumismus wie Sao Paulo. Das stimuliert letztlich Gewalt – Armut allein ist dafür nicht verantwortlich zu machen.“ In entwickelten Ländern wie Japan entfalle statistisch pro Jahr ein Mord auf hunderttausend Einwohner – in einer Stadt wie Sao Paulo seien es dagegen gemäß offiziellen Zahlen immerhin fünfzig. Indessen gebe es bereits leichte Fortschritte bei der Verbrechensbekämpfung, die Arbeit seiner beiden Institutionen mißfalle der Gegenseite sehr und habe das Attentat bewirkt.

 

Capobianco überlebte den Anschlag nur, weil er eine Mappe mit Büchern vor die Herzgegend hielt, Kugeln darin steckenblieben bzw. nur seine Beine trafen. Weder die Polizei noch er selbst haben einen Hinweis auf die Täter und deren Hintermänner.

 

In den letzten drei Monaten kam es in Brasilien zu einer Attentatsserie, bei der mehrere Gewerkschaftsführer, ein progressiver Großstadtbürgermeister sowie Umweltaktivisten getötet wurden, Bombenanschläge forderten glücklicherweise keine Opfer. Eine bislang unbekannte rechtsextreme Organisation schickte Morddrohungen an 37 Bürgermeister der linkssozialdemokratischen Arbeiterpartei PT im Industrie- Teilstaat Sao Paulo, dessen Bruttosozialprodukt das von ganz  Argentinien übertrifft. 

 

Systematische Folterungen weiter alltäglich – trotz Anti-Folter-Gesetz
Menschenrechtler skeptisch über  offizielle PR-Kampagne

 

Der Dreißig-Sekunden-TV-Spot ist gut gemacht, drastisch-realistisch: Ein Mann, halbnackt, blutend, gefesselt, wird von einem Sadisten gequält, mit dem Kopf immer wieder in einen Wassertank getaucht, soll Informationen preisgeben, ein Geständnis ablegen. Ein Dritter sieht die Szene, rennt zum Telefon, wählt die neue Gratis-Nummer von „SOS Tortura“, erstattet anonym Anzeige. Jeder sollte ab sofort genauso handeln, lautet der Appell an die Fernsehzuschauer – „denn Folter ist ein Verbrechen!“ Daß Brasiliens Staatspräsident Fernando Henrique Cardoso, Ehrendoktor der FU Berlin, jetzt auch in Rundfunk und Presse eine solche Medienkampagne starten ließ, einmalig in der Geschichte Brasilien, könnte die Menschenrechtler des In-und Auslands optimistisch stimmen. Doch Skepsis überwiegt. Befürchtet wird, daß Brasilia damit lediglich  auf Imageverbesserung bei den Vereinten Nationen zielt. Deren Experte für Folterfälle, Nigel Rodley, hatte letztes Jahr nach einer Reise durch mehrere Teilstaaten die Zustände als erschreckend und eigentlich unbeschreiblich angeprangert. Nicht anders sieht es Amnesty International, stellte deshalb  in der 17-Millionen-Stadt São Paulo, Lateinamerikas führendem Wirtschaftszentrum, im Oktober kurz vor Kampagnebeginn der brasilianischen Öffentlichkeit den neuesten Bericht über Folter und Mißhandlungen vor. Tatverdächtige, Festgenommene, Untersuchungshäftlinge und Strafgefangene systematisch Torturen zu unterwerfen, auch von völlig Unschuldigen Geständnisse unter Folter zu erpressen, gehört danach weiterhin zur  Alltagsroutine im Apparat der Militär-und Zivilpolizei. Laut Patrick Kopischke, Brasilien-Experte von Amnesty International, hat der starke politische Druck, die überbordende Kriminalität zu bekämpfen, dazu geführt, daß Folter andere Ermittlungsmethoden ersetzt. Allein in São Paulo, wo über eintausend deutsche Unternehmen, von VW bis Daimler-Benz, ansässig sind, werden laut offiziellen Angaben monatlich über 440 Menschen ermordet. Zum üblichen Nachrichtenangebot der  Radio-und TV-Stationen gehören die unaufhörlichen Gefangenenrevolten in den mit fast 100000 Insassen völlig überfüllten Polizeiwachen, Haftanstalten und provisorischen Gefängnissen der Metropole. Pro Monat werden rund eintausend weitere mutmaßliche oder tatsächliche Straftäter in teils fensterlose Zellen gepreßt, wo bereits bis zu 168 Männer auf einem Raum zusammenhocken müssen, der eigentlich nur für höchstens dreißig gedacht war. Wegen der schlechten Luft, der unhygienischen Zustände, des ständigen Fäkaliengeruchs und des damit verbundenen psychischen Drucks sind Aufstände die logische Folge – niedergeschlagen werden sie mit äußerster Brutalität, gibt es fast immer Tote. „Man greift auf Folter und Mißhandlungen zurück, um ein katastrophales Gefängnissystem unter Kontrolle zu halten“, betont deshalb Kopischke, grundlegende Reformen seien nötig, nicht nur kosmetische Verschönerungen. Aktivisten von Amnesty und anderen Menschenrechtsgruppen Brasiliens empört zudem  besonders, daß das auf ihren Druck hin erlassene Anti-Folter-Gesetz von 1997 an den Zuständen kaum etwas änderte, Täter gewöhnlich straffrei ausgehen, selbst aus der Diktaturzeit berüchtigte Folterer weiter im Dienst sind. Gemäß neuen UNO-Angaben verzeichnet der Teilstaat Minas Gerais die meisten bekanntgewordenen Folterfälle, ist die Polizeibrutalität traditionell besonders hoch. Dies gilt als Erbe des Militärregimes(1964-1985), als Fachleute der CIA gemäß Angaben von Zeitzeugen  den Militär-und Zivilpolizisten in Kursen auch Foltertechniken beibrachten. „Heute noch sind es die gleichen“, so der renommierte Menschenrechtsanwalt Antonio Aurelio, „vor allem Elektroschocks, Aufhängen kopfunter an einer Stange, Eintauchen in Wassertanks, Schläge auf beide Ohren, Erstickungsanfälle mittels über den Kopf gestülpten Plastiksäcken“. Im Juni letzten Jahres wurden in einer Polizeiwache São Paulos etwa zweihundert Gefangene, einer nach dem anderen, völlig unbekleidet,  mit Elektroschocks gepeinigt. Bei weiteren Mißhandlungen starb ein Insasse, dreißig weitere erlitten teils schwere Verletzungen. Die beteiligten Polizeikommissare sind weiterhin im Dienst.  Beim Interview  mit dem Polizeichef einer nordostbrasilianischen Stadt fand dieser nichts dabei, den an den landesüblichen Elektroschock-Apparaturen verwendeten Regler sichtbar  auf seinem Schreibtisch liegen zu lassen.

 

Über 40000 brasilianische Kinder arbeiten auf stinkenden Müllbergen
Unicef und NGO entwickeln Alternativprojekte

 

 Im Kriechgang, fast mit Vollgas, arbeitet sich der Müll-LKW in Serpentinen fast bis zur Haldenspitze vor, kippt dort, an der Peripherie der 17-Millionen-Stadt São Paulo, bei 35, 40  Grad Tropenhitze stinkende Abfälle aller Art ab. Auf diesen Moment haben Schwärme von Schmeißfliegen, aber auch Dutzende von Kindern und Jugendlichen nur gewartet. Mit Säcken über der Schulter stürzen sie sich auf  die Ladung, sinken bis zu den Knien ein, wühlen neben schwarzen Aasgeiern nach Essensresten, Glas-und Plastikflaschen, Papier und Getränkebüchsen aus Aluminium. Alles wird getrennt, sortiert, ein Stück entfernt bei  anderen Familienmitgliedern angehäuft, Alu-Büchsen tritt man mit dem Fuß platt. Metallfirmen oder Papier-und Textilfabriken nehmen alles für lächerlich geringe Preise ab – jedes dreckverschmierte, oft von Hautkrankheiten gezeichnete Müll-Kind kommt pro Tag höchstens auf umgerechnet vier, fünf Mark – überlebenswichtig für die Familien an der Slum-Peripherie von Lateinamerikas reichster Stadt und Wirtschaftslokomotive, aber auch von Rio de Janeiro, Salvador da Bahia oder Recife. In ganz Brasilien sind es über vierzigtausend „Crianças do Lixo“, Müll-Kinder – die nie zur Schule gehen, oder es aufgaben, weil man sie lächerlich machte, diskriminierte. Vor ein, zwei Jahren waren es indessen noch über dreizehntausend mehr – bevor das UN-Kinderhilfswerk Unicef  und die regierungsunabhängige Organisation „Agua e Vida“(Wasser und Leben) Projekte starteten, Druck auf den Staat, lokale Behörden ausübten, um diese schändliche Form der Kinderarbeit zu bekämpfen.

 

Hautkrankheiten, Cholera

 

Daß Minderjährige in einem Land, das zu den zehn größten Wirtschaftsnationen gehört, den ganzen Tag im Müll waten müssen, anstatt zu spielen und zu lernen, nennt Afonso Lima, Unicef-Mitarbeiter in São Paulo, einfach entsetzlich, unmenschlich. Die Regierung hat zudem internationale Konventionen, darunter gegen Kinderarbeit unterzeichnet, die derartiges eigentlich verbieten. „Weil die meisten Kliniken  ihre sämtlichen Abfälle unsortiert und unbehandelt ebenfalls auf die Halde kippen, können sich die Kinder sogar gefährliche Krankheiten holen, finden Spritzennadeln, Chemikalien aller Art.“ Für seine Kollegin Paula Claycomb aus den USA fehlt es auch an politischem Willen. „Die brasilianische Gesellschaft muß endlich verstehen, daß stinkende Abfallhalden nicht der richtige Ort für Kinder sind.“ Dabei wurde bereits eine Menge erreicht: Unicef und die NGO „Agua e Vida“ brachten in geduldiger Überzeugungsarbeit Gouverneure und viele Gemeinden dazu, Mittel für die Gründung von Müll-Recycling-Kooperativen freizugeben, sogar Gebäude bereitzustellen. Der Vorteil: Wiederverwertbares wird bereits an Wohngebäuden, Supermärkten, Bürohäusern aussortiert – und nicht erst,  mit organischen Abfällen verschmutzt, auf der Halde. Resultat: Das Familieneinkommen steigt, die Kinder brauchen nicht mehr mitzuarbeiten, gehen stattdessen zur Schule. Eine geringe staatliche Hilfe von  monatlich umgerechnet über zehn Mark pro Kind wird auch an viele andere verelendete Familien nur gezahlt, wenn sie ihre Kinder kontinuierlich in die Schule schicken. „Und das funktioniert“, bekräftigt die NGO-Koordinatorin Teia Magalhaes in São Paulo. „Nur ist es leider oft so: Wir holen eine Familie aus dem Müll, doch andere treten sofort an deren Stelle – Folge der Misere in Brasilien.“ Da die Cholera im Lande längst nicht ausgerottet ist, man sich gerade auf den riesigen Abfallbergen leicht anstecken kann, verbreitet Teia Magalhaes auch ein entsprechendes Aufklärungs-Video, organisiert zusammen mit Präfekturen Musik-und Tanzkurse, um frühere „Crianças do Lixo“ in der Schule zu halten, an Kultur heranzuführen.

 

Banker und Müllsammler

 

Auch über  Lateinamerikas Wallstreet, die Banken-Avenida Paulista, zerren täglich ungezählte schwitzende, zerlumpte Catadores do Lixo, Müllsammler, ihre hölzernen Karren, hochbeladen mit Verpackungen und anderem Material. Eigentlich sollten  die Catadores allen Respekt verdienen: Nur ihnen ist es zu verdanken, daß immerhin achtzig Prozent der Aluminium-Getränkebüchsen, siebzig Prozent der Pappe und  dreißig Prozent der Flaschen recycelt werden. Nur hier und da trifft man bereits auf jene Hausmüll-Container wie in Deutschland – ausgerechnet in einem Drittweltland wie Brasilien ist Ressourcenverschwendung weiterhin die Regel. Was vergeudet wird, ob Nahrungsmittel, Strom oder Wasser, hat laut neuesten Studien immerhin einen Wert von jährlich umgerechnet über einhundert Milliarden Mark. Besonders provozierend in einem Land mit ernsten Hungerproblemen: Was São Paulos Supermärkte an Lebensmitteln wegwerfen, reichte wertmäßig bequem aus, um monatlich 600000 Slum-Familien mit Grundnahrungsmitteln zu versorgen.

 

Padre Julio Lancelotti kämpft gegen Folter an Kindern und Jugendlichen
Hohes Lebensrisiko, Morddrohungen, tätliche Angriffe
Auch von Unicef wegen Engagements für Kinderrechte ausgezeichnet

 

„Erstmals konnten wir jetzt achtzehn Aufseher, sogar drei Direktoren, wegen Folter vor Gericht bringen“, sagt Padre Julio Lancelotti im Büro des von ihm geleiteten „Zentrums zur Verteidigung von Kindern und Jugendlichen“ der Millionenstadt São Paulo. Aber Freude, Zufriedenheit über diesen kleinen Sieg ist ihm nicht anzumerken. Denn auf einen Schlag hat er damit noch mehr erbitterte Feinde unter den Mitarbeitern der gefängnisähnlichen Anstalten für straffällig gewordene Minderjährige(Febem). Von den letzten Attacken hat er sich noch nicht erholt: Als in einer Febem-Einheit wiederum Jugendliche gegen Mißhandlungen, Überfüllung rebellierten, fuhr er sofort hin – eine Gruppe von Febem-Angestellten schlug ihm Zähne aus, trat auf ihn ein, zerbrach die Brille. Militärpolizisten schauten bewußt eine ganze Weile zu, griffen erst spät ein. „Sogar  das Kreuz, das ich um den Hals trug, ein Geschenk aus Osnabrück, wurde mir abgerissen – hier ist die Situation eben längst außer Kontrolle.“ Lancelotti, der auch ein Heim für Aids-infizierte Kinder führt,  erhält regelmäßig Morddrohungen – andere Pfarrer São Paulos haben ihr Engagement für Menschenrechte bereits mit dem Leben bezahlt – in Brasilien kommt es täglich zu politischen Morden, Attentaten.  Theoretisch können er und seine Anwälte sich auf das Anti-Folter-Gesetz, das Statut zum Schutze der Heranwachsenden berufen. „In Brasilien dominiert aber leider Straflosigkeit, Folterer bleiben gewöhnlich ungeschoren, werden nicht einmal entlassen, sind durch die Autoritäten geschützt.“

 

„Kultur der Folter“

 

Daß die Gesetze nicht funktionieren, erklärt Lancelotti mit für manchen Europäer sicher  überraschenden Gründen:“In diesem Land existiert die Sklavenhalterkultur, auch eine Kultur der Folter weiter – ein Großteil der Brasilianer befürwortet Torturen, die Todesstrafe, die Herabsenkung des Strafmündigkeitsalters auf sechzehn, teils sogar vierzehn Jahre.“ Im Teilstaate São Paulo, dem reichsten ganz Brasiliens, mit weit über eintausend deutschen Unternehmen, sind in den Febem-Anstalten derzeit mehr als viertausend Heranwachsende konzentriert, täglich kommen etwa dreißig hinzu. Wo eigentlich gemäß den Vorschriften nur Platz für sechzig Minderjährige ist, werden in Zellen bis zu vierhundert zusammengepfercht, sind gewöhnlich völlig sich selbst überlassen. „Als letztes Jahr der UNO-Sonderberichterstatter für Folter, Nigel Rodley, hier war, erklärte man ihm allen Ernstes, Jugendliche hätten sich Verletzungen selber beigebracht, im Streit miteinander.“ Der Padre, die eng mit ihm kooperierende Anwältin Francisca de Assis Soares, wissen von solchen Fällen, auch von sexueller Gewalt unter den Jugendlichen. Doch das sind Ausnahmen. Die Struktur dieser Anstalten ziele auf  Unterdrückung, Entwürdigung, Verrohung – „über viele besonders sadistische Folterungen“, so Lancelotti“,  reden wir öffentlich gar nicht mehr, weil es uns ja doch keiner glaubt.“ In einer Febem-Anstalt hatte man allen Ernstes Skinheads angestellt,  wegen ihrer Aggressivität von den Minderjährigen  nur „Pitbulls“ genannt.

 

Sadismus der Aufseher

 

 Bekommen Lancelotti und sein Team Wind von Mißhandlungen, fahren alle sofort los, um gerichtsverwertbare Beweise zu sammeln, Torturen zu unterbrechen. „In einer Anstalt trafen wir auf über vierzig gefolterte Jugendliche – mit schweren Verletzungen, gebrochenen Armen und Beinen!“ Rebellieren Insassen einer Febem-Einheit, toben sich bei der Niederschlagung Aufseher, herbeigerufene Polizisten sadistisch aus.“Jugendliche mußten tagelang nackt hintereinander aufgereiht und aneinandergepreßt auf dem Boden hocken, das Geschlechtsteil am Gesäß des Vordermanns, durften nur in Plastikflaschen urinieren, die man dann über ihnen ausschüttete. Scharfe Hunde wurden rudelweise zwischen die Insassen gehetzt – wer deshalb aufstand, erhielt sofort Schläge. Und selbst das – Wärter zwingen Jugendliche, auf andere Insassen zu urinieren. Alles Folterpraktiken, tief entwürdigend!“

 

Aber könnte die Mitte-Rechts-Regierung unter  Staatspräsident Fernando Henrique Cardoso, Bewohner São Paulos, Ehrendoktor der Freien Universität Berlin, diese Zustände nicht ändern? „Brasilien ist nur eine formale Demokratie“, analysiert Lancelotti, „die Politiker in Brasilia leben wie auf einem anderen Planeten, fern der Realität, wollen von diesen Dingen nichts wissen – Zugang zu Präsident Cardoso haben wir nicht.“ Bestenfalls mit Galgenhumor registriert der Padre, welches Prestige Cardoso gerade in Europa, auch in  Deutschland genießt:“Der Präsident führt sich wie ein Prinz auf, erhält überall Doktortitel. Aber wenn man in europäischen Zeitungen oder in der Genfer UN-Menschenrechtskommission über diese Zustände hier spricht – das mag er, seine Regierung, garnicht.“

 

Lancelotti räumt ein, daß ihn die Menschenrechtsarbeit zugunsten der Minderjährigen Brasiliens streßt, psychisch ermüdet. „Der Haß auf uns ist groß, wir werden verfolgt, lächerlich gemacht, sind nur wenige – und die Folter nimmt zu!“ Mit seiner Wochenkolumne in einer Tageszeitung São Paulos erreicht er wenigstens einen Teil der Öffentlichkeit. Und ein bißchen Mut macht, daß ihn das UN-Kinderhilfswerk Unicef im neuesten Jahresbericht ausdrücklich als Anwalt der Heranwachsenden Brasiliens hervorhebt.

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/11/27/zdf-adveniat-gottesdienst-in-favela-cachoeirinha-von-sao-paulo-2011-brasiliens-kontraste-fotoserie/

Brasilien: “Das Paradies der Korrupten.” Korruptionsexperte Gil Castello Branco in den nationalen Qualitätsmedien über die ausufernde Korruption unter Lula-Rousseff. **

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Seit der Enthüllung des Mensalao-Korruptionsskandals über Abgeordneten-und Parteienkauf vergeht in Brasilien kaum ein Tag ohne neue von investigativen Journalisten ans Licht gebrachte Korruptionsfälle. Interessant ist indessen, daß in deutschsprachigen Mainstream-Medien umso weniger über Brasiliens Korruptionsszenario berichtet wird, je mehr sich just die weit freieren Qualitätsmedien des Tropenlandes dem Thema widmen. Die gleiche Korrelation läßt sich auch in Bezug auf die Lula-Rousseff-Regierung konstatieren: Je mehr Korruptionsfälle, politische Skandale mit enormen sozialen Folgen sowie gravierende Menschenrechtsverletzungen, umso mehr Lob für Brasilia aus Ländern wie Deutschland.

http://avaranda.blogspot.com.br/2012/04/o-paraiso-dos-corruptos-gil-castello.html

http://www.hart-brasilientexte.de/2012/04/02/brasiliens-vergangenheitsbewaltigung-wo-sind-unsere-toten/

Brasilien – Staats-Korruption in Lulas letztem Amtsjahr 2010 – 85 Milliarden Real abgezweigt, laut Nachrichtenmagazin “Veja”. “Zehn Gründe, um sich zu empören”. **

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Laut “Veja” hätte das abgezweigte Geld u.a. ausgereicht, das Elend in Brasilien auszutilgen. Lula selbst ist laut Medienangaben unterdessen zum Dollar-Millionär aufgestiegen – hat wegen seiner Politik, vor dem Hintergrund der Korruptionsfakten, der sozialen Kosten, aus Mitteleuropa enormes Lob erhalten, dazu Doktorhüte und Preise.

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/09/08/brasilien-aufschrei-der-ausgeschlossenen-2011-proteste-in-sao-paulo-grito-dos-excluidos/

Laut Befreiungstheologe Frei Betto, Ex-Lula-Berater beim Anti-Hungerprogramm,  liegt die Zahl der in extremer Armut, also in Hunger und Misere, lebenden Brasilianer, nicht wie offiziell angegeben, heute bei 16 Millionen, sondern ist doppelt so hoch. Nach derzeit geltendem mitteleuropäischen Werteverständnis hat damit die internationale Wirtschafts-und Finanzkrise, wie die Lula-Rousseff-Regierung verbreiten ließ, auf Brasilien nur geringe Auswirkungen gehabt.

Brasiliens investigative Journalisten wiesen indessen auf Rekordentlassungen, den Stopp vieler Industrieprojekte, auf Exportprobleme und Deindustrialisierung, geschönte offizielle Statistiken. 

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“Krise – was denn für eine Krise?” – Kloake-Slum in Sao Paulo.

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/09/14/steinigen-im-iran-unter-ahmadinedschad-und-in-brasilien-unter-lula-lula-konnte-sich-uber-die-tatsache-beunruhigen-das-brasilien-zu-den-landern-gehort-in-denen-am-meisten-gelyncht-wird-jose/

ZDF und Adveniat in Favela Cachoeirinha von Sao Paulo. Verschiedene Sichtweisen der gravierenden Menschenrechtslage Brasiliens, je nach Wertvorstellungen und Vorschriftenkatalog. Bischof Bernardino, Dominikaner Frei Betto, Menschenrechtspriester Julio Lancelotti, Slum-Padre Aecio Cordeiro da Silva. Über 30 Millionen Verelendete, Folter, Todesschwadronen, Scheiterhaufen, Sklavenarbeit. Brasiliens Massengräber, Lynchpraxis. **

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http://www.hart-brasilientexte.de/2011/11/17/adveniat-in-brasilien-wie-lebt-es-sich-in-der-reichsten-stadt-lateinamerikas-der-siebtgrosten-wirtschaftsnation-nach-acht-jahren-lula-regierung-adveniat-gottesdienst-in-der-favela-cachoeirinha-von/

Bei den häufigen Tropengewittern dringen Schlamm und stinkende Kloake in die aus Holz-und Pappabfällen provisorisch zusammengezimmerten Katen, bei Hitze kommen die Fiebermücken, Scharen von großen braunen Kakerlaken – Ratten sind immer da. 

http://www.hart-brasilientexte.de/2012/02/15/deutscher-bundesausenminister-guido-westerwellefdp-2012-in-sao-paulo/

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“Wenn es ein Land gibt, in dem das Volk die Krise nicht erlebte, dann war es dieses hier!”(Lula)

Armutsgrenze in Deutschland und Brasilien: http://www.hart-brasilientexte.de/2012/03/28/deutschlands-armutsgrenze-940-euro-monatseinkommen-in-brasilien-umgerechnet-rund-50-euro/

“Terror-Rap statt Samba”:

http://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/terror-rap-statt-samba/763272.html

Lateinamerikas teure Lebensmittel – Preissteigerungen um 40 Prozent in den letzten vier Jahren – Gefahr für Hungerbekämpfung: http://exame.abril.com.br/economia/mundo/noticias/precos-dos-alimentos-na-america-latina-sobem-40-em-4-anos–2

Erzbischof Zollitsch:”Ich erlebe allerdings auch die ganze Not in den Favelas und die großen Gegensätze zwischen Armut und Reichtum.”

Adveniat-Blog vor dem Gottesdienst:

http://www.adveniat.de/blog/?p=960

Fotoserie Gottesdienst: http://www.hart-brasilientexte.de/2011/11/27/zdf-adveniat-gottesdienst-in-favela-cachoeirinha-von-sao-paulo-2011-brasiliens-kontraste-fotoserie/

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“Jeden Tag wird in Brasilien gefoltert.” Ausriß 2011http://www.hart-brasilientexte.de/2009/12/12/folter-ohne-ende-tortura-sem-fim-brasiliens-soziologiezeitschrift-sociologia-uber-folter-unter-der-lula-regierung/

http://www.hart-brasilientexte.de/2009/12/14/nach-wie-vor-hemmungslose-aktionen-der-todesschwadronen-institutionalisierte-barbarei-lulas-menschenrechtsminister-paulo-vannuchi-raumt-gegen-ende-der-zweiten-amtszeit-erneut-fortbestehen-der-b/

Brasilien – strategischer Parner der deutschen Regierung.

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Das Blutbad in den Tagen vor dem Adveniat-Gottesdienst: http://www.hart-brasilientexte.de/2011/11/22/brasiliens-alltagliche-blutbader-sechs-jugendliche-in-belem-mit-genickschus-polizeimunition-ermordet-todesschwadronen-in-der-grosten-demokratie-lateinamerikas/

Vor dem Hintergrund dieser Fakten erhält Brasilien vor dem Adveniat-Gottesdienst aus Deutschland sehr viel Lob, wird als modernes, fortschrittliches Boomland eingestuft. Auch der Regierungskurs wird ausdrücklich gewürdigt -was in kuriosem Gegensatz zu den Einschätzungen der brasilianischen Qualitätsmedien, der katholischen Kirche des größten katholischen Landes steht. 

”Das Leben in Brasilien ist leicht und unbeschwert. Probieren Sie es selbst.” Deutschsprachige Tourismuspropaganda. Was in Kommerz-Reiseführern fehlt…

http://www.bpb.de/publikationen/JU16H0,0,Vom_Umgang_mit_der_Diktaturvergangenheit.html

Auch für Cachoeirinhas gilt – man sieht nur, was man weiß. Bei Favela-Besuchen, Gesprächen mit den Bewohnern erschließt sich nur ein Teil der komplexen, widersprüchlichen Slumrealität. Padre Aecio Cordeiro da Silva dagegen kennt sie genau – er lebt hier und ist einer von Kardinal Scherers engsten Mitarbeitern. „Ich höre oft auch aus Deutschland – wozu noch Hilfe, die vielen Adveniat-Spenden, wo sich doch in den acht Jahren der Lula-Regierung alles in Brasilien so toll verbessert hat, es dem Land und seinen Menschen so gut geht, den Armen endlich einmal rundherum geholfen wurde? Ich antworte dann, geht mit offenen Augen durch Sao Paulo, schaut in die Favelas, in die überfüllten Gefängnisse! Dann begreift ihr, daß Brasilien von echten, signifikanten Verbesserungen noch sehr weit entfernt ist!“

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Slum-Padre Aecio Cordeiro da Silva

 

Brasilien als siebtgrößte Wirtschaftsnation liegt auf dem UNO-Index für menschliche Entwicklung nur auf dem 84. Platz – was Bände spricht.

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/11/21/katholisches-hilfswerk-adveniat-in-brasilien-land-der-vielen-milliardare-und-millionare-wie-es-kommt-das-in-deutschland-muhselig-spenden-fur-bedurftige-und-sozialprojekte-gesammelt-werden-obwohl-d/

 

Padre Silva stimmt dem befreiungstheologischen Dominikaner Frei Betto zu, wonach derzeit noch über 30 Millionen Brasilianer in extremer Armut leben,  betroffen von Elend und Hunger. „In Cachoeirinha ist die soziale Situation nur deshalb nicht gravierender, weil wir von der Kirche, unterstützt von Adveniat, die Bedürftigsten mit Grundnahrungsmitteln, mit Kleidung versorgen, bei den staatlichen Stellen uns für Bürgerrechte einsetzen. Cachoeirinha hat an die 70000 Bewohner – aber immer noch keine einzige Gesundheitseinrichtung.“     Mangelernährung schwächt das Immunsystem, macht anfällig für zahllose Krankheiten, selbst Tuberkulose und Lepra. „Ich sah Krebskranke, die im Bett dahinsiechten – auffallend viele Arme sind hier  psychisch gestört“.

 

Die Gründe liegen auf der Hand: Elend, dauernde Existenzunsicherheit und Gewalt führen zu Dauerstreß, hoher nervlicher Anspannung – hinzu kommt das Fehlen jeglicher Privatsphäre, was viele Konflikte und Streitereien auch mit Nachbarn auslöst, weil buchstäblich jeder alles von allen mithört, mitbekommt. Zahlreiche Cachoeirinha-Bewohner bringen im Website-Interview ihren sehnlichsten Wunsch auf den Punkt:“Wir wollen hier raus, weil einen dieses Hausen auf so engem Raum, mit so vielen Leuten schier wahnsinnig macht!“

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/06/28/brasiliens-kuriose-armutsgrenze-wer-umgerechnet-etwa-65-euro-verdient-gilt-nicht-mehr-als-arm/

 

Immer wieder brechen in Cachoeirinha Brände aus, greift das Feuer rasch auf viele aus leicht brennbarem Material errichtete Baracken über,  verbrennen selbst Kinder lebendig. Im Winter Sao Paulos nähern sich die Temperaturen in den Favelas dem Nullpunkt, zünden die Verelendeten in ihren Katen nicht selten auf der festgestampften Erde Feuer an, um sich zu wärmen – eine der Brandursachen.

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/11/09/adveniat-aktionseroffnung-in-armenviertel-von-sao-paulo-favela-cachoeirinha-zdf-live-ubertragung-gottesdienst-zelebriert-von-kardinal-odilo-scherer-erzbischof-von-sao-paulo-dem-vorsitzenden/

Für den Adveniat-Gottesdienst faßte São Paulos Erzdiözese verschiedene andere Slums ins Auge – die Herrschaft des organisierten Verbrechens war dort aber zu brutal, die Sicherheitslage nicht kalkulierbar. Auch in Cachoeirinha ist die Gewaltrate hoch, wird man als Favela-Fremder mehr oder weniger auffällig von Drogengangstern beäugt. 

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/11/11/brasiliens-filmhit-tropa-de-elite-2-startet-in-den-us-kinos-konkurriert-um-oscar-unbequeme-realitat-dokumentarisch-umgesetzt-heutige-politiker-im-film-erkennbar/

 

Zwar gibt es öffentliche Schulen in der Nähe, sind die Klassen mit etwa 50 Kindern aber überfüllt, werden die Lehrer schlecht bezahlt. Cachoeirinha ist daher voller funktionaler Analphabeten, die zwar einigermaßen lesen können, aber selbst den Inhalt einfacher Texte nicht verstehen – daher nur minderwertige, schlecht bezahlte Arbeit bekommen. Auch dank Adveniat ist es gelungen, über Sozialprojekte wenigstens einen Teil der Mädchen und Jungen schulisch zu fördern – manche davon besuchen inzwischen sogar die Salesianer-Universität, schaffen so den Absprung aus der Favela. “Solche Bildungsförderung müßte in diesem reichen Land massenhaft geschehen – was wir von der Kirche aber alleine nicht leisten können”, betont Padre Silva.

Theaterstück über Brasiliens Scheiterhaufen – in Deutschland schon gezeigt, in den Feuilletons rezensiert?  http://www.hart-brasilientexte.de/2011/04/29/brasiliens-scheiterhaufen-erstmals-in-einer-anklagenden-inszenierung-der-scheiterhaufenstadt-rio-de-janeiro-zu-sehen/

 

In der City Sao Paulos, auf der von Banken gesäumten Avenida Paulista, fordern Demonstranten Gelder für die Bildung, statt für eine Fußball-Weltmeisterschaft. „Die Politiker wollen große, teure Bauten, wie dieses neue WM-Stadion in Sao Paulo, weil ihnen die Baufirmen dann ihre Wahlkampagnen finanzieren.“

http://www.hart-brasilientexte.de/2009/08/15/brasilias-u-boot-geschaft-mit-paris-so-teuer-wie-zwei-jahre-anti-hunger-programmbolsa-familia-meldet-o-globo/

Das ungesühnte Carandiru-Massaker und die öffentliche Diskussion kurz vor dem vom ZDF übertragenen Adveniat-Gottesdienst:

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/11/25/brasilien-das-ungesuhnte-carandiru-massaker-von-sao-paulo-medienkritik-an-neuem-elitepolizei-chef-polizeipraktiken-erinnern-an-nazistisches-deutschland-laut-landesmedien/

Lynchen, Steinigen in Brasilien: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/09/14/steinigen-im-iran-unter-ahmadinedschad-und-in-brasilien-unter-lula-lula-konnte-sich-uber-die-tatsache-beunruhigen-das-brasilien-zu-den-landern-gehort-in-denen-am-meisten-gelyncht-wird-jose/

Lynchen eines Busfahrers am Tag des Adveniat-Gottesdienstes in Sao Paulo: http://www.hart-brasilientexte.de/2011/11/28/brasiliens-lynchpraktiken-neuester-fall-in-sao-pauloeine-feige-tat-digeane-alves-ehefrau-des-gelynchten-busfahrers/

Brasiliens Bischof Angelico Sandalo Bernardino zur politischen Krise des Landes, zu Rechtsungleichheit, Slums und Libyenkrieg. Adveniat in Sao Paulo. “Menschenrechte außer der Mode.” Korruption unter der Rousseff-Regierung. **

 

Bischof Bernardino sagte in Sao Paulo den Kirchenmedien vor dem Adveniat-Gottesdienst, Brasiliens durchlebe derzeit eine enorme politische Krise. Brasilien sei zwar theoretisch eine Republik, doch die republikanischen Prinzipien würden mißachtet. In der Verfassung von 1988 heiße es, alle Brasilianer hätten die gleichen Rechte. “Doch in Wahrheit ist dies eine Lüge.” Es reiche aus, in die Slums zu gehen. “Wir müssen uns von der Diktatur der wirtschaftlichen Macht befreien – und von einer politischen Macht, die sich der wirtschaftlichen Macht unterwirft.”

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/11/25/brasilien-das-ungesuhnte-carandiru-massaker-von-sao-paulo-medienkritik-an-neuem-elitepolizei-chef-polizeipraktiken-erinnern-an-nazistisches-deutschland-laut-landesmedien/

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/11/17/brasiliens-korruptionskrise-wegen-dilma-rousseffs-bemerkenswerter-mitarbeiterauswahl-befreiungstheologe-frei-betto-zur-korruption/

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Bischof Bernardino in der Kathedrale von Sao Paulo.

“Wir verabscheuen die Bombenangriffe auf Libyen – ich erkläre mich solidarisch mit dem libyschen Volk.”

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/05/01/wir-verabscheuen-die-bombenangriffe-auf-libyen-ich-erklare-mich-solidarisch-mit-dem-libyschen-volk-bischof-angelico-bernardino-in-der-kathedrale-von-sao-paulo-im-arbeiter-gottesdienst-zum-1/

http://www.abendblatt.de/politik/deutschland/article1832800/Kirche-stellt-sich-hinter-den-Libyen-Einsatz.html

http://www.hart-brasilientexte.de/2008/04/07/in-brasilien-alle-zehn-stunden-ein-kindermord/

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/11/17/adveniat-in-brasilien-wie-lebt-es-sich-in-der-reichsten-stadt-lateinamerikas-der-siebtgrosten-wirtschaftsnation-nach-acht-jahren-lula-regierung-adveniat-gottesdienst-in-der-favela-cachoeirinha-von/

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/11/23/bischof-luiz-flavio-cappio-in-deutschland-vor-weihnachten/

Brasilien: Obdachlose in Sao Paulo protestieren gegen lebendiges Verbrennen von Straßenbewohnern und andere Gewalttaten in Brasilien. “Viele Greueltaten garnicht amtlich registriert – Obdachlosenvertreibung beabsichtigt”, laut Menschenrechtsaktivisten. Fotoserie. Brasiliens Scheiterhaufen. **

 

Die Obdachlosen forderten vor dem Stadtparlament von Sao Paulo zudem, daß ihnen gesetzlich zustehende Rechte auch tatsächlich garantiert werden. Jamil Murad, Präsident der Menschenrechtskommission des Stadtparlaments, solidarisierte sich mit den Straßenbewohnern, deren Zahl allein im Zentrum der Megacity etw 15000 beträgt und weiter anwächst. Die Obdachlosenseelsorge der Erzdiözese Sao Paulo nahm ebenfalls an der Protestaktion teil – Menschenrechtspriester Julio Lancelotti erläuterte gemeinsam mit Vertretern der Nationalen Obdachlosenbewegung vor der Presse die gravierenden Probleme und wies auf Vertreibungsaktionen im Vorfeld von Fußball-WM und Olympischen Spielen in Brasilien. Lancelotti war im Mai 2011 in der Obdachlosengemeinde Sao Paulos mit dem deutschen Bundespräsidenten Christian Wulff zusammengetroffen.

Die großen brasilianischen Zeitungen haben über die Protestaktion der Obdachlosen, den Protestmarsch nicht berichtet. 

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/06/28/brasiliens-kuriose-armutsgrenze-wer-umgerechnet-etwa-65-euro-verdient-gilt-nicht-mehr-als-arm/

In meinungsbildenden deutschen Analysen wird die brasilianische Regierung ausdrücklich als “progressiv” eingestuft. Brasilien rangiert auf dem UNO-Index für menschliche Entwicklung deutlich hinter Libyen. Während Libyen auf Platz 53 liegt, kommt Lateinamerikas größte Demokratie lediglich auf Platz 73.

http://www.suedwind-magazin.at/start.asp?ID=234433&rubrik=7&ausg=200210

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http://www.hart-brasilientexte.de/2011/05/06/deutscher-bundesprasident-christian-wulff-in-sao-paulo-mai-2011-obdachlosengemeinde-der-erzdiozese-hedwig-knist-vikar-julio-lancelotti/

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Die Obdachlose, der Priester, der Präsident der Menschenrechtskommission.

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/10/09/obdachloser-schwarzer-in-sao-paulo-reichste-stadt-lateinamerikas-gesichter-brasiliens/

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Obdachloser wird verbrannt in Sao Paulos Zentrum – rechts – Autos fahren vorbei, Leute schauen zu…Bis heute keine Angaben der Polizei über Ermittlungsergebnisse. 

Brasiliens Scheiterhaufen:  http://www.hart-brasilientexte.de/2011/04/29/brasiliens-scheiterhaufen-erstmals-in-einer-anklagenden-inszenierung-der-scheiterhaufenstadt-rio-de-janeiro-zu-sehen/

 Auswanderungsland Brasilien: http://www.hart-brasilientexte.de/2011/05/24/brasilien-wurde-unter-lula-rousseff-zum-auswanderungsland-bye-bye-brasil-sergio-costa-soziologie-professor-an-der-fu-berlin-bestatigt-die-entwicklung/

weiter...

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/05/24/erneut-zwei-abholzungsgegner-amazoniens-ermordet-fall-mit-der-liquidierung-der-nordamerikanischen-umweltaktivistin-dorothy-stang-von-2005-verglichen-morde-wiederum-im-amazonas-teilstaat-para/

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http://www.hart-brasilientexte.de/2011/04/20/feel-brazil-go-bayao-deutsche-getrankefirma-veltins-wirbt-mit-brasilianischem-lebensstil-trotz-der-menschenrechts-und-sozialdaten-brasiliens/

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Morde an Dunkelhäutigen:  http://www.hart-brasilientexte.de/2011/02/24/morde-an-schwarzen-in-brasilien-starke-zunahme-unter-der-lula-regierung-von-drei-ermordeten-sind-zwei-schwarz-wikileaks-und-rassismus-in-brasilien/

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Ordensschwester, verfolgt zur Diktaturzeit – heute Obdachlosenbetreuerin in Sao Paulo – 90 Jahre alt!

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/02/01/brasiliens-erfolgreiche-auslandspropaganda-2009-uber-40-millionen-euro-investiert-laut-brasil-economico-enge-zusammenarbeit-mit-medien-europas/

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http://www.hart-brasilientexte.de/2010/06/30/brasiliens-arbeitslosenrate-allen-ernstes-per-umfrage-in-einer-beschrankten-zahl-von-haushalten-ermittelt/

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http://www.hart-brasilientexte.de/2008/03/08/sao-paulo-reichtum-elend-obdachlose/

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Protestmarsch zur Kathedrale von Sao Paulo.

Hintergrundtext von 2010:

Brasiliens Massengräber 

weiter...

„Wenn die Toten da reingeschmissen werden, sind das Szenen wie in diesen Holocaustfilmen“, beklagen sich Anwohner von Massengräber-Friedhöfen der größten lateinamerikanischen Demokratie. In der Tat wird seit der Diktaturzeit vom Staat die Praxis beibehalten, nicht identifizierte, zu „Unbekannten“ erklärte Tote in Massengräbern zu verscharren.  Die Kirche protestiert seit Jahrzehnten dagegen und sieht darin ein gravierendes ethisch-moralisches Problem, weil es in einem Land der Todesschwadronen damit auch sehr leicht sei, unerwünschte Personen verschwinden zu lassen. In der Megacity Sao Paulo mit ihren mehr als 23 Millionen Einwohnern empört sich der weltweit angesehene Menschenrechtspriester Julio Lancelotti: „In Brasilien wird monatlich eine erschreckend hohe Zahl von Toten anonym in Massengräbern verscharrt, verschwinden damit Menschen auf offiziellem Wege, werden als Existenz für immer ausgelöscht. Wir von der Kirche nehmen das nicht hin, versuchen möglichst viele Tote zu identifizieren, um sie  dann auf würdige Weise christlich zu bestatten. Wir brauchten einen großen Apparat, ein großes Büro, um alle Fälle aufklären zu können – dabei ist dies eigentlich Aufgabe des Staates!“Padre Lancelotti erinnert daran, daß während der 21-jährigen Diktaturzeit in Sao Paulo von den Machthabern 1971 eigens der Friedhof Dom Bosco geschaffen wurde, um dort zahlreiche ermordete Regimegegner heimlich gemeinsam mit jenen unbekannten Toten, den sogenannten „Indigentes“, in Massengräber zu werfen. Wie die Menschenrechtskommission des Stadtparlaments jetzt erfuhr, wurden seit damals allen Ernstes 231000 Tote als Namenlose verscharrt – allein auf d i e s e m Friedhof. Heute  kommen Monat für Monat dort zwischen 130 und 140 weitere Indigentes hinzu. Nach einem Massaker an Obdachlosen Sao Paulos kann Priester Lancelotti zufällig auf dem  Friedhof Dom Bosco beobachten, wie sich der Staat der Namenlosen entledigt: “Als der Lastwagen kommt und geöffnet wird, sehe ich mit Erschrecken, daß er bis obenhin voller Leichen ist. Alle sind nackt und werden direkt ins Massengrab geworfen. Das wird zugeschüttet – und fertig. Sollten wir später noch Angehörige ermitteln, wäre es unmöglich, die Verstorbenen in der Masse der Leichen wiederzufinden. Was sage ich als Geistlicher dann einer Mutter?“ Lancelotti hält einen Moment inne, reflektiert: „Heute hat das Konzentrationslager keinen Zaun mehr, das KZ ist sozusagen weit verteilt – die Menschen sind nach wie vor klar markiert, allerdings nicht auf der Kleidung, sondern auf dem Gesicht, dem Körper. Und sie werden verbrannt, verscharrt, wie die Gefangenen damals, und es gibt weiter Massengräber.“ Was in Sao Paulo geschieht, ist keineswegs ein Einzelfall. In der nordostbrasilianischen Millionenstadt Fortaleza leiden die Anwohner des Friedhofs „Bom Jardim“ seit Jahren bei den hohen Tropentemperaturen unter grauenhaftem Leichengeruch. „Die Toten werden oft schon verwest hergebracht, wie Tiere verscharrt, wir müssen zwangsläufig zusehen, es ist grauenhaft“, klagt eine Frau. „Fast jeden Tag kommt der Leichen-LKW – doch bei den heftigen Gewitterregen wird die dünne Erdschicht über den Toten weggeschwemmt, sehen wir die Massengräber offen, wird der Geruch im Stadtviertel so unerträglich, daß viele Kopfschmerzen kriegen, niemand hier eine Mahlzeit zu sich nimmt.“ Der Nachbar schildert, wie das vergiftete Regenwasser vom Friedhof durch die Straßen und Gassen des Viertels läuft: „Das Wasser ist grünlich und stinkt, manchmal werden sogar Leichenteile mitgeschwemmt – und weggeworfene Schutzhandschuhe der Leichenverscharrer. Die Kinder spielen damit – haben sich an die schrecklichen Vorgänge des Friedhofs gewöhnt.  Wir alle haben Angst, daß hier Krankheiten, Seuchen ausbrechen.“Selbst in Rio de Janeiro sind die Zustände ähnlich, werden zahllose Menschen von Banditenkommandos der über 1000 Slums liquidiert und gewöhnlich bei Hitze um die 35 bis 40 Grad erst nach Tagen in fortgeschrittenem Verwesungszustand zum gerichtsmedizinischen Institut abtransportiert. Wie aus den Statistiken hervorgeht, werden in den Großstädten monatlich stets ähnlich viele Tote als „Namenlose“ in Massengräber geworfen wie in Sao Paulo, der reichsten Stadt ganz Lateinamerikas. Priester Julio Lancelotti und seine Mitarbeiter stellen immer wieder Merkwürdigkeiten und verdächtige Tatbestände fest. „Werden Obdachlose krank und gehen in bestimmte öffentliche Hospitäler, bringt man an ihrem Körper eine Markierung an, die bedeutet, daß der Person nach dem Tode zu Studienzwecken Organe entnommen werden. Die Männer registriert man durchweg auf den Namen Joao, alle Frauen als Maria. Wir streiten heftig mit diesen Hospitälern und wollen, daß die Obdachlosen auch nach dem Tode mit den echten Namen geführt werden. Schließlich kennen wir diese Menschen, haben über sie Dokumente. Man meint eben, solche Leute sind von der Straße, besitzen also weder eine Würde noch Bürgerrechte. Wir haben in der Kirche eine Gruppe, die den illegalen, kriminellen Organhandel aufklären will, aber rundum nur auf Hindernisse stößt. Denn wir fragen uns natürlich auch, ob jenen namenlos Verscharrten vorher illegal Organe entnommen werden.“Fast in ganz Brasilien  und auch in Sao Paulo sind Todesschwadronen aktiv, zu denen Polizeibeamte gehören, wie sogar das Menschenrechtsministerium in Brasilia einräumt. Tagtäglich würden mißliebige Personen außergerichtlich exekutiert, heißt es. Darunter sind auch Obdachlose, von denen allein in Sao Paulos Zentrum weit über zehntausend auf der Straße hausen. Wie Priester Julio Lancelotti betont, ist zudem die Zahl der Verschwundenen auffällig hoch. „Auf den Straßen Sao Paulos werden viele Leichen gefunden. Denn es ist sehr einfach, so einen Namenlosen zu fabrizieren. Man nimmt ihm die Personaldokumente weg, tötet ihn und wirft ihn irgendwo hin. Wir gehen deshalb jeden Monat ins gerichtsmedizinische Institut, um möglichst viele Opfer zu identifizieren. Die Polizei ist immer überrascht und fragt, warum uns das interessiert. Das Identifizieren ist für uns eine furchtbare, psychisch sehr belastende Sache, denn wir müssen monatlich stets Hunderte von Getöteten anschauen, die in großen Leichenkühlschränken liegen – alle schon obduziert und wieder zugenäht. Und man weiß eben nicht, ob da Organe entnommen wurden.“Solchen Verdacht hegen nicht wenige Angehörige von Toten, die seltsamerweise als „Namenlose“ im Massengrab endeten. In der nordostbrasilianischen Küstenstadt Maceio geht letztes Jahr der 69-jährige Sebastiao Pereira sogar mit einem Protestplakat voller Fotos seines ermordeten Sohnes auf die Straße. Dem Vater hatte man im gerichtsmedizinischen Institut die Identifizierung der Leiche verweigert – diese dann mysteriöserweise auf einen Indigentes-Friedhof gebracht. Kaum zu fassen – ein Friedhofsverwalter bringt es fertig, Sebastiao Ferreira später  mehrere Leichenteile, darunter einen Kopf zu zeigen. „Mein Sohn wurde allein am Kopf von vier MG-Schüssen getroffen – und dieser Kopf war doch intakt! Ich setzte eine DNA-Analyse durch – der Kopf war von einem Mann, das Bein von einem anderen, der Arm wiederum von einem anderen – doch nichts stammte von meinem Sohn“, sagt er der Presse. In Sao Paulo hat Priester Lancelotti durchgesetzt, daß ein Mahnmal auf dem Friedhof Dom Bosco an die ermordeten Regimegegner, aber auch an die mehr als 200000 „Namenlosen“ erinnern wird. Neuerdings macht der Friedhof in Brasilien immer wieder Schlagzeilen, allerdings nicht wegen der Massengräber von heute. Progressive Staatsanwälte versuchen das Oberste Gericht in Brasilia zu überzeugen, den zur Diktaturzeit für den Friedhof verantwortlichen Bürgermeister Paulo Maluf und den damaligen Chef der Politischen Polizei, Romeu Tuma, wegen des Verschwindenlassens von Oppositionellen vor Gericht zu stellen. Erschwert wird dies jedoch durch den Politikerstatus der Beschuldigten: Paulo Maluf ist Kongreßabgeordneter und Romeu Tuma sogar Kongreßsenator – beide gehören zum Regierungsbündnis von Staatspräsident Lula.

“Das bestehende System ent-erzieht uns. Nur so ist es möglich, dass für einen Menschen ein Kratzer an seinem neuen Auto schlimmer sein kann, als dass ein Mensch vor seiner Haustür an Hunger stirbt.” Frei Betto, Brasiliens wichtigster Befreiungstheologe

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Diktaturopfer – getötete Regimegegnerin, Foto von kirchlichen Menschenrechtsaktivisten.

“Menschenrechte außer der Mode” – mehr Folter und Todesschwadronen, mehr Auslandslob:

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/05/28/menschenrechte-auser-der-mode-brasiliens-groste-qualitatszeitung-folha-de-sao-paulo-zur-geringen-resonanz-der-amnesty-international-kritik-an-der-lage-im-tropenland/

http://www.hart-brasilientexte.de/2009/12/12/folter-ohne-ende-tortura-sem-fim-brasiliens-soziologiezeitschrift-sociologia-uber-folter-unter-der-lula-regierung/

Brasiliens Religionstourismus: Rund 10 Millionen besuchen jährlich wichtigsten katholischen Wallfahrtsort Aparecida bei Sao Paulo. Adveniat. **

 

http://g1.globo.com/sao-paulo/noticia/2011/11/turismo-religioso-leva-10-milhoes-de-pessoas-por-ano-aparecida-sp.html

Brasiliens Wallfahrtsort Aparecida bei Sao Paulo. **

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http://www.hart-brasilientexte.de/2011/04/26/osterprozession-2011-in-ouro-preto-gesichter-brasiliens/

http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/religionen/1421022/

Adveniat in Sao Paulo:

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/11/17/adveniat-in-brasilien-wie-lebt-es-sich-in-der-reichsten-stadt-lateinamerikas-der-siebtgrosten-wirtschaftsnation-nach-acht-jahren-lula-regierung-adveniat-gottesdienst-in-der-favela-cachoeirinha-von/

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/09/29/religioser-tourismus-in-brasilien-informationen-fur-brasilienreisende/

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http://www.hart-brasilientexte.de/2011/10/16/brasilien-interessante-orte/

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/11/23/bischof-luiz-flavio-cappio-in-deutschland-vor-weihnachten/

http://www.hart-brasilientexte.de/2009/09/22/prof-dr-marcus-mazzari-prasident-der-goethe-gesellschaft-brasiliens-associacao-goethe-do-brasil-gesichter-brasiliens/

Brasiliens Amazonas-Staudammprojekt “Belo Monte” – Protestvideo von Schauspielern, anklicken. Bau des Atomkraftwerks “Angra 3? bei Rio de Janeiro kommt zügig voran. Grüner Winfried Kretschmann in Brasilien. Adveniat. **

 

http://movimentogotadagua.com.br/

Menschenrechtslage im Amazonasteilstaat Pará, in dem derzeit das Wasserkraftwerk entsteht:

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/11/22/brasiliens-alltagliche-blutbader-sechs-jugendliche-in-belem-mit-genickschus-polizeimunition-ermordet-todesschwadronen-in-der-grosten-demokratie-lateinamerikas/

 

Wie es hieß, wurden für das AKW “Angra3? bei Rio de Janeiro bereits über 50000 Kubikmeter Beton verarbeitet, zudem große Mengen an Stahl.

Brasiliens Atomkraft-Ausbau unter der Rousseff-Regierung, mit deutscher Hilfe. Brasilianischer Energieexperte Bermann über militärische Aspekte. Lulas-Atom-U-Boot-Deal mit Sarkozy.

“Das Militär will einen neuen Reaktor, um als Atommacht auf internationaler Ebene mehr Gewicht zu haben. Das wird aber nicht offen ausgesprochen. Es gibt bereits ein Programm mit dem Ziel, einen Reaktor in einem U-Boot zu haben. Wenn ein Land aber ein Atomprogramm hat ohne kommerzielle Reaktoren zu betreiben, kriegt das einen faden Beigeschmack. Deswegen ist es für die Regierung wichtig, die Atomkraft auch zivil zu nutzen. Die Welt soll den Eindruck haben, dass es um die Stromgewinnung geht. In Wirklichkeit ist das Ganze ein Theaterspiel.” Brasilianischer Energieexperte Celio Bermann aus Sao Paulo, in “Freitag”

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/10/12/brasiliens-massive-brandrodungen-wie-jedes-jahr-nasa-foto-zeigt-das-ausmas-anklicken-viel-lob-fur-brasilias-regierungspolitik-aus-europa/

Brasiliens Kommentator Arnaldo Jabor zur Kompetenz von Staatschefin Dilma Rousseff:

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/10/07/arnaldo-jabor-brasiliens-bekanntester-medienkommentator-uber-lula-und-dilma-rousseff-dilma-hat-keinerlei-kompetenz-lula-wolle-eine-frau-aus-machismus-grundebrandtgeisel.JPG

Das deutsch-brasilianische Atomabkommen von 1975. Der deutschstämmige General und Militärdiktator Ernesto Geisel mit Willy Brandt, Ausriß.

http://womblog.de/die-brasilianische-bombe

Die Diktatur begann mit dem Militärputsch von 1964 – 1969 schloß Bonn mit dem Militärregime laut Jahreschronik ein Kulturabkommen. 

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/11/21/katholisches-hilfswerk-adveniat-in-brasilien-land-der-vielen-milliardare-und-millionare-wie-es-kommt-das-in-deutschland-muhselig-spenden-fur-bedurftige-und-sozialprojekte-gesammelt-werden-obwohl-d/

Doppelseitige Regierungspropaganda in Zeitungen für das neue Atomkraftwerk “Angra 3? bei Rio de Janeiro:

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“Energia para novos tempos”.

“Brasilien war noch nie so stark. Es ist eine neue Zeit. Eine Zeit von Wachstum und Entwicklung.”

Brasiliens Todesschwadronen heute:

http://www.hart-brasilientexte.de/2009/12/14/nach-wie-vor-hemmungslose-aktionen-der-todesschwadronen-institutionalisierte-barbarei-lulas-menschenrechtsminister-paulo-vannuchi-raumt-gegen-ende-der-zweiten-amtszeit-erneut-fortbestehen-der-b/

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/08/25/brasilien-rund-3500-arbeiter-errichten-das-neue-atomkraftwerk-angra-3-bei-rio-de-janeiro-laut-nationalen-wirtschaftsmedien-nuklearteile-aus-deutschland-doppelseitige-regierungspropaganda-fur-angra/

Lula hatte kurz vor dem Ende seiner Amtszeit noch die totale Steuerbefreiung für Kernkrafttechnologie-Importe dekretiert:

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/04/27/brasiliens-atomkraftwerke-programm-lula-dekretierte-kurz-vor-amtsabtritt-noch-totale-steuerbefreiung-fur-nuklearimporte-laut-landesmedien/

Atom-U-Boot-Deal mit Sarkozy:

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/03/13/cleverer-sarkozy-brasiliens-landesmedien-uber-rio-werft-fur-atom-u-boote-mit-franzosischer-technologie/

Die sozialen Kosten des U-Boot-Geschäfts mit Frankreich:

http://www.hart-brasilientexte.de/2009/08/15/brasilias-u-boot-geschaft-mit-paris-so-teuer-wie-zwei-jahre-anti-hunger-programmbolsa-familia-meldet-o-globo/

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/09/22/berlin-hilft-brasilien-bei-akw-bau-financial-times-deutschland-propaganda-und-realpolitik/

Lulas siebter Ehrendoktor – diesmal in Paris, vor jubelnden Politikwissenschaft-Studenten verliehen, die ihn laut Landesmedien enthusiastisch wie einen Popstar feierten –  “Olé, Lula”:

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/09/27/lula-erhalt-ehrendoktor-in-paris-als-erste-personlichkeit-lateinamerikas-lulas-siebter-ehrendoktorhut/

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Die andere Brasilienkarte:

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/09/27/die-andere-brasilienkarte-the-economist-vergleicht-die-teilstaaten-mit-landern-der-erde/

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/09/29/brasilien-wirtschaft-und-soziales-2011-kompakt-stark-verlangsamtes-wachstum-stagnierende-industrie-hohe-borsen-wertverluste-wichtiger-unternehmen-deindustrialisierung-weiter-hunger-und-massen

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Ironischer Internetprotest

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/11/23/gruner-ministerprasident-winfried-kretschmann-in-brasilien-2011/

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/11/23/bischof-luiz-flavio-cappio-in-deutschland-vor-weihnachten/

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/11/25/brasiliens-bischof-angelico-sandalo-bernardino-zur-politischen-krise-des-landes-zu-rechtsungleichheit-und-slums/

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/05/18/matices-medien-staat-und-gesellschaft-in-lateinamerika-anklicken/

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/10/10/medienqualitat-heute-weitere-gezielte-niveauabsenkung-konstatiert-und-offenbar-wissen-wir-trifft-der-trend-allgemein-zu-der-in-der-schweiz-beobachtet-wurde-von-der-gesellschaft-und-der-welt-im/

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Brasilianischer Autoaufkleber 2010.

Katholik Schlingensief: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/09/23/den-leuten-zu-sagen-in-was-fur-einer-verlogenen-scheise-wir-alle-leben-schlingensief-in-sao-paulo/

Brasiliens “Boom” und die Slumhütten. “Ratten, Unmassen von Fiebermücken, Kloake bei jedem Gewitterregen in der Kate.” “Warum hat Sao Paulo noch 2627 Slums?”

Mittwoch, 07. Dezember 2011 von Klaus Hart   **

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Hausen  an stinkender Kloake – in Lateinamerikas reichster Stadt Sao Paulo. “Ich lebe hier schon 14 Jahre so in dieser Kate.”(Mutter von vier Kindern)

Der Teilstaat Sao Paulo ist die führende Wirtschaftsregion Lateinamerikas mit der entsprechenden Konzentration von Ober-und Mittelschicht – man kann sich daher vorstellen, wie die Slums in den stark unterentwickelten Regionen des Nordens und Nordostens der siebtgrößten Wirtschaftsnation aussehen.

http://www.adveniat.de/blog/?p=960

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/12/05/brasiliens-obdachlose-drei-ermordet-in-campinas-bei-sao-paulo-regelmasig-gewalttaten-sogar-verbrennung-von-strasenbewohnern/

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http://www.hart-brasilientexte.de/2011/11/21/katholisches-hilfswerk-adveniat-in-brasilien-land-der-vielen-milliardare-und-millionare-wie-es-kommt-das-in-deutschland-muhselig-spenden-fur-bedurftige-und-sozialprojekte-gesammelt-werden-obwohl-d/

“Die Wirtschaftskrise hat Brasilien kaum gespürt”(WAZ)

Der soziale Aufstieg von Lula: http://www.hart-brasilientexte.de/2011/05/04/lula-bekommt-500000-dollar-von-lg-fur-vortrag-in-sudkorea-laut-brasilianischen-landesmedien-uber-eine-million-dollar-damit-vier-monate-nach-ende-der-amtszeit-kassiert-laut-kalkulation-von-parte/

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http://www.hart-brasilientexte.de/2011/12/07/brasiliens-boomwirtschaft-wachst-nicht-mehr-und-erholung-wird-dauern-folha-de-sao-paulo/

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/12/04/brasiliens-korruptionskrise-dilma-rousseffs-arbeitsminister-carlos-lupi-kippt-staatschefin-wartete-mit-entlassung-trotz-der-gravierenden-verfehlungen-des-ministers-ubermasig-lange-kritisieren-land/

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http://www.hart-brasilientexte.de/2011/12/06/brasiliens-industriellenverband-fiesp-zu-wirtschaftsstagnation-warnungen-seit-jahresbeginn-bestatigt-schadliche-wirkung-der-hohen-zinsen-uberbewertete-landeswahrung-real/

“Wirtschaftsmacht der Zukunft”:

http://www.welt.de/dieweltbewegen/article13665169/Brasilien-ist-die-Wirtschaftsmacht-der-Zukunft.html

Spürbare Preissprünge bei  brasilianischen Lebensmitteln in den letzten Monaten.
Lateinamerikas teure Lebensmittel – Preissteigerungen um 40 Prozent in den letzten vier Jahren – Gefahr für Hungerbekämpfung: http://exame.abril.com.br/economia/mundo/noticias/precos-dos-alimentos-na-america-latina-sobem-40-em-4-anos–2

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/11/30/brasiliens-heranwachsende-in-extremer-armut-zahl-zunehmend-laut-neuer-unicef-studie-acht-jahre-lula-rousseff-regierung-und-resultate/

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http://www.hart-brasilientexte.de/2011/11/17/adveniat-in-brasilien-wie-lebt-es-sich-in-der-reichsten-stadt-lateinamerikas-der-siebtgrosten-wirtschaftsnation-nach-acht-jahren-lula-regierung-adveniat-gottesdienst-in-der-favela-cachoeirinha-von/

Wie in deutschsprachigen Zeitungen und Zeitschriften die  Situation interpretiert wird:

”Das Leben in Brasilien ist leicht und unbeschwert. Probieren Sie es selbst.” Deutschsprachige Tourismuspropaganda.

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/11/28/brasilien-nach-acht-jahren-lula-regierungwarum-hat-sao-paulo-noch-2627-slums-fragt-die-wichtigste-qualitatszeitung-o-estado-de-sao-paulo/

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http://www.hart-brasilientexte.de/2011/12/05/brasiliens-hohe-rate-von-behinderten-2391-prozent-der-bevolkerung-gegenuber-rund-1-prozent-in-hochentwickelten-landern-laut-studien/

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http://www.hart-brasilientexte.de/2011/05/24/brasilien-wurde-unter-lula-rousseff-zum-auswanderungsland-bye-bye-brasil-sergio-costa-soziologie-professor-an-der-fu-berlin-bestatigt-die-entwicklung/

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http://www.hart-brasilientexte.de/2011/11/27/zdf-adveniat-gottesdienst-in-favela-cachoeirinha-von-sao-paulo-2011-brasiliens-kontraste-fotoserie/

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http://www.hart-brasilientexte.de/2011/03/24/sos-kinderdorfer-in-brasilien-unter-rousseff-lula-zahlreiche-hilfsprojekte-deutschlands-der-schweiz-und-osterreichs-in-boomland-global-player-rassismus-in-brasilien-mauricio-pestana-analysier/

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http://www.hart-brasilientexte.de/2011/12/08/brasiliens-favela-menschenrechtsaktivisten-eliana-takeko-kanashiro-de-araujo-prasidentin-der-associacao-futuro-melhor-sao-paulo/

Hintergrund – das Elendsviertel neben dem Gottesdienst-Platz:

Weihnachten im Slum – Christus in Brasilien

 

Kobras, Ratten, Gewalt und viel Überlebensmut

 

 

„Bei diesem Leben hier brauchen wir Hoffnung auf Gottes Beistand“, sagt die tiefreligiöse Cleide de Souza Nascimento in ihrer Elendskate – und wünscht sich nur eins:“Weihnachten darf es nicht schütten – sonst sind wir geliefert.“ Direkt vor der Bretterhütte schwillt bei starken Tropengewittern der barbarisch stinkende Kloakebach an – ebenso übelriechendes Abwasser dringt dann von hinten in die Kate herein und fließt wasserfallartig von der Eingangsluke, da, wo die Dreißigjährige steht, den Grabenhang hinunter, trifft sich mit der Kloake. „Abwasser läuft sogar aufs Bett – mein kleinster Sohn hat chronische Asthma, für den ist das hier besonders schlecht.“

Modrig-feucht ist es auch bei Sonne in der fensterlosen Kate –  vier alte, zerschlissene Matratzen für die sechs Bewohner, ein Herd mit blauem Kochgasbehälter, das bißchen Kleidung baumelt an Wandhaken. „Weihnachten gibts keine Geschenke, nichts, dafür reicht das Geld nicht, ein bißchen Weihnachtsschmuck ist auch nicht drin. Heiligabend wärs für uns alle zu eng in der Kate – wir machens wie die Nachbarn, treffen uns oben auf der Gasse, da ist mehr Platz.“

 

Als noch unter Staatschef Lula die Regierung 2003 das Anti-Hunger-Programm startet, kämpft und streitet Cleide solange mit der Staatsbürokratie, bis sie die sogenannte „Bolsa Familia“ endlich für ihre vier Kinder kriegt – 198 Real monatlich, macht umgerechnet rund 21 Euro pro Kind. Der Liter pasteurisierte Frischmilch kostet in Sao Paulo umgerechnet einen Euro dreißig, auch andere Grundnahrungsmittel sind in Brasilien, dem Niedrigstlohnland, auffällig teurer als im Hochlohnland Deutschland.

 

Was geben Sie so vor Weihnachten aus?

 

Brasilien zählt längst nicht mehr zu den Billigpreisländern, merken selbst deutsche Touristen verärgert an der Copacabana.

 

Cleide macht Gelegenheitsarbeit, Tagelöhnerei, wäscht bei Mittelschichtsfamilien, putzt denen die Wohnung:“Mein Mann ist behindert, taub – der macht manchmal den Einweiser auf Parkplätzen.“ So werden es dann wenigstens 31 Euro pro Kopf, für  jeden der sechs monatlich – der Fahrschein für den Bus raus aus der Favela kostet über einen Euro.  42 Prozent aller Empfänger von Bolsa Familia seien nach wie vor verelendet, melden die Landesmedien. Der Slum von Cleide zeigt es anschaulich.

 

Wird es in der Weihnachtszeit ein bißchen besser, gibts da spendenfreudige Leute? „Gottseidank kriegen wir von der  Kirche stets Pakete mit Grundnahrungsmitteln – da sind Reis, Bohnen, Zucker, Speiseöl dabei – Kleidung wird auch verteilt!“

 

Brasilien ist die siebtgrößte Wirtschaftsnation, Sao Paulo die reichste Stadt ganz Lateinamerikas – läßt sich wenigstens mal ein Sozialarbeiter in dieser Favela Cachoeirinha blicken, aus der am ersten Advent vom ZDF der Adveniat-Gottesdienst übertragen wurde? Cleide verneint:“Hier kommt nie mal einer von der Präfektur, vom Staat vorbei – man muß unheimlich bei den Behörden hinterher sein, um Bolsa Familia zu kriegen. Wer von den vielen Halb-und Voll-Analphabeten hier das nicht weiß, geht leer aus. Sechs Monate haben sie mir die Bolsa Familia unter einem Vorwand gesperrt – das war für uns grauenhaft. So viele haben eigentlich ein Anrecht, kriegen aber keinen Centavo.“ Übertreibt sie da nicht ein bißchen?    

 

 Zahlreiche Katen kleben wie die von Cleide in dem Kloakegraben, die Eingänge wirken wie dunkle Löcher – auch wegen der Sicherheit, um nicht beklaut zu werden, gibts keine anderen Öffnungen, in die Tageslicht fallen könnte. Starken Hautausschlag, viel Grind und Bläschen am Mund bemerkt man bei vielen Slumbewohnern – Tuberkulose und sogar Lepra finden beste Ausbreitungsbedingungen. Hier holt man sich rasch Elendskrankheiten, sagen Slumpriester, weil das Immunsystem der Bewohner  stark geschwächt ist.

 

Cleide haust seit 14 Jahren in dieser Hütte – nur einen Steinwurf entfernt hat Cleyton dos Santos, 22,  für seine Frau Erica und die zwei kleinen Kinder eine Holzkate direkt an einen breiten Abwasserbach gebaut. „Die Kinder bitten uns, Lichter, ein bißchen Weihnachtsschmuck an die Wand zu hängen – aber das ist unmöglich, wir haben tagtäglich so viel Dringenderes im Kopf! Jetzt, im Hochsommer, regnets alle paar Tage heftig, tritt der Bach über die Ufer, trägt stinkenden Schlamm in die Gasse, waten wir notgedrungen drin herum. Hier gibt es massenweise Ratten, die Krankheiten übertragen, müssen wir besonders wegen der Kinder aufpassen.“ Cleyton, entsetzlich mager, ist arbeitslos – Erica kriegt als Reinemachfrau  maximal 550 Real im Monat – das macht für alle vier umgerechnet höchstens 57 Euro pro Kopf – Weihnachtsgeschenke, Weihnachtsschmaus am Heiligabend? Fehlanzeige. „Wir setzen uns zu den Hüttennachbarn auf die Gasse – jeder gibt was für einen Teller mit Essen. Ich habe gehört, die Regierung erzählt draußen in der Welt, daß es den Brasilianern jetzt viel besser geht und allen geholfen wird. Das ist gelogen – man läßt uns hier im Slum total im Stich!“

 

Rosilene, 33, Cleytons Nachbarin, wird just um Weihnachten herum niederkommen – es ist das siebte Kind. „Weihnachten“, lacht sie bitter-ironisch, „Gott im Himmel, was soll ich da schon machen? Ich hocke in der Kate wie immer, hoffe auf die Hilfe der Nachbarn. Ich kriege ja vom Staat garnichts, nur ein bißchen Geld von den Vätern meiner Kinder. Wenns mal 200 Real im Monat werden, bin ich direkt zufrieden…“

 

200 Real – umgerechnet  rund 12 Euro monatlich für jedes der sechs Kinder, für Rosilene – wie soll das gehen, bei den Preisen? „Mein ältester Sohn kann schon ein bißchen arbeiten, der organisiert uns immer mal was zu essen, sorgt für ein bißchen Reis und Milch, das Kochgas – meine Nachbarn sind zwar wunderbar, aber die haben ja selber nichts. Ich schlage mich irgendwie durch – ja – ich lebe noch!“

 

Pedro, der Gelegenheitsarbeiter, kam mit seiner Frau, den fünf Kindern zu spät – weil nirgendwo noch eine Hütte hingepaßt hätte, baut er sie mitten in den Abwässerbach – ausgerechnet am Eingang mündet ein Kloakegraben hinein, vergrößert den Gestank noch mehr. „Letzte Weihnachten haben wir die Kate eingeweiht – feiern jetzt einjähriges Überleben. Das Abwasser steigt bei Gewitterregen nicht zu uns hoch – aber Ratten, sogar weiße, und Kobras klettern nachts hinein – wir müssen unheimlich auf der Hut sein. Denn das Dumme ist – Hauskatzen helfen nicht, die hauen vor den Rattenhorden ab. Egal, wir haben uns dran gewöhnt. Ich beklage mich nicht – grade vor Weihnachten gibts für mich mehr Jobs, schaufle ich mal Erde weg, repariere, streiche, schleppe was. Aber Heiligabend sind wir alle in der Kate, feiern Christi Geburt. Die Leute im Slum beten sehr viel – bitten Gott um spirituelle Kraft, um Hilfe in dieser Misere. Der Mann da neben Dir – den kenne ich – das ist doch der Padre, der jetzt vor Weihnachten die Lebensmittelpakete und das Spielzeug verteilt!“

 

Pedro meint Slumpfarrer Bernardo Daly, einen Iren, der mit seiner Schar hochengagierter kirchlicher Menschenrechtsaktivisten trotz bescheidenster Mittel weit schlimmeres Elend und krassesten Hunger verhindert – und die Räumung des Slums, die Vertreibung der Favelados durch die Polizei. Todesschwadronen, Drogenbanditen-und Polizeigewalt, dazu immer wieder Hüttenbrände, bei denen Kleinkinder verkohlen  – Daly muß als Seelsorger tagtäglich mit Situationen fertigwerden, Dinge verkraften, die das Vorstellungsvermögen der meisten Deutschen übersteigt.

 

Der Padre wirkt erstaunlich ruhig und besonnen – doch manchmal macht er seiner Empörung Luft. Wie an der Kate von Elise, die direkt am Kloakegraben haust. „Ich kriege 134 Real Bolsa Familia, weil die ältere meiner beiden Töchter geistig behindert ist, ständig meine Betreuung braucht – mehr Geld haben wir nicht im Monat.“ 134 Real – also umgerechnet rund 18 Euro für jede der drei. Padre Daly ist geschockt:“Das ist doch unmöglich. Wer so lebt, muß manchmal das eigentlich Unmögliche tun, weil es keinen anderen Ausweg gibt…“ Der Geistliche läßt offen, was er konkret meint – nicht nötig.

 

„Jetzt, vor Weihnachten, kämpfe ich dafür, daß mehr Nahrungsmittelspenden in den Slum gelangen – auch zu denen, die garnicht wissen können, wo es Ausgabestellen gibt, also Alte, Behinderte, Kranke“, sagt  Eliane Takeko, 46, engste Mitstreiterin von Padre Doty, zudem Präsidentin der Bewohnerassoziation. “Ein bißchen  mehr Spielzeug für die Kinder – das müßte doch drin sein, auch dafür streite ich mich mit der Präfektur herum. Die Lage im Slum macht mich traurig und wütend  – Brasilien ist doch soooo reich – die Mittel sind da! Wir von der katholischen Kirche akzeptieren nicht diese grauenhafte Logik, daß es Arme, Verelendete nun mal gibt und immer geben wird. In den über 2600 Slums von São Paulo gibts viele sogenannte Kirchen, die nichts fürs Soziale tun. Wir legen uns mit denen `oben` an.“

 

Dieses Jahr ist der Slum noch voller, noch dichter bewohnt als letzte Weihnachten, meint Eliane Takeko. „Manche Slums werden  von der Polizei geräumt und zerstört, vor der Fußball-WM werden Obdachlose aus der City vertrieben – die kommen notgedrungen zu uns an die Peripherie. Deswegen wird es immer enger in den Hütten.“ Aber warum gibt es dann keine Massenproteste der Slumbewohner? „Die Menschen haben Angst“, sagt Padre Doty. „Nicht wenige hatten sich engagiert, haben resigniert aufgegeben. Zudem ist das Bildungsniveau in Brasilien entsetzlich niedrig – Leute ohne Bildung, Analphabeten wissen garnicht, wie man das macht – sich organisieren, auf die Straße gehen, Bürgerrechte durchsetzen. Die kennen ihre Rechte já garnicht.“

 

Eliane Takeko stimmt zu: „Es liegt auch am Hunger – wer sich nur schlecht ernährt, in solchen Katen haust, kann nicht richtig denken, ist schnell kaputt, noch dazu bei Tropenhitze. Und wer zu oft den Mund aufmacht, fliegt raus, kriegt nicht mal eine Tagelöhnerarbeit.  Auch ich muß aufpassen.“

 

Selbst in ihrer engen Kate gibts keinen Weihnachtsschmuck – denn auch sie schlägt sich mit Gelegenheitsarbeit durch, wie die Tochter. „Wir beide kommen auf höchstens 500 Real im Monat – das muß für alle sechs in der Kate reichen. Mein Mann ist behindert, hatte einen Unfall. Da heißt es, irrsinnig sparen.“  Maximal umgerechnet 200 Euro monatlich, für sechs Leute – wie macht sie das?

 

Körperlich und geistig Behinderte – auffällig, wie viele in den Slums hausen. Laut Studien sind es 23, 91 Prozent der brasilianischen Bevölkerung, gegenüber rund einem Prozent in hochentwickelten Staaten wie Deutschland. Immer wieder geschieht, daß geistig behinderte Mädchen und Frauen der Favelas vergewaltigt werden.

 

Über 30 Millionen Brasilianer leben laut Kirchenangaben noch in extremer Armut. Nimmt man jedoch die offizielle Regierungseinstufung, zählen Eliane Takeko und ihre Familie nicht mehr dazu, liegen oberhalb der amtlich allen Ernstes auf umgerechnet etwa 29 Euro angesetzten Pro-Kopf-Grenze, sind nur noch „arm“ –  Rosilene mit den sechs Kindern und Elise aber liegen darunter…

 

Haben alle in gewisser Weise sogar „Glück“, Weihnachten im Slum einer reichen Wirtschaftsmetropole wie Sao Paulo zu feiern? Denn Brasiliens grauenhafteste Elendsviertel liegen nicht hier, sondern in den kraß unterentwickelten Regionen des Nordens und Nordostens.

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/11/26/zdf-und-adveniat-in-favela-cachoeirinha-von-sao-paulo-verschiedene-sichtweisen-der-gravierenden-menschenrechtslage-brasiliens-je-nach-wertvorstellungen-und-vorschriftenkatalog/

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/06/25/nine-most-horrible-places-in-the-world-favela-slums-von-rio-de-janeiro-aus-sicht-des-bric-staats-china-subkultur-von-umweltzerstorung-armut-und-gangstern-cubatao-bei-sao-paulo-an-sieb/

http://www.hart-brasilientexte.de/2009/12/12/folter-ohne-ende-tortura-sem-fim-brasiliens-soziologiezeitschrift-sociologia-uber-folter-unter-der-lula-regierung/

Favelakinder Sao Paulos – Fotoserie: http://www.hart-brasilientexte.de/2011/11/28/favelakinder-in-sao-paulo-gesichter-brasiliens/

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Zwei Crack-Süchtige, laut brasilianischen Augenzeugen, vor Bahnhofseingang, Dezember 2011, nahe der Kulturbehörde des Teilstaats Sao Paulo.

Crack-Epidemie unter der Lula-Rousseff-Regierung: http://www.hart-brasilientexte.de/2011/12/03/brasiliens-crack-epidemie-unter-der-rousseff-regierung-wie-crack-wirktverkehrsumleitung-wegen-offener-crack-szene-die-strasen-total-verstopft-in-sao-paulo/

ZDF, Adveniat in Sao Paulo: Welcher Slum aus Sicherheitsgründen für den Gottesdienst nicht infragekam. Favela do Moinho. Wo bitte gehts hier zum Boom? Was auf dem staatlich gesponserten Weltsozialforum in Porto Alegre 2012 alles fehlt…“Wenn es ein Land gibt, in dem das Volk die Krise nicht erlebte, dann war es dieses hier!”(Lula) **

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In den aus Pappe und Holzresten sowie anderen leicht brennbaren Materialien errichteten Elendsvierteln Sao Paulos brechen immer wieder Großfeuer aus, kommen zahlreiche Verelendete in den Flammen um. Dies gilt auch für die Innenstadt-Favela do Moinho, an deren Hütten und Baracken unglaublich dicht Züge vorbeifahren. Nach dem letzten Großbrand kampieren zahlreiche überlebende Slumbewohner auf dem Fußweg einer nahen Straße. Was diese Menschen zusätzlich auszustehen haben, wenn starke Tropengewitter toben, kann man sich leicht vorstellen.

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/05/04/lula-bekommt-500000-dollar-von-lg-fur-vortrag-in-sudkorea-laut-brasilianischen-landesmedien-uber-eine-million-dollar-damit-vier-monate-nach-ende-der-amtszeit-kassiert-laut-kalkulation-von-parte/

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Ausriß. Letztes Großfeuer in der Favela do Moinho.

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/11/28/brasilien-nach-acht-jahren-lula-regierungwarum-hat-sao-paulo-noch-2627-slums-fragt-die-wichtigste-qualitatszeitung-o-estado-de-sao-paulo/

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http://www.hart-brasilientexte.de/2012/01/28/brasiliens-ausenminister-patriota-zu-kuba-keine-dringlichkeitssituation-bei-menschenrechten-guantanamo-jedoch-besorgniserregend-prasidentin-rousseff-reist-nach-kuba-lage-in-libyen/

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/09/05/brasiliens-zeitungen-eine-fundgrube-fur-medieninteressierte-kommunikations-und-kulturenforscher/

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Fotos von Ende Januar 2012.  Lateinamerikas reichste Stadt Sao Paulo und die Überlebenden des Moinho-Großbrands.

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/11/30/brasiliens-heranwachsende-in-extremer-armut-zahl-zunehmend-laut-neuer-unicef-studie-acht-jahre-lula-rousseff-regierung-und-resultate/

http://www.hart-brasilientexte.de/2012/01/28/brasilias-blamierter-bildungs-agitprop-statt-13-millionen-jugendlichen-und-erwachsenen-nur-23-millionen-alphabetisiert-laut-landesmedien/

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http://www.hart-brasilientexte.de/2012/01/27/brasiliens-bergbaukonzern-vale-das-video-anklicken-brasiliens-regierung-hat-de-facto-die-kontrolle-uber-den-grosten-eisenerzproduzenten-der-welt-laut-handelsblatt/

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http://www.hart-brasilientexte.de/2012/01/26/brasiliens-medien-berichten-in-groser-aufmachung-uber-den-absturz-auf-dem-pressefreiheit-ranking-von-reporter-ohne-grenzen-warum-brasilien-aus-mitteleuropa-soviel-lob-erhalt/

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http://www.hart-brasilientexte.de/2012/01/27/weltsozialforum-2012-in-porto-alegre-offenbar-weitgehend-brav-biederer-empfang-fur-politisch-verantwortliche-der-nationalen-umweltdesaster-keine-kritischen-fragen-an-sektenpredigerin-marina-silva-e/

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Brasiliens katholische Kirche, Adveniat unterstützen die Slumbewohner.

Brasiliens Wachstumsbranche Crack – Havanna reagiert weiter zurückhaltend, anti-marktwirtschaftlich: http://www.hart-brasilientexte.de/2012/01/16/brasiliens-crack-kinder-unter-lula-rousseff-trotz-offiziellem-kinderstatut-zahlreiche-kinder-landesweit-als-kunden-der-crack-wachstumsbrance/

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Viele Slumbewohner überleben als Abfallsammler.

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/12/26/boom-land-brasilienslum-wachstum-ist-ruckschritto-globo-mehr-slumbewohner-selbst-laut-offiziellen-angaben-erstes-rousseff-amtsjahr/

Brasiliens Wohnungsnot unter Lula-Rousseff.(Wo bitte gehts hier zum Boom?) Brutale Vertreibung von Hausbesetzern landesweit – auch in Sao Paulo. Kampieren auf der Straße in Abgasgestank und Autokrach bei Tropenhitze. FLM – Frente de Luta por Moradia”. **

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http://www.hart-brasilientexte.de/2010/06/25/nine-most-horrible-places-in-the-world-favela-slums-von-rio-de-janeiro-aus-sicht-des-bric-staats-china-subkultur-von-umweltzerstorung-armut-und-gangstern-cubatao-bei-sao-paulo-an-sieb/

Die Existenz von weit über 2600 Slums, das Heer der Obdachlosen in Lateinamerikas reichster Stadt Sao Paulo weisen auf den bemerkenswerten Umgang der Regierung mit dem Problem der Wohnungsnot in der achtgrößten Wirtschaftsnation hin. Unweit jenes Elite-Hospitals, in dem Lula derzeit wegen Krebs behandelt wird, kampieren jetzt vertriebene Hausbesetzer auf offener Straße, bei Hitze über 35 Grad, ohne jegliche staatliche Unterstützung. Wie der Sprecher der  Vertriebenen im Website-Interview erläuterte, ließen sich bisher beispielsweise Vertreter von Lulas Arbeiterpartei PT oder anderer Parteien nicht blicken – Unterstützung komme lediglich von dem katholischen Menschenrechtspriester Julio Lancelotti. Militärpolizei sei nach der Räumung mit Tränengas gegen die kampierenden Hausbesetzer vorgegangen. Allein in der City von Sao Paulo gebe es zahlreiche seit Jahren leerstehende Gebäude mit Wohnungen für weit über 10000 Menschen. Der Sprecher erinnerte daran, daß seine Bewegung der Wohnungslosen vor Jahren auch von “Brot für die Welt” unterstützt worden sei.

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/10/03/brasiliens-carandiru-massaker-an-haftlingen-in-sao-paulo-okumenischer-gedenkgottesdienst-der-katholischen-gefangenenseelsorge-die-massaker-und-blutbader-gehen-weiter/

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http://www.hart-brasilientexte.de/2012/02/05/brasiliens-stadtpolitik-unter-lula-rousseff-wieder-hutten-elendsviertel-sao-paulos-durch-feuer-zerstort-mindestens-zwei-slumbewohner-verbrannt/

http://pt.wikipedia.org/wiki/Frente_de_Luta_por_Moradia

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Attacke auf die kampierenden Wohnungslosen:  http://www.portalflm.com.br/noticias/inspetor-queiros-da-gcm-prometeu-violencia-e-cumpriu-mas-a-ocupacao-continua-feridos-foram-levados-para-santa-casa/2035

http://www.hart-brasilientexte.de/2012/02/03/elend-in-brasilien-unter-lula-rousseff-die-deutsche-missionarin-marianne-diener/

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http://www.portalflm.com.br/categoria/noticias

http://www.hart-brasilientexte.de/2012/02/02/brasilien-der-kranke-sich-krummende-hustende-barfusige-schwarze-und-die-indifferenz-city-sao-paulos/

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http://www.hart-brasilientexte.de/2012/02/04/brasiliens-hungerproblem-hungernde-essen-vergorenen-abfall-matsch-aus-mulltuten-an-der-strase/

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http://www.hart-brasilientexte.de/2012/01/28/zdf-adveniat-in-sao-paulo-welcher-slum-aus-sicherheitsgrunden-fur-den-gottesdienst-nicht-infragekam-favela-do-moinho-wo-bitte-gehts-hier-zum-boom/

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http://www.hart-brasilientexte.de/2012/01/16/brasiliens-crack-kinder-unter-lula-rousseff-trotz-offiziellem-kinderstatut-zahlreiche-kinder-landesweit-als-kunden-der-crack-wachstumsbrance/

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http://www.hart-brasilientexte.de/2011/05/17/obdachlose-in-sao-paulo-wahrend-des-wulff-besuchs-lebendig-verbrannt-brasiliens-wichtigster-befreiungstheologe-im-website-interview-ein-land-der-kontraste/

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 http://www.hart-brasilientexte.de/2011/10/04/parabens-dom-paulo-evaristo-arns5-ehrung-im-stadtparlament-erinnerung-an-des-kardinals-leitspruchcoragem-viva-dom-paulo/

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/05/04/lula-bekommt-500000-dollar-von-lg-fur-vortrag-in-sudkorea-laut-brasilianischen-landesmedien-uber-eine-million-dollar-damit-vier-monate-nach-ende-der-amtszeit-kassiert-laut-kalkulation-von-parte/

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Menschenrechtspriester Julio Lancelotti: http://www.hart-brasilientexte.de/2011/05/26/julio-lancelotti-brasiliens-ausergewohnlicher-hochst-unbequemer-menschenrechtspriester-ziel-von-morddrohungen-prozessen-verleumdungen-psycho-terror-medienkampagnen/

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Eines der zahlreichen, seit Jahren leerstehenden City-Gebäude Sao Paulos – angesichts von gravierender Wohnungsnot.

Brasiliens Hungerproblem. Hungernde essen vergorenen Abfall-Matsch aus Müllsäcken an der Straße. Das Basis-Menschenrecht auf Ernährung. **

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Sao Paulo, 2012.

Laut Befreiungstheologe Frei Betto, Ex-Lula-Berater beim Anti-Hungerprogramm,  liegt die Zahl der in extremer Armut, also in Hunger und Misere, lebenden Brasilianer, nicht wie offiziell angegeben, heute bei 16 Millionen, sondern ist doppelt so hoch. Nach derzeit geltendem mitteleuropäischen Werteverständnis hat damit die internationale Wirtschafts-und Finanzkrise, wie die Lula-Rousseff-Regierung verbreiten ließ, auf Brasilien nur geringe Auswirkungen gehabt.

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/07/29/brasilianer-ernahren-sich-schlecht-selbst-laut-offizieller-ibge-statistik-arm-an-nahrstoffen-reich-an-kalorien-zuwenig-vitamine-und-kalzium-viel-zuviel-salz-weiter-gravierendes-hungerproble/

http://www.hart-brasilientexte.de/2008/11/13/trotz-bolsa-familia-weiter-hunger-und-unterernahrung-in-brasilien-bischof-demetrio-valentini-prasident-der-brasilianischen-caritas/

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/12/05/brasiliens-hohe-rate-von-behinderten-2391-prozent-der-bevolkerung-gegenuber-rund-1-prozent-in-hochentwickelten-landern-laut-studien/

http://www.hart-brasilientexte.de/2012/01/28/zdf-adveniat-in-sao-paulo-welcher-slum-aus-sicherheitsgrunden-fur-den-gottesdienst-nicht-infragekam-favela-do-moinho-wo-bitte-gehts-hier-zum-boom/

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http://www.hart-brasilientexte.de/2012/01/09/brasilien-immer-mehr-bein-und-schenkelamputationen-wegen-der-armuts-und-elendskrankheit-diabetes-rund-45000-amputationen-jahrlich-laut-medizinexperten/

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/12/15/brasilia-gibt-erstmals-starkere-krisenwirkungen-zu-rezession-heftiger-als-bisher-stets-betont/

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Ausriß.

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/02/01/brasiliens-erfolgreiche-auslandspropaganda-2009-uber-40-millionen-euro-investiert-laut-brasil-economico-enge-zusammenarbeit-mit-medien-europas/

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/09/09/die-anti-hunger-hilfe-bolsa-familia-der-lula-regierung-die-aktuellen-daten-erlautert-von-pt-kongressenator-eduardo-suplicy-vor-obdachlosen-im-franziskanerkloster-sao-paulos/

Bahia:  http://www.hart-brasilientexte.de/2012/02/04/brasiliens-menschenrechtslage-bahia-regierung-raumt-offiziell-59-morde-seit-beginn-des-polizei-streiks-ein-situation-in-tourismus-teilstaat-weiter-auser-kontrolle/

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/09/05/brasiliens-zeitungen-eine-fundgrube-fur-medieninteressierte-kommunikations-und-kulturenforscher/

Brasilien, Sklavennachfahrin 2012, vor in-und ausländischen Großbanken der Avenida Paulista in Sao Paulo. **

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http://www.hart-brasilientexte.de/2012/01/31/brasiliens-katholische-kirche-definiert-die-unter-lula-rousseff-fortdauernde-sklavenarbeit-als-barbarisches-verbrechen-sklavenarbeit-als-interessanter-kostenfaktor-im-internationalen-wettbewerb/

http://www.hart-brasilientexte.de/2012/02/02/brasilien-der-kranke-sich-krummende-hustende-barfusige-schwarze-und-die-indifferenz-city-sao-paulos/

karrenschwarzepaulista2.JPG

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/02/24/morde-an-schwarzen-in-brasilien-starke-zunahme-unter-der-lula-regierung-von-drei-ermordeten-sind-zwei-schwarz-wikileaks-und-rassismus-in-brasilien/

rousseffmerkelcebit2012.JPGAusriß.

Dieser Beitrag wurde am Mittwoch, 04. April 2012 um 14:52 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Kultur, Politik abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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