Klaus Hart Brasilientexte

Aktuelle Berichte aus Brasilien – Politik, Kultur und Naturschutz

Brasilien, Geldfußball-WM 2014. Elendsviertel neben WM-Stadion Itaquerao in Sao Paulo abgebrannt. Weiter Straßenproteste seit WM-Start in allen Spielorten – laut Kirchenangaben starke Polizeirepression. „Heute haben wir eine Zivildiktatur“. Bischof Erwin Kräutler

Mittwoch, 18. Juni 2014 von Klaus Hart

 http://www.bpb.de/internationales/amerika/brasilien/gesellschaft/185280/das-oeffentliche-gesundheitssystem

 Wie es hieß, habe die unerwartet massiv präsente Polizei teilweise Straßenproteste bereits im Keim erstickt, zahlreiche Protestierende festgenommen. Das Polizeiaufgebot sei stets mehrfach größer als die Zahl der Demonstranten gewesen. In Rio habe man WM-Gegner gewarnt, Protest-Spruchbänder auszurollen:“Entweder ihr nehmt das alles gleich wieder mit oder wir nehmen alle fest.“ 

Kommentare von  Konsumenten deutscher Medien:

Verschleierung der Tatsachen

Und bei der WM in Quatar wird man verwundert feststellen, dass hier ja gar niemand demonstriert. Mit diesem Beitrag wird ein falsches Bild der jetzigen, vom polizeilichen Ausnahmezustand beherrschten Situation dargestellt. Es stimmt, dass nicht mehr wie im vergangenen Jahr viele Millionen gleichzeitig auf die Straßen gehen, denn die Mittelschicht hat in Brasilien noch zu viel zu verlieren, um unter diesen Umständen zu Demonstrieren.

Trotzdem wagen sich überall im Land hunderttausende von direkt Betroffenen auf die Straßen, obwohl sie heftigst angegangen werden. Es hat bereits Todesfälle gegeben. Die Polizei versucht Proteste im Keim zu ersticken, stoppt Busse auf den Weg dorthin und verprügelt alle im Bus. Die Journalistin Karinny de Magalhães von Midia Ninja wurde verhaftet und in Haft ohnmächtig geschlagen. Es ist sicher gesünder für Ihre Kollegen die Hot Spots des Widerstandes großräumig zu umgehen und lieber Fußballer zu interviewen.

Das System Brot und Spiele

Das System Brot und Spiele funktioniert eben nicht nur in Deutschland und ein massives Aufgebot brutal vorgehender Sicherheitskräfte schreckt den Erlebnissdemonstranten aus der Mittelschicht zusätzlich ab.

Na da sieht man es mal wieder

Na da sieht man es mal wieder … die Regierung braucht einfach nur die Polizei härter durchgreifen lassen und schon ist wieder „Ruhe im Land“ (relativ gesehen).

Wirklich?

„Die Regierung hat die Sicherheitsmaßnahmen erhöht – das heißt: die Polizei geht härter vor.“

Das dürfte wohl eher der Grund für die geringe Teilnahme zu sein, das und falsche Versprechen, einem Teil der Leute gegenüber, die allerdings nach Ende der wm vergessen sein werden.
Deshalb umso mehr Respekt für diejenigen, die ihre Prinzipien nicht einfach über Bord werfen und weiter auf der Straße verharren.


„Die wollen die WM genießen“ – Nein, sie werden eingeschüchtert!

Vielleicht weggesperrt

„Die wollen die WM genießen“ das ist wohl eine Feststellung die vermutlich nur von Gästen so empfunden wird – sie trifft nur auf eine satte Bevölkerungsschicht zu. Die anderen werden sich die Eintrittskarten nicht leisten können und durch die WM-Finanzierungen ihre sozialen Forderungen als vertagt empfinden.
Dashalb empfinde ich diesen Beitrag als sehr flach und beschwichtigend, möglicherweise hier in Deutschland abgefasst.

Der Sicherheitsapparat ist überall, wo man mit Protesten rechnet, präsent. Die Abschreckung ist groß genug und darum passiert auch nicht viel. Das hat aber wenig mit „Die wollen die WM genießen“ zu tun.

“Heute haben wir eine Zivildiktatur”.

 Bischof Erwin Kräutler im Interview mit dem brasilianischen Nachrichtenmagazin “Epoca”, Juni 2012:

“Lula und Dilma Rousseff werden als Zerstörer Amazoniens in die Geschichte eingehen…Ich habe Lula zweimal getroffen…Jene Leute, die früher mit uns kämpften, auf unserer Seite waren, die selbe Sache verteidigten, verteidigen jetzt das Gegenteil…2009 war ein sehr freundschaftliches Treffen mit Lula – ich hoffte noch, er ließe sich überzeugen. Und schrieb sogar: Gottseidank, Lula hat verstanden…Doch es war Theater, politisches Spiel. Er hielt damals meinen Arm und sagte: Dom Erwin, wir werden dieses Projekt niemandem aufzwingen. Du kannst auf mich zählen…Ich dachte, gut – der Präsident würde nicht so reden, wenn es nicht die Wahrheit wäre… Nein, Lula würde mir nicht ins Gesicht lügen…In diesem Moment glaubte ich wirklich an den Dialog…”

Epoca-Frage: “Sie hatten tatsächlich an Lulas Dialog-Versprechen geglaubt?”

Kräutler:”Ich glaubte daran…Aber es gab nie einen Dialog…Was Lula da machte, war nur Show, um dem Bischof gefällig zu sein…Nach meinen Informationen sind 61 Wasserkraftwerke in Brasilien geplant, die meisten in Amazonien…Hier hat sich der Widerstand gegen Belo Monte mit der Arbeiterpartei identifiziert…Bis dann Lula sein Präsidentenamt antrat. Als wir entdeckten, daß Lula seine Position geändert hatte, sind wir aus allen Wolken gefallen. Mein Gott, wie ist das möglich? Und die Leute der Arbeiterpartei hier wechselten auch die Seite…Das alles war Verrat, ein gewaltiger Schlag. Es ist sehr hart, von Leuten verraten zu werden, denen du die Hand gereicht hattest. Man hatte mich gefragt, Bischof, wen werden sie wählen? Ich sagte, ich stimme für Lula…Später sagte dann das Volk: Jetzt schluckt der Bischof…Jetzt sagen sie: Der Bischof war sogar für diese Leute von der Arbeiterpartei. Und jetzt muß ich Kröten schlucken…Lula hat Amazonien nie verstanden…Und am Ende seiner Amtszeit fiel er ins Delirium, berauschte sich an Ziffern, Statistiken…Heute haben wir eine Zivildiktatur…Wenn die Regierung sich verfassungswidrig verhält, leben wir erneut in einer Diktatur…Ich mag eine Frau als Präsidentin, aber ich dachte, als Frau wäre sie sensibler gegenüber unserer Lage…Man kann soviel protestieren wie man will. Sie verhindert jeglichen Dialog schon im Ansatz.  Belo Monte ist kein Thema für eine Diskussion. Sie ist sehr hart, unnachgiebig, akzeptiert keine abweichende Meinung…Die Geschichte Amazoniens, Brasiliens und der Erde wird bald Lula und Dilma sehr genau als skrupellose Zerstörerverurteilen – als Verursacher von Einwirkungen, die unumkehrbar das Klima des Planeten veränderten…”

Brasilien – Daten, Statistiken:  http://www.hart-brasilientexte.de/2011/09/20/brasilien-daten-statistiken-bewertungen-rankings/

http://www1.folha.uol.com.br/poder/2014/06/1472517-favela-proxima-ao-itaquerao-sofre-incendio-antes-de-treino-do-uruguai.shtml

 http://aovivo.folha.uol.com.br/2013/06/18/3401-aovivo.shtml

WM kostet allein Brasiliens Regierung laut Landesmedien umgerechnet mindestens  11,6 Milliarden Euro.

Sao Paulo hat über 2600 Favelas: http://www.hart-brasilientexte.de/2011/11/27/zdf-adveniat-gottesdienst-in-favela-cachoeirinha-von-sao-paulo-2011-brasiliens-kontraste-fotoserie/

“Gauck: Von Brasilien lernen”

Angela Merkel zur WM 2014:  http://www.hart-brasilientexte.de/2014/06/16/deutsche-bundeskanzlerin-angela-merkel-reist-zur-wm-2014-nach-brasilien-trotz-gravierender-menschenrechtslage-bei-treffen-mit-staatschefin-dilma-rousseff-in-brasilia-waren-schwere-menschenrechtsve/

Willy Brandt und Brasilien: http://www.hart-brasilientexte.de/2013/11/19/brasiliens-folter-diktatur1964-1985-mit-wem-bundesausenminister-willy-brandt-damals-bilaterale-vertrage-unterzeichnet-das-massaker-an-stahlarbeitern-unter-gouverneur-jose-magalhaes-pinto/

Lula und die Folterdiktatur: 

lulamerkel.jpg

Warum Lula in Ländern wie Deutschland viele Sympathisanten eines bestimmten politischen Spektrums hat –  Lula war Informant der Diktatur-Geheimpolizei Dops, laut neuem Buch: http://www.hart-brasilientexte.de/2014/02/12/brasilien-die-folterdiktatur-lula-und-die-arbeiterpartei-pt-rufmord-ein-kapitalverbrechen-buch557-seiten-mit-schweren-vorwurfen-gegen-lula-macht-schlagzeilen/

Proteste: http://g1.globo.com/rs/rio-grande-do-sul/noticia/2014/06/manifestantes-fazem-protesto-no-centro-de-porto-alegre-contra-copa.html

Slum-Feuer in Sao Paulo:  http://www.hart-brasilientexte.de/2012/09/17/brasiliens-slums-unter-dilma-rousseff-die-favela-do-moinho-von-sao-paulo-erneut-in-flammen-theoretisch-ist-auch-das-stadteministerium-fur-die-rasch-wachsenden-slums-zustandig-lateinamerikas-reic/

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